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Ein Buch vom Kommunismus

AutorHans Bentzien
VerlagEDITION digital
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl243 Seiten
ISBN9783956554674
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Das erste Kapitel des 1976 erschienen Buches, das der Autor in den Beginn des 21. Jahrhunderts gelegt hat, erscheint wie ein utopischer Roman, denn wir alle haben diese Zeit anders erlebt. Der 'real existierende Sozialismus' in der DDR, in der nicht mehr existierenden Sowjetunion und in den anderen östlichen Ländern wurde wieder vom Kapitalismus verdrängt. Warum wurde also dieses Buch erneut veröffentlicht? Weil es der kürzlich verstorbene Autor für bewahrenswert hielt? Weil es noch, wenn auch wenig, Mitglieder kommunistischer Parteien gibt? Weil nach wie vor das sozialistische Kuba existiert, das sich anschickt, sich aus der erzwungenen Isolierung zu lösen? Das Buch beschreibt fundiert, jeweils eingebettet in die Geschichte seiner Zeit, den Weg von den utopischen Sozialisten über die Anfänge der sozialdemokratischen Bewegung bis hin zur Oktoberrevolution und der Entwicklung in der DDR. Insbesondere der euphorischen Beschreibung des DDR-Sozialismus wird der heutige Leser nicht mehr zustimmen wollen. Doch bei der Beschreibung des Kapitalismus im 19. und 20. Jahrhundert, einschließlich Arbeitslosigkeit und dem Drang nach neuen Absatzmärkten und Rohstoffquellen, der dabei auch vor Kriegen nicht zurückschreckt, wird er Vergleiche zur aktuellen Situation in Deutschland herstellen. Es ist sicher auch interessant, die revolutionären Wurzeln der deutschen Sozialdemokratie zu studieren. Wer sich ohne Vorurteile kritisch diesem Thema stellt, für den ist dieses Buch eine Fundgrube. Das Buch wurde ursprünglich für Kinder ab 12 Jahre geschrieben und beschreibt deshalb die geschichtlichen Epochen knapp und präzise als Ergänzung zum Schulunterricht. Wer eine DDR-Schule besucht hat erinnert sich an vieles und kann es nun mit seinem heutigen Wissens- und Erfahrungsstand einordnen. Das Wissen um die Entstehung der Theorie des Kommunismus darf nicht verschwiegen werden. Nach wie vor träumt die Menschheit von einer Welt des Friedens, der Arbeit, der Freiheit, der Gleichheit und der Brüderlichkeit, frei von Ausbeutung und Unterdrückung, in der jeder seine Fähigkeiten und Talente voll entfalten kann.

Geboren 1927 in Greifswald. Volksschule, Lehrerausbildung (LBA). Studium zum Dipl.rer.pol. in Jena und Moskau. Verschiedene kulturpolitische Funktionen. Kulturminister 1961 - 1966. Verleger. Rundfunk- und Fernsehmitarbeiter (Leitender Redakteur für Geschichtspublikationen). Zuletzt Generalintendant des Deutschen Fernsehfunks. Autor von Fernsehfilmen, Theaterstücken, Biographien (Elisabeth von Thüringen, Martin Luther, Thomas Müntzer, Friedrich II. von Preußen, Carl August von Hardenberg, Claus Schenk Graf von Stauffenberg) und Sachbüchern zu Fragen der Zeitgeschichte und der Geschichte Brandenburgs. Autobiographie. Wohnhaft in Bad Saarow. Verheiratet, drei Kinder. Er verstarb am 18. Mai 2015.

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Leseprobe
1869 wurde die Sozialdemokratische Arbeiterpartei gegründet. Sie entwickelte sich zunächst zu einer revolutionären Partei. Ausgestattet mit der Anteilnahme und mit Ratschlägen von Marx und Engels, war sie unter den Arbeitern, besonders unter den gewerkschaftlich organisierten Arbeitern, aktiv. Unter Anwendung aller Gesetze wurde versucht, ihre Ausweitung zu verhindern, was sich aber als erfolglos erwies, da das Klassenbewusstsein der Arbeiter durch die revolutionäre Agitation stärker wurde. Da kam der herrschenden Klasse ein Vorfall zu Hilfe. Im Jahre 1878 wurden von zwei Männern, die mit der Partei nichts zu tun hatten, kurz hintereinander zwei Attentate auf Kaiser Wilhelm I. verübt. Sie schlugen fehl, und sofort wurde eine Hetze im ganzen Land entwickelt, die Sozialdemokratie hätte diese Attentate geplant. Die Attentate waren in Wirklichkeit typische Provokationen, sie lieferten Vorwände für grobe Maßnahmen gegen die gesamte Arbeiterbewegung. Sofort wurden Neuwahlen ausgeschrieben, um die Arbeiterbewegung durch eine große Hetze aus dem Parlament zu entfernen. Das gelang nicht, neun Abgeordnete der Partei zogen in den Reichstag ein. Bebel sprach im Namen der Partei: '... Die Regierungen können machen, was sie wollen, sie können uns doch nicht ernsthaft an den Kragen. Die Arbeiter werden, dessen seien Sie sicher, mit der äußersten Zähigkeit für ihre Überzeugungen eintreten, sie werden in Werkstätten, in Fabriken, in der Familie und im Bierhaus, auf der Eisenbahn, sonntags auf Spaziergängen und an vielen anderen Orten, wo sie niemand genau zu kontrollieren imstande ist, zusammenkommen. Und diese Tätigkeit lahmzulegen wird Ihnen ganz unmöglich sein.' Die Partei wurde verboten, Bebel hatte für die Illegalität die taktischen Hinweise gegeben, und er hatte recht behalten. Zwar wurden Versammlungen und Zeitungen verboten, viele Funktionäre wurden aus ihren Heimatorten ausgewiesen, aktive Parteimitglieder von den Unternehmern entlassen, aber die Partei lebte weiter. In den zwölf Jahren schlossen sich die Sozialisten enger zusammen, und viele neue Kräfte, denen die Haltung der Genossen gefiel, stießen zu ihnen. 'Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf', hieß es in einem Spottvers. In der Schweiz wurde die zentrale Zeitung der Partei ein Jahr nach ihrem Verbot herausgegeben und heimlich mit der 'Roten Feldpost' nach Deutschland geschmuggelt. Sie hieß 'Der Sozialdemokrat' und hatte großen Anteil am Zusammenhalt der Parteimitglieder. Doch wie in jeder schwierigen Lage gab es in dieser großen Partei auch Kräfte, die den Kampf nicht durchstehen wollten und der Partei vorschlugen, einen Ausgleich mit den Herrschenden zu finden. In mehreren illegalen Konferenzen setzten sich die Delegierten mit diesen Leuten auseinander und wiesen ihre Kapitulationsangebote zurück. Die Diskussionen wurden anhand der Hinweise von Marx und Engels geführt. Man nennt diese falsche, versöhnlerische Meinung Opportunismus. Er sollte später der Partei noch viel Schaden bereiten. Es gab auch einzelne Genossen, die nicht für einen beharrlichen Kampf und die mit ihm verbundene Kleinarbeit waren, sie wollten den Terror als Kampfmethode der Partei einführen. Die Partei wies auch diese falsche Ansicht zurück und schloss Anhänger dieser Richtung aus ihren Reihen aus. Die Arbeiterbewegung hatte schon ihre Erfahrung mit den Terroristen und bezieht damals wie heute dazu eine klare Haltung: Ein paar Bomben sind schnell gebastelt und geworfen. Der Schaden ist von der Bourgeoisie leicht zu verschmerzen. Aber die Verfolgungen nehmen zu, und die Attentate werden zum Anlass genommen, die politischen Organisationen der Arbeiter zu verbieten. Das Sozialistengesetz war ja eine Folge solcher Terrorakte. Die Partei ging den richtigen Weg, und im Jahre 1884 erhielt sie den Beweis dafür. Statt 9 Abgeordneter verfügte sie nun über 24 Abgeordnete im Reichstag, zehn Prozent der Wähler hatten ihr die Stimme gegeben. Drei Jahre später gewann sie noch eine Viertelmillion mehr an Stimmen. Wenn auch die Partei und ihre Organisationen verboten waren, die Reichstagsabgeordneten und ihre Tätigkeit als Abgeordnete konnten nicht verboten werden, ohne die bei der Gründung des Reiches erlassene Verfassung zu ändern. Die Partei benutzte diesen Umstand und legte für die Zeit der Illegalität die Leitung der Partei in die Hände der Reichstagsfraktion. Die neuen Umstände erforderten neue Entschlüsse. So wurden die Reden von August Bebel und Wilhelm Liebknecht so gehalten, dass die Genossen in den Städten und Dörfern gleich eine Argumentation zu politischen Fragen und eine Anleitung zum Handeln erhielten. Der Abgeordnete Paul Singer hielt 1888 eine Rede vor dem Reichstag, in der er sich mit dem Versuch der Polizei beschäftigte, ihre Spitzel unter einer revolutionären Maske in die Partei einzuschleusen und Anlässe für Provokationen gegen die Arbeiter zu schaffen. Er warnte damit zugleich alle Parteimitglieder und rief sie zur Wachsamkeit auf: 'Heute kann ich mir gestatten, dem Reichstag und dem Herrn Minister von Puttkamer den Nachweis dafür zu liefern, dass die obersten Leiter der politischen Polizei, die sehr hohen Beamten des Berliner Polizeipräsidiums, nämlich der Herr Polizeidirektor Krüger und der Herr Polizeirat von Hacke, diejenigen sind, durch deren Tätigkeit, wie ich Ihnen nachweisen werde, anarchistische Verbrechen gefördert wurden. Die Herren Polizeidirektor Krüger und Polizeirat von Hacke, die mit den Agenten in persönlichem und brieflichem Verkehr sind, haben es sich zu ihrer Aufgabe gemacht, nicht nur die Bestrebungen der Sozialdemokratie überwachen zu lassen, sondern sie haben es sich auch zu ihrer Aufgabe gemacht, diese ihre Agenten aufzufordern, anarchistische Verbrechen herbeizuführen, um unter dem Drucke dieser Verbrechen dann dasjenige zu erreichen, was die Regierung mit ihrer Vorlage zwar beabsichtigt, aber nicht erreichen kann, wenn sie anhand der Tatsachen wirklich richtige Darstellungen gibt. Meine Herren, der Agent und Schreiner Karl Schröder in Zürich steht seit Jahren in Diensten der Berliner Polizei; er ist engagiert von dem Polizeidirektor Krüger, welchem er empfohlen worden ist - es ist das vielleicht für die Herren recht interessant zu hören - durch den ebenfalls von der Polizei besoldeten Anarchisten Kaufmann, der der Spiritus Rector [der geistige Urheber] von dem Anarchisten Stellmacher, der in Wien den Raubmord verübt hat, war. Das Gehalt des Schröder betrug zunächst 200 Mark per Monat; seit anderthalb Jahren erhält der Biedermann für seine Tätigkeit, die er im Dienste der Berliner Polizei ausübt, 250 Mark per Monat. Meine Herren, wenn Sie sich einmal recht schnell einen Überschlag machen wollen, welche Summen da herauskommen, die seit Jahren für solche Beamte verwendet werden, dann werden Sie wahrscheinlich mit mir der Meinung sein, dass man eigentlich für dieses Geld im Lande bessere Verwendung hätte, als es Leuten in die Hände zu geben, die nur dazu dienen, Unglück über andere herbeizuführen.' Alle Versuche, die Partei lahmzulegen, nutzten nichts. Sie war in den Jahren ihres Verbotes nur stärker geworden und galt in der internationalen Arbeiterbewegung als eine gut organisierte und kämpferische Partei, die auch auf andere Parteien einen bedeutenden Einfluss hatte. So spielte sie in der 1889 gegründeten II. Internationale, der Vereinigung der sozialistischen Parteien aus 22 Ländern, eine bestimmende Rolle. Die I. Internationale war im Jahre 1864 gegründet worden. Unter der Leitung von Marx und Engels hatte sie ihre Aufgabe, den Marxismus in der internationalen Arbeiterbewegung zu verbreiten, erfüllt. Nunmehr stellte sich im Jahre 1889 die II. Internationale in den entscheidenden Programmpunkten auf den Boden des Marxismus, vor allem ging es um die Schaffung von großen Massenparteien, von Massenorganisationen unter revolutionärem Einfluss, um die Vorbereitung der Arbeiter auf die proletarische Revolution. Fast zu gleicher Zeit war in Deutschland der große Bergarbeiterstreik als Mittelpunkt einer großen Streikbewegung zu Ende gegangen, an der insgesamt 400 000 Arbeiter in 1 100 Aktionen beteiligt waren. Die herrschende Klasse musste ihre Taktik ändern. Ende Januar 1890 wurde gegen den Willen Bismarcks das Sozialistengesetz aufgehoben. In den Wahlen am 20. Februar wurde die Sozialdemokratische Partei die stärkste Partei in Deutschland, sie gewann doppelt so viel Stimmen als drei Jahre vorher, jeder fünfte Wähler hatte sie gewählt. Das war eine Arbeiterantwort auf die Versuche, die Partei zu schlagen. Kurz nach den Wahlen musste Bismarck abtreten. Er hatte der Bourgeoisie seinen Dienst getan. Man hatte ihn den 'Eisernen Kanzler' genannt, den unbesiegbaren Vertreter der Macht. Die Arbeiter aber hatten den Herrschenden ihre Stärke gezeigt. Das waren die Erfolge einer beständigen, mutigen Kleinarbeit der Parteifunktionäre unter den Arbeitern, so wie es August Bebel vorausgesagt hatte.
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