Sie sind hier
E-Book

Physische Geographie

Mathematische Vorkenntnisse und die allgemeine Beschreibung der Meere und des Landes

AutorImmanuel Kant
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl260 Seiten
ISBN9788026866596
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Physische Geographie' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Immanuel Kant (1724 - 1804) war ein deutscher Philosoph der Aufklärung. Kant zählt zu den bedeutendsten Vertretern der abendländischen Philosophie. Inhalt: Vom Wasser Vom Lande Atmosphäre Geschichte der großen Veränderungen, welche die Erde ehedeß erlitten hat und noch erleidet Besondere Beobachtung dessen, was der Erdboden in sich faßt Vom Menschen Das Thierreich Das Pflanzenreich Das Mineralreich Summarische Betrachtung der vornehmsten Naturmerkwürdigkeit aller Länder nach geographischer Ordnung Asien Afrika Europa Amerika

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

Mathematische Vorbegriffe.


§. 7.

Was also zuvörderst die Gestalt der Erde betrifft: so ist dieselbe beinahe kugelähnlich, oder, wie Newton es aus den Centralgesetzen und der Anziehung genauer bestimmt hat, eine Sphäroide, welche Behauptung nachmals auch durch wiederholte Beobachtungen und Ausmessungen bestätigt ist.1

Man stellt sich dabei aber die Figur der Erde so vor, als wäre sie ganz vom Wasser umgeben, also eine hydrostatische Gestalt derselben. Die Berge machen hier keinen Unterschied, da sie nicht einmal im Erdschatten zu bemerken sind, und der höchste von ihnen kaum den 1900sten Theil des Erddurchmessers ausmacht2. Beweise von der runden Gestalt der Erde sind folgende:

1. Die Sonne geht nicht überall zu gleicher Zeit auf und unter, welches geschehen müßte, wenn, was man geraume Zeit glaubte, die Erde eine Ebene wäre. Hieraus würde indessen nur folgen, daß die Erde von Morgen gegen Abend rund sei. Aber

2. auch die Polhöhen und Mittagshöhen sind nicht an allen Örtern dieselben. Reisen wir um fünfzehn Meilen weiter nach Süden, so steht der Polarstern um einen Grad niedriger und einen Grad höher, wenn wir um eben so viel weiter nach Norden reisen, bis er uns endlich unter dem Pole selbst in den Scheitelpunkt tritt. Daraus schließen wir denn mit vollem Rechte auch auf eine Rundung der Erde von Norden nach Süden.

3. Der Erdschatten bei Mondfinsternissen ist, und zwar in allen Lagen der Erde, beständig rund. 4. Man erblickt selbst bei der unbegrenzten Aussicht auf offnem Meere zuerst nur die äußersten Spitzen der Objecte und allmählig erst die untern Theile derselben.

5. Man hat die Erde nach allen Gegenden umschifft, was nicht möglich gewesen wäre, hätte sie keine runde Gestalt3.

Jene vorhin erwähnte sphäroidische Gestalt der Erde rührt daher, weil alle Materie, die nach den Polen zu liegt, sich zufolge der Gesetze der Schwere und der Schwungkraft gegen den Äquator hin sammelt und um denselben anhäuft, welches auch geschehen würde, wenn die Erde ganz vom Wasser umflossen wäre, und zwar deshalb, weil um den Pol gar keine, bei dem Äquator aber die stärkste Bewegung stattfindet, daher auch der Durchschnitt, welcher durch die beiden Pole geht (die Erdaxe), kleiner ist als der Äquator. Newton hat bewiesen, daß ein jeder sich frei bewegender Körper diese Gestalt annehmen müsse.

Ist nun aber die Figur der Erde eine Sphäroide: so giebt es auch Antipoden, die wie wir den Himmel über sich und die Erde unter ihren Füßen haben. Die gemeine Meinung, als müßten diejenigen, die unter uns wohnen und uns die Füße zukehren, herunterfallen, ist pöbelhaft, denn nach den Gesetzen der Schwere, die aus der Anziehung der Erde entspringen, muß sich alles auf der Erde nach dem Mittelpunkte derselben bewegen, so daß auch nicht das kleinste Partikelchen sich von ihr zu entfernen im Stande ist. Wenn ein Körper durch die Erde auf die andere, entgegenstehende Seite derselben fallen könnte: so würde er nicht unten, sondern wieder oben sein. Denn ein Körper, der eben so viel steigt, als er gefallen war, steht nicht unten, sondern oben. Jeder Körper fällt nur bis in das Centrum; von da an muß er wieder steigen. Die Kraft aber, die ihn bis in das Centrum trieb, würde ihn auch weiter treiben, triebe ihn nicht seine Schwere dagegen wieder zurück. Man kann hiermit die Lehre vom Pendel vergleichen.

Weil nun das bisher bekannt gewordene feste Land nebst den Bergen beinahe allein auf der einen und zwar nördlichen Halbkugel der Erde, das Wasser aber hauptsächlich auf der entgegengesetzten Hemisphäre befindlich ist: so hat man vermuthet, daß auch im Süden noch ungleich mehr Land, als bis jetzt entdeckt ist, vorhanden sein müsse, und zwar aus dem Grunde, weil man sich sonst keine Auskunft darüber zu geben im Stande war, wie die Erde ihr Gleichgewicht behalten könne. Man sollte vermuthen, die Leute stellten sich die Erde wie ein Schiff vor, in dem des Gleichgewichtes wegen eine Seite nicht stärker beladen sein darf als die andere. Das ist aber nur bei einem schwimmenden Körper erforderlich. wollte man annehmen, daß die Erde nach einem Punkte außer sich ihren Lauf richte: dann wäre es freilich nöthig, ein solches Gleichgewicht anzunehmen, allein auf der Erde hat alles seine Schwere nach dem Mittelpunkte. Hier ziehen sich alle Theile und ein Körper den andern an, ja, je größer seine Masse ist, um so stärker ist seine Anziehung. Da nun die Erde vor allen auf ihr befindlichen Körpern die bei weitem größte Masse hat: so muß sie alle andere Körper auch am stärksten anziehen, und daraus entspringt die Schwere aller Körper gegen die Erde.

Der Umschwung der Erde, der noch außer der Anziehung nöthig ist, ist eine Kraft, vermöge der alle Körper von der Erde würden weggeschleudert werden, wenn nicht die in ihrer Wirkung ungleich stärkere Schwere dies verhinderte. Unter den Polen haben die Körper ihre vollste Schwere, weil dort die Schwungkraft gerade am schwächsten ist. Am stärksten ist sie dagegen unter dem Äquator, und daher wird denn dort auch der Unterschied der Schwere am merklichsten. Wollten wir annehmen, die Erde sei eine wirkliche Kugel, kein Sphäroid, und es befände sich nirgend Wasser auf ihrer Oberfläche, aber irgendwo ein Berg: so müßte dieser, er sei an welchem Orte er wolle, allmählig dem Äquator näher rücken, bis er sich endlich gänzlich unter ihm befände. Oder gäbe es unter denselben Umständen zwei solcher Berge auf der Erde, so würden beide sich äquilibriren. Die Schwungkraft ist demnach vermögend, die Materie dem Äquator immer näher zu bringen. Obgleich die Bewegung sehr geringe ist, so ist sie dennoch, da sie unaufhörlich stattfindet, keineswegs ohne alle Wirkung. Wie wir denn überhaupt auch nicht die kleinste Kraft je als völlig nichtsbedeutend betrachten dürfen, denn, wäre sie auch noch so geringe, so muß sie doch durch ihre wiederholte und vielfältige Äußerung endlich eine gewisse Größe erreichen und hervorbringen. Das kleinste Insect stößt bei seinem Sprunge die Erde zurück; allein, wie sich die Masse des Insectes zu der Masse der ganzen Erde verhält: so verhält sich auch der Stoß des Insectes zu der Bewegung der Erde, die durch diesen Stoß entsteht. Man darf sich also gar nicht daran stoßen, daß man glaubte, die Pole der Erde dürften verrückt werden, indem etwa der Materie mehr von einer Seite der Erde auf die andere übergehe. So dürfen denn nun auch die Länder der Erde auf beiden Hemisphären nicht in Ansehung des Gleichgewichtes in gegenseitiger Proportion stehen. Die Ursache ist diese: die Erde ist keine völlige Kugel, sondern abgeplattet oder ein Sphäroid, welches ein jeder flüssiger Körper wird, sobald er sich regelmäßig bewegt.

Die Erde ist demnach unter dem Äquator erhaben oder um vier und eine halbe bis sechs deutsche Meilen höher als unter den Polen. Wir haben also unter dem Äquator einen Berg von gegen sechs Meilen Höhe. Im Verhältnisse zu diesem Berge machen alle übrigen Berge und Länder nicht den eintausendsten Theil aus, indem der Fuß der ansehnlichsten Berge nur eine halbe Meile beträgt, dahingegen jener sich um den ganzen Äquator ausdehnt. Vermag also das gesammte feste Land der Erde es nicht, jenen Berg aus seiner Stelle zu rücken, so kann sich auch die Axe der Erde nicht verschieben, sondern sie bleibt beständig dieselbe. Diese Gestalt und Abplattung der Erde nun ist dem allen zufolge eine ganz natürliche Wirkung der gegenseitig wirkenden Schwungkraft und Anziehung.

§. 8.

Die Größe der Erde beträgt dem Umfange nach 5400 Meilen, deren also 1720 auf den Durchmesser derselben zu zählen sind. Weil aber eine Meile für den fünfzehnten Theil des Grades angenommen ist, jeder Cirkel aber, er sei groß oder klein, 360 Grade hält, deren jeder in 15 Theile kann getheilt werden: so werde ich im Stande sein, jeder, auch der kleinsten Kugel, schlechthin ein Maß von 5400 Meilen beizulegen, denn wenn ich die 360 Grade des kleinsten Cirkels durch den fünfzehnten Theil eines Grades, also mit 15 multiplicire: so bekomme ich die Summe von 5400. Demnach weiß ich also so gut wie gar nichts, wenn ich bloß weiß, daß die Erde 5400 Meilen im Umfange habe, deren jede der fünfzehnte Theil eines Grades ist. Es muß daher das hier gemeinte Meilenma genauer bestimmt werden.

In Sachsen giebt es eine zwiefache Meile, nämlich eine Polizeimeile, die 30000 Werkschuhe hält, und eine geographische Meile von 2000 rheinländischen Ruthen oder 24000 Werkschuhen. Ein geometrischer Schritt, oder der eintausendste Theil einer deutschen Viertelmeile, macht 5 Fu oder nach der neuesten Ausrechnung 6 rheinländische Fuß aus. Mit andern Worten: der sechuigste Theil eines Grades der Erde ist eine Minute der Erde. Der eintausendste Theil einer solchen Minute aber ist ein geometrischer Schritt. Wenn nun eine geographische Meile 24000 Werkschuhe beträgt, solcher Meilen aber 15 auf einen Grad gehen: so beläuft sich die Größe einer Minute der Erde auf eine Viertelmeile und hat 6000 Werkschuhe Länge. Folglich hat der eintausendste Theil dieser Minute 6 Fuß, und das ist der geometrische Schritt. Nach älteren Messungen hatte eine geographische Meile nur 20000 Schuhe, folglich die Viertelmeile oder Minute der Erde auch nur 5000 und der geometrische Schritt nur 5 Fuß.

Eine Klafter oder eine Toise ist dasselbe, was bei den Schiffern ein Faden und in der Sprache der Bergleute ein Lachter heißt. Er beträgt 6 Fuß oder 5 Dresdner Ellen.

Anmerkung. In Rücksicht auf das neue französische Maß ist zu bemerken, daß jeder Viertelkreis in 100 Grade getheilt wird. Jeder Grad hält 100 Minuten, jede Minute 100 Secunden. Der gewöhnliche Grad verhält sich zu dem...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Biologie und Genetik - Lehre und Forschung

Weitere Zeitschriften

Atalanta

Atalanta

Atalanta ist die Zeitschrift der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderung. Im Atalanta-Magazin werden Themen behandelt wie Wanderfalterforschung, Systematik, Taxonomie und Ökologie. ...

Augenblick mal

Augenblick mal

Die Zeitschrift mit den guten Nachrichten "Augenblick mal" ist eine Zeitschrift, die in aktuellen Berichten, Interviews und Reportagen die biblische Botschaft und den christlichen Glauben ...

FREIE WERKSTATT

FREIE WERKSTATT

Die Fachzeitschrift FREIE WERKSTATT berichtet seit der ersten Ausgaben 1994 über die Entwicklungen des Independent Aftermarkets (IAM). Hauptzielgruppe sind Inhaberinnen und Inhaber, Kfz-Meisterinnen ...

crescendo

crescendo

Die Zeitschrift für Blas- und Spielleutemusik in NRW - Informationen aus dem Volksmusikerbund NRW - Berichte aus 23 Kreisverbänden mit über 1000 Blasorchestern, Spielmanns- und Fanfarenzügen - ...

DGIP-intern

DGIP-intern

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Individualpsychologie e.V. (DGIP) für ihre Mitglieder Die Mitglieder der DGIP erhalten viermal jährlich das Mitteilungsblatt „DGIP-intern“ ...

dima

dima

Bau und Einsatz von Werkzeugmaschinen für spangebende und spanlose sowie abtragende und umformende Fertigungsverfahren. dima - die maschine - bietet als Fachzeitschrift die Kommunikationsplattform ...

DULV info

DULV info

UL-Technik, UL-Flugbetrieb, Luftrecht, Reiseberichte, Verbandsinte. Der Deutsche Ultraleichtflugverband e. V. - oder kurz DULV - wurde 1982 von ein paar Enthusiasten gegründet. Wegen der hohen ...

filmdienst#de

filmdienst#de

filmdienst.de führt die Tradition der 1947 gegründeten Zeitschrift FILMDIENST im digitalen Zeitalter fort. Wir begleiten seit 1947 Filme in allen ihren Ausprägungen und Erscheinungsformen.  ...