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E-Book

'Soll ich sagen?'

Erinnerungen

AutorHeinz Zuber
VerlagAmalthea Signum Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl280 Seiten
ISBN9783903083219
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
»Ein Triumph der Fantasie« Heinz Zuber, Burgschauspieler, »Tatort«-Kommissar, Musical- sowie Operettendarsteller und Clown Enrico - »Soll ich sagen? Ich sag niiicht!« - blickt zurück auf sein bewegtes Leben, auf amüsant erzählte Begegnungen und auf Erlebnisse in aller Welt. Seine Geschichten und Anekdoten beleuchten pointen- und aufschlussreich die Großen des Theaters und des Showgeschäfts - von Marika Rökk, Zarah Leander, Dagmar Koller und Udo Jürgens über Paula Wessely, Susi Nicoletti, Ewald Balser, Oskar Werner, Maximilian Schell, Michael Heltau bis zu den Regisseuren Giorgio Strehler, George Tabori, Peter Zadek, Jerome Savary ... Mit zahlreichen Fotos und persönlichen Dokumenten aus dem Privatarchiv des Künstlers

Heinz Zuber, geboren 1941 an der deutsch-französischen Grenze bei Basel. 1960-1963 Aufenthalt in Paris als Karikaturist. Ausbildung zum Pantomimen. 1963-1966 Max Reinhardt Seminar Wien. 30 Jahre Ensemblemitglied des Burgtheaters, 35 Jahre freier Mitarbeiter des ORF, Erfinder und Darsteller des Clowns Enrico. Auftritte am Theater in der Josefstadt, dem Theater der Jugend, an der Volksoper, dem Theater an der Wien, dem Raimund Theater, dem Stadttheater Baden und bei den Salzburger Festspielen.

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Leseprobe

Einleitung


Im April 2016 ist mein 75. Geburtstag.

Ich höre immer wieder, 75 ist doch kein Alter heutzutage.

So sicher bin ich mir da nicht.

Es verändert sich doch einiges mit den Jahren. Ich bin beispielsweise nicht mehr so versessen auf das Spielen. Natürlich, wenn ich mich dann doch immer wieder einmal zu einem Auftritt überreden lasse und Erfolg habe, dann macht es schon Spaß. Aber …

2015 habe ich noch in der »Komödie am Kai« in Quartetto gespielt, einen Tenor, der große Probleme mit dem Altsein hat. In diesem Vier-Personen-Stück waren meine liebe Freundin Ulli Fessl, meine Burgtheater-Kollegin Helma Gautier und der fabelhafte Peter Kuderna mit dabei. Es war ein großer Erfolg, und wir spielten viele, viele Vorstellungen.

Ziemlich bald nach der Aufführungsserie, am Karsamstag 2015, bin ich zusammengeklappt, mein Blutdruck schwankte zwischen viel zu hoch und zu niedrig. Die Rettung brachte mich ins Krankenhaus in Hietzing, und am 7. April, meinem Geburtstag, »beschenkte« man mich mit einem Herzschrittmacher. Man hat mir auch sehr liebenswürdig gratuliert.

Nur eine Krankenschwester, die an sich sehr freundlich war, meinte: »Sie sind ja sehr nett, aber den Enrico habe ich nicht gemocht.«

Es stellte sich heraus, dass es ihr auf die Nerven gegangen ist, wenn Enrico immer »ich saaag niiicht« sagte. »Ich dachte als Kind, er soll’s doch schon sagen, der blöde Kerl«, meinte sie.

Das ist für mich allerdings eine eher seltene Erfahrung. Meist habe ich immer noch viele und sehr nette Reaktionen auf meine Kunstfigur »Enrico« bekommen. Da kam etwa ein Brief von den beiden Autoren Volker Klüpfel und Michael Kobr, die mit ihren »Allgäu-Krimis« berühmt und Bestseller-Autoren geworden sind. Ich kenne die Herren nicht persönlich, aber als einer von ihnen im »Kurier« nach seiner Lieblingsgestalt in der Geschichte gefragt wurde, sagte er: »Enrico aus Am dam des«.

Das war sicher ein Scherz, aber ich freute ich mich darüber und schickte ihnen, ebenfalls als Scherz, ein Autogramm an ihre Büroadresse, die ich im Internet gefunden hatte. Ich bekam einen bezaubernden Fanbrief der beiden Autoren, sie sind Jahrgang 1971 und 1973, in dem sie mir versicherten, ich sei der Held ihrer Kindheit gewesen.

Zuletzt, als ich in Baden Feuerwerk gespielt hatte und am Ende, wenn Onkel Gustav zum Zirkus geht, in meinem Enrico-Kostüm erschien, war die Publikumsreaktion unglaublich, und nachher erzählten mir viele Leute, dass sie mit mir – das heißt, natürlich mit Enrico – aufgewachsen seien. Oder ich gehe nur auf die Straße, die Menschen sehen mich und fangen an zu grinsen – ehrlich, das liebe ich.

Im Hietzinger Spital, das eigentlich in Speising liegt, gibt es eine hoch gelegene Terrasse, auf der ich mich gerne aufhielt. Von dort aus konnte ich so vieles sehen, das in Bezug zu mir stand. Das Burgtheater und den ORF auf dem Küniglberg habe ich im doppelten Wortsinn zwar hinter mir, aber auf der anderen Seite sieht man den Maurer Wald, der ein Lieblingsplatz von allen meinen Hunden und von mir ist. Wenn ich mit meinem Hund unterwegs bin, sind das die glücklichsten Augenblicke, die ich mir vorstellen kann (aber das versteht wohl nur ein Hundefreund). Außerdem habe ich auf diesen Wegen die meisten meiner Texte gelernt und es waren nicht wenige in meinem Leben.

Ich kann aber auch in Richtung Baden sehen – im dortigen Stadttheater habe ich in meiner Jugend immerhin den Mephisto in Urfaust gespielt, in der Regie von Peter Wolsdorff, der auch die Hauptrolle übernommen hatte. Damals war ich schon am Burgtheater. Nach meiner Pensionierung an diesem Haus ist Baden für mich durch seinen Intendanten, den Regisseur Robert Herzl, jahrelang zu einer Art künstlerischen Heimat geworden. Dort habe ich eine ganze Reihe hübscher Komikerrollen spielen dürfen, zu meinem Vergnügen und ich denke wohl auch zu dem des Publikums.

Der Weg nach Baden führte, wenn ich Zeit und Muße hatte, immer wieder über die Weinstraße und über Gumpoldskirchen, das mich als Landschaft so sehr an »meine Gegend«, das Elsass und die elsässischen Weinorte, erinnert.

An dem Tag, an dem ich mit Freunden diesen Ort entdeckte, habe ich auf diese Art zum ersten und Gott sei Dank auch zum letzten Mal in meinem Leben eine Vorstellung versäumt … So etwas vergisst ein Schauspieler nicht.

Ich war noch am Max Reinhardt Seminar, durfte aber schon im Theater in der Josefstadt mitwirken und war im »Kleinen Theater der Josefstadt im Konzerthaus« in einem Einakterabend des polnischen Autors Sławomir Mrożek eingesetzt. Ich war nur »eine Hand« (beziehungsweise ein Riesenhandschuh), die aus der Kulisse Anweisungen gibt – es waren »absurde« Theaterzeiten damals. Niemand hatte mich aufmerksam gemacht, dass es am Sonntag auch Nachmittagsvorstellungen gibt, und den Vertrag hatte ich leider nicht so genau gelesen. Als ich zur Abendvorstellung erschien, wurde ich wegen meines Versäumnisses mit Verachtung gestraft. Glücklicherweise hatte der Regieassistent meinen Part übernommen. Es blieb jedenfalls ein heilsamer Schock, und ich hatte keine Konventionalstrafe zu bezahlen, was durchaus möglich gewesen wäre.

Mein Blick von der Terrasse des Spitals schweift weiter. Ganz in der Nähe hier sind, nein, waren die Rosenhügel-Studios. Hier habe ich meinen ersten Fernseherfolg erlebt, hier wurde Samba gedreht, mit Helmuth Lohner und Helmut Qualtinger, da hat für mich das Fernsehleben begonnen. Wenn man bedenkt, dass ich hier Hunderte von Sendungen gemacht habe, und zu Ostern 2015 gab es dort nur noch Trümmer und Staub …

Gar nicht so weit entfernt, ein bisschen nach links, da liegt der Südwestfriedhof. Da werde ich vielleicht einmal landen. Einige liebe Kollegen liegen schon dort. Oder vielleicht komme ich auf den Zentralfriedhof? Wer weiß. Will ich jetzt daran denken?

Wenn man mich fragt: »Wie geht es Ihnen?«, sage ich ehrlichen Herzens: »Immer wieder gut.« Das stimmt auch, und so kann’s noch eine Weile bleiben.

Als ich einen Schlussstrich unter Enrico im Fernsehen setzte, erwartete ich im Grunde, schnell vergessen zu werden. Ich hatte mich getäuscht und darüber bin ich wirklich glücklich. Es gibt unendlich viele Beispiele dafür, dass Menschen aus der Distanz von Jahrzehnten noch das Bedürfnis haben, dem Enrico zu sagen, was er ihnen bedeutete, wie zum Beispiel mit einem Mail auf meiner Homepage, das mich während der Arbeit an diesem Buch erreichte.

Enrico forever – Fans bis heute
Von: Dieter
Datum: 24. Juli 2015 um 09:34
Betreff: Wie ich als »Bayer« zum Clown Enrico kam …
An: Heinz ZUBER

Wie ich zum »Clown Enrico« kam …

Damals, lieber Enrico, als ich noch ein kleines Kind war, da wuchs ich im »Gäuboden« in der Nähe von Straubing (Niederbayern) auf.

Der »Gäuboden« ist ein sehr fruchtbares Ackerland, aber vor allem gibt es dort viele Kilometer weit keine Hügel und Berge.

Das war auch der Grund, warum – über viele Kilometer hinweg – die Funksignale des österreichischen Fernsehens uns in dieser Region erreichten.

Von Kindesbeinen an wuchs ich mit Am dam des, der Kasperl Post, dem ORF-Pezi und all den anderen schönen Sachen im FS 1 auf … Denn wir empfingen nur FS 1.

Als ich elf Jahre alt war, zogen meine Eltern um, nach … in der Nähe von Kelheim.

Und ich besuchte – seit 1981 – das dortige Gymnasium.

Um Dir eines zu sagen, lieber Enrico: Die Lehrer und Schüler in diesem Gymnasium waren mehr als seltsam.

Alles drehte sich nur um Naturwissenschaft und Sport, nix mehr um Phantasie und Kunst.

Man musste verbissene Leistungen bringen, durfte fortan nie mehr »menschlich« sein, und wenn einer den anderen abschreiben ließ, hieß es sofort, das sei eine »Schwäche«, nur die Stärksten kämen durch.

Oft hatte ich den Eindruck, werter Enrico, das System wollte einem dort die Kindheit mit aller Gewalt nehmen.

Du kannst Dir denken, lieber Enrico, dass ich mich dort – über viele Schuljahre hinweg – gar nicht wohl fühlte.

Aber wenn ich – eins um’s and’re Mal – gedanklich aus dem Schulfenster schweifte, dann spürte ich Dich, den Enrico, der mir sagte: »Halt aus, wird schon weggehen. Aber ich sag niiicht …«

Das hat mich, lieber Enrico von Am dam des, in diesen schwierigen Zeiten sehr, sehr aufrecht gehalten.

Ich hab’ ein Autogramm mit Foto und Widmung von Dir, das hängt an meiner Wand, und ich werde es niemals abhängen!

Beste Grüße
Dein damaliges Kind
Dieter –
Kelheim (Süddeutschland)
;-)

Von: Heinz Zuber
Gesendet: Sonntag, 26. Juli 2015 14:21
An: Dieter
Betreff: Enrico

Mein liebes, damaliges Kind Dieter,
Du hast mir eine große Freude gemacht mit Deinem Mail, was Du empfunden hast, freut...

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