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Herzenssache Kunde in der Automobilbranche

AutorBernd Behrens, Edgar K. Geffroy, Frank Isselborg, Gerd Heinemann
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783864148521
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Entwicklungen wie Big Data, demografischer Wandel, Carsharing, E-Mobilität und vieles mehr stellen die Automobilbranche vor große Herausforderungen. Um in den dadurch immer stärkeren Verdrängungsmärkten zu überleben, sind völlig neue Formen der Kundenorientierung gefordert - wie »Clienting«, die Beziehungslehre von Edgar K. Geffroy. Das Team BBE Automotive, die FSP Partner des TÜV Rheinland, Bernd Behrens und Edgar K. Geffroy haben diese Lehre zu »Automotive Clienting« weiterentwickelt. Die Grundelemente des Clienting wurden dabei speziell für die Manager und Praktiker in der Automobilbranche überarbeitet. Dieses Buch ist eine wertvolle Lektüre für alle, die sich dem hart umkämpften Automobilmarkt in Deutschland stellen und ermutigt sie, den Kunden zu ihrer Herzensangelegenheit zu machen.

Edgar K. Geffroy ist Pionier des Clienting-Konzeptes, mit dem in den 90er Jahren die Kundenorientierung neu definiert wurde. Mit 2100 Auftritten vor mehr als 500 000 Menschen gilt er seit 30 Jahren als einer der gefragtesten deutschsprachigen Business-Experten. Er ist Verfasser von 23 Büchern und erreichte Auflagen von bis zu 250 000 Exemplaren in 25 Ländern. Im Redline Verlag ist von ihm u. a. der Bestseller Das Einzige, was stört, ist der Kunde erschienen. Bernd Behrens verfügt über langjährige Erfahrung als Autohaus- und Rent-a-Car-Unternehmer und ist heute Automotive Consultant in Kassel. Darüber hinaus ist er als Coach im Bereich 'Vertriebs- und Service-Performance' tätig. Gerd Heinemann ist Geschäftsführer der BBE Automotive in Köln und unter anderen für den Geschäftsbereich Vertriebsperformance zuständig. Bereits seit Beendigung seines Betriebswirtschaftsstudiums ist er forschend und beratend in der Automotive-Branche tätig und dort als Autor verschiedener BBE-Studien bekannt. Frank Isselborg arbeitet bei der Fahrzeugsicherheitsprüfung (FSP), einem Partner des TÜV Rheinland.

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Leseprobe

1. Kopfstand der Marktregeln

»Das einzig Beständige ist der Wandel.« Ortega Y Gasset, Heinrich Heine, Charles Darwin

Wir wussten nicht, wie uns geschah. Plötzlich sprachen alle über Kundenservice. Gerade eben war die Servicewüste Deutschland noch in aller Munde und sogar Titelthema im Stern gewesen, und auf einmal war die Welt wie ausgewechselt! Das war vor 20 Jahren. Bis dahin standen an erster Stelle Marktanteilsgewinne im Fokus der deutschen Automobilindustrie. Nur wenige Unternehmen der Automobilbranche hatten verstanden, dass der wichtigste Erfolgsfaktor ein anderer ist. Doch dann, Stück für Stück, wachte die gesamte Automobilbranche auf und entdeckte ihn: den Kunden, den lebenslangen Kunden. Immer mehr Unternehmen entwickelten ein Bewusstsein dafür, dass der Kunde der zentrale Schlüssel zum Erfolg ist.

Der deutsche Automobilmarkt folgte dabei einem Trend, der weltweit für Furore sorgte. Kundenzufriedenheit und Service bekamen einen ganz neuen Stellenwert in den Autohäusern und Servicebetrieben. Wer sich nicht an die neuen Regeln hielt, wurde abgestraft.

Wie war das jedoch vor 20 Jahren, im Jahr 1995? Viele Unternehmer und deren Mitarbeiter kamen aus der Zeit, in der Autos verteilt wurden. Denken wir nur an die Autos der Marke Mercedes. Diese wurden in den 1980er-Jahren nicht verkauft, sondern verteilt. Wartezeiten von mehr als einem Jahr waren keine Seltenheit.

Diese rosigen Zeiten gingen aber auch zu Ende, die Händlerverträge wurden durch neue Kundenzufriedenheitsbedingungen ergänzt. Und noch etwas passierte: Die Kunden wurden sich ihrer Macht bewusst. Sie merkten, wie sie hofiert wurden, und begannen, ihre Karten auszuspielen. So fand man den unzufriedenen Kunden immer häufiger als gern gesehenen Gast in TV-Talkshows wieder und Vorträge zum Thema Kunde boomten.

Vorübergehend glaubten wir sogar, dass die Unternehmen der Automobilbranche die Herausforderung Kunde tatsächlich verstanden hatten. Das war ein großer Irrtum, denn die Entwicklung geht weiter. Wir stehen nach der ersten großen Welle der Kundenzufriedenheit alle wieder in den Startblöcken. Wer also glaubt, mit guten Kundenzufriedenheitswerten im sicheren Hafen gelandet zu sein, wird sich warm anziehen müssen. Die Automobilbranche befindet sich in einem Entwicklungsprozess, bei dem kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Was die Veränderung antreibt, ist die neue digitale Welt. Sie allein wird dafür sorgen, dass wir den Faktor Kunde noch ein weiteres Mal neu erfinden müssen. Um die Beschwerde eines Kunden zu beantworten, reicht es heute bei Weitem nicht mehr aus, gute Textbausteine zu formulieren und den, der am besten passt, als Antwort an den Kunden zu kopieren und zu versenden. Ein guter Freund von uns, Autohausunternehmer einer erfolgreichen Autohausgruppe, formuliert es so: »Wir sind gerade erst am Anfang.« Er vermutet, dass höchstens 20 Prozent der Autohausbetriebe wirklich verstanden haben, welchen Wert die Kunden tatsächlich für sie haben.

Wir sind auch der festen Überzeugung, dass bis heute nur wenige verstanden haben, was ein Kunde wirklich wert ist. Und zwar auch rein monetär. Wer denkt schon ganzheitlich darüber nach, was ein Kunde rund um das Auto in einem normalen Autoleben alles ausgibt? Alleine hieraus muss eine maximale Wertschätzung resultieren.

Produkte sind out. Heute will der Kunde Erfahrungen.

Der Begriff »Customer Experience Management« (kurz CEM) ist ein aktueller Modebegriff und bringt diese Herausforderungen auf den Punkt. Es reicht nicht mehr, dem Kunden einfach nur Produkte und guten Service anzubieten. CEM – zu Deutsch Kundenerfahrungsmanagement – geht davon aus, dass Erlebnisse für den Kunden geschaffen werden müssen, um eine emotionale Bindung zwischen Kunden und Autohaus beziehungsweise Werkstatt aufzubauen. Das Ziel ist es, aus »einfachen« Kunden begeisterte Botschafter für die Marke und den Service zu machen.

Erfolgsfaktor Internet

Sowohl die Autokunden als auch die Unternehmen der Automobilbranche leben heute in einer Zeit, in der die größten Veränderungen der Wirtschaftsgeschichte stattfinden. Der Hauptdarsteller in diesem Wirtschaftsepos ist das Internet. Wer den wichtigsten Akteur nicht ernst nimmt, scheitert. Mobile.de, AutoScout24, Motor-Talk, die Liste wird jeden Tag länger. Wir wissen längst, dass die Autokunden von heute die digitalen Chancen für sich zu nutzen wissen. Unsere Kunden sind nicht mehr unbedingt treu. Liefert ein Onlinereifenhändler schneller oder billiger als der andere, entscheidet sich der Kunde für den schnelleren Shop. Kommt ein neuer Mobilitätsdienstleister wie zum Beispiel Car2Go oder DriveNow auf den Markt und bietet eine völlig neue und einfache Art der Mobilität in Großstädten, findet er schnell neue Kunden, die dieses Angebot nutzen. Selbst bei Innovationen, die keiner vorhersehen kann, greifen die Kunden vehement zu, sobald sie entdecken, dass es da etwas ganz Neues und Außergewöhnliches gibt.

Und doch, es gibt sie noch, die digitalen Laien. Es sind derzeit immer noch einige. Denken Sie nur an die jährlich drei Millionen verkauften Neuwagen. Etwa 65 Prozent werden an Gewerbebetriebe und große Fuhrparks verkauft oder sind Eigenzulassungen der Autohäuser, der Anteil der über 50-Jährigen an den restlichen Privatverkäufen ist aber weiterhin sehr hoch. Wir wollen nicht verschweigen, dass viele aus dieser Generation noch als »Digitale Outsider« einzustufen sind und den Weg ins Internet noch nicht umfänglich gefunden haben. Hier liegt noch ein Potenzial an kaufkraftstarken Autokäufern, die auf herkömmlichen Wegen bedient werden. Denken wir aber fünf Jahre weiter, dann werden die heute 55-Jährigen deutlich internetaffiner sein und mit größerer Selbstverständlichkeit das Internet nutzen.

Deutlich weiter sind wir bereits im Gebrauchtwagenmarkt mit etwa sieben Millionen Besitzumschreibungen pro Jahr. Mobile.de und Autoscout24 sind die beiden erfolgreichsten Portale für gebrauchte und neue Fahrzeuge. Fast jeder der Gebrauchtwagenkäufer informieren sich zunächst im Internet und wendet sich erst danach an den örtlichen Händler, der das gesuchte Fahrzeug angeboten hat. Google und die sozialen Medien beherrschen die Kommunikation zwischen Interessent und Anbieter. Und das Ganze gilt heute auch für den Service. Der Kunde kann sich an einem immer größer werdenden Angebot von Werkstattportalen wie Autoscout24, FairGarage oder Autobutler erfreuen. Dazu kommen wir gleich noch. Hersteller, Händler, Autohäuser und Werkstätten sind gut beraten, ihre Dienstleistungen und Produkte in der digitalen Welt professionell anzubieten und ihre Kunden in ihren Wohnzimmern abzuholen.

Wichtiger Rat für alle Akteure im Verdrängungswettbewerb des Automobilmarktes: Schaffen Sie etwas, das der Kunde noch nicht kennt, das ihm das Gefühl gibt, dass er es schon immer haben wollte oder sogar ganz dringend braucht. Denn Kundenzufriedenheit allein ist eine Sackgasse. Zufriedene Kunden berichten immer nur über das, was sie bereits aus der Vergangenheit kennen. Echte Kundeninnovation gelingt Ihnen jedoch, wenn Sie den Markt für sich als Erster gestalten.

Einige Kfz-Betriebe, Autohäuser und Autohausgruppen, die heute eine marktführende Rolle in ihrer Region spielen, haben ihre Kunden nicht nur zufriedengestellt, sondern verblüfft. Mit dem Internet haben sie als Vertriebsverantwortlicher einen guten Partner an der Seite. Ein Partner, der Ihnen dabei helfen wird, neue Wege zu gehen.

Mit gutem Beispiel geht beispielsweise das mehrfach prämierte Autohaus Kunzmann, Aschaffenburg, voran. Es ist eines der Pionierunternehmen, die schon jetzt professionell einen Onlineshop als eigenständiges Profitcenter betreiben, der von einem eigenen Onlinemarketingbereich gesteuert wird.

Paradigmenwechsel

Vielleicht ist Ihnen der Russe Nikolai Kondratjew ein Begriff, der für seine Überzeugungen leider sein Leben lassen musste. Kondratjew entwickelte die »Theorie der langen Wellen«, bei der es um zyklische Wirtschaftsentwicklung geht. Leider passte Stalin nicht, was er da hören musste. Kondratjew wies nach, dass Wohlstand in Wellen von circa 50 Jahren nicht von der richtigen politischen Grundeinstellung abhängig ist, sondern einzig und allein von sogenannten Durchbruch-Innovationen und Paradigmenwechseln. Seit 1780 hat er fünf Perioden ausgemacht, die zeigen, dass die Staaten und Menschen, die Innovation besser umgesetzt haben als andere, zur Weltmacht wurden. So erfanden etwa die Engländer die Dampfmaschine und bauten damit das Commonwealth auf. Danach folgte die Gründerzeit in Europa, ausgelöst durch die Eisenbahn, die chemische Industrie, die Automobilindustrie und die Informationstechnologie.

Willkommen in der digitalen Welt! Höchste Zeit, den Kunden neu zu entdecken.

Heute entsteht gerade das Paradigma des sechsten Zyklus. Der Startschuss für das digitale Zeitalter ist also gerade erst gefallen. Geprägt wird diese Entwicklung durch Hightech wie Internet und Robotik als großes neues Thema, deren Bedeutung für den Menschen, für eine Verbesserung seines Lebens, seiner Sicherheit und seiner Gesundheit. Es ist Gründerzeit. Und damit meinen wir keine Unternehmensneugründung, sondern die Möglichkeiten etablierter Unternehmen in der Automobilbranche, die Beziehung zum Kunden neu zu entdecken und über das Internet neue Chancen zu nutzen.

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