3 Formen und Ursachen von Ein- und Durchschlafstörungen
3.1 Insomnie: Das Problem der Schlaflosigkeit
Die primäre Insomnie ist eine Unterform der sogenannten Dyssomnien, unter denen allgemein Einschlaf- und/oder Durchschlafprobleme und eine erhöhte Tagesmüdigkeit verstanden werden.
Von Einschlafproblemen wird gesprochen, wenn das Einschlafen länger als 30 Minuten dauert; von Durchschlafstörungen spricht man bei mehreren Wachphasen in der Nacht oder bei einem besonders frühen Erwachen. Die primäre Insomnie ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) den psychischen Erkrankungen zuzurechnen und wird nach den Internationalen Diagnosekriterien durch folgende Symptome gekennzeichnet:
- Klagen über Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen oder eine schlechte Schlafqualität ohne erfrischende Wirkung.
- Die Schlafstörungen treten mindestens dreimal pro Woche während mindestens eines Monats auf.
- Die Schlafstörungen verursachen entweder einen deutlichen Leidensdruck oder wirken sich störend auf die alltägliche Funktionsfähigkeit aus.
- Verursachende organische Faktoren, wie zum Beispiel neurologische oder andere somatische Krankheitsbilder, Störungen durch Einnahme psychotroper Substanzen oder eine Medikation, fehlen.
Im Alltag der Betroffenen äußern sich die Beschwerden durch ein «Zuwenig» an Schlaf: Das Einschlafen fällt ihnen schwer, sie liegen lange Zeit wach oder wachen in der Nacht häufig auf. Dies resultiert in einer starken Erschöpfung und Tagesmüdigkeit, die das Arbeiten erschwert und zu Leistungseinbußen führt. In Deutschland leiden zirka zehn Prozent der Bevölkerung an den oben genannten Beschwerden. Ein Drittel von ihnen wird von den Symptomen und Folgen einer ausgeprägten primären Insomnie gequält. Studien in allgemeinärztlichen Praxen zufolge leiden zirka zwei Drittel der Betroffenen ein Jahr oder länger unter den Schlafstörungen, was häufig zu einer Chronifizierung führt. Ein zusätzliches Problem entsteht durch die Schwierigkeit, eine primäre Insomnie als solche zu erkennen und behandeln zu lassen, da viele Betroffene Schlafstörungen nicht sofort als schwerwiegendes Problem ansehen, auch wenn in der Folge gehäuft psychische Erkrankungen auftreten. Meist werden die Schlafprobleme zu Beginn nicht weiter ernst genommen oder als «normal» eingeschätzt. Für Betroffene ist es daher wichtig, mögliche Entstehungsbedingungen zu kennen. Die möglichen Ursachen für eine Insomnie sind vielfältig und werden im Folgenden dargestellt.
Merke
Schlafstörungen sind ein ernst zu nehmendes Problem, das einer speziellen Behandlung bedarf. Die Ursachen und Auslöser sind vielfältig und sollten gemeinsam mit dem behandelnden Arzt geklärt werden. Die primäre Insomnie (Schlaflosigkeit) kann in Durchschlaf-, Einschlafstörungen und schlechte Schlafqualität untergliedert werden; zirka zehn Prozent der Deutschen sind betroffen.
3.2 Stress- und umweltbezogene Schlafstörungen
Stress ist einer der häufigsten Auslöser von Schlafstörungen. Situationen, die als unberechenbar, bedrohlich oder nicht zu bewältigen empfunden werden, setzen den gesamten Organismus unter Spannung und wir empfinden Stress. In solchen Situationen wird der Sympathikus des vegetativen Nervensystems aktiviert und die Stresshormone Cortisol und Adrenalin werden ausgeschüttet. Beide innerphysischen Prozesse führen zu einer Aktivierung des Körpers: Der Blutdruck steigt, das Herz beginnt schneller zu schlagen, die Muskulatur wird angespannt. Auf eine solche Aktivierungs- und Anspannungsphase sollte eine Erholungsphase des Körpers folgen, was bei länger andauernden Stresssituationen nicht immer möglich ist, sodass der Körper über einen längeren Zeitraum in einem aktivierten Zustand bleibt.
Unterschieden wird zwischen positivem (= Eustress) und negativem Stress (= Disstress), wobei beide Formen zu Schlafproblemen führen können. Schlafstörungen, die durch positiven Stress ausgelöst werden, sind aber meist nur kurzfristig auf bestimmte Situationen bezogen und ziehen in der Regel keine Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben oder in der allgemeinen Funktionsfähigkeit nach sich. Negativer Stress geht häufig von einer länger andauernden Situation aus, der man sich nicht gewachsen fühlt und für die tagsüber keine ausreichenden Problemlösestrategien entwickelt werden. Neben der automatischen Aktivierung und der damit verbundenen fehlenden Entspannung des Körpers haben die meisten Menschen am Abend Zeit, sich mit den aufgetretenen schwierigen und stressigen Situationen auseinanderzusetzen, was zu einer vermehrten gedanklichen Beschäftigung führt. Diese lässt uns in der Folge nicht zur Ruhe kommen und das Einschlafen wird erschwert, was den Eintritt in den Teufelskreis der Schlafstörungen darstellt. Stresstrainings, die von verschiedenen Erwachsenenbildungsstätten, Psychotherapeuten oder Selbsthilfegruppen angeboten werden, können helfen, mit Stress langfristig besser umgehen zu lernen. Zusätzlich kann jeder Folgendes für sich beachten und anwenden:
Merke
Besonders negativ erlebter Stress kann zu längerfristigen Schlafstörungen führen. Ein besserer Umgang mit Stress oder eine Veränderung der Lebensumstände trägt dann zu einer Verbesserung der Schlafqualität bei.
Beispielsweise bei Problemen in der Familie bieten Beratungsstellen (Paar- oder Erziehungsberatungen) Hilfe. Zusätzlich kann psychotherapeutische Unterstützung eingeholt werden, auch um zu lernen, Probleme direkt anzusprechen.
Neben Stress können auch Umweltfaktoren wie die Gestaltung des Schlafzimmers, die Raumtemperatur und Helligkeit, die Art der Matratze und Ähnliches die Erholsamkeit des Schlafs beeinflussen.
Merke
Stress und verschiedene Umweltfaktoren können den Schlaf negativ beeinflussen. Daher ist es wichtig, sich frühzeitig um Hilfe zu kümmern und diese anzunehmen.
3.3 Burn-out-Syndrom und Schlafstörungen
Burn-out ist keine wissenschaftlich anerkannte Diagnose. Trotzdem ist der Begriff seit einigen Jahren gebräuchlich und hat vor allem für das subjektive Erleben der Betroffenen große Bedeutung erlangt. Der Begriff «Burn-out» geht auf den Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger (1927–1999) zurück, der das Gefühl des «Ausgebranntseins» bei sich selbst beobachtet hat und es 1974 erstmals beschrieb. Die große Vielfalt der Symptome wird in den folgenden drei Dimensionen erfasst:
- emotionale Erschöpfung
- Distanzierung, Zynismus, Depersonalisation
- verringerte Arbeitsleistung
Dauerhafte Müdigkeit ist wesentlicher Bestandteil des ersten Punkts, aber auch ein Kernsymptom der Depression. Bei H. Freudenberger war die Ursache seines Burn-outs eine massive Überarbeitung durch 16-Stunden-Arbeitstage. Daraus resultierten ein großer Schlafmangel und eine erhebliche Tagesmüdigkeit mit entsprechend dauerhafter Erschöpfung. Bislang liegen jedoch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Burn-out und Schlafstörungen vor. Eine der wenigen wissenschaftlich soliden Studien zu diesem Thema konnte nur den bereits vermuteten engen Zusammenhang und eine wechselseitige Bedingtheit von Burn-out und Insomnie belegen (Armon et al. 2008).
Wir sehen in der Verwendung des Begriffs «Burn-out» die Möglichkeit, Patienten mit Überforderungssituationen ernst zu nehmen und ihnen geeignete Hilfestellungen zukommen zu lassen, ohne dass sie eine psychiatrische Diagnose erhalten müssen. Wenn eine übermäßige Arbeitsbelastung vorliegt, sind entsprechende präventive Maßnahmen angezeigt, die unter anderem auch die Einhaltung von schlafhygienischen Empfehlungen und ggf. unterstützende Schlafmedikation beinhalten können.
Merke
Wenngleich der Begriff Burn-out-Syndrom keine anerkannte Diagnose darstellt, ist er eine nützliche und allgemein akzeptierte Beschreibung einer psychischen Erschöpfungssituation.
Literatur
Armon G. et al. (2008): On the nature of burnout-insomnia relationships: A prospectiv study of employed adults. J. of Psychosomatic Research 65: 5–12
3.4 Körperliche Erkrankungen
Neben dem negativen Einfluss, den vor allem Stress und Umweltbedingungen auf einen erholsamen Schlaf haben können, können auch zahlreiche körperliche Krankheiten zu teilweise schweren Störungen des Schlafs führen. Die häufigsten Erkrankungen sind stichpunktartig in der folgenden Tabelle aufgelistet.
Eine genaue medizinische Diagnostik ist daher bei einer länger bestehenden Schlafstörung wichtig und sollte entsprechenden Therapieansätzen, wie der medikamentösen oder einer Psychotherapie, immer vorangehen. Erster Ansprechpartner ist dabei üblicherweise der Hausarzt. Erweisen sich körperliche Erkrankungen als Auslöser der Schlafprobleme, sollten diese zuerst behandelt werden. Oft gehen unter einer ausreichenden internistischen oder orthopädischen Behandlung auch die Schlafprobleme zurück.
Viele kennen den negativen Einfluss von grippalen Infekten oder Magen-Darm-Beschwerden auf die Erholsamkeit des Schlafs. Wenn der grippale Infekt abgeklungen ist, sollte auch schlafen wieder ungestört möglich sein. Auch Schmerzen führen häufig zu beträchtlichen Störungen des Schlafs, was gerade bei chronischen Schmerzerkrankungen zu einer langfristigen belastenden Situation führen kann. Im Vordergrund der Behandlung steht die adäquate Therapie der Schmerzen mit physio- und bewegungstherapeutischen Maßnahmen sowie Medikamenten.
Betroffene mit Magengeschwüren können vor allem in den frühen Morgenstunden...