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E-Book

Fühl dich und sei frei!

Der Weg zur Freundschaft mit dir selbst

AutorMaria Bachmann
VerlagIntegral
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783641020040
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Der Reiseführer durch die komplizierte Welt der Gefühle
Jeder will glücklich sein. Doch was macht uns glücklich?
Wahrhaft glücklich ist, wer sich selbst zu seinem besten Freund macht - egal, wie die Gefühlswelt gerade aussieht. Maria Bachmann zeigt, dass man Gefühle weder analysieren noch verdrängen, sondern einfach nur fühlen muss, um sich selbst besser zu verstehen und so innere Freiheit und Zufriedenheit zu finden.

Warum suchen wir immer und überall nach dem Besonderen und Komplizierten, statt einfach glücklich zu sein? Und wieso sind manche Menschen mit sich und der Welt im Reinen, obwohl sie keineswegs auf Rosen gebettet sind? Fragen wie diese veranlassten Maria Bachmann, sich auf die Suche nach wirklichem Glück und dauerhafter Zufriedenheit zu machen.
Hier spricht keine Psychologin, sondern eine Schauspielerin und Drehbuchautorin mit sicherem Blick für alltägliche Situationen, die wir alle kennen. Maria Bachmann führt mit leichter Hand durch die - ach! - so komplizierte Welt der Gefühle. 'Genau so ist es', kann man nur sagen, 'warum habe ich das nicht schon längst erkannt?'. Und so lautet Maria Bachmanns Zauberformel:
'Fühlen statt grübeln!'
Der Weg zur Freundschaft mit sich selbst: mit zahlreichen praktischen Übungen und typischen Beispielen aus dem Alltag.

Die Schauspielerin und Autorin Maria Bachmann ist seit 1993 einem großen Publikum aus zahlreichen Kino- und TV-Produktionen bekannt. Neben ihrer Schauspielkarriere ist sie Trainerin für persönlichen Ausdruck und Präsenz und unterstützt Menschen dabei, ihre wahre Motivation zu finden. Mit ihrem letzten Buch »Du weißt ja gar nicht, wie gut du es hast« stand sie auf der Spiegel-Bestsellerliste. Maria Bachmann lebt in München.

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Leseprobe
1
Sammeln Sie die Herzen?
Ich stehe an der Kasse des Supermarkts am Bahnhof. Vor mir eine lange Schlange. Ungeduldig ist nicht der richtige Ausdruck für meine Stimmung, eher mies gelaunt. Es geht einfach nicht voran und ich habe es eilig. Muss zum Zug und will nur eine einzige Flasche Wasser bezahlen. Die anderen Leute haben ihre Wägen voll.
»Storno!« höre ich über den Lautsprecher. Ach du meine Güte. Das muss eine Auszubildende sein, die sich nicht auskennt mit der Kasse. Auf jeden Fall geht jetzt gar nichts mehr voran. »Das kann dauern« sagt jemand vor mir. Die Schlange wird immer länger, aber was hinter mir passiert, interessiert mich ja nicht. Nach mir die Sintflut!
Ein Verkäufer kommt, es wird an der Kasse herumgefuchtelt. Ich bin versucht, meine Flasche Wasser heimlich irgendwo abzulegen und zu flüchten. Aber da habe ich schon im Vorfeld ein schlechtes Gewissen, weil man das nicht macht und ich es nicht ertragen könnte, wenn mich jemand dabei beobachtet. Ich müsste sie schon wieder da hinstellen, wo ich sie hergeholt habe. Aber das wäre zu weit weg. Genauso gut kann ich weiter in der Schlage warten. In achtzehn Minuten geht mein Zug. Wenn ich in sechs Minuten drankomme, schaffe ich ihn noch.
»Darf ich kurz vor, ich hab nur das?« fragt eine Frau mit einem Schokoriegel in der Hand. Sie tut genau das, was ich nie wagen würde. Und ehe ich mich versehe, hat sie sich vor mich gestellt und lässt mich auf ihren breiten, kariert gemusterten Rücken glotzen. Ich platze fast vor Wut. In mir tobt ein Hurrikan von der Brust bis zum Bauch. Ich lasse mir zu viel gefallen. Ich würde mich nie trauen, mich vorzudrängeln. Die Leute haben keinen Respekt, die Welt ist ungerecht. Und ich habe nicht mal den Mut, mich dagegen zu wehren, obwohl es gerechtfertigt wäre! Ich bin zu gutmütig. Kein Wunder, dass andere besser durchs Leben kommen als ich. Ich bin vom Leben benachteiligt, sogar im Supermarkt. Ich bin ein Versager! In elf Minuten geht mein Zug.
Nach einer Weile, sagen wir einer Ewigkeit, komme ich endlich dran. Der jungen Kassiererin steht der Schweiß auf der Stirn. Als ich genauer hinsehe, bemerke ich, dass sie zittert. Aber sie lässt sich nichts anmerken. Sie ruft ins Mikrofon: »Zweite Kasse bitte.« Jetzt, wo ich dran bin, stürzen alle zur zweiten Kasse. Hinter mir ist gähnende Leere und alles geht schneller. Ich will mich gerade wieder aufregen – Wieso hat sie erst jetzt jemanden zur zweiten Kasse gerufen? – da sehe ich, wie sie mich ansieht und ihr holprig eine Frage über die Lippen kommt: »Sammeln Sie die Herzen?« Sie reißt ein kleines, selbstklebendes Sammelherz von der Rolle, für das man, wenn man genug davon hat und ein paar Euro zuzahlt, ein Kochtopf- oder Messerset bekommt. Es ist ihr peinlich, mich das fragen zu müssen. Ich spüre plötzlich eine große Sympathie für diese junge Frau. »Stressig, was?« sage ich.
»Mein erster Arbeitstag« murmelt sie und senkt den Blick auf das Sammelherz. Auf einmal sehe ich die ganze Situation mit anderen Augen. Ruhe nach dem Sturm. Ich werde den Zug schaffen und stehe vor einer Verkäuferin, die mich fragen muss, ob ich die Herzen sammle. »Nein, ich sammle die Herzen nicht«, antworte ich und mein eigenes Herz wird ganz groß. Ich lächle sie an. Sie korrigiert sich: »Oh. Die kriegt man auch erst ab einem Einkaufswert von fünf Euro, Entschuldigung.« Jetzt grinst sie mich verschmitzt an und ich sage: »Macht nichts.« Ich gehe beschwingt zum Zug, singe leise zum Takt meiner Schritte: Sammeln Sie die Herzen, sammeln Sie die Herzen … Ob ich mir wohl mal ein neues Kochtopfset leisten sollte?
 
Können wir uns unsere Stimmungen aussuchen? Oder sind wir ihnen ausgeliefert? Wie kommt es, dass wir mal so, mal so fühlen? Der Mensch ist unberechenbar! Gefühle beflügeln uns, machen uns wahnsinnig, sie motivieren uns, bringen uns zum Lachen, sie rühren uns, entflammen in uns Leidenschaft, lassen uns in Mitgefühl baden, sie quälen uns, stürzen uns von einer Krise in die nächste, sie lassen uns zweifeln und verzweifeln, sie lassen uns lieben, machen uns glücklich und unglücklich. Selbst wenn wir uns als pragmatisch oder unemotional bezeichnen würden, sind wir voll von ihnen, denn sie haben unzählige Gesichter. Wenn sie sich gut anfühlen, möchten wir sie so lang wie möglich behalten. Wenn sie uns schlecht fühlen lassen, wollen wir sie so schnell wie möglich loswerden. Sie machen uns zu dem einzigartigen Menschen, der wir sind, und es sieht so aus, als ob sie unser gesamtes Leben bestimmen. Sie verlassen uns nie, stehen uns zur Seite, um uns sicher durch den Lebensdschungel zu navigieren. So gesehen, könnten wir sie eigentlich als Freunde ansehen. Aber behandeln wir unsere Gefühle auch freundschaftlich? Erlauben wir uns überhaupt, sie zu fühlen?
Als ich anfing, mir solche Fragen zu stellen, hatte ich schon alles Mögliche ausprobiert. Ich hatte Therapeuten aufgesucht, Selbsthilfe-Bücher gelesen, positiv und negativ gedacht und mir die Welt rosarot zu reden versucht. Ich hatte wochenlang geschwiegen, um meine wahre innere Stimme zu hören. Ich hatte meditiert und dann wieder nicht. Später habe ich spirituelle Lehrer aufgesucht, denen ich immer noch unendlich dankbar bin. Ich habe mein Glück im Scheinwerferlicht des Erfolgs gesucht und gefunden. Und dann habe ich festgestellt, wie vergänglich dieses Glück ist. Nichts konnte mich komplett glücklich machen. Immer fehlte etwas, aber ich wusste nicht was …

Gemeinsam sind wir stark – oder etwa nicht?


Wann immer ich Probleme hatte, suchte ich das Gespräch mit Freunden und war froh, wenn ich erfuhr, dass es ihnen genauso ging wie mir. Auch sie kannten Einsamkeit, Trauer, Leere, Verzweiflung. Auch ihnen war das Gefühl, nicht dazu zu gehören oder ungerecht behandelt zu werden, nicht fremd. Wenn ich der Ansicht war, dass jemand meine Empfindungen und Beobachtungen teilte, dass mein Gegenüber »genauso fühlte wie ich«, war ich vorübergehend zufrieden. Dass ich mich gemeinsam mit jemandem über die Ungerechtigkeit des Lebens beschweren konnte, gab mir Halt. Ich fühlte mich verstanden und nicht mehr allein.
Auf diese Weise hielt ich mich permanent in einer Art »Unzufriedenheitsspirale«. Es war, als säße ein uniformiertes Beschwerdemännchen in meinem Kopf, das pflichtbewusst alles aufzählte, was in meinem Leben nicht gut war. Und wenn wirklich mal alles gut war, machte es freiwillig Überstunden und suchte und fand ein paar neue Probleme. Irgendeinen Grund, unzufrieden zu sein, gibt es immer. Und in den Köpfen der anderen sitzen genau die gleichen Beschwerdemännchen, die ebenfalls Überstunden machen, bis sie genügend Gründe gefunden haben, reichlich Trübsal zu blasen: »Wieso habe ich nur eine Wohnung und kein Haus?« – »Ich habe immer Pech mit meinen Männern!« – »Ich werde zu schlecht bezahlt, obwohl ich so viel ackere.« – »Ich bin zu dick.« – »Ich bin vom Leben benachteiligt.« Manchmal ist die Botschaft des Beschwerdemannes im Kopf so subtil, dass wir nicht einmal hören, was er uns zuflüstert. Wir fühlen uns einfach grundlos ungut. Spätestens dann stellen sich auch körperliche Symptome ein, die unseren Zustand noch unterstreichen: Herzklopfen, Magendrücken, ein zugeschnürter Hals, ein hohles Gefühl im Bauch. Wir fühlen uns, als läge ein Stein auf unserer Brust, als trügen wir eine Rüstung um den Brustkorb oder ein schweres Paket auf den Schultern – und das jahrelang. Wir werden von Fressanfällen oder Appetitlosigkeit gequält, von aggressiver Unruhe, Konzentrationsschwäche und vielem mehr. In der Unzufriedenheitsspirale wird jedes Problem so lange wiedergekäut, bis sich ein anderes Problem findet, das noch besser dafür sorgt, dass man nicht auf die Idee kommt, irgendwann aus dem Kreislauf des Leidens auszusteigen. Im Notfall kann man sich ja immer noch darüber beklagen, dass das alte Problem viel besser war als das neue, an das man sich erst noch gewöhnen muss.
Unser Denken scheint auf das Finden von Fehlern und Mängeln programmiert. Ohne geht es offenbar nicht. Da kann man nichts machen, denken wir und trösten uns damit, dass es anderen auch so geht. Gemeinsam sind wir stark, selbst auf die Gefahr hin, dass es uns allen schlecht geht. Das ist auch der Grund, warum so viele Menschen die Tendenz haben, sich mit denen zusammenzutun, die auf eine ähnlich jammervolle Geschichte zurückblicken. Man ist weitgehend einer Meinung, muss sich mit nichts konfrontieren, was man nicht sehen möchte, und kann sich in aller Ruhe weiter beklagen.
Das läuft in der Regel so lange gut, bis es dem anderen plötzlich aus unerfindlichen Gründen besser geht als einem selbst und man das Gefühl hat: Der hat was kapiert, was ich offenbar nicht mitgekriegt habe. Vielleicht hat jener den Beschwerdemann in seinem Gehirn spontan an die Luft gesetzt oder ihm die Lizenz zum Beschweren entzogen. Auf jeden Fall hat man plötzlich kein gemeinsames Leid mehr, das man teilen könnte, und dann fehlt einem was. Nicht selten brechen Beziehungen an dem Punkt auseinander, wo man sich nicht mehr gegenseitig in seinem Unglück bestätigt.
Während ich mich einerseits oft besser fühlte, wenn ich mit Freunden über meine Probleme sprach, hatte ich andererseits mindestens ebenso häufig den Eindruck, dass sie überhaupt nicht verstehen konnten, was ich fühlte, so anschaulich ich auch davon berichtete. Es war, als lebte ich in einer Welt, die meinem jeweiligen Gegenüber völlig fremd war und deren Landkarte niemand lesen konnte. Umgekehrt war es wohl auch so, dass ich das, was meine Freunde mir beschrieben, nur so weit verstand, wie ich es durch die Brille meiner eigenen Wahrnehmung aufnehmen...
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