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Wohlfahrt im Wandel

Risiken, Verteilungskonflikte und sozialstaatliche Reformen in Deutschland und Großbritannien

AutorMartin Schommer
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl326 Seiten
ISBN9783531910475
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis49,99 EUR
Martin Schommer untersucht die Konsequenzen sozialstaatlicher Veränderungen für ausgewählte Risiko- und Konfliktgruppen in Deutschland und Großbritannien auf dem Weg in die Dienstleistungsgesellschaft.

Martin Schommer promovierte bei Prof. Dr. Peter Flora am Lehrstuhl für Soziologie I der Universität Mannheim, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt ist.

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Leseprobe
3 Konfliktkategorien im Wohlfahrtsstaat (S. 231-232)

Im Mittelpunkt der letzten Kapitel standen die Analyse von Risikokategorien und die Frage, ob der soziale Wandel deren Ausbreitung forciert hat, bzw. wie der britische und der deutsche Sozialstaat diese Bevölkerungskategorien oder - gruppen unterstützen und wie sich diese Unterstützung im Zeitverlauf verändert, verbessert oder verschlechtert hat. In den abschließenden Kapiteln der Arbeit soll nun ein Perspektivenwechsel vollzogen werden. Nicht mehr soziale Risiken, sondern soziale Konfliktlinien sind hier Ausgangspunkte der Analyse. Durch die Besprechung der sozialstaatlichen Lage von Konfliktkategorien soll ein umfassenderes Bild der Entwicklung der beiden Wohlfahrtsstaaten in den letzten Jahrzehnten gewonnen werden. Als Konfliktkategorien werden große Bevölkerungsgruppen bezeichnet, die sich entlang bestimmter sozialer Konfliktlinien ausdifferenzieren lassen.

Die Konfliktkategorien zeichnen sich durch jeweils spezifische ökonomische und damit auch gesellschaftliche Chancen und Belastungen aus, aus denen unterschiedliche Interessen gegenüber den sozialstaatlichen Institutionen (Transfer- und Steuersystem, Dienstleistungen) erwachsen können. Als klassische Konfliktgruppen in der Geschichte des Wohlfahrtsstaates können die Erwerbsklassen (z. B. Arbeiterklasse, Mittelschicht, Selbständige) gelten, die sich entlang struktureller Konfliktlinien der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes bilden. Eine Klarstellung ist wichtig: Bei den Konfliktkategorien handelt es sich um theoretische, latente soziale Kategorien, die sich in der Realität überschneiden und nicht um manifeste soziale Gruppen, deren Mitglieder etwa ein einheitliches politisches Bewusstsein teilen.

Das Goldene Zeitalter des Sozialstaates nach dem Zweiten Weltkrieg beruhte, neben dem Umstand, dass es gelang, die sozialen Risiken weitestgehend zu beherrschen, vor allem darauf, dass die großen gesellschaftlichen Konflikte durch die Integration aller gesellschaftlichen Gruppen in den Sozialstaat befriedet und dadurch ein breiter wohlfahrtsstaatlicher Konsens geschaffen wurde. Der soziale und ökonomische Wandel der letzten Jahrzehnte habe jedoch, so die weitverbreitete Ansicht, nicht nur soziale Probleme generiert und eine Finanzkrise der Sozialstaaten erzeugt, sondern insbesondere die latenten Konflikte innerhalb der Wohlfahrtsstaaten verschärft.

Ob diese Ansicht berechtigt ist, soll in den nächsten beiden Kapiteln behandelt werden. Neben den klassischen Konfliktkategorien des Erwerbslebens soll ein Vergleich der sozialen und sozial staatlichen Lage von Familien und Kinderlosen, einer neuen sozialstaatlichen Konfliktlinie, unternommen werden. Im Kapitel Konfliktkategorien der Erwerbsstruktur werden Gruppen entlang von drei Konfliktlinien des Erwerbslebens ausdifferenziert. So werden Bevölkerungskategorien auf Basis der Einkommenshierarchie, der Klassenzugehörigkeit und der Wirtschaftssektoren festgelegt. Für diese Kategorien wird die Einkommensentwicklung beschrieben und die Position im Sozialstaat durch die Messung ihrer sozialen Transfers und Abgaben bestimmt. Die Ergebnisse werden zeigen, dass es in Deutschland in den letzten Jahrzehnten zwischen „Arm" und „Reich" und zwischen den Erwerbsklassen zu einer ungleicheren Verteilung der Einkommen gekommen ist, sodass dort von einer Verschärfung der latenten Konflikte gesprochen werden kann.

In Großbritannien ist die Ungleichheit der Einkommen immer noch größer, allerdings ist die Ungleichheit seit den 1980er Jahren nicht größer geworden. Der öffentliche Dienst genießt zwar in beiden Ländern eine Sonderstellung in den Sozialsystemen, jedoch ist die Beschäftigtenzahl in beiden Ländern rückläufig. Was die Einkommensunterschiede angeht, lässt sich kein signifikanter Unterschied zwischen privatem und öffentlichem Sektor feststellen. Das Bild der Ungleichheit wird in beiden Ländern wesentlich stärker von Klassen- und Hierarchieunterschieden determiniert als durch sektorale Spaltungen. Das Kapitel Eltern vs. Kinderlose – ein neuer Konflikt? kontrastiert die Einkommenslage von Kinderlosen mit der von Familien und nimmt darüber hinaus noch die Entwicklung der sozialstaatlichen Unterstützung für die Familien in Augenschein.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis11
Verzeichnis der Übersichten, Tabellen und Diagramme14
Einleitung17
1 Genese, Expansion, Krise und Reaktion32
2 Risikokategorien im Sozialstaat101
3 Konfliktkategorien im Wohlfahrtsstaat226
4. Reformen, Risiko- und Konfliktkategorien295
Literaturverzeichnis315

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