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E-Book

Papa To Go

Yoga für gestresste Väter

AutorChristian Busemann
VerlagGoldmann
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783641160319
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Neues vom 'Papa To Go': Christian Busemann hat sich auf die Matte gelegt und dabei nicht nur festgestellt, dass er ungelenkiger ist, als er dachte, sondern auch, dass beim Yoga nicht unbedingt Räucherstäbchen abgefackelt werden müssen und dass selbst ein Mann bei diesen Verrenkungen echt entspannen kann. Der Erfahrungsbericht eines modernen Mannes, der sich mal wirklich locker machen wollte.

Christian Busemann produziert seit Jahren Unterhaltungsfernsehen. Zusätzlich und mit großer Hingabe verdingt er sich regelmäßig als Autor für diverse Moderatoren oder als Redakteur für unterschiedliche Zeitschriften. Christian Busemann lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Hamburg.

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Leseprobe

Die Vorgeschichte

Erster Akt: Kiez-Yoga

»Yoganisiert« wurde ich von meinem Freund Theis auf St. Pauli. Das war 2007. Er war zu jener Zeit noch Referendar als Lehrer für Englisch und Sport und wohnte in einer völlig heruntergekommenen Butze mehr oder weniger direkt auf dem Kiez. Ein Zimmer, ohne Küche und der Versuch eines Bads, Schimmel inbegriffen.

Doch die Lage bedeutete ihm alles, und so ertrug er mit buddhistisch anmutender Gelassenheit jahrelang seine schreienden Nachbarn über sich, das schreiende Partyvolk auf der Straße unter sich und final auch den schreienden Feuerwehrmann neben sich, der ihn eines Morgens, just nachdem er die Tür mit einer Feuerwehraxt eingeschlagen hatte, unsanft aus dem Bett beförderte. Feuer im Haus. Danach war sogar Theis’ Gelassenheit demoliert, und er zog aus.

Zuvor lud er mich jedoch zu sich ein, um mir auf Teppichresten vor einem gesprungenen Spiegel vom Sperrmüll meine erste Yogalektion zu erteilen, um die ich ihn gebeten hatte.

Denn wann und wo auch immer – Theis machte und schwärmte im Dauerloop von Yoga. Und als sein ältester Buddy wäre es geradezu einem Affront gleichgekommen, hätte ich seinem so leidenschaftlich gepriesenen und betriebenen »Hobby« nicht wenigstens eine kleine Bühne der Aufmerksamkeit geboten. Es war ein Freundschaftsdienst, der von Herzen kam, motiviert durch persönliche Neugier und eine Prise Pflichtgefühl.

Und so verdingte ich mich vorsätzlich als sein ahnungsloser Schüler. Für ein einziges Mal im Winter.

Theis war gut drauf und bestens vorbereitet. Er hatte für uns zwei Süßen einen recht beeindruckend abwechslungsreichen Übungsablauf unter Zuhilfenahme des Top-Bestsellers Yoga für Menschen von heute des Belgiers André van Lysebet zusammengestellt. Der Mann war einer DER Yogapioniere im Westen, der eine ganze Generation an Yogalehrern nachhaltig prägte – nun also auch mich?

Mein guter alter Schulfreund turnte fleißig vor, und während ich es ihm nachtat, erklärte er in griffigem Sportlehrervokabular die konkrete Haltung sowie ihre wunderbare Wirkung und wies die korrekte Atmung an. So gut es ging versuchte ich mich auf seine unzähligen Anweisungen einzulassen und zu konzentrieren. Amateurhaft vollführte ich das unterschiedliche »Hineingehen«, das »Genießen in der Dehnung«, die »tiefe Atmung bis in die Wirbelsäule hinauf«, empfand jedoch weder das eine noch gelang das andere, und allmählich zweifelte ich daran, ob ich überhaupt verstanden hatte, was Theis da eigentlich gerade von mir wollte.

Sein Kiez-Sportprogramm wirkte auf mich wirklich gut gemeint, im Detail aber vielleicht ein bisschen zu gut. Zu komplex, zu viel.

Mit jeder Krümmung, Biegung und Streckung meines Körpers, der lediglich von einer wirklich schlecht sitzenden ausrangierten Badehose als Turnhosen-Surrogat bedeckt war, verebbten meine anfangs noch amüsierten Kommentare, und Theis, der nun voll und ganz die Hochform seiner neu gefundenen kompetenten Meisterrolle erreicht hatte, hielt sich bis auf ein paar Appelle an den Sportsgeist wie »So, jetzt noch mal die Pobacken zusammenkneifen« strikt ans Frontaldozieren.

Nach vier absolvierten Positionen war ich bereits völlig platt. Nasser Mann keucht mit hochrotem Kopf auf dem Boden – diese Beschreibung passt an sich ganz gut nach St. Pauli, oder?

Viele der vermeintlich simpelsten Artistikeinlagen, wie zum Beispiel das Aufrechtsitzen mit ausgestreckten Beinen, das so herrlich brutal in meinen Kniekehlen zog, empfand ich nicht nur als extrem unangenehm und schmerzhaft, nein, zeitweise hatte ich gar das Gefühl, mir würde beim Halten der Stellung übel. Teilweise fürchtete ich auch, altgediente Sehnen könnten ob der neuartigen so exotischen Anforderungen plötzlich ihren Geist aufgeben und reißen, Knochen möglicherweise vor Ermüdung brechen oder durch glutofenähnliche Erhitzung durchkokeln.

Ganze Muskelpartien, die sich bis zu jenem Tag all die Jahrzehnte geschickt vor mir verborgen hatten, lernte ich nun per Schmerz-Speeddating kennen. Sie stachen, vibrierten, zitterten und ließen mich ungelenk wackeln, wie ein unterbezahlter Kindergeburtstags-Harlekin auf der Slackline.

Die Folter endete schließlich exakt nach 60 Minuten mit Theis’ Frage: »Das ist Yoga. Und, wie find’ste?«

»Bestimmt super. Wenn man das öfter macht«, gab ich zurück. Trotz einer fehlenden substanziellen Aussage meinerseits, schien mein ältester Freund sichtlich zufrieden mit seiner persönlichen Lehrerleistung, während ich mir wortlos vor Erschöpfung und in latenter Opferpose die Winterjacke überzog. Ich bedankte mich höflich für den privaten Schnupperkurs, »Ja ja, wir telefonieren die Woche oder mailen«, und stolperte mit weichen Beinen die Treppe hinab, die mich zurück auf die Große Freiheit entließ.

Es war dunkel und kalt. Leichter Schneefall setzte ein. Mich fröstelte. Ich fühlte mich bedröppelt und in meiner bis dato wohlbehüteten Ungelenkigkeit mehr als bestätigt. Okay, das war also Yoga. Gymnastik mal anders, mit Schwitzen, Ziehen, Brennen und Übelkeit. Es war, als hätte ich nicht selbst geturnt, sondern wäre geturnt und von willkürlichen »Roncalli-meets-Cirque-de-Soleil«-Verrenkungen überrollt, durcheinandergewirbelt und dabei elegant komplett auf Links gezogen worden.

Statt strahlend stark, aufrecht und mit beiden Füßen fest auf dem Boden, stand dort auf dem Kiez ein geknechteter Lappen. Ein in seine Einzelteile zerlegtes armseliges Häufchen Elend mit zermalmtem Körper und püriertem Geist. Mein Blick fiel auf die vollgekotzten Treppenstufen zu Theis’ Hauseingang. Selten schienen mir innerliche Haltung und äußerer Eindruck so identisch wie in jenem Moment.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, maß das Thermometer 39,3 Grad. Das Fieberthermometer. Yoga hatte mich niedergestreckt. Und so war es gerade erst geboren und für mich bereits prompt gestorben.

Zweiter Akt: Suicide-Yoga

Zwei Jahre später, nach zahlreichen aufmunternden Einzelgesprächen und intensiver Aufarbeitung der Vorfälle auf St. Pauli, auch mit Unterstützung von Theis, exhumierte ich die gute alte »Tante Yoga«. Beweislage und Perspektive hatten sich geändert, und ja, zugegeben, peripher gaben auch ein bisschen Langeweile und Einfalt den Anlass. Wer wusste schon, ob einst nicht alles nur ein Versehen war und ich ohnehin den Grippevirus ausgebrütet hatte!? Und gebe ich tatsächlich eine weltweit praktizierte, allseits gelobte ganzheitliche Körperertüchtigung, die flexibel und individuell zu betreiben ist, wenig Equipment benötigt, kurz oder lang funktioniert, drinnen oder draußen, mit Musik oder ohne, nackt oder angezogen, so schnell auf?! Nein. Zu viele Vorteile. Zu sehr wie für mich gepuzzelt! Inspiriert vom unsäglichen Autodidakten-Trend versuchte ich es noch einmal, und zwar auf eigene Faust.

Bewaffnet mit einem von Theis erstellten reich bebilderten Übungsplan, der nach wie vor unmodischen, zweckentfremdeten Badehose und einer Isomatte, Campinggeneration vor Mauerfall, verzog ich mich hoffnungsvoll ins Schlafzimmer. Ein Mann hat viel vor, aber wenig Verstand! Denn nach 14 mehr schlecht als recht den Bildern nachempfundenen Positionen, frei von bewusster Atmung, mutete ich mir wahnwitzigerweise zu, den Übungsreigen tollkühn mit einem Kopfstand zu veredeln. Wer seine Kindheit fettleibig zubrachte, niemals auch nur im Entferntesten den würdevollen Dunstkreis einer Siegerurkunde erschnupperte und das Sportunterrichtsklischee des »Letzten auf der Bank« mit jeder Pore seiner Existenz erfüllte, dem möge ein plötzlich aufbrandender Größenwahn ob all der Demütigungen in der Vergangenheit nachgesehen werden, mangelnde Einsicht jedoch nicht. Und wer noch nie in seinem Leben den Versuch eines Kopfstandes unternommen hat, sollte es sich zumindest einmal zeigen lassen, statt auf eigene Faust … Nun gut, ich will es nicht unnötig ausdehnen, bevor ich dennoch die Story mit all ihrer Vorhersehbarkeit auskoste: Der herrschenden Lehre ungeachtet hielt ich es für moderat, den Kopf nicht schützend zu stützen und dabei das Gewicht auf die Unterarme zu verlagern. Vielmehr ruderte ich bei meinem ersten Versuch in den Kopfstand zu gelangen mit meinen Affenarmen und Gazellenbeinen unbeholfen in der Luft herum, um schwungvoll auf der Schädeldecke zu landen. Mission failed! Für den zweiten Anlauf schob ich die durchgeschubberte Schaumstoffmatte ganz nah an die Wand heran, stellte dort die Krone meines offenkundig verwirrten Hauptes liebevoll ab, die Hände gesellten sich links und rechts daneben, und mühselig kraxelte ich mit Tippelschritten wider der Schwerkraft die Wand hinauf. Auch wenn man glaubt, selbst unter der dicksten Fettschicht versteckten sich organschützende und knochengerüststützende Bauchmuskeln – dem ist nicht so. Erst recht nicht, wenn man vielleicht nicht die Welt, aber sich selbst auf den Kopf stellen möchte. Und so stieß ich mich mit den Füßen von der Wand ab, verlagerte damit das gesamte Körpergewicht auf meinen zarten Nacken, im Bestreben meine Bauchmuskulatur zu aktivieren … aber wie gesagt: Fehlanzeige. Mit einem lauten Halswirbelknacks stürzte mein spannungsloses 189-Zentimeter-Klappergestell wie ein Kartenhaus ein.

Obwohl ich mir bei dem ungesunden Begleitgeräusch meines unmittelbaren Ablebens sicher war und meine Fantasie mich bereits vor die Pforte zu was auch immer schleuderte, überlebte ich winselnd den restlichen Tag. Vermutlich war ich ein noch lebendes menschliches Wunder mit Genickbruch. Wie einst Bert Trautmann, ehemals weltbester Torwart, der als Torhüter von Manchester City 1956 endgültig Geschichte schrieb, als er im Finale des höchsten...

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