Vorwort
Abnehmen ist für viele Menschen entbehrungsreich. Es ist ein aufopferungsvoller Kampf gegen die Biologie des Körpers. Am ewigen Hunger und nagenden Appetit scheitern nicht wenige schon frühzeitig. Noch schwieriger ist es allerdings, eine nennenswerte Gewichtsabnahme über lange Zeit zu erhalten. Dass es durchaus möglich ist, ohne Hungerqualen und bei vollem Genuss zehn oder vielleicht sogar mehr abgespeckte Kilos über nunmehr 15 Jahre von den Rippen fernzuhalten, habe ich am eigenen Leib erfahren. Das gelang mir allerdings erst, als ich mich an die Empfehlungen hielt, die ich selbst ausgesprochen hatte, und es kam nach all den früheren vergeblichen Versuchen zugegebenermaßen überraschend.
Ich hatte damals die wissenschaftlichen Arbeiten zum Einfluss der Ernährung auf die Stoffwechselstörungen des sogenannten metabolischen Syndroms bzw. des Syndrom X in einem Buch zusammengefasst. Sie treten gehäuft mit Fettleibigkeit auf, vor allem, wenn es sich um rund um die Körpermitte angelagertes Fett handelt. Aus der Quintessenz der Erkenntnislage hatte ich schließlich Ernährungsempfehlungen formuliert, mit deren Umsetzung man solche Stoffwechselstörungen lindern oder beseitigen kann – selbst ohne abzunehmen. Dabei standen eine Senkung der Kohlenhydratzufuhr und eine Verbesserung der Kohlenhydratqualität im Mittelpunkt. Mein Konzept unterschied sich damit deutlich von der herkömmlichen Empfehlung einer fettarmen, kohlenhydratbetonten Diät, mit der man günstige Effekte nur erzielen konnte, wenn man gleichzeitig abnahm. Ich hatte mein Konzept »LOGI-Methode« genannt. Dass mein persönlicher Abnehmerfolg mit dieser Methode weder Zufall noch ein Einzelfall war, bestätigte sich schnell durch die Rückmeldungen der Anwender. Die empfohlene Nahrungszusammenstellung ermöglichte es, sich mit wohlschmeckenden Speisen so clever zu sättigen, dass man trotz vollem Magen leicht unter dem Kalorienbedarf lag.
Anfangs stieß ich auf Ablehnung und massivste Anfeindungen aus Kollegenkreisen, schwamm ich doch mit meinen Empfehlungen gegen den Strom. Doch ich ließ mich nicht beirren, denn die wissenschaftliche Datenlage war mehr als deutlich. Tausende Patienten profitierten inzwischen von meinem Konzept, vor allem Diabetiker oder Menschen mit Vorstufen von Diabetes. Unzählige Arztberichte und Dankesbriefe Betroffener haben mich im Laufe der Jahre erreicht und mich darin bestärkt weiterzumachen. Die einen waren glücklich, dass sie ihre Medikamente weglassen oder reduzieren konnten, die anderen, weil sie kein Insulin mehr spritzen mussten, wieder andere, weil sie so super abgenommen hatten, und sehr viele, weil sie sich damit einfach wohler fühlten denn je zuvor. Gleichzeitig mehrten sich die wissenschaftlichen Untersuchungen, die bei dieser Zielgruppe immer eindeutiger für mein Ernährungskonzept sprachen. Im Jahr 2013 war es dann so weit, dass auch unsere konservativen medizinischen Fachgesellschaften kohlenhydratreduzierte Diäten in die ärztlichen Leitlinien für die Übergewichts- und Diabetestherapie aufnahmen.
Jedoch habe ich auch erleben müssen, dass mein Erfolg nicht auf alle übertragbar war und viel zu viele Menschen trotz ihres grandiosen Anfangserfolgs nach und nach in ihre alten Ernährungsgewohnheiten zurückfielen und sich ihre alten Pfunde und Probleme wieder anaßen. Die Übergewichtstherapie ist nach wie vor nicht annähernd so erfolgreich, wie sie sein müsste, um den vielen Millionen Betroffenen nachhaltig zu helfen. Das ist ein wahrlich fettes Problem! Denn inzwischen sind fast zwei Drittel der Erwachsenen in Deutschland übergewichtig oder genauer gesagt fettleibig. Und es werden immer mehr! Eine aktuelle Analyse von 236 000 Erwachsenen aus zehn europäischen Ländern hat gezeigt, dass im Durchschnitt Jahr für Jahr knapp ein halbes Kilo mehr Speck auf die Rippen gepackt wird.
Wo soll das enden? Die Kosten für die Folgeerkrankungen sind enorm. Wie lange kann unser Gesundheitssystem sie noch tragen? Die Lösung läge in der Vorsorge! Engagierte Prävention ist mehr denn jemals zuvor eine ethische und ökonomische Notwendigkeit. Doch wer engagiert sich ernsthaft dafür? Die staatlichen Institutionen sind schwerfällig und in politischen Abhängigkeiten gefangen. Die Eigenverantwortung könnte gefördert werden, doch hierzu erfordert es Bildung. Verlässliche Informationen müssten nachhaltig verbreitet werden.
Im Ernährungsbereich versuchen die sogenannten Fachgesellschaften seit Jahrzehnten, mit der Empfehlung einer fettreduzierten, kalorienbewussten Ernährung dieser bedrohlichen Entwicklung entgegenzuwirken. Die Menschen haben sich sogar daran gehalten. Sie haben die Fettanteile in der Kost stark reduziert. Doch statt damit Kalorien zu sparen, haben sie mehr als vorher gegessen. Fettarme oder kalorienreduzierte Produkte erhielten damit einen Freifahrtschein. Die Industrie hat den Trend mit immer mehr fett- und kalorienreduzierten Produkten weiter verstärkt. Doch je »lighter« die Menschen aßen, desto fetter wurden sie. Kalorienzählerei und Fettphobie haben offensichtlich die falschen Signale gesendet. Denn die angepriesenen Produkte sättigten nicht mehr so gut, befriedigten nicht oder machten sogar schnell wieder Hunger. So kam es, wie es kommen musste! Ein Zuviel an »kalorienbewusster« Ernährung ergibt eben auch mehr als genügend Nahrungsenergie.
Seit vielen Jahren gilt mediterrane Ernährung in der Ernährungsszene als »die gesündeste« aller Ernährungsformen. Dies gründet im Wesentlichen auf einer Untersuchung an der Bevölkerung Kretas aus den 1950er-Jahren und der Beobachtung, dass die Kreter zu dieser Zeit die niedrigste Rate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eine der höchsten Lebenserwartungen der westlichen Welt aufwiesen. Damals stand die Frage im Raum: Was macht die Kreter so gesund? Ein amerikanischer Ernährungsforscher besuchte Kreta und war schnell überzeugt, dass nur ihre Ernährung dafür verantwortlich sein konnte.
Nach dem Niedergang der minoischen Hochkultur, einige Tausend Jahre vor Christus, zählten die Kreter nie mehr zu den wohlhabenden Bevölkerungen Europas und nach dem Zweiten Weltkrieg war die Armut dort besonders verbreitet. Entsprechend war ihre Nahrung sehr einfach und die Sättigungsgrundlagen bestanden aus den billigsten Nahrungskalorien – Getreideprodukten und Kartoffeln, ergänzt mit Gemüse, Salaten, Früchten und Olivenöl. Besonders rar waren die teuren tierischen Produkte. So entstand die Vorstellung, dass mit einer Kost, die besonders reich an Brot und Backwaren, Nudeln, Kartoffeln und Reis, kombiniert mit Gemüse, Salaten, Früchten und Olivenöl, und gleichzeitig arm an tierischen Produkten ist, sich jederzeit und unter allen Bedingungen eine ähnlich gute Gesundheit bei allen Menschen auf der Welt erzielen lassen würde. Die kretische Ernährungsform der Nachkriegsjahre wurde daher zum Modell der traditionellen mediterranen Ernährung erkoren und als Vorbild für die optimale Ernährung der Neuzeit in alle Welt exportiert.
Die Vorstellung, dass diese stärkereiche Kost der schlanken und bewegungsaktiven Menschen Kretas aus den kargen 1950er-Jahren für unsere heutige bewegungsarme und übergewichtige Bevölkerung in den Industriestaaten ein Segen sein soll, ist ebenso naiv wie gefährlich.
Das trifft ebenso auf die bestehenden »offiziellen« Ernährungsempfehlungen der Fachgesellschaften zu, denn sie sind fast identisch mit jenen, die schon vor 50 oder sogar 100 Jahren ausgegeben wurden. Sie mögen für damalige Zeiten sinnvoll gewesen sein. Ein moderner Lebensstil und eine traditionelle Ernährung passen aber nicht zusammen. Diese Kombination macht krank! Wer traditionell essen will, muss auch traditionell leben. Wer hingegen mit allen Annehmlichkeiten modern lebt, muss auch modern essen, sonst drohen Übergewicht und eine Vielzahl von »Zivilisationskrankheiten«! Meine hervorragenden Erfahrungen mit der LOGI-Methode haben mich ermuntert, mich mit einem neuen Präventionskonzept einzubringen. Dabei gilt: Ein Kleid für alle – das wird den wenigsten passen. Mit diesem Buch stelle ich deshalb ein Ernährungskonzept vor, das Stoffwechselgegebenheiten, den individuellen Lebensstil und vor allem die Bewegungsaktivität berücksichtigt. Viele und kräftig arbeitende Muskeln können auch leicht viel Stärke und Zucker verkraften. Wenigen Muskeln – die auch noch kaum beansprucht werden – machen Kohlenhydrate Probleme. Weitere Facetten unseres nicht mehr artgerechten Lebensstils verschärfen diese Kohlenhydratfalle zusätzlich.
Mein neues Ernährungskonzept habe ich entsprechend »Flexi-Carb« genannt. Dafür habe ich die wesentlichen neuen Erkenntnisse zu präventiven Effekten von Nahrungsmitteln berücksichtigt: Wie muss man essen, um der Überernährung und der Fettleibigkeit vorzubeugen? Welche Nahrungsmittel helfen, den drohenden Zivilisationskrankheiten am besten vorzubeugen? Was zeigen die aktuellsten und besten Studien? Herausgekommen ist eine...