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E-Book

Meret Oppenheim. Eine Portrait-Collage

AutorElke Heinemann
VerlagCULTurBOOKS
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl166 Seiten
ISBN9783959880299
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Über das Buch Meret Oppenheim ist mehr als die Pelztasse! In Elke Heinemanns biografischer Annäherung an die Künstlerin werden Klischees wie das vom hübschen Mädchen der Surrealisten schnell absurd. Es wird von ihrer Kindheit erzählt, von ihrem frühen Erfolg, von der langen Schaffenskrise und deren Überwindung, schließlich vom späten Comeback mit internationalen Ausstellungen. Deutlich wird, dass Meret Oppenheim sich nicht auf jene Klischees reduzieren lässt, die sie als Libertine im Kreis der Surrealisten ausweisen oder als Ikone des Feminismus. Vielmehr hat sie um künstlerische Eigenständigkeit gekämpft und sich gegen jede Art der Vereinnahmung gewehrt. Elke Heinemann hat aus den Erinnerungen ihrer Gesprächspartner eine Portrait-Collage der Künstlerin gestaltet. Zu Wort kommen Meret Oppenheims Freundin Ruth Henry, ihr Freund Christoph Bürgi, ihr Kollege Daniel Spoerri, ihre Mitarbeiterin Dominique Bürgi, ihr Galerist Thomas Levy, ihre Biografin Bice Curiger, die Herausgeberin ihres literarischen Werks Christiane Meyer-Thoss sowie die Kuratorin Therese Bhattacharya-Stettler u.a. Meret Oppenheim, wurde am 6. Oktober 1913 in Berlin geboren und wuchs in der Schweiz auf. Beginn des Kunststudiums in Paris 1931, dort Teilnahme an Ausstellungen der Surrealisten. 1934-35 mit Max Ernst liiert. 1937 Umzug nach Basel, Beginn einer bis 1954 andauernden Schaffenskrise. Danach zahlreiche Ausstellungen und Preise bis zu ihrem Tod am 15. November 1985. »Die Herausgeberin Elke Heinemann montiert Aussagen verschiedener Weggefährte/inn/en der Künstlerin zu einem fiktiven Diskurs über Meret Oppenheim (1913-1985). Das ist amüsant und informativ und in jedem Fall eine gute Idee. Die Leserin erfährt darin Biographisches, Anekdotisches und Informationen über den künstlerischen Werdegang und das Werk der Schweizer Surrealistin.« Frauenbuchkritik Virginia Über die Autorin Elke Heinemann wurde in Essen geboren. Sie studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Geschichte, erhielt Stipendien in Grenoble und Oxford, promovierte an der Freien Universität Berlin über William Beckford und besuchte die Henri-Nannen-Schule für Journalismus in Hamburg. Nach längeren Aufenthalten in Paris und London lebt sie als Schriftstellerin und Publizistin in Berlin. Ihre Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet.

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Leseprobe

... das Meretlein ...


Burkhard Wenger Sie hat gern Masken angezogen und sich kostümiert, das hat sie sehr gern gemacht, in einem metallisch-schillernden Kleid war sie das kleine Meretlein von Gottfried Keller, das böse Kind, das nicht gelernt hat, nicht geglaubt hat, nicht gefolgt hat, alle Männer verhext hat, das war schon eine lustige Namenwahl, nomen est omen, kann man da schon sagen!

Thomas Levy ... ja, das Meretlein, das ist, glaub ich, oh Gott, das ist doch so ein Schweizer Hutschidiputschili, es gibt irgend so einen anderen Schweizer Ausdruck dafür, aber ich finde, dass sie das nicht war ...

Ruth Henry ... sie war ja Schweizerin zur Hälfte ...

Daniel Spoerri ... sie ist ’13 geboren, genau, der Bruder ist ’19 geboren, genau ...

Burkhard Wenger Ich bin 6 Jahre jünger als sie. Sie liebte die Eltern und die Eltern liebten sie, sie war das Traumkind meiner Mutter.

Thomas Levy ... ich meine, sie ist nicht die Hexe oder das Kräutermädchen, die da was macht oder kocht, dafür war sie viel zu realistisch, sie stand schon mit beiden Beinen im Leben ...

Burkhard Wenger ... meine Mutter hatte sich immer gewünscht: ein schönes Kind, ein gescheites Kind und ein liebes Kind. Sie haben ja vorhin das Schild gesehen: Meret-Oppenheim-Straße ...

Martin Bühler ... die Straße ist grauenhaft, Medienmarkt und andere grauenhafte Sachen ...

Burkhard Wenger ... bei der Einweihung dieser Straße in Basel hab ich diese Geschichte auch erzählt ...

Martin Bühler ... es sah noch viel grässlicher aus, man hätte, in Anführungszeichen »man«, da hätte ich auch zugehört, sich wehren können und sagen, kommt nicht in Frage, und »man« hat’s dann aber nicht gemacht, mir war’s einfach auch egal, ich hab mich damals, als die ganze Sache akut wurde, nicht so fest gekümmert ...

Burkhard Wenger ... und hab dann gesagt, es ist genauso herausgekommen: Meret war ein wunderschönes Kind, Kristin hochgescheit, und dann hab ich nichts mehr gesagt ...

Martin Bühler ... bin dann erst später wieder eingestiegen und habe gesagt, ich möchte auch als Teil der Familie sagen, so, das machen wir, das machen wir nicht ...

Burkhard Wenger Es war eine alte Tradition in der Familie, dass man sich gut mochte. Meret hat sich gut gefühlt in der Familie, das muss man schon sagen, auch in der großelterlichen. Sie liebte den Großvater, Theo Wenger, und die Großmutter heiß, die hatten ein wunderschönes Haus im Jura, in Delsberg, Delémont. Da haben Meret, ihre Mutter und ihre Schwester viele Monate im Ersten Weltkrieg verbracht, als mein Vater als Sanitätsoffizier, ich weiß nicht mehr welchen Grades, Major oder so, im Feld war.

Daniel Spoerri ... die Schwester war übrigens Grafologin, die mochte sie sehr ...

Martin Bühler Meine Mutter und Meret, die hatten’s gut miteinander.

Burkhard Wenger Sie hat mit Kristin, unserer Schwester, ein unerhört enges Verhältnis gehabt, sie haben ständig miteinander korrespondiert, sei es mündlich, sei es später schriftlich, und hatten Kosenamen für einander.

Daniel Spoerri ... aber die Meret war ja eine unglaublich schöne und apart schöne Frau, die Schwester war eher eine kleine Knubbelige, die also nach außen nichts hergab ...

Burkhard Wenger Ich war eigentlich mehr so eine seltsame Randerscheinung. Ich wurde freundlich behandelt, aber eigentlich als praktisch inexistent, denn klar, sie lebten schon in einer halbpubertären Welt und ich war noch ein totales Kind.

Thomas Levy ... sie ist ja ’13 geboren und früh von zu Hause weg und hat eigentlich ihr Leben lang das gemacht, was sie wollte, und das finde ich für eine Frau in dieser Zeit sehr ungewöhnlich ...

Burkhard Wenger Sie hat sich nicht gegen die Familie aufgelehnt, sondern hat sich, soviel ich weiß, darin gut gefühlt, da eben kein unnötiger Zwang ausgeübt wurde und sie sich doch sehr früh selbstständig machte.

Martin Bühler Ich glaube, charakterisiert wird sie dadurch, dass sie sehr unabhängig war, und dass sie sich diese Unabhängigkeit auch bewahrt hat. Sie hat ja auch immer das gemacht, was sie wollte, sie war nicht konform.

Dominique Bürgi ... sie hat eben auch gesagt: Ja, ich habe Prinzipien, aber ich wechsele sie – j’ai des principes mais j’en change, sie hat fantastisch französisch gesprochen, wirklich ...

Ruth Henry ... sie hat nie so flüssig gesprochen wie ich zum Beispiel, aber sie war total belesen, ihre Aussprache war langsamer, klar, sie sprach ja auch im Deutschen schweizerisch gefärbt, das wissen Sie ja ...

Burkhard Wenger Sie war wohl sehr bestimmend, schon damals im Spielen. Ich erinnere mich, dass sie mich gegen meinen Willen zwangen, ein nacktes Indianerkind

im Wigwam zu spielen, und ich war immer ein bisschen etepetete als Kind, das war mir also höchst peinlich, aber das musste sein für das Spiel, da gab’s gar kein Entrinnen.

Dominique Bürgi Sie war sehr bestimmend, sehr bestimmend, aber mit großem Respekt vor der Freiheit der anderen.

Ruth Henry Sie war nicht autoritär, weil sie diesen »punch« nicht hatte, schon ihre schweizerische Modestiertheit hätte das verboten, aber sie strahlte Sicherheit und Selbstbewusstsein aus, sie hatte eben auch Charisma.

Burkhard Wenger ... wenn es Streit gab oder eine Verstimmung, war sie es, die sagte, hört mal, ihr zwei, das geht doch nicht, ihr müsst miteinander reden, das muss ausgesprochen werden, es war ihr wichtig, dass man sich klar ausdrückte und präzise

ist ...

Dominique Bürgi Sie war sehr menschlich, konnte auch hart sein, hatte Charakter, war aber auch sehr großzügig.

Ruth Henry Sie war immer sehr beratend und hilfreich.

Dominique Bürgi ... das war so typisch Meret, wenn sie das Gefühl hatte, etwas war einem unheimlich, hat sie sofort geholfen, so dass man weiterreden konnte, das war so lieb von ihr ...

Ruth Henry Sie war jemand, der sich investiert. Sie hat immer gewagt zu sagen, was sie denkt.

Burkhard Wenger ... dann hat sie mir auch geholfen bei Weihnachtsgeschenken für die Eltern, das fällt mir ein, weil da drüben eins hängt, dieser kleine Wandkalender ...

Ruth Henry Sie war gerecht, das halte ich für die größte Moralität ...

Burkhard Wenger ... da hat sie mir geholfen, aus Lederstückchen diesen Ibis oder Storch zu formen, so habe ich an ihrer künstlerischen Tätigkeit eigentlich direkt mitgewirkt ...

Ruth Henry ... als sie 16 war, und sie sagte, ich möchte eigentlich Kunst studieren, hat man ihr von männlicher Seite gesagt, du bleibst lieber zu Hause und wäschst Gläser ab, das hat sie nie verziehen, das hat sie immer wieder zitiert ...

Burkhard Wenger Meret war in Königsfeld in der Schule, ich in Steinen, und in dem so genannten neuen Haus in Steinen, das mein Vater gebaut hatte, da waren verschiedene Kunstwerke, an die ich mich gut erinnere, zum Beispiel »Die Musiker«, ein Trio.

Ruth Henry ... das hat nicht der Vater gesagt, jemand Männliches hat’s gesagt, ich weiß nicht, wer, oder hab’s vergessen ...

Burkhard Wenger Und dann ein Bild, das nach Amerika ging, ein senkrechtes, ungefähr 1 1/2 Meter hohes Bild auf einer ca. 50 cm breiten Leinwand, ungefähr 2 Meter hoch, eine Frauengestalt mit einem in den Leib versunkenen Kopf, Sie haben das Bild vielleicht mal gesehen, es hat mich immer tief beeindruckt, nicht unangenehm, nicht angenehm, ich war einfach beeindruckt, es hatte etwas sehr Merkwürdiges.

Christiane Meyer-Thoss ...sie hat sich als total schüchtern und sprachlos beschrieben ...

Burkhard Wenger ... ich würde eher sagen, sie war nicht reizbar, das wäre nicht ihr Charakter gewesen, sie war schon ruhig, ja, in der Grundhaltung wohl eher ruhig ...

Ruth Henry ... ja, schon, aber auch überlegt, jemand, der durchaus fähig war, seine Aufwallungen, wenn es dazu kam oder kommen sollte – ich war nie Zeuge von Aufwallungen bei ihr –, zu analysieren, zu dämpfen, dadurch konnte sie auch anderen helfen, wenn die verloren waren ...

Burkhard Wenger Ich war dann vom 12. Lebensjahr an in Graubünden in einem Internat, und da haben wir uns nur in den Ferien sehen können, aber wir haben uns immer trotzdem ausgezeichnet verstanden. Ich mochte sie, ich habe sie sehr bewundert auch, vor allem später, als ich ein Jüngling war von 16 oder 17 Jahren.

Christiane Meyer-Thoss ... trotz der Scheuheit war da eine unglaublich starke Persönlichkeit präsent ...

Bice Curiger Sie hat von Haus aus den Bezug zur Psychologie gehabt, der Vater war...

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