EIN PLANET FÜR JEDEN VON UNS
Während Tausenden von Jahren haben Menschen zu den Sternen hinaufgeschaut und sich gefragt, was dort draußen in den Weiten unserer Galaxie liegt. Unsere Erde scheint so perfekt geeignet, um Leben zu beherbergen. Gibt es Leben nur auf unserer Erde, oder könnte es da draußen zwischen den Sternen noch andere Welten wie unsere geben? Diese Spekulationen haben nun ein Ende, da Forscher kürzlich entdeckt haben, dass Planeten wie unsere Erde häufig sind. Es ist eine der grundlegenden Entdeckungen in der Geschichte der Wissenschaft. Wenn Sie das nächste Mal zu den Sternen hochschauen, sollten Sie einen Moment lang innehalten und daran denken, dass die meisten dieser Sterne ein eigenes Planetensystem haben.
Die Astronomie ist Teil der menschlichen Kultur, seit es schriftliche Aufzeichnungen gibt. Vor über zweitausend Jahren bedienten sich die alten Griechen einfacher Beobachtungen sowie der Trigonometrie und der Logik, um den Platz der Erde im Sonnensystem zu bestimmen. Sie entdeckten, dass unsere Heimat ein großer, kugelförmiger Gesteinsbrocken ist, der um unsere viel größere Sonne kreist. Aristarchos von Samos (3. Jhdt. v. Chr.) war der erste, der die Distanz von der Erde zur Sonne und von der Erde zum Mond vermaß und die Größe dieser Himmelskörper berechnete. Das war lange vor der Erfindung von Teleskopen und Taschenrechnern – ist das nicht bemerkenswert?
Die alten Griechen fragen sich auch, ob unsere Erde einzigartig sei. Der Philosoph Demokrit (ca. 4. Jhdt. v. Chr.) lehrte, »dass es zahllose, verschieden große Welten gebe; in einigen Welten gebe es weder Sonne noch Mond, in anderen hätten sie einen größeren Umfang, in wieder anderen seien sie mehrfach vorhanden. Die Abstände der Welten voneinander seien ungleich, bald größer, bald kleiner; die Welten seien zum Teil im Wachsen, zum Teil stünden sie auf dem Höhepunkt, zum Teil seien sie am Vergehen, hier bildeten sich solche, dort verschwänden sie; ein Zusammenstoß vernichte sie. Es gebe Welten ohne Lebewesen, ohne Pflanzen und ohne jede Feuchtigkeit.«1
Nicht alle waren dieser Meinung. Aristoteles (350 v. Chr.) behandelte die Pluralität der Welten ausführlich in seinem kosmologischen Hauptwerk Über den Himmel und schrieb: »Es kann nicht mehr als eine Welt geben.«
Während der »geistigen Finsternis« – vom Beginn des Römischen Reichs bis ins 16. Jahrhundert – wurden kaum Fortschritte gemacht, wenn es darum ging, unseren Ursprung und unseren Platz im Universum zu verstehen. Der Erde war es vergönnt, im Zentrum von allem zu stehen, und die Sonne bewegte sich allein durch die Willenskraft eines mythischen Gottes über den Himmel. Die bloße Erwähnung alternativer Ideen hätte einen den Kopf kosten können.
Der italienische Mönch, Philosoph und Astronom Giordano Bruno beschäftigte sich mit vielen Dingen, die im 16. Jahrhundert missbilligt wurden. Darunter auch die Vorstellung, dass es zahllose Sterne gibt, die von Planeten wie unserer Erde umkreist werden. Sein Werk Über das Unendliche, das Universum und die Welten (De l’infinito, universo e mondi) aus dem Jahr 1584 erwähnt auch Demokrit. Dass Bruno seine Ansichten nicht aufgab, führte schließlich zu seinem Todesurteil. Im Jahr 1600 wurde er wegen Verbrechen gegen die Kirche bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Die technologische und wissenschaftliche Entfaltung, die im 16. und 17. Jahrhundert einsetzte, wurde durch den Wunsch angetrieben, die einem Uhrwerk ähnelnden Abläufe in unserem Sonnensystem zu verstehen. Langsam aber stetig führte der Hunger nach Wissen uns aus der geistigen Finsternis in eine wissenschaftliche Renaissance. Forscher wie Galileo Galilei, René Descartes und Isaac Newton standen am Anfang eines explosionsartigen Erkenntnisgewinns, der schließlich zu dem wissenschaftlichen Verständnis und der Technologie führte, die wir in unserem heutigen Leben für selbstverständlich halten.
Der polnische Mathematiker und Astronom Nikolaus Kopernikus führte die Ideen von Aristarchos und den alten Griechen weiter. 1543, im Jahr seines Todes, veröffentlichte er Über die Umschwünge der himmlischen Kreise (De revolutionibus orbium coelestium). Er stützte sich auf antike Texte und die Bewegungen der Planeten und erörterte, dass sich die Sonne und die Planeten nicht etwa um unsere Erde, sondern die Planeten sich um die Sonne drehten. Dies war der Anfang eines Paradigmenwechsels – zurück zu den Ideen der alten Griechen, nach deren Auffassung die Erde keinen besonderen Platz im All einnimmt.
Erst durch die Entwicklung der dazu nötigen Technologie gelang es den Menschen, noch mehr über den Kosmos zu erfahren. Dass unser Stern nur einer von vielen ist, erkannten wir erst nach der Erfindung des Teleskops am Anfang des 17. Jahrhunderts. Die Erkenntnis, dass unsere Galaxie eine von zahllosen anderen ist, ergab sich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Nun, zu Beginn dieses neuen Jahrtausends, haben Astronomen die spektakuläre Entdeckung gemacht, dass unsere Erde nichts Besonderes ist. Allein in unserer Galaxie gibt es wohl Milliarden von Sternen, die von erdähnlichen Planeten umkreist werden.
Eine Frage des Prinzips
Ein fundamentaler Grundsatz der Kosmologie ist, dass das Universum an allen Orten und in alle Richtungen gleichmäßig ist. Dies bedeutet, dass jener Teil des Universums, den wir beobachten können, ein repräsentativer Ausschnitt eines möglicherweise viel größeren Universums ist. Es bedeutet außerdem, dass die Galaxien, die wir über das Universum und über die kosmische Zeit verteilt sehen, sich nicht wesentlich von unserer eigenen unterscheiden. Und dass die Sterne am Nachthimmel nach den gleichen Gesetzen der Physik funktionieren, die auch unsere Sonne zum Scheinen bringen. Bisher ist alles, was wir aus der Astrophysik und der Kosmologie gelernt haben, vereinbar mit diesem Grundsatz.
Dieses Prinzip der modernen Kosmologie kann auch prägnanter formuliert werden: Der Mensch ist kein privilegierter Beobachter des Universums. Das Konzept ist von zentraler Bedeutung für unser Verständnis des Universums und der Urknall-Kosmologie und wurde in seiner prägnanten Form erstmals 1952 vom österreichisch-britischen Kosmologen Hermann Bondi formuliert. Später erhielt es wegen des Beitrags von Kopernikus zur Abwendung von einem geozentrischen Weltbild die Bezeichnung »Kopernikanisches Prinzip«.
Dass unsere Sonne und unsere Milchstraße in den Weiten des Universums nichts Besonderes sind, ist inzwischen eine astronomische Tatsache. Unser Stern ist nur einer von mehreren Hundert Milliarden Sternen in unserer Galaxie. Und unsere Galaxie ist nur eine von mehreren Hundert Milliarden Galaxien im sichtbaren Universum. In den 60er-Jahren lieferte die Entdeckung der fast perfekt gleichmäßigen Hintergrundstrahlung, welche vom Urknall übriggeblieben ist, die eindeutige Bestätigung des kopernikanischen Prinzips.
Das unermüdliche Streben nach einem tieferen Verständnis unseres Ursprungs gipfelte 2013 in der Bestätigung der Spekulationen von Demokrit. Die Entdeckung von Planeten, die andere Sterne umkreisen, und die Erkenntnis, dass erdähnliche Planeten häufig sein könnten, eröffnen die realistische Möglichkeit, dass Leben anderswo in unserer Galaxie entstanden ist, womöglich mehrfach und an zahlreichen Orten.
Eine ähnliche Sichtweise könnte sich daher auch auf eine noch grundlegendere Ebene anwenden lassen, auf jene des Lebens selbst. In der Geschichte der Menschheit haben viele die Meinung vertreten, dass unsere Erde besonders ist, dass wir Menschen besonders sind. Und wir sind es. Wir sind alle einzigartig darin, dass wir am Leben sind und in der Lage wären, unseren schönen Planeten zu schätzen, der so geeignet scheint für unsere Existenz. In dieser Hinsicht sollten alle Lebewesen auf unserem Planeten als besonders angesehen werden. Aber – das werden wir bald herausfinden – Planeten wie den unseren gibt es zuhauf. Bei den zahlreichen möglichen Heimatwelten in unserer Galaxie wäre es arrogant anzunehmen, dass das Leben sich auf eine einzige Welt beschränkt.
Die abschließende Bestätigung unserer Unbedeutendheit würde die Entdeckung von Leben auf anderen Welten liefern. Die Suche nach den einzigartigen Signaturen des Lebens, die auf seine Existenz da draußen zwischen den Sternen hinweisen würden, hat bereits begonnen. Vielleicht wird in den nächsten Jahrzehnten auch die letzte Spekulation von Demokrit bestätigt: dass wir tatsächlich nicht allein sind.
Dass alle Sterne ferne Sonnen sind, ist bereits seit einigen hundert Jahren bekannt. Warum also entdeckten wir erst im 21. Jahrhundert, dass unsere Erde nichts Besonderes ist?
Was ist ein Planet?
Als Astronomen nach Planeten im Umkreis anderer Sterne zu suchen begannen, basierte ihre Vorstellung von dem, was sie finden könnten, auf unserem eigenen Sonnensystem. So einige Überraschungen warteten auf die Forscher – sogar innerhalb unseres Sonnensystems, als sie 2005 Eris entdeckten. Eris ist ein eisiges Gesteinsobjekt, etwas größer als Pluto, das etwa ein Drittel der Erdmasse hat. Es befindet sich im Moment doppelt so weit von der Erde entfernt wie Pluto, aber aufgrund seiner elliptischen Umlaufbahn wird es in ein paar hundert Jahren den Neptun passieren. Die NASA bezeichnete Eris ursprünglich als zehnten Planeten, aber inzwischen ist sie, ebenso wie Pluto, zu einem Zwergplaneten herabgestuft worden.
Der Begriff »Planet« stammt vom griechischen Wort für Wanderer, was darauf hinweist, dass Planeten in weitesten Sinne als Objekte umschrieben wurden, die sich sichtbar über...