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E-Book

Fasziale Osteopathie

Grundlagen und Techniken

AutorAngelika Strunk
VerlagHaug
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl184 Seiten
ISBN9783830479222
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis61,99 EUR
Alles zu den Faszien aus osteopathischer Sicht: aktuelles Faszienwissen, konkrete Technikanleitungen, Schnellscreening - klare Systematisierung der Faszien, ihre diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten sowie ein Schnellscreening - Erläuterung der faszialen Zusammenhänge mit Anatomie, Embryologie und Histologie sowie die diagnostischen und therapeutischen faszialen Techniken - Das osteopathische Schnellscreening führt Sie Schritt für Schritt zur richtigen Diagnose - Die Systematisierung der Faszien erleichtert Ihnen die räumliche Vorstellung der faszialen Strukturen im Körper

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Leseprobe

2 Funktionelle Bedeutung der Faszien


Die Funktionen der Faszien sind allumgreifend. Sie halten den Körper zusammen und verbinden alle Anteile miteinander. Faszien stehen für Leben, Zirkulation, Immunologie, Zusammenhalt, Bewegung, Formgebung, Verbindung, Stabilität und Kommunikation.

Die Faszien als Basis der osteopathischen Ganzheitlichkeit und Therapie.

Dieser Satz misst den Faszien eine sehr hohe Bedeutung zu. Können Faszien als eine Basis der osteopathischen Ganzheitlichkeit und Therapie gelten und wenn ja, warum?

Basis („basis“) aus dem Lateinischen bedeutet Sockel. Im Griechischen „βάσις básis“ steht dieses Wort für „Fuß“, „Grundlage“ oder „Fundament“. „Basis“ bedeutet in der Architektur „der unterste Teil einer Säule“, und ein „Basislager“ ist der Ort, von dem alpine Expeditionen beginnen. Die „Basis eines Kristalls“ beschreibt seine Grundstruktur, und in der Naturwissenschaft steht das Wort „basal“ für die Grundfläche eines untersuchten Organs ▶ [58].

Wenn hier also von den Faszien als „Basis der osteopathischen Ganzheitlichkeit und Therapie“ gesprochen wird, so zielt dies auf die verbindende „Grundstruktur“, den Ausgangspunkt für „Expeditionen“ in die Versorgung durch Gefäße und Nerven und auf die Funktion der Faszien als „Bodenplatte“ (Säule) ab, durch die das „Haus Mensch“ steht und die damit die Grundfläche eines jeden „Organs“ darstellt, auf der letztlich seine gesamte Form basiert.

In der Medizin werden jeder Struktur ein Name, eine genaue Lagebeziehung und eine Funktionsbeschreibung zugewiesen. Dies ist zum Erlernen des menschlichen Körpers essenziell. Es ist ebenso von Nutzen, Namen für Strukturen und Dysfunktionen zu generieren, um die medizinisch-interdisziplinäre Kommunikation überhaupt zu ermöglichen.

Aber allzu oft geht dabei die Wichtigkeit und die Einzigartigkeit der betreffenden Strukturen verloren. Die Konzentration beim erstmaligen Erlernen liegt auf dem Namen und der Zugehörigkeit, weniger auf deren Fähigkeiten und dem Besonderen daran. Gerade deswegen soll hier zu Beginn auf die Einzigartigkeit der Faszien und ihre jeweiligen Aufgaben eingegangen werden, bevor es zu den anatomischen Details kommt. Dadurch kann der Leser in die „Vorfreude“ versetzt werden, die anatomischen Angaben durch die Faszination ihrer Wichtigkeit zu erlernen.

Als A. T. Still den Menschen „studierte“, gab es kaum genauere Namen und Lagebezeichnungen für die Faszien. Sie wurden nur mit Adjektiven umschrieben und gezeichnet. Und dennoch war sich Still ihrer Wichtigkeit bewusst und stellte sie in den Vordergrund. Still beschrieb Faszien als Einheit und betonte ihre besondere Bedeutung für das menschliche Leben.

Für Still begann das Leben in den Faszien.

„Wir folgen dem Keim vom Vater aus, nachdem er dessen Fasziensystem verlassen hat, und finden ihn wohl gedeihend in der Gebärmutter, einem Organ, dass selbst fast ein komplettes Lebewesen darstellt, dem Zentrum, Ursprung und Mutter aller Faszien. Dort hält sich der Keim auf, wächst bis zur Geburt und erscheint als komplettes Lebewesen, ein Produkt der lebensspendenden Macht der Faszien.“ ▶ [16]

Durch „saubere“ Faszien leben wir.

„Des Menschen Seele, mit allen ihren Strömen voll des reinen lebendigen Wassers, scheint in den Faszien seines Körpers zu wohnen.“ ▶ [16]

Durch ihr „Versagen“ sterben wir.

„Die Faszien umgeben jeden Muskel, jede Vene, jeden Nerv und alle Organe des Körpers. Ein Netzwerk aus Nerven, Zellen und Röhren führt von den Faszien weg und zu ihnen hin. Es ist vernetzt und ohne Zweifel angefüllt mit Millionen von Nervenzentren und Fasern, die fortwährend vitale und zersetzende Flüssigkeiten nach innen und außen absondern. Durch die Aktion der Faszien leben wir, durch ihr Versagen sterben wir.“▶ [16]

Die Behandlung der Faszien als ein Schlüssel zur Heilung.

„Warum entspannst, kontrahierst, stimulierst und reinigst Du dann nicht das ganze System durch diese bereitwillige und hinreichende Renovierungskraft von allen Krankheiten, die aufgrund von Verbleib und Stagnation von Flüssigkeiten in den Faszien durch tödliche Verbindungen hervorgerufen werden?“ ▶ [16]

Diese Zitate zeigen, dass den Faszien zwar Namen und Ursprünge zugeordnet und sie unbedingt genauer studiert werden sollten, um ihre Verläufe besser zu verstehen, Dysfunktionen besser zu erkennen und Behandlungsabläufe angepasst planen zu können. Dennoch sollte die Ganzheitlichkeit der Faszien mit ihrer Relevanz in Bezug auf die Verteilung aller Flüssigkeiten, die durchlaufenden Nerven und ihre Vitalität nicht aus den Augen verloren werden.

Merke: Faszien sind die einzigen Anteile im Körper, die alle Strukturen miteinander verbinden. Damit sind sie, provokant gesagt, die Osteopathie.

Ohne Funktionsorgane ist der Mensch nicht lebensfähig. Die Organe könnten jedoch nicht ihre Funktion ausführen, würden sie nicht von den schützenden, raumgebenden und verbindenden Faszien umhüllt und begleitet werden und wäre ihre Ver- und Entsorgung sowie die neurologische Innervation durch die Faszien nicht sichergestellt.

Eine „Organtüte“ mit ihren wichtigen, darin enthaltenen funktionellen Strukturen wäre nichts wert, hätte sie keine gute Fixierung im Abdomen.

  • Die Gefäße zu den einzelnen Organen, welche in den Mesenterien liegen, würden wahllos in der „Tüte“ herumliegen, sich gegenseitig stören und ihre „Navigation“ zum Organ verlieren.

  • Ein Rückenmark ohne seinen „Schlauch“ wäre innerhalb von wenigen Stunden vollkommen überreizt, da es wie ein loses Seil bei jeder Bewegung ständig an die Knochenwand schlagen würde.

  • Eine Lunge wäre nicht fähig sich aufzupumpen, um Sauerstoff aufzunehmen, da die Alveolen wie „Zuckerwatte“ aneinanderkleben würden.

  • Das Herz könnte keine Kraft aufbauen, wie ein Kletterer, der zwischen zwei Felswänden heraufklettert, die zu weit auseinanderstehen. Er braucht die Wand als Gegenhalt, damit er Kraft aufbauen kann, um nach oben zu klimmen.

Faszien sind im Menschen allgegenwärtig. Sie stellen die komplexen Verbindungen zwischen dem Parietalen, dem Viszeralen, dem Kraniosakralen, der Neurologie, der Zirkulation und dem psychoemotionalen Ausdruck eines Menschen her. Faszien trennen und verbinden zugleich. Ihnen haben die einzelnen Systeme des Körpers zu verdanken, dass sie sich reibungslos gegeneinander bewegen können und trotzdem in einer Einheit funktionieren.

2.1 Faszien als „Flussbett des Lebens“


„In ihnen, durch sie hindurch und von ihnen begleitet fließen alle lebensnotwenigen Säfte des Körpers.“ ▶ [16]

Jedes Lymphgefäß, jede Arterie und jede Vene besitzt als äußerste Hülle eine Faszie, und ihnen wird der Weg durch den Körper durch Faszien geebnet. Aber auch die Faszie selbst lebt (Kap.). In ihr finden sich z. B. Zellen zur spezifischen und unspezifischen Immunabwehr, Zellen zur Eigenregeneration, Proteine zur Wundheilung und Blutgerinnung, Wasser und sämtliche Stoffe zur Ernährung der Zellen. Geht es den Faszien gut, können alle lebensnotwendigen Säfte in den Faszien, zu den Faszien und von ihnen weg ungehindert fließen.

2.2 Faszien sorgen für Unterteilung


Oberflächenfaszien Sie sind die großen, mehrere Systeme umgebenden Faszien. Sie trennen die Haut (Dermis) von den darunterliegenden Strukturen und bilden „Kanäle“ für ver- und entsorgende Gefäße und Nerven der Haut ▶ [51].

Muskulatur Durch die äußere Hülle wird ein Muskel zur umgebenden Haut, einem anderen Muskel, dem unterliegenden Knochen, den zu bewegenden Gelenken und den Bändern abgegrenzt und verbunden. Durch die inneren Hüllen kann er in Muskelbündel und wiederum in Muskelfasern unterteilt werden, um so reibungslos einzelne Fasern rekrutieren zu können. Myers beschreibt die...

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