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E-Book

Was die Seele bewegt, bewegt auch den Körper

Psychosomatische Signale verstehen - bewusster leben

AutorBeate M. Weingardt
VerlagSCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783417227772
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Wie hängen seelische Belastungen und körperliche Probleme zusammen? Oder natürlich auch positive Einflüsse auf die Seele und körperliche Gesundheit! Bestsellerautorin Dr. Beate M. Weingardt befasst sich auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse mit dem Thema Psychosomatik - allgemeinverständlich und bezogen auf Alltagserfahrungen. Dabei hat sie immer auch die biblischen Aussagen im Blick und beleuchtet die Bedeutung des Glaubens für die körperliche Gesundheit und persönliche Widerstandsfähigkeit. Im zweiten Teil ihres Buches nimmt die Autorin vor allem die Zusammenhänge zwischen Stress und Erkrankung in den Blick, um ganz praktisch zu helfen, bewusster und damit auch gesünder zu leben.

Dr. Beate Maria Weingardt, geb. 1960, hat Psychologie und Ev. Theologie studiert und 1999 über den 'Prozess des Vergebens in Theorie und Empirie' promoviert. Beate Weingardt ist mit vielen Themen in der Erwachsenenbildung tätig.

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Leseprobe

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2. Was sagt die Bibel?


Wenn ich noch einmal leben könnte, würde ich meinen Mitmenschen noch viel mehr Liebe, Vertrauen, Geduld und verzeihendes Verständnis entgegenbringen. Aber dieser Wunsch und diese Sicht sind ja gewachsen in langen Jahren zur Reife hin.


Vera Binz,
geb. 1919, Erzieherin

2.1. Körper und Seele im Alten Testament


Ganzheitlichkeit – was meinen wir damit? Doch wohl dies: dass Körper, Geist und Seele untrennbar miteinander verbunden sind. In diesem Sinn ist es beeindruckend, wie ganzheitlich der hebräische Mensch den Menschen gesehen hat. Als hätte er schon damals gewusst oder geahnt, was die Forschung seit einigen Jahrzehnten zunehmend an den Tag bringt: Körper, Denken und Fühlen sind durch Millionen Nervenbahnen in ständiger Kommunikation. Alle Ab- und Aufspaltungen sind deshalb willkürlich vorgenommene Trennungen, die dem Zweck dienen, zu vereinfachen und Probleme leichter zu handhaben. Zugegeben, dies kann durchaus sinnvoll sein – wenn man die Zusammenhänge dabei nicht völlig aus den Augen verliert. Zwei Beispiele aus den Psalmen (so nennt man die Gebete von Einzelnen oder Gruppen, die im Alten Testament gesammelt sind) seien genannt, in denen die Verbundenheit von Denken, Fühlen und körperlichem Erleben geschildert wird:

 In Psalm 32 schreibt der Verfasser: „Wohl dem Menschen, dem der Herr die Schuld nicht anrechnet und in dessen Herzen kein Falsch ist! Denn als ich schwieg, zerfiel mein Gebein ob meines unablässigen Stöhnens …“ Deutlich wird, dass das Verschweigen, vielleicht auch Verdrängen einer seelischen Last ein Ventil sucht – zum einen das „Stöhnen“ der Seele, das auf Schmerz hinweist, zum anderen der Zerfall (andere Übersetzung: die Abnutzung) der Knochen. Interessant ist, dass wir im Deutschen bei einer einschneidenden, uns belastenden Erfahrung sagen: „Das sitzt mir in den Knochen“ (dazu mehr in Kap. 7.2.).

 Der Beter von Psalm 73 schildert, wie sehr es ihn erbittert hatte, dass es „den Gottlosen so gut geht“, während die Frommen – darunter auch er – oft sehr zu leiden haben. Rückblickend beschreibt er seinen Zustand mit folgenden Worten: „Als mein Herz erbittert war und es mich in meinen Nieren stach, da war ich dumm und ohne Einsicht …“22. Ganz klar sieht er einen Zusammenhang zwischen körperlicher und seelischer Belastung, ebenso zwischen starken Grollgefühlen und einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit von Verstand und Vernunft!

Das ganzheitliche Denken im hebräischen Menschenbild zeigt sich auch in der Sprache. Eine ganze Reihe von zentralen Begriffen hat eine doppelte Bedeutung: Sie bezeichnen sowohl geistig-seelische Instanzen als auch bestimmte Organe oder Körperteile. Ich möchte mich an dieser Stelle auf die Bedeutungen von sechs wichtigen „Organen“ des menschlichen Organismus beschränken.

Seele (Näfäsch)


Das hebräische Wort, das in unseren deutschen Bibeln mit „Seele“ übersetzt wird (manchmal auch mit „Leben“), bedeutet im Hebräischen zunächst einfach „Kehle“. Was ist das Kennzeichen der Kehle? In der Kehle konzentrieren sich die drei Vitalfunktionen des Menschen, die ihn als ein bedürftiges und lebendiges Wesen charakterisieren:

 die Luftröhre – ohne Luft kein Leben;

 die Speiseröhre – ohne Nahrung kein Leben;

 die Stimmbänder – ohne Kommunikation kein wirkliches Leben.

Man kann sagen: Erst durch die Vorgänge, die sich in der Kehle abspielen, wird der Mensch zu einem lebendigen Wesen. „Näfäsch“ kann deshalb auch mit „Leben“ übersetzt werden. Und wie ist es im Deutschen? Auch bei uns schwingt, wenn wir von „Seele“ reden, die Bedürftigkeit des Menschen mit:

 Wenn man von „Seelsorge“, „Seelenbalsam“ und „Seelentröster“ redet, so verweist man auf ein tiefes Bedürfnis des Menschen, das gestillt werden will.

 Die tiefste Form der Verbundenheit zwischen Menschen wird gerne als „Seelenverwandtschaft“ bezeichnet, wohingegen die tiefste Form der Einsamkeit mit dem Wort „mutterseelenallein“ beschrieben wird.

 Sagt man von jemandem, dass er wohlhabend oder wohlversorgt ist, aber seelisch „hungert“, so meint man damit: Die materiellen Mittel können die Bedürfnisse, die über das Körperliche hinausgehen, nicht voll befriedigen. Das gilt ganz besonders auch für Kinder.

Mit anderen Worten: Was den Menschen zutiefst bestimmt, was ihn erst zu einem lebendigen Wesen macht, ist im Grunde sein Angewiesensein, sein „Hunger“ – nach Atem, nach Nahrung, nach Verbundenheit und Zwiesprache. Wer von einer dieser drei Lebensquellen abgeschnitten wird, ist in seinen existenziellen Bedürfnissen bedroht und – nach einiger Zeit – dem physischen und/oder psychischen Tod geweiht. Deutlich wird diese Lebensvoraussetzung in der scharfsinnigen Frage Jesu: „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt und nimmt dabei doch Schaden an seiner Seele?“23

Jesus wusste, dass unsere geistig-emotionalen Bedürfnisse mit dem Erwerb oder der Anhäufung von materiellen Gütern und Genüssen keineswegs zu befriedigen sind. Deshalb ist auch die andere Übersetzung zutreffend: „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt und nimmt dabei doch Schaden an seinem Leben?“ Denn wo wir in unseren tiefsten menschlichen Bedürfnissen „hungrig und durstig“ bleiben, ist auch unsere Lebensqualität eingeschränkt. Und wenn unsere Seele leidet, ist auch unsere körperliche Gesundheit langfristig beeinträchtigt und bedroht.

Herz (Leb/Lebab)


Kein menschliches Organ wird häufiger im Alten Testament erwähnt als das Herz. Das Herz hat im Hebräischen, genau wie die Kehle, allerdings eine doppelte Bedeutung:

 Das Herz ist das Organ, das den Organismus am Leben erhält – wenn das Herz erstirbt, ist der Mensch tot.

 Andererseits ist das Herz auch der Sitz des menschlichen Denkens und Fühlens sowie der menschlichen Entscheidungen.

Das Herz bildet sozusagen jene Funktionen ab, die der moderne Mensch im Gehirn verortet. Daher findet sich im Alten Testament häufig die Redewendung „in seinem Herzen denken“, so beispielsweise in Sprüche 16,9: „Des Menschen Herz denkt sich seinen Weg aus, aber der Herr allein lenkt seinen Schritt.“ Auch Jesus benutzt diese Redewendung ganz selbstverständlich, als er seine Jünger fragt: „Warum denkt ihr so Böses in euren Herzen?“ (Matthäus 9,4). Dass im Herzen auch die Gefühle ihren Sitz haben, machen Redewendungen wie „Mein Herz freut sich“ (Psalm 13,6) oder „Sein Herz entbrannte ihm gegen seinen Bruder“ (1. Mose 43,30) deutlich.24 Der Gedanke liegt nahe, dass das Herz als lebenswichtiges Organ vom Denken und Fühlen des Menschen mit beeinflusst wird.

Und wo immer empfohlen wird, etwas „von Herzen“ zu tun, ist gemeint, dass wir es mit aller Entschlossenheit und Energie sowie ohne jeden Zwiespalt tun sollen. Das ist auch mit dem folgenden Gebot gemeint: „Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit all deiner Kraft“ (Markus 12,30). Auch im Deutschen sprechen wir davon, dass wir in eine Sache „viel Herzblut“ investiert haben. Damit wollen wir sagen, dass wir uns mit großer Liebe und Leidenschaft für etwas engagieren. Das Gegenteil davon wäre ein „halbherziges“ Engagement, bei dem es an der vollen Hingabe und Entschlossenheit mangelt.

Ein Unterschied ist allerdings wichtig: Im Gegensatz zum Deutschen wird im Hebräischen mit dem Herzen nicht in erster Linie das Gefühl verbunden, sondern mehr das Denken und Wollen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass sich Gedanken und Gefühle gegenseitig durchdringen und beeinflussen und oft schwer trennen lassen.

Geist (Ruach)


 Das im Hebräischen weibliche Wort „Ruach“ bedeutet ursprünglich „Atem, Hauch, Luft, Wind“.

 Die zweite Bedeutung ist „Geist“ – auch der Geist ist, wie die Luft, unsichtbar und doch bewegt und bewegend.25 Die Schöpfungsgeschichte erzählt: Erst durch das Einhauchen des göttlichen Geistes/Atems wurde der Mensch ein lebendiges Wesen.26 Auch Jesus spielte auf die Doppelbedeutung der „Ruach“ an, als er sagte: „Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Brausen wohl, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht“ (Johannes 3,8). Man kann genauso übersetzen: „Der Geist weht, wo er will …“ Doch die Bedeutung ist in beiden Fällen dieselbe: Wir haben weder über das lebenswichtige Element des Atems, der Luft, noch über die geistige Vitalität oder Inspiration unserer Person wirklich Macht. Beides entzieht sich, genau wie Gott, unserem Zugriff. Deshalb wird auch Gottes Geist mit dem Wort „Ruach“ bezeichnet.

 Mit „Geist“ sind allerdings weniger das Denken und die Vernunft gemeint. Es geht eher um die...

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