VORWORT
Meine liebe Freundin, meine Seelenverwandte, die Frau, die meine Sätze vollenden kann, bevor ich sie zu Ende gesprochen habe – Alexis Jones –, rief mich an, um mich etwas zu fragen. Ob ich wohl ein Vorwort für ihr Buch schreiben könne? Ich … uh… ob ich was könnte? Was sollte ich schreiben? Wo sollte ich anfangen? Was dachte sie sich nur dabei? Angst und Selbstzweifel machten sich beinahe augenblicklich in mir breit. Ich hörte mich ins Telefon sagen: »Ich fühle mich sehr geehrt«, während mir gleichzeitig ganz schlecht wurde. Alexis machte mir einige unglaublich überzeugende Komplimente, indem sie sagte, was für ein Licht ich in ihr Leben und das all der jungen Frauen gebracht hätte, zu denen ich täglich spräche. Wie viel meine Leidenschaft und meine Sicht der Dinge ihr und meinem Publikum bedeuteten. Welch furchtlose Kriegerin ich für junge Frauen darstellte. Ich hörte ihre Worte, aber keines konnte die Panik beruhigen, die unverzüglich in mir aufstieg. Erinnert ihr euch an Bubble Boy aus dem gleichnamigen Film? Ich fühlte mich wie dieses Kind, eingesperrt in eine Plastikblase. Meine Blase bestand jedoch aus meinen innersten Ängsten und tiefsten und geheimsten Unsicherheiten. Diese riefen Dinge, wie zum Beispiel: »Ich bin live und aus der Situation heraus viel besser! Wie soll ich mich hinsetzen und etwas aufschreiben, ohne spontan von einem globalen Thema inspiriert zu sein, einem Twitter-Storm oder einer Ungerechtigkeit, die irgendwo geschieht? Ich bin ganz schlecht darin, ein leeres Blatt Papier zu füllen, ich brauche Vorgaben von außen. Ich brauche …« Und in diesem Moment begann ich zu lachen. Erst langsam und dann merkwürdig, denn ich lachte hysterisch – ganz alleine in meinem Haus, umgeben von meinen Hunden, die mich ansahen, als würde ich verrückt.
Wollt ihr wissen, warum ich lachte? Weil ich erkannte, dass mich die ganze Situation bei meinem eigenen zentralen Problem erwischte. Der Hass junger Frauen auf junge Frauen ist eine Pandemie. In diesem Fall war es meine innere Kritikerin, die mich hasste. Die lauthals schreienden Zweifel. Die Schamspirale des Gefühls der eigenen Unzulänglichkeit. All das kam aus mir selbst. Und ich erinnerte mich an das, was meine Freundin Jo immer sagt, wenn eine ihrer Freundinnen sich in Selbstkritik ergeht: »Hey, du sprichst hier über meine beste Freundin.« Die Reaktion junger Frauen auf diesen Satz ist ganz erstaunlich. Ja, du sagst etwas ganz und gar Negatives über meine beste Freundin. Und diese Freundin bist du selbst. Ladys, warum können wir uns selbst nicht genauso annehmen wie unsere Freundinnen? Ich weiß, dass ich mein Leben für meine besten Freundinnen geben würde. Ich würde für jede von ihnen in ein brennendes Haus laufen, mich dem fiesesten Feind entgegenstellen und mich intensiver anstrengen, als ich je für möglich gehalten hätte. Warum also nicht auch für mich selber?
Es gibt zahlreiche Theorien dafür, wie es dazu gekommen ist. Wie wir von der Gesellschaft dazu erzogen wurden, uns für uns selbst zu schämen. Wie wir zu einem imaginären Konkurrenzkampf gegeneinander aufgestachelt werden, der uns immer mehr im Griff hat, je mehr wir dieses Spiel mitspielen. Wie wir gleichzeitig völlig sexualisiert und dann wieder für unsere Sexualität verteufelt werden. Wie wir dafür kritisiert werden, dass wir zu dick, zu dünn, zu mädchenhaft und dann wieder zu herrisch sind. Wir werden viel zu oft niedergemacht. Und das schlucken wir nicht nur, wir nehmen aktiv daran teil. Aber wisst ihr was? Damit ist Schluss. Ende. Noch einmal … schreit es mit mir aus euch heraus: EN-DE. Schmeißt die Brocken hin und lasst uns lieber zusammen essen gehen, was meint ihr?
Um auf den Punkt zu kommen, muss ich euch ein ganzes Stück in eurem Leben zurückführen. Weit zurück. Bis in die Uni. Ein Jahrzehnt in die Vergangenheit – ein Jahrzehnt, das, ganz nebenbei, so schnell verflogen ist, dass es sich anfühlt wie 100 Jahre. Ich studierte an der University of Southern California. Ich kam von einer unglaublich toughen Mädchenschule namens Westridge an die Uni. Ich hatte eine super Ausbildung, war behütet, sehr direkt, völlig verwirrt und bereit, alles aufzunehmen. Allerdings hatte ich festgefügte Meinungen. Studentinnenverbindungen? Bescheuert. Partygirls? Würden nie meine Freundinnen sein. Bis ich feststellte, dass eines der Mädchen aus meinem Heimatort, das ich am liebsten mochte, zu einer solchen Studentinnenverbindung gehörte und trotzdem eine Art philantropisches Wunderkind und ein akademischer Superstar war. Sie ermutigte mich, die Klischeevorstellungen abzulegen und einen Blick auf den Menschen dahinter zu werfen. Waren die Partygirls in einigen Mädchenverbindungen nur auf dem College, um das zu erreichen, was manche das »Ehefrauendiplom« nannten? Sicher. Aber was hatte das mit mir zu tun? Es gab unter ihnen auch viele brillante, motivierte, kultivierte Mädchen mit vielfältigen kulturellen Hintergründen, die sowohl ihre akademischen Studienziele als auch ein ausgefülltes Sozialleben im Blick hatten. Was war daran so falsch?
Ich war überwältigt von der Idee großer Studiengruppen und den dadurch verfügbaren Ressourcen, einschließlich des Wissens der Studenten aus höheren Jahrgängen, die jüngeren Studenten Unterstützung im Studienfach boten. Ich war auch davon überwältigt, dass sich die Studentenwohnheime wie die Schule anfühlten, von der ich kam. Große Gruppen cooler Mädchen, die auf dem Rasen des Vorgartens vor ihren jeweiligen Häusern saßen, so wie wir früher auf dem Schulhof von Westridge gesessen hatten. Und siehe da: Ich wurde ein richtiges Verbindungsmädchen. An der USC wurde ich zum ersten Mal Philanthropievorsitzende des Wohnheims meiner Studentinnenverbindung – diesen Titel hatte ich zwei Jahre lang inne – und lernte, meine Motivation für wichtige Anliegen zu kanalisieren. Dort lernte ich auch, meine Rolle als Gewinnerin eines Hochschulstipendiums wegen herausragender Leistung mit Wochenenden in Einklang zu bringen, an denen ich unsere Sportmannschaften anfeuerte, an offiziellen Veranstaltungen teilnahm und mich – weit weg vom häuslichen Sicherheitsnetz – selbst kennenlernte. Ich machte Fehler. Ich hatte unglaubliche Erfolge. Ich hatte schrecklichen Liebeskummer, brach selbst aber auch einige Herzen. Es war großartig, albern, inspirierend, chaotisch, motivierend, kindisch und oh-so-erwachsen. Das war echtes Leben, weil es nicht schwarz-weiß und statisch, sondern grau und fließend und ständig in Bewegung war. Ich lernte auch, mich von meinen festgefügten Urteilen und Meinungen zu verabschieden. Ich lernte, mich selbst zu akzeptieren, und zwar ALLE Aspekte meiner Persönlichkeit – die guten, die schlechten und die, die dazwischenlagen. Und irgendwo inmitten dieser Mischung aus Liebe und Spaß und Erwachsenwerden an der Uni lernte ich Alexis Jones kennen. Lex war auch nicht wirklich das, was man sich gemeinhin unter einer Studentin einer amerikanischen Studentenverbindung vorstellt. Natürlich, wir sind Verbindungsschwestern. Aber wir wurden auch beste Freundinnen. An einem Ort, der den Eindruck erweckt, als könne er auch ein Hexenkessel gegenseitigen Mobbings und heimtückischer Angriffe sein, habe ich eine Freundin fürs Leben gefunden. Ich wusste damals schon, dass sie etwas Besonderes ist. Ein ganz besonders helles Licht. Und das ist sie immer noch.
Eine Zeit lang verloren wir uns aus den Augen. Als wir jeweils am anderen Ende des Landes landeten und völlig verschiedene Tageszeiten hatten, verloren wir in dem ganzen Stress den Kontakt. Alexis arbeitete daran, in der Frage weiterzukommen, über die sie ständig nachdachte: wie sie bei jungen Frauen eine Veränderung bewirken könnte. Und ich arbeitete im Rahmen meiner ersten langfristigen Fernsehserie, One Tree Hill, an der Verwirklichung meiner Träume. Alexis baute an der Westküste eine Bewegung auf und ich fand meine Stimme außerhalb meiner Arbeit an der Ostküste, nämlich indem ich begann, mich öffentlich für Themen einzusetzen, die von Bildung bis Umweltschutz reichten. Viele meiner Gesprächspartner waren junge Frauen. Und dann geschah etwas Aufregendes: Lex und ich wurden durch eine E-Mail einer gemeinsamen Freundin wieder zusammengebracht, die uns beiden schrieb: »Ich habe das Gefühl, ihr seid inzwischen beste Freundinnen.« Da mussten wir echt lachen, denn das stimmte. Plötzlich knüpften wir wieder an dem Punkt an, an dem wir uns aus den Augen verloren hatten, aber inzwischen waren wir erwachsene Frauen, die an den Träumen und Problemen arbeiteten, über die wir Jahre zuvor in den Stockbetten unseres Studentenzimmers nachgedacht hatten. Inzwischen lebten wir unsere Träume. Wir fühlten uns als vollständig ausgeformte Erwachsene. Und wir machten uns daran, unsere Träume gemeinsam zu verwirklichen. Das tun wir immer noch. Ich bin mehr als glücklich, dass Lex Teil meines Lebens ist. Ich glaube, das sind wir alle, Ladys.
Lex ist immer eines der Mädchen gewesen, die sich für andere einsetzen. Und sie hat den Nagel auf den Kopf getroffen, indem sie uns auf unser größtes Problem aufmerksam gemacht hat: Wir müssen füreinander und für uns selbst einstehen. Wir müssen zusammenarbeiten und dürfen uns nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Wir müssen uns gegenseitig anspornen und unterstützen und Triumphzeichen der gegenseitigen Verbundenheit durch das World Wide Web senden und uns diese Zeichen auch persönlich geben. Wir müssen in Zeiten der Freude und der Trauer zusammenstehen. Kann sein, dass wir uns im Zeitalter der namenlosen Internetmonster befinden, die uns beschimpfen. Aber wir können dafür sorgen, dass sich Dinge ändern. Wir können zu all dem Nein sagen. Und wir können mit der Veränderung bei uns selbst anfangen. Wir...