Scharfer Blick. Schade, dass die Flügelspitzen des Fischadlers den Bildrand berühren. Wegen der Dynamik solcher Aufnahmesituationen lässt sich das leider nicht immer vermeiden.
D7100 DX | NF f/4 600 mm x 1,7K x 1,3CF = 1990 mm KB | f/6.7 | ISO 640 | 1/3200 s | +0,7 LW | ST, ÖZBE
Kennen Sie die Rubrik »Vögel« im Forum für Naturfotografen unter www.naturfotografen-forum.de? Wenn nicht, dann schauen Sie doch mal hinein, dort finden Sie jede Menge toller Fotos. Oft gibt es zu den Bildern auch mehr oder weniger interessante Kommentare. Vor allem aber finden Sie unter den Bildern das Feld »technische Angaben« mit zahlreichen Informationen zu Kamera, Objektiv und Einstellungen. So wird nachvollziehbar, wie die tollen Fotos entstanden sind. Oder Sie lesen ein gutes Magazin für Naturfotografie, z. B. die Zeitschrift »NaturFoto« aus dem Tecklenborg Verlag in Steinfurt. In solchen Magazinen werden auch regelmäßig neue Kameramodelle und Objektive sowie nützliches Fotozubehör vorgestellt.
WIE MACHEN DAS DENN DIE ANDEREN?
Auf jeden Fall sollten Sie Zielsetzungen für Ihre eigene Vogelfotografie entwickeln. Möchten Sie nur gelegentlich in Ihrem Kleingarten die Spatzen an der Vogeltränke fotografieren, um ein lustiges Foto zu machen? Dann reicht vielleicht eine gute Kompaktkamera gerade noch aus. Möchten Sie aber in dem Naturschutzgebiet in Ihrer Nähe einen Fischadler fotografieren, dann wird das auch mit einer guten Kompaktkamera nicht gelingen.
Jagderfolg. Der Fischadler trägt seine Beute zum nahen Horst.
D7100 DX | NF f/4 600 mm x 1,7K x 1,3CF = 1990 mm KB | f/13 | ISO 320 | 1/1000 s | +0,3 LW | ST | ÖZBE
QUALITÄT UND BUDGET IM WIDERSTREIT
Welche Ausrüstung für Sie »richtig« ist, hängt davon ab, welche Ziele Sie sich für Ihre Vogelfotografie setzen und welchen Betrag Sie in Ihre Vogelfotografie investieren wollen. Jede Fotoausrüstung ist ein Kompromiss zwischen Qualität und Budget. Beachten Sie, dass Sie lieber etwas mehr für die Anschaffung einer guten Kamera und guter Objektive einplanen sollten, denn Sie werden schnell höhere Ansprüche an die Qualität Ihrer Aufnahmen stellen – und somit auch an die technische Qualität Ihrer Fotoausrüstung.
»Nicht die Fotoausrüstung, sondern das Können des Fotografen macht die guten Bilder«, so heißt es. Das ist grundsätzlich richtig, aber trotzdem sollten die Vorteile einer guten Fotoausrüstung bei der Vogelfotografie nicht unterschätzt werden. Beispielsweise werden ohne einen präzisen und schnellen Autofokus viele Aufnahmen nicht gelingen. Kaufen Sie später bei steigenden Ansprüchen an die eigenen Aufnahmen eine bessere Kamera und bessere Objektive nach, dann geben Sie in der Summe mehr Geld aus, als wenn Sie in Ihr Hobby gleich zu Beginn richtig investiert hätten.
WERTBESTÄNDIGE OBJEKTIVE
Gute Objektive können sehr lange Zeit genutzt werden. Meine großen Teleobjektive sind alle älter als zehn Jahre und funktionieren immer noch zu meiner vollen Zufriedenheit auch an den neuen Kameramodellen. Mein »Kameraverbrauch« hingegen ist ziemlich hoch. Zwischen den frühen digitalen Spiegelreflexkameras und den heutigen Modellen liegen unglaubliche Qualitätsunterschiede. Deshalb ist eine digitale Kamera viel weniger wertbeständig als ein gutes Objektiv. Investieren Sie also das Geld eher in hochwertige Objektive als in eine superteure Kamera. Eine superteure, hochauflösende Kamera ist ohnehin witzlos, wenn die Abbildungsleistung des Objektivs der Kameraqualität hinterherhinkt.
Sie sollten sich gut überlegen, welchem Hersteller Sie beim Kauf einer digitalen Spiegelreflexkamera Ihr Vertrauen schenken. Denn »Scheidungen« kommen selten vor, weil sie wirklich wehtun. Bei einem Umstieg auf eine andere Kameramarke können Sie nämlich die bisher genutzten Objektive in der Regel nicht weiterbenutzen.
WIE VIEL BRENNWEITE BRAUCHT DER VOGELFOTOGRAF?
Eine der wichtigsten Fragen in der Tier- und besonders der Vogelfotografie ist die nach der richtigen Brennweite. Die Motive sind oft ziemlich klein und wenig zutraulich, manchmal auch ausgesprochen scheu. Eine Annäherung an die Objekte der fotografischen Begierde ist meistens nicht ganz einfach. Wenn Sie sich die Bilddaten zu den Aufnahmen in diesem Buch ansehen: Ich bin ein Brennweitenjunkie! Warum?
Fritz Pölking, einer der bekanntesten deutschen Tierfotografen, hat das in seinem Buch »Tierfotografie« mal so beschrieben: »Sind als längste Brennweite für die ernsthafte Tierfotografie nun 500 mm oder 600 mm das Beste? Mit 500 mm sind Sie sehr gut bedient, aber wenn Sie Preis und Gewicht nicht stören, empfehle ich 600 mm. Manchmal sind 600 mm zu lang und 500 mm wären besser, aber in 95 % der Fälle sind 500 mm etwas zu kurz und 600 mm wären besser. Außerdem ist es in den meisten in der fotografischen Praxis auftretenden Situationen fast immer leichter, 4 m zurückzugehen als sich 4 m vorwärts bewegen zu müssen.«
Auch wenn dieses Zitat noch aus der »guten alten analogen Fotozeit« stammt, aus meiner Sicht sind diese Aussagen immer noch zutreffend. Nachfolgend orientieren wir uns also an der Vorgabe, dass mindestens 600 mm Brennweite für die Vogelfotografie zweckmäßig sind.
2 x 600 mm Brennweite! Und wo ist der Unterschied?
Im Sommer 2015 hat Nikon ein neues Superteleobjektiv angekündigt: das AF-S Nikkor 600 mm 1:4E FL ED VR. Mit »nur« 13 000 Euro sind Sie dabei! Und dann brauchen Sie ja auch noch eine gute Kamera, damit Sie die Objektivqualität optimal nutzen können. Wie wäre es mit der neuen Profikamera Nikon D5? Dann kommen zu den Kosten für das Objektiv noch einmal rund 7000 Euro dazu. So kann man leicht und locker für Objektiv und Kamera eine Summe ausgeben, für die Sie auch einen anständigen Mittelklassewagen bekommen.
Aber das muss vielleicht nicht sein. Denn für rund 900 Euro hat im Sommer 2015 Canon die neue PowerShot G3 X angeboten, eine sogenannte Bridgekamera mit einem 1-Zoll-Sensor und einem lichtstarken 25-fach-Zoom f/2.8–5.6/8,8–220 mm, was wegen der geringen Sensorgröße einem 24–600-mm-Kleinbildobjektiv entspricht. Die Ziffern 2.8–5.6 sind die Blendenwerte bei kleinster und größter Brennweite. Die beiden Ziffern hinter dem Schrägstrich geben die kleinste und die größte Brennweite des Zoomobjektivs an.
Sowohl mit der Kamera-Objektiv-Kombination von Nikon als auch mit der Canon-Kamera können Sie also Vögel so fotografieren, dass die Aufnahme eine Abbildung zeigt, die einer Brennweite von 600 mm bezogen auf das Kleinbildformat 36 mm x 24 mm entspricht. Bei der ersten Variante sind Sie vielleicht kurz vor der Pleite. Bei der zweiten Variante bleibt noch Geld übrig für das neue Auto – und die neue Kamera passt sogar ins Handschuhfach! Da muss es ja wohl doch einige wesentliche Unterschiede geben!
DIE WAHL DER RICHTIGEN KAMERA
Ich möchte Sie gern mitnehmen auf einen kleinen Ausflug nach Brandenburg. Wir fahren von Berlin über die A 24 Richtung Hamburg, nehmen die Ausfahrt »Kremmen« und fahren von Kremmen bis Sommerfeld. Hinter diesem Ort biegen wir dann links in einen schmalen Waldweg ein. Dort lassen wir den Wagen stehen.
Vier Rotmilane auf ihrem Ruheast. Circa 50 % der Rotmilan-Weltpopulation brütet in Deutschland. Die beiden Jungvögel haben das dunklere Gefieder. Schade, dass diese eindrucksvollen Greifvögel sehr oft Schlagopfer an den Windkraftanlagen werden.
D300 DX | NF f/4 600 mm x 2,0K = 1800 mm KB | f/8 | ISO 720 | 1/1000 s | -1 LW | ST
Ein Ausflug zum Schleuener Luch
Wir durchqueren einen schönen naturbelassenen Mischwald mit großen alten Buchen und stehen plötzlich vor einem weiten grünen Wiesengrund: dem Schleuener Luch. Wir genießen den Anblick der grünen Weite in vollen Zügen.
Am Waldrand brütet der Rotmilan. An einer unzugänglichen Stelle im Wald soll der Seeadler seinen Horst haben. Auch Schwarzspechte brüten hier, und die seltene Hohltaube wurde mehrmals nachgewiesen. Sogar Schreiadler und Wanderfalken sind in dieser naturbelassenen Gegend schon beobachtet worden. In der Ferne ruft ein Kranichpaar. Es brütet dort in einem Erlenbruch. Mit unserem »Weitwinkelblick« erfassen wir die breite flache Landschaft. Nirgendwo ein Haus, keine Strommasten, keine Windräder. Eine Augenweide, dieses Luch. Und in den Luchwiesen findet der Weißstorch noch genügend Nahrung, um seine Jungen sattzubekommen.
Am anderen Ende der weiten Wiesenfläche tritt im Abendlicht das erste Damwild aus dem Wald auf das Wiesengrün. Wir nehmen nun den Feldstecher und verengen so mit optischer Unterstützung unseren Weitwinkelblick zu einem Schmalwinkelblick, weil wir die Tiere näher betrachten möchten. Durch die Verengung des Blickwinkels, der Fotograf würde jetzt Bildwinkel schreiben, fokussieren wir uns mithilfe der optischen Eigenschaften des Fernglases auf die...