Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1: Der Leistenbruch
Abbildung 2: Leistenhernie, Offene Operationstechnik
Abbildung 3: Die Anatomie des Bauchs. Verschiedene Hernien
Abbildung 4: Die Struktur von Faszien
Abbildung 5: Die Position der Leisten
Abbildung 6: Anatomie der intakten Leiste, Querschnitt
Abbildung 7: Anatomie der beschädigten Leiste
Abbildung 8: Leistenbruch-Gürtel
Abbildung 9: Shouldice-Operation (ohne Netzverstärkung)
Abbildung 10: OP nach Lichtenstein (mit Netzverstärkung)
An alle Leistenbruch-Patienten!
Fast 30 % der Männer und 3 % der Frauen werden in ihrem Leben mit dieser Krankheit konfrontiert. In Deutschland unterziehen sich jedes Jahr über 200.000 Patienten einer Operation, in den Vereinigten Staaten sind es inzwischen 800.000. Für die Chirurgie ein krisenfreies Geschäft.
Und dabei ist der Leistenbruch keineswegs eine Erkrankung der Neuzeit. Man weiß, dass er schon seit einigen tausend Jahren gesundheitliche Probleme macht, aber erst seit wenigen Jahrzehnten hat man die Krankheit wirklich im Griff, in diesem erstaunlich komplexen Bereich in der Leiste, der kaum größer ist als ein Schnapsglas.
Aufgrund der vielen erfolgreich durchgeführten Operationen kennt man die Anatomie der Leiste mittlerweile sehr genau, und man weiß, was bei der Reparatur dieses Wunderwerks an Bindegewebe, Blutgefäßen und Nerven zu tun ist. Das raffinierte Gebilde zeigt beim Mann obendrein eine delikate Schwachstelle, nämlich genau dort wo der Samenstrang vom Hoden kommend durch die Bauchdecke tritt. Während Frauen diesbezüglich nichts zu befürchten haben, droht dem starken Geschlecht – so munkelt man jedenfalls – Ungemach in Form von Impotenz, Libidoverlust und Unfruchtbarkeit, sobald nämlich das Gesamtkunstwerk operativ geöffnet und an ihm herumgeschnitten wird. Aus jeder Richtung ist zu hören, dass man als Mann Schmerzen in der Leiste und im Bein verspürte, im Hoden oder am Hodensack, unter unerträglichen Druckgefühlen litte, sonderbares Kribbeln oder Pulsieren beim Stehen und Gehen wahrnähme, auch beim Tragen schwerer Lasten oder beim Sport, und gelegentlich wird man vom sarkastischen Hinweis überrascht, dass die empfindliche Körperregion beim Sex plötzlich in ganz anderer Weise rebellierte als gewollt.
Man sollte also zumindest in dieser Hinsicht die Finger davon lassen.
Es ist daher nur zu verständlich, dass viele angehende Leistenbruch-Patienten Angst vor verheerenden chirurgischen Fehlern haben und einer Operation lieber aus dem Weg gehen. Es sind fast immer dieselben Fragen, die einen Kranken oder einen angehenden Patienten beschäftigen. Angst aber kann ernste Komplikationen hervorrufen, nämlich wenn sie zu einer zeitlichen Verschiebung dringend notwendiger Maßnahmen führt. Meine Mutter hat immer in ihrem ‚Doktorbuch’ nachgesehen, wie sie das dicke Ding genannt hat, um zu erfahren, wie das da in der versiegelten Briefen gemeint ist, die ihr der Facharzt an unseren Hausarzt stets nach einer Untersuchung mitgegeben hat. Briefe, die sie als Patient nicht einmal öffnen durfte, was mir bis heute unverständlich ist.
Haben die Kritiker also recht, und ist der operative Eingriff an der Leiste tatsächlich so geheimnisvoll und gefährlich wie man erzählt? Insbesondere das männliche Geschlecht ist extrem verunsichert, zumal sich viele diesbezügliche Darstellungen widersprechen. Was aber ist dran an dieser diffusen Furcht vor einer Gefahr, die sich in der Realität nicht immer so offenbart wie vielfach behauptet?
Zufällig nun hatte ich mich selbst vor einiger Zeit diesem Thema zu stellen und wurde medizinisch ebenso hervorragend wie unspektakulär operiert. Keine von den angeführten Entsetzlichkeiten ist mir widerfahren, und deshalb dachte ich mir, ich sollte Ihnen einfach darüber erzählen.
Als Einzelfall bin ich einerseits nicht repräsentativ, doch geht andererseits nichts über eigene Erfahrungen, und sie veranlassten mich letztlich, über die ganze Geschichte intensiver nachzudenken, als ich es ohne diese Episode getan hätte, und so stellte ich mir gleich ein paar Fragen:
- Ist das ganze klinische Getue tatsächlich so unsicher, so gefährlich, so schmerzhaft, wie es gelegentlich dargestellt wird? Haben die Mediziner wirklich keine Ahnung, wie es gerade manche Homöopathen darstellen, und ist alles nur Zufall, was da so herauskommt?
- Hat man also schlichtweg nur Glück, wenn man nachher nicht impotent ist?
- Muss man sich wirklich gleich operieren lassen, wenn man etwas bemerkt hat, egal wo man gerade ist, in der Kalahari oder auf dem Südpol, oder kann man abwarten, und wenn ja wie lange? Und mit welchem Risiko?
- Gibt es neben der Operation nicht doch eine genial einfache und schonende Lösung des Problems, wie in manchen Schriften behauptet wird? Eine bisher unbekannte Variante der Homöopathie oder der Akupunktur? Man sticht einfach an der richtigen Stelle, und alles ist wieder gut?
- Vielleicht helfen Training, Diät, Umschläge, Massage oder gar ein Bruchband? Man lässt sich die Stelle sachkundig massieren, bei Vollmond zum Beispiel, und schon ist das Dings-da futsch.
- Und wenn operiert werden muss, welche Art von Operation ist die Beste? Welche die Sicherste? Wo sind die Koryphäen, die das blind machen?
- An wen kann man sich bei Fragen wenden? Wer ist der erste Ansprechpartner? Der Hausarzt, der alles weiß, von den geschwollenen Mandeln bis hin zu geheimnisvollen Krampfadern, und der alles auf Krankenschein spontan heilen kann?
- Und weil wir gerade beim Thema „spontan“ sind: Wie ist es mit der Spontanheilung?
Weil objektive Informationen wichtig sind, habe ich genau recherchiert, denn ich dachte, Sie würden weniger Angst haben, falls Sie überhaupt ängstlich sind, wenn Sie mehr wüssten.
Ich denke, dass offene Fragen und Spekulationen, was sein könnte, einen Kranken stärker verunsichern, als das Wissen über die Situation und die Möglichkeiten, und so entstand dann dieses Buch. Mit einer offenen Darstellung der Operationsziele, der Randbedingungen, des Vorgehens und auch der möglichen Probleme und ihrer Bewältigung werden Ihre Bedenken zerstreut. Sobald Sie genug wissen, wird Ihnen die Angst vor der Operation genommen sein.
Aber nur über das Aufschneiden und Zunähen des Unterbauchs zu berichten, wäre mir offengestanden zu langweilig gewesen. Denn immerhin geschieht in der Stunde des Eingriffs Einiges, das gar nicht so trivial ist. Beim Schreiben stellte ich zum Glück auch dieses Mal wieder fest, dass man immer tiefer in eine Sache eindringt, wenn man sich mit ihr intensiv auseinandersetzt. Man erhält Kontakt mit verschiedenen Themen und beschäftigt sich dann auch mit ihnen.
Wenn sich aber der interessierte Patient mit der Sache ebenso intensiv und genau auseinandersetzen will, dann scheitert er schon an den lateinischen Bezeichnungen. Mit fünfzehn Jahren habe mich bereits gefragt, warum man zuerst Latein lernen muss, bevor man Medizin studieren kann. Hatte das einen praktischen Vorteil oder war es nur Gewohnheit. Wenn in den echten Fachbüchern ausschließlich lateinische Fachausdrücke verwendet werden, kennt sich kein Laie mehr aus. Ob das Absicht ist, weiß ich nicht. Glaube ich eigentlich nicht, die Verwendung der lateinischen Sprache hat sich wohl einfach so entwickelt, denn Latein war im Europa des Mittelalters generell die Verkehrssprache an Universitäten.
In meinem Buch habe ich also dort wo es notwendig war, deutsche und lateinische Fachausdrücke nebeneinander gestellt. Sie werden sehen, dass man damit alles sehr leicht verstehen kann, weil es eigentlich sehr logisch ist. Als letztes Kapitel gibt es ein Glossar mit den wichtigsten Fachausdrücken.
Weil in verschiedenen Kapiteln Dinge aus anderen Kapiteln vorkommen, werden Sie Zusammenhänge erkennen, die eben so verflixt sind, wie es die Struktur des Leistenbereichs eben ist.
So werden Sie eine Klinik oder eine chirurgische Praxis wahrnehmen als das, was sie ist: keineswegs eine feindliche Einrichtung, sondern ein hochqualifiziertes Zentrum, das nur darauf ausgerichtet ist, Ihnen zu helfen.
Um die Fähigkeiten und Möglichkeiten solcher Zentren zu erfassen, habe ich nach und nach begonnen darzustellen, was im Körper los ist, immer genauer und immer detaillierter, und was zu tun ist, um ihn lokal reparieren zu können. Zum Beispiel die Inguinal Hernie, den Leistenbruch.
Sie müssen nicht alles verstehen, um beispielsweise Ihre Entscheidung treffen zu können, wenn Sie unter einem Leistenbruch leiden. Schlagen Sie dazu einfach die betreffenden Kapitel auf. Sie werden sie leicht und sicher finden.
Wenn Sie hinreichendes Interesse haben, werden sie bald erkennen, was in Ihrem Körper los ist, woraus er besteht, was kaputt gehen kann oder mit der Hernie kaputt gegangen ist, und weshalb.
Bald werden Sie wissen, was bei einer Operation geschieht, mit welcher Narkose es erfolgt, warum es genau so gemacht wird und nicht anders, wo dabei die sensiblen Stellen liegen und vor allem wie es nach der Operation weitergeht. Nichts wird dabei beschönigt oder...