Allgemeines
Das neue chinesische Arbeitsgesetz aus dem Jahr 1995 sieht die folgenden Pflichtbestandteile von Arbeitsverträgen für fest angestellte Arbeitnehmer vor 3 :
Zudem sollten jedoch auch noch zumindest folgende zwei gesetzlich zulässige, jedoch in den chinesischen Musterarbeitsverträgen nicht vorgesehenen Bestandteile aufgenommen werden, und zwar der Punkt ‘Verschwiegenheitspflichten des Arbeitnehmers’ und der Punkt ‘Erstattung von Ausbildungskosten bei vorzeitiger Kündigung durch den Arbeitnehmer’. Grundsätzlich empfiehlt sich, Arbeitsverträge je nach Qualifikation der Arbeitnehmer zu befristen. Üblich sind zwei Jahre, bei höher qualifizierten Kräften jedoch länger. Bei weniger qualifizierten Kräften werden oft halbjährig begrenzte Arbeitsverträge abgeschlossen. Als Ergänzung zu den Arbeits-
verträgen und als Kompass durch das Unternehmen sollte eine detaillierte Gemeinschaftsordnung (Mitarbeiterhandbuch) entworfen werden. Diese kann bei aktuellen Veränderungen angepasst werden, ohne an die arbeitsvertraglichen Grenzen zu stoßen. 1 Eine beispielhafte Gliederung ist im Anhang 14 ersichtlich.
Das Entlohnungssystem kann grundsätzlich frei gestaltet werden, jedoch ist eine grobe Anleh- an jenes der Staatsbetriebe üblich. Dieses basiert auf einem relativ geringen Grundlohn, der durch Prämien und durch Zuschüsse für Wohnraum, Transport, Ernährung, Hygiene (z.B. Friseur), medizinische Versorgung, Reisekosten an Feiertagen oder Kindergarten- und Schulgeld und Ähnliches, oft in Form von Sachleistungen, ergänzt wird. Die Aufwendungen für diese Nebenleistungen betragen mindestens 50 oder mehr Prozent des Grundentgelts. Bis vor einiger Zeit sahen chinesische Bestimmungen vor, dass die JV-Löhne inkl. Nebenleistungen mindestens 20 - 50 % über den Reallöhnen der staatlichen Unternehmen der gleichen Branche und Region liegen müssen. Diese Regelung wurde auf mindestens ebenso hoch geändert. Angesichts des „Kampfes“ um das qualifizierte Personal und zur Personalerhaltung werden von den JVs nach wie vor rund 20 - 50 % höhere Reallöhne bezahlt 3 . 4 Die Problematik der Gestaltung von Gehaltsstrukturen wird im Punkt 7.8.4.2. näher erläutert.
Das Hauptaugenmerk der lokalen Personalbeschaffung muss auf chinesische Manager und Fachspezialisten gerichtet sein, da innerhalb dieser Kategorie die größten Engpässe auftreten und sich die Personalbeschaffungsmaßnahmen daher deutlich von der Anwerbung ungelernter Arbeiter für die Produktion unterscheiden. Dies erfordert die Kenntnis und Nutzung sämtlicher in China zur Verfügung stehender Wege. 5
Die Möglichkeiten der Rekrutierung von lokalen Mitarbeitern für das JV werden bereits im JV- bzw. in der Gesellschaftssatzung wesentlich vorgeprägt. Das Partnerunternehmen stellt zwar eine sehr wichtige Rekrutierungsquelle für das JV dar. Da jedoch nachträgliche Entlassungen ein fast unüberwindbares Problem darstellen, gilt es von Grund auf sicherzustellen, dass nicht überflüssige und mangelhaft qualifizierte Mitarbeiter des Partnerunternehmens übernommen werden müssen. Daher sollte in den JV-Vertragsverhandlungen idealerweise eine Klausel ausgehandelt werden, die eine Übernahme von Personal an festgelegte Prüfkriterien knüpft. Außerdem ist die Loyalität der vom chinesischen Partnerunternehmen übernommenen Kräfte durch entsprechende Motivationsmaßnahmen (siehe 7.8.4.2.) sicherzustellen, denn oft fühlen sie sich weiterhin dem chinesischen Stammhaus verbunden. Der Herausbildung einer eigenen JV-Unternehmenskultur kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. 1
Wenn Positionen, in denen qualifizierte Mitarbeiter mit Berufserfahrung unerlässlich sind, nicht aus internen Personalressourcen besetzt werden können, bietet sich die Abwerbung von anderen Unternehmen an. Neuerdings erschweren arbeitsrechtliche Bestimmungen die Einstellung von Personal, das bei anderen chinesischen Arbeitgebern beschäftigt ist. Nichtsdestotrotz haben wechselwillige Mitarbeiter ein Kündigungsrecht, weshalb diese Alternative weiterhin interessant bleibt. Dies gilt jedoch immer weniger für Staatsunternehmen, die den Abfluss ihrer qualifizierten Belegschaft mit allen Mitteln und zunehmender staatlicher Rückendeckung zu verhindern versuchen. Dies geschieht beispielsweise in Form von hohen Ablöse- bzw. Freigabesummen, oder durch die Einbehaltung von Personalakten durch das Staatsunternehmen, wodurch es für den Mitarbeiter zum Verfall einer Reihe von staatlichen Leistungen kommt.
Arbeitsplatzwechsel ohne Personalakte erfolgen mitunter trotzdem, wenn der Mehrverdienst im JV den Verlust der staatlichen Zuschüsse kompensiert. Sehr interessant ist auch die Möglichkeit der Abwerbung von anderen JVs, WFOEs oder Repräsentanzen, da deren Mitarbeiter bereits mit „westlichen“ Arbeitsmethoden vertraut und gut geschult sind. Doch auch diese Unternehmen verlangen mittlerweile oft hohe Ablösesummen. Zudem wird an vielen Standorten versucht, durch Absprachen wechselseitige Abwerbungen einzudämmen, um nicht das Gehaltsniveau nach oben zu treiben. 1
Hilfskräfte werden im Gegensatz zu qualifiziertem Personal immer in der lokalen Umgebung auf dem „freien Arbeitsmarkt“, definiert als Arbeitslose und Arbeitssuchende, beschafft. Sie sind ihrem Status und ihren Rechten nach anders zu bewerten als fest angestellte Facharbeiter und können auf Grund des Überangebots leicht zu flexiblen und befristeten Konditionen angeworben werden. 3
Unter den verschiedenen Formen der Ansprache potenzieller Mitarbeiter stellt die Stellenanzeige in offiziellen staatlichen Printmedien die am häufigsten genutzte Variante dar. Der große Vorteil derartiger Stelleninserate ist, dass abwanderungswillige Mitarbeiter und Hochschulabsolventen ohne besondere Kontakte und Beziehungen angesprochen werden können. Die Resonanz auf Inserate ist groß, jedoch kann in China dabei faktisch kaum eine Vorselektion getroffen werden. Denn auch bei Inseraten mit sehr hohen Anforderungskriterien ist zu beobachten, dass sich immer ein hoher Prozentsatz von Kandidaten bewirbt, die den Erfordernissen in keinster Weise entsprechen. Bei fortgeschrittener Markterschließung des JVs und dadurch höherem Bekanntheitsgrad können Blindbewerbungen entsprechend genutzt werden. Auf die Möglichkeit der direkten Anwerbung von Universitäten wurde bereits oben hingewiesen. Eine weitere Art der Ansprache bieten regionale Arbeitsmessen, bei denen der Vorteil darin besteht, dass bereits vor Ort erste persönliche Eindrücke von Bewerbern gewonnen und gegebenenfalls erste Interviews durchgeführt werden können. Des Weiteren stellt die wiederholte Präsenz auf Jobmessen eine hervorragende Marketingmaßnahme zur Steigerung des Bekanntheitsgrades als Arbeitgeber dar. Eine weitere wichtige Anspracheform sind direkte Kontakte. Die Mehrheit der Unternehmen nutzt die Möglichkeit des Ansprechens potenzieller Mitarbeiter über persönli-
che Kontakte und Beziehungen der Belegschaftsmitglieder sehr erfolgreich. Der Vorteil besteht darin, dass auf diese Art gewonnene Mitarbeiter von Anfang an realistische Einschätzungen hinsichtlich des Arbeitsumfeldes haben. Denn die Belegschaftsmitglieder erzählen den potenziellen Bewerbern nicht nur die Vorteile, sondern auch die Nachteile am Arbeiten in der jeweiligen Firma. Natürlich müssen auch diese einem entsprechenden Auswahlverfahren unterzogen werden. Der Rückgriff auf professionelle Personalberatungsunternehmen ist zwar eine teure Möglichkeit, aber bei der Besetzung von Schlüsselpositionen oft nötig. Ein noch im Anfangsstadium stehendes, aber rasch an Bedeutung zunehmendes Ansprachemedium stellt das Internet dar. Die Teilnahme am offiziellen Zuweisungsverfahren der Behörden zur Rekrutierung von Hochschulabsolventen und die Inanspruchnahme der Dienste der offiziellen Arbeitsvermittlungsgesellschaften werden von ausländischen Unternehmen kaum mehr genutzt. 1
Zu den Auswahlverfahren ist zu bemerken, dass bei uns gängige Bewerbungsunterlagen oft nur geringe Aussagekraft haben. Lebensläufe werden etwa sehr stark mit Floskeln und allgemein gehaltenen Umschreibungen dargestellt, sodass sie lediglich als Entscheidungshilfe bei der groben Vorselektion herangezogen werden können. Auch Arbeitszeugnisse eignen sich nicht zur Beurteilung fachlicher Vorkenntnisse. Sie sind in erster Linie unter dem Aspekt der Anzahl an bisherigen Arbeitsplatzwechsel zu deuten. Deshalb besitzen besonders Einstellungsinterviews große Bedeutung bei der Personalauswahl, bei denen gemeinsam von lokalen Mitarbeitern und Expatriates die fachlichen Qualifikationen der Bewerber zu prüfen sind. Auch die Verfügbarkeit der Personalakte muss überprüft werden. Als Ergänzung sollten weitere Testverfahren, z.B. Sprachtests oder Tests über...