1 Was ist Aku-Taping?
Sicherlich haben Sie schon Tapes – die bunten Klebebänder – bei anderen gesehen oder wurden selbst bei Ihrem Physiotherapeuten damit behandelt. Dabei hat es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Art des Kinesio-Tapings gehandelt.
Bei diesem »kinesiologischen Taping« werden die elastischen Tapes beispielsweise auf Muskeln geklebt, um Schmerzen zu lindern, Verletzungen vorzubeugen oder Schwellungen und Blutergüsse schneller abklingen zu lassen. Auf bestimmten Gelenkzonen sorgen sie für eine bessere Führung oder verhindern die schmerzhafte Bewegungsrichtung, ohne die unerwünschten Bewegungen zu behindern, beispielweise beim umgeknickten Knöchel. Beim Kinesio-Taping wird rein nach funktionell-anatomischen Gesichtspunkten geklebt, das heißt unmittelbar im Bereich der schmerzenden Muskeln, Bänder und Gelenke.
1.1 Ganzheitlich behandeln
In diesem Buch lernen Sie das Aku-Taping kennen, das sich deutlich vom Kinesio-Taping unterscheidet. Die Vorsilbe »Aku-« weist darauf hin, dass bei dieser Methode die Akupunktur mit ins Boot genommen wird. Es handelt sich um eine Taping-Methode, die aus einer ganzheitlichen Sichtweise heraus entwickelt wurde. Neben den anatomischen Gesichtspunkten berücksichtigen wir beim Aku-Taping zusätzlich die diagnostischen und therapeutischen Regeln der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), der Akupunktur sowie die Erkenntnisse und Fertigkeiten der Manuellen Medizin/Osteopathie. Mit Aku-Taping lassen sich daher nicht nur Knieprobleme oder andere Beschwerden am Bewegungsapparat behandeln, sondern auch alle Leiden und Symptome, bei denen Akupunktur erfolgversprechend ist. Das wären beispielsweise Kopfschmerzen, Übelkeit/Erbrechen, depressive Verstimmung oder Schlafstörungen, um nur einige zu nennen. Das Spektrum der Beschwerden, die behandelt werden können, ist also wesentlich weiter. Das Aku-Taping unterstützt Sie auf umfassendere Weise. Es ist eine sanfte, doch wirksame Hilfe, die keinerlei Nebenwirkungen hat.
1.2 Die TCM-Weisheit nutzen
Wenn Sie schon als Patientin Erfahrungen mit der TCM oder Akupunktur haben, wissen Sie, dass es sich um ein sehr komplexes System handelt. Sicherlich wollen Sie keine Ausbildung in Chinesischer Medizin bzw. Akupunktur absolvieren, bevor Sie sich tapen. Und das ist auch gar nicht erforderlich. Sie dürfen von unserer langjährigen Erfahrung mit dem Aku-Taping profitieren. Wir stellen Ihnen hier nur solche Tape-Anlagen vor, die auch von Laien problemlos geklebt werden können und deren Wirksamkeit vielfach erprobt ist. Später machen wir Sie mit den notwendigen Grundlagen der TCM, der Akupunktur und der Typenlehre vertraut, die Sie für die Auswahl brauchen.
Das wunderbare am Selbst-Tapen ist, dass Sie merken, ob Sie alles richtig gemacht haben, denn dann lassen Ihre Beschwerden nach. Tut das Tape dagegen weh oder fühlt sich unangenehm an, ziehen Sie es wieder ab, dann haben Sie falsch geklebt. Sie brauchen keine Nebenwirkungen zu befürchten; im »schlimmsten Falle«, wenn Sie die falsche Tape-Anlage gewählt haben, werden Sie keine Wirkung erzielen. Sie können also ganz unbesorgt an die Sache herangehen. Das einzige, was Sie bei den meisten Tape-Anlagen benötigen, ist ein Taping-Partner bzw. eine Partnerin, die Ihnen beim Anlegen der Klebebänder hilft.
1.3 Vielfältige Wirkungen
Die Tapes werden bei jeder Taping-Art in aller Regel über entsprechend vorgedehnte Körperzonen geklebt. Aufgrund seiner Dehnbarkeit vollzieht das Tape nun jede Bewegung dieser Körperzone mit, was eine permanente Verschiebung der am Tape haftenden Haut gegen die Unterhaut erzeugt. Dabei wird vermutlich ein ähnlicher Effekt wie bei einer Lymphdrainage oder einer Bindegewebsmassage erzielt.
Beim Aku-Taping werden die Erkenntnisse und Fertigkeiten der Chinesischen und der Manuellen Medizin/Osteopathie in die therapeutische Methode des Tapens mit einbezogen. Dadurch ist es möglich, erstmals auch Akupunkturpunkt-Tapes, Akupunktur-Leitbahn-Tapes und Regionaltapes zu beschreiben und anzuwenden. Die dehnbaren Tapes werden entsprechend auf Muskelareale und Akupunkturpunktareale geklebt. Dies führt zu einer Reizung der unter dem Tape liegenden Strukturen, also der Haut, dem darunter liegenden, lockeren Bindegewebe und dem strafferen Bindegewebe, das anatomisch als oberflächliche Körperfaszie bezeichnet wird. Infolge dieser Reizung kommt es zu einer Normalisierung der Stoffwechselfunktion und dadurch zu einer Aktivierung der Selbstheilungskräfte des Körpers.
Zwei wichtige Prinzipien darf man dabei aber nie außer Acht lassen:
Aku-Taping wirkt nur dann, wenn Sie sich bewegen! Bei der Bewegung verschiebt sich die Haut gegen die Unterhaut, wodurch der Massageeffekt auf die Muskelareale bzw. Akupunkturpunkte entsteht. Wenn Sie sich mit dem Tape nur ins Bett legen oder den ganzen Tag ruhig sitzen, lässt sich kaum ein positiver Effekt erzielen.
Aku-Taping lässt sich zwar sehr vielfältig anwenden; es kann jedoch nur heilen, was gestört ist und nicht, was zerstört ist.
1.4 Wann hilft mir Aku-Taping?
Bei allen gesundheitlichen Problemen wie depressive Verstimmungen oder Regelbeschwerden, bei denen Akupunktur sehr gut wirkt, können Sie sich auch mit Aku-Taping selbst helfen. Zu den frauenspezifischen Beschwerden, um die es in diesem Buch gehen soll, gehören die verschiedenen gynäkologischen Problemfelder der körperlichen und psychischen Symptome, die vor und während der Menstruation und der Wechseljahre häufig sind. Auch zahlreiche Beschwerden, die im Laufe einer Schwangerschaft oder unter der Geburt auftreten können, sprechen sehr gut auf Aku-Taping an. Dazu gehören beispielsweise Übelkeit, Erbrechen, Sodbrennen, psychosomatische Beschwerden, Kreislaufprobleme mit zu hohem oder zu niedrigem Blutdruck, Blasenentleerungsstörungen, Wadenkrämpfe, Wassereinlagerung im Gewebe sowie Geburtsvorbereitung und Schmerzlinderung unter der Geburt. Auch Schwangerschaftsstreifen oder Kaiserschnittnarben sind Anwendungsgebiete des Aku-Tapings.
In diesem Buch finden Sie ebenfalls weitere Beschwerden, unter denen Frauen besonders häufig zu leiden haben, wie Kopfschmerzen, Migräne, Rückenschmerzen, Reizblase, Reizdarm und Bindegewebsschwäche. Da die TCM berücksichtigt, dass Körper und Geist als Einheit wirken, lassen sich auch psychische Erkrankungen durch Akupunktur bzw. Aku-Taping sehr wirksam behandeln. Dazu gehören nicht nur Depressionen, sondern auch Angststörungen, Schlafstörungen oder Burnout.
Alle vorgestellten Tape-Anlagen können Sie sich selbst anlegen bzw. von einem Tape-Partner kleben lassen. Während der Schwangerschaft bzw. nach der Geburt sollten Sie sich bei Bedarf von einer entsprechend ausgebildeten Fachkraft (z. B. Hebamme) tapen lassen.
1.4.1 Aku-Taping ist kein Wundermittel!
Wenn Sie ein wenig Erfahrung mit Aku-Taping gesammelt haben, können Sie es ähnlich einsetzen wie ein bewährtes Hausmittel. Sie können damit Beschwerden lindern, erst gar nicht entstehen lassen (vorbeugende Anwendung) oder es zusätzlich zur professionellen Therapie einsetzen (dann bitte in Abstimmung mit dem Therapeuten). Aber Aku-Taping kann natürlich keinen notwendigen Arztbesuch ersetzen! Bitte doktern Sie also nicht an ungeklärten Symptomen herum und verzögern so die nötige ärztliche Diagnose und Therapie!
1.5 Wann ist Vorsicht geboten?
Sie sollten sich nur dann selbst tapen, wenn Sie die wiederkehrenden Beschwerden kennen (z. B. Prämenstruelles Syndrom) bzw. die Erkrankung ärztlich abgeklärt ist. Wenn neue, Ihnen unbekannte Symptome auftreten, gehen Sie bitte zunächst zum Arzt/behandelnden Therapeuten, wie Sie es ja auch ohne die Aku-Taping-Option tun würden. Auch wenn Ihre Beschwerden nach drei- bis viermaligem Selbst-Tapen nicht abgeklungen sind, sollten Sie so verfahren.
Wenn Sie gerinnungshemmende Medikamente (z. B. Marcumar) einnehmen, halten Sie bitte mit Ihrem Arzt Rücksprache, bevor Sie sich tapen lassen, da es unter Umständen durchs Tapen zu Blutergüssen kommen kann. Bei erblich veranlagten schweren Gerinnungsstörungen sollte generell nicht getapet werden.
1.6 So gehtʼs: praktische Tipps
Tape besteht aus einem dehnbaren Baumwollstoff, wobei das Klebeband in Längsrichtung sehr stark auseinandergezogen werden kann und in Querrichtung nur geringfügig. Auf einer Seite des Tapes ist ein Acrylkleber aufgebracht, der durch die (Körper-)Wärme aktiviert wird. Im Allgemeinen ist die Hautverträglichkeit gut. Wenn Sie empfindliche Haut oder Bedenken haben, könnten Sie die Verträglichkeit mit einem kleinen Stück des gewählten Tapes beispielsweise am Oberschenkel testen, bevor Sie sich damit großflächig tapen.
Duschen, schwitzen. Tapes sind wasserdurchlässig. Sie können also damit duschen und auch das Schwitzen wird nur geringfügig eingeschränkt. Die Klebkraft ist im nassen Zustand nicht mehr ganz so gut, sodass Sie beim Abtrocknen etwas vorsichtig sein sollten. Umgekehrt können Sie diesen Umstand nutzen und das Tape nach der Dusche leichter als im trocknen Zustand abziehen, wenn Sie es abnehmen wollen. In Salzwasser können...