2. Nachhaltigkeit – Die Agenda 21 als Leitbild der Welt
2.1 Geschichte der Nachhaltigkeit 1713 - 2013
Der Begriff „nachhaltig“ wurde erstmals von Hans Carl von Carlowitz (1645 bis 1714) in seinem im Jahr 1713 veröffentlichten Werk „sylvicultura Oeconomica“ verwendet Dort beschreibt er das Konzept der Nachhaltigkeit aus der Sicht der Forstwirtschaft.
In seinem Werk geht es um die Waldbewirtschaftung. Er schreibt, dass nur eine solche Menge an Holz geschlagen werden soll, als auch in gleicher Zeit nachwachsen kann. Zu seiner Zeit herrschte eine Energiekrise. Es herrschte eine „Holznot“, da nur Holz als Energiequelle genutzt wurde. Mit seinem Werk wollte er dem Raubbau am Wald entgegenwirken und sicherstellen, dass nachhaltig mit der Natur umgegangen wird.
Durch den Ansatz der Forstwirtschaft formte sich der Leitgedanke „von den Zinsen zu leben und nicht vom Kapital“.3 Mit diesen Worten wird nachhaltiges Handeln auf den Punkt genau beschrieben.
Durch die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, die „Brundtland-Kommission“ und deren veröffentlichten Bericht „Our Common Future“ 1987 erlangte der Begriff „Nachhaltigkeit“ auch internationale Bekanntheit.
Die Kommission verwendete folgende Definition: „Sustainable development is development compromising the ability of future generations to meet their own needs.“4Damit verknüpfte sie zwei Schlüsselkonzepte, das Konzept der Bedürfnisse der Armen der Welt mit der Idee der Begrenzung, die sich aus der Fähigkeit der Umwelt ergibt, gegenwärtige und zukünftige Bedürfnisse zu erfüllen.
Ziel der Nachhaltigkeit soll es also sein, die Erde vor Übernutzung zu bewahren, damit auch kommende Generationen ihre Grundbedürfnisse stillen können.
Da sich die Brundtland-Kommission weitestgehend auf den Bereich Ökologie stützt, wurde auf dem Weltgipfel in Rio de Janeiro 1992 das Prinzip der „drei Säulen“ ausgearbeitet. Dabei stützt sich Nachhaltigkeit gleichmäßig auf die Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Insgesamt 178 Teilnehmerstaaten unterzeichneten in Rio die Beschlüsse und verständigten sich auf ein gemeinsames und nachhaltiges Wirtschaften, bei gleichzeitigem Bekämpfen der Armut in Entwicklungsländern. Die Verwirklichung der Agenda 21 solle auf lokaler Ebene der Staaten stattfinden. Die Bundesrepublik Deutschland verankerte das Prinzip der Nachhaltigkeit im Grundgesetz in Art. 20a:
„[Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen] Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“5
Damit die Ziele der Konferenz erfüllt werden können, müssen die drei Säulen als ein miteinander in Wechselwirkung stehendes System angesehen werden. Jeder einzelne Bereich kann nur funktionieren, wenn auch an den anderen Bereichen gearbeitet wird.
Abb.1: Leitbild der nachhaltigen Entwicklung nach den Zielvorgaben der Agenda 216
Im deutschsprachigen Raum kam es durch die unscharfe Übersetzung des Begriffs „sustainablility“ in „Nachhaltigkeit“ zu anhaltenden Missverständnissen über dessen wahre Bedeutung. So versteht die englischsprachige Welt unter sustainablility ein vernünftiges, für die Erde tragbares, also umweltverträgliches Verhalten, während im Deutschen der Begriff „nachhaltig“ auch als „andauernd“, „dauerhaft“ im Sinne des englischen Begriffs „lasting“ verstanden wird. Das allerdings ist mit dem Konzept der „sustainablility“ nicht gemeint.
2.2 Missverständnisse
Nachhaltigkeit ist – zumindest im deutschsprachigen Raum ‒ ein Begriff, der für viele Zwecke gebraucht und missbraucht wird. Das Missverständnis, unter nachhaltigem Wirtschaften ein langfristig finanziell erfolgreiches Arbeiten einer konkurrenzfähigen Wirtschaft zu verstehen, ist in weiten Teilen der Wirtschaft verbreitet.
Ein weiteres, weit verbreitetes Problem ist die Verengung des Begriffs auf nur wenige Aspekte. Die Deklaration von Rio behandelt 40 Kapitel und umfasst 312 Seiten. Inzwischen werden Standards nachhaltigen Wirtschaftens in Verbindung mit der Entwicklung integrierter Managementsysteme zum nachhaltigen Wirtschaften incl. Zertifizierung angeboten, die sich nur mit wenigen ausgewählten Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen, aber öffentlich den Eindruck umfassender Nachhaltigkeitsstandards erwecken.
Die Folge sind Meldungen wie „Bierbrauen wird immer nachhaltiger“, nur weil eine Brauerei sinkende Verbräuche an Wasser und Energie in ihrem Betrieb meldet. Das ist erfreulich und umweltfreundlich, aber kein ganzheitlich nachhaltiges Wirtschaften. Doch die Erkenntnis über dieses „Kratzen an der Oberfläche“ der Nachhaltigkeit nimmt zu. Die großen Unternehmen, auch der Getränkebranche, stellen sich der Herausforderung. Doch wo bleibt der Mittelstand?
2.3 Nachhaltigkeit als Teil internationaler Unternehmensstrategien
Die Notwendigkeit nachhaltiges Handeln in die Unternehmensstrategien zu implementieren ist weltweit angekommen. Nur 32 % der Wirtschaftsführer sehen die Konzerne auf dem richtigen Weg um den Herausforderungen immer knapperer Ressourcen und größerer Umweltprobleme zu begegnen. 67 % glauben nicht, dass ihre Unternehmen dafür genug tun. Gleichzeitig sagt aber die große Mehrheit, dass der grüne Umbau der Weltwirtschaft ihre jeweilige Branche binnen 5 Jahren radikal verändern wird.
Weiterhin beklagen die Chefs, dass die kurzfristigen Gewinninteressen der Märkte ein höheres Tempo verhindern. Die Politik müsse radikalere Vorgaben machen, um das Marktversagen zu beheben.
Wo große Konzerne in den Vorgaben der Aktienmärkte und Finanzinvestoren gefangen sind, können Privatunternehmen eher frei agieren und ihre Unternehmensstrategien rechtzeitig und umfassend auf nachhaltiges Wirtschaften ausrichten.
Mittelständische Brauereien, die oftmals seit Jahrhunderten von derselben Familie geführt werden, sind für solche Unternehmensstrategien prädestiniert.
Doch der Druck auf die Unternehmen ihre Strategien an den Grundsätzen nachhaltigen Wirtschaftens auszurichten, kommt auch von Seiten der Investoren. Rund 20 % aller Anlagegelder weltweit werden beim Investment nach nachhaltigen Kriterien gemanagt. Und selbst die Deutsche Börse hat einen Leitfaden entwickelt, der als Orientierungshilfe für eine bessere Nachhaltigkeitsberichterstattung dienen soll. Die EU-Kommission arbeitet an einem Vorschlag, Nachhaltigkeitsberichte als Teil der Lageberichte der Gesellschaften vorzuschreiben.
Und auch harte Konsequenzen werden bereits gezogen. So hat der norwegische Staatsfond, mit 540 Milliarden Euro der größte der Welt, eine schwarze Liste nicht nachhaltiger Unternehmen aufgestellt, auf denen sich u.a. EADS, Boeing und Walmart befinden. Der Fonds hat sich bereits von 5 Beteiligungen wegen grober ethischer und ökologischer Fehlentwicklungen getrennt.
Der gesellschaftliche Druck hin zu nachhaltigem Wirtschaften nimmt also stetig zu und auch bei Mittelstandsfinanzierungen wollen Banken und erst recht staatl. Stellen wissen, wie ein Unternehmen auf diese Anforderungen reagieren will.
2.4 Bestandteile nachhaltiger Konzepte
Aus den 40 Kapiteln der Agenda 21 sind für die Brauwirtschaft folgende Bereiche besonders bedeutsam:
• | Kap. 4 | Veränderung der Konsumgewohnheiten durch nachhaltig erzeugte Konsumgüter |
• | Kap. 9 | Schutz der Erdatmosphäre – Klimawandel begrenzen |
• | Kap. 10 | Bewirtschaftung der Bodenressourcen |
• | Kap. 14 | Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung |
• | Kap. 18 | Schutz der Süßwasserressourcen nach Güte und Menge |
• | Kap. 19-22 | Umweltverträglicher Umgang mit toxischen Chemikalien und umweltverträgliche Entsorgung von Abfällen |
• | Kap. 29 | Stärkung der Rolle der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften |
• | Kap. 30 | Stärkung der Rolle der Privatwirtschaft im Umweltschutz |
Mit unterschiedlichen Konzepten werden die einzelnen Bereiche durch Indikatorsysteme heruntergebrochen, um den Status und die Leistungen der Betriebe aufzuzeigen. Als ein Beispiel dafür mag der Nachhaltigkeitsmonitor des Deutschen Bundesverbands Naturkost Naturwaren dienen. (Siehe www.n-bnn.de)
Im Leitfaden „Nachhaltigkeit in...