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E-Book

Kleine Geschichte Frankens

AutorAnna Schiener
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl200 Seiten
ISBN9783791760988
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Franke sein, das schließt neben allen mögllichen erblichen Vorzügen und Fehlern vor allem eine Eigenschaft ein, die prägnanter als jeder Wappenspruch im Namen der Franken selbst steht und sich maßgeschneidert und hauteng um ihn spant wie der Handschuh um eine Hand. Das ist das Wort 'frank', das in 'frank und frei' mit Nachdruck in seiner Bedeutung bekräftig wird. Franke sein heißt also seit uralten Zeiten, mit einem Schuss Hochmut darin, keinem unterworfen zu sein und von freier Abkunft abzustammen

Anna Schiener, Dr. Phil (1955-2014), studierte Geschichte, Alte Sprachen und Archäologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Sie war freiberufliche Autorin und Historikerin.

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Leseprobe

Als Franken noch nicht fränkisch war


Ur- und Frühgeschichte zwischen Main und Donau


Franken waren die ersten Menschen nicht, die sich im Gebiet um den Main und seine Nebenflüsse aufhielten. Es waren Frühmenschen, denen die Wissenschaft den Namen „homo erectus heidelbergensis“ gab. Ihren Spuren zu folgen ist nicht leicht, denn sie haben kaum solche hinterlassen. Hätten Archäologen nicht in der Nähe von Kronach (Oberfranken) und am Schalksberg in Würzburg Artefakte zutage gebracht, die den Heidelberger Frühmenschen zugerechnet werden, wüssten wir nicht, dass sie vor 600 000 Jahren fränkische Landschaften durchwanderten.

Dies war möglich, da das Gebiet während der Eiszeit in einer eisfreien Zone zwischen dem nordeuropäischen und dem alpinen Vereisungsgebiet lag. Trotz des günstigeren Klimas werden sich die Menschen hier eher selten aufgehalten haben, obwohl die Landschaft durch ihren Fisch- und Wildreichtum eine ausreichende Nahrungsgrundlage bot. Versumpfte Auenwälder, gespeist von immer wiederkehrenden Überschwemmungen, Moorbildungen, öde Dünenzüge, trockene Kiefernwaldungen und dichte Urwälder erschwerten den Jägern und Sammlern das Leben.

Mit dem Beginn der letzten, der Würmeiszeit nehmen die Siedlungsspuren zu. Ausgrabungen um Lichtenfels und Coburg, am Schwanberg in Unterfranken und in der Höhlenruine von Hunas (Gemeinde Pommelsbrunn, Lkr. Nürnberger Land) – hier fand man den ältesten menschlichen Überrest in Bayern, den Backenzahn eines Neandertalers – zeugen von der häufigeren Anwesenheit vorgeschichtlicher Menschen.

Die Fränkische Schweiz scheint zunächst als Siedlungsgebiet gemieden worden zu sein. Erst als der moderne Mensch („homo sapiens“) um 35 000 v. Chr. den Neandertaler verdrängte, wurden die zahlreichen Höhlen und Felsüberhänge als Wohn- und Jagdrastplätze genutzt.

Mit dem Ende der Eiszeit (etwa 10 000 v. Chr.) veränderten sich die Siedlungsgewohnheiten der Menschen: Hatten sie bisher Höhlen favorisiert, suchten sie nun im feuchten Nacheiszeitklima bevorzugt sandige Untergründe auf, wie sie in Mittelfranken anzutreffen sind. Sie lebten in zelt- oder hüttenartigen Bauten, die meist nur für kurze Belegungen errichtet wurden. Das generelle Lebensbild dieser mittelsteinzeitlichen Menschen wandelte sich im Vergleich zur Altsteinzeit kaum, bis etwa vor 7000 Jahren eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste Umgestaltung in der Entwicklung der vorgeschichtlichen Kulturen eingeleitet wurde.

Zuwanderer aus der Pannonischen Tiefebene brachten als Erste bäuerliches Gedankengut, das seine Wurzeln in den frühen Hochkulturen Vorderasiens hat, nach Franken. Nicht mehr umherziehendes Jagen und Sammeln bestimmte den Lebensrhythmus der Menschen in der Jungsteinzeit, sondern Ackerbau und Viehzucht. Sesshaft geworden, widmeten sie sich dem Hausbau und betrieben Vorratswirtschaft. Und sie schufen sich Gefäße aus gebranntem Ton, die mit bandschlingenartigen Mustern versehen wurden. Nach diesen Verzierungen nannte man sie Bandkeramiker. Sie siedelten auf den fruchtbareren Böden Mittelfrankens, aber auch am Main und auf den weniger günstigen Böden der Albhochflächen.

Mit der Glockenbecherkultur ging die Jungsteinzeit um 1800 v. Chr. zu Ende. Sie erhielt ihren Namen nach den reich verzierten Bechern, deren Umrisse an eine Glocke erinnern. Etwa 200 Jahre lang prägte sie West- und Mitteleuropa. Funde dieser Kultur sind in Franken nicht häufig. Dies mag damit zusammenhängen, dass die Glockenbecherleute hier vergeblich nach dem suchten, was sie veranlasst hatte, weit in Europa auszuschwärmen: Als Vorboten der kommenden Bronzezeit waren sie auf der Suche nach Metallen.

Kupfer, Zinn und Goldobjekte


In der Bronzezeit, die in Franken wohl erst um 1700 v. Chr. einsetzte, fand nach der Sesshaftwerdung des Menschen der nächste kulturhistorisch einschneidende Wandel statt: Werkzeuge, Waffen und Schmuck wurden nun aus einer Legierung von Kupfer und Zinn hergestellt. Die verzögerte Adaption des neuen Werkstoffs in fränkischen Gebieten erklärt sich aus dem Fehlen von Bodenschätzen. Und die meist nicht allzu ertragreichen Böden eröffneten kaum Möglichkeiten, Handelsgüter zu produzieren, die gegen kostbare Bronzegegenstände getauscht werden konnten. Die Erzvorkommen des Fichtelgebirges, die als willkommene Tauschbasis hätten dienen können, waren in der Bronzezeit noch unbekannt. So sind frühbronzezeitliche Funde in Franken eher selten.

Die Metalle Kupfer und Zinn oder die bereits fertige Legierung mussten von weither transportiert werden. Kupfer kam aus dem Alpenraum, aus dem Salzburger Land und aus Tirol, Zinn fand man in der Bretagne und auf den britischen Inseln. Die Folge war ein ausgedehnter Handel über große Teile Mittel- und Westeuropas. Nicht ohne Grund lebten die Menschen bevorzugt an verkehrsgünstigen Wasserläufen, die die Hauptlast des Warenverkehrs zu tragen hatten. Der Main spielte hier eine wichtige Rolle, kam doch ein Teil der Rohstoffe aus dem Westen, und viele fertige Bronzegegenstände wurden aus den Kulturzentren in Hessen und vom Mittelrhein importiert.

Zwar blieben auch in der Bronzezeit die wirtschaftliche Grundlage der Menschen Ackerbau und Viehzucht, doch das Ausbeuten von Rohstoffen und der Handel mit ihnen nahmen eine immer stärker werdende Position ein. So konnten innerhalb des sozialen Gefüges Gruppen entstehen, die sich als „reiche“ Oberschicht von den übrigen Mitgliedern ihrer Sippe absetzten. Die Notwendigkeit, die Quelle ihres Wohlstandes – nämlich die Kontrolle über die Kupfer- und Zinnhandelswege – zu hüten, und die Möglichkeit, wegen dieses Wohlstandes weniger begüterte Menschen in Abhängigkeit zu bringen, bildeten die Grundlage für eine völlig neue politische Entwicklung, in deren Verlauf sich eine Art Häuptlingstum oder Adel ausbilden konnte.

Die letzte bronzeführende Kultur, die sogenannte Urnenfelderkultur (1200 bis 800 v. Chr.) – benannt nach ihrer Sitte, die Toten zu verbrennen und in Urnen zu bestatten –, stellte mit ihrem ausgeprägten Kriegeradel bereits einen Höhepunkt dieser Entwicklung dar. Angehörige der Kriegeraristokratie begannen, sich auf verteidigungsgünstigen Bergkuppen niederzulassen und dort vorerst noch mit Holz befestigte Burgen, später auch größere Siedlungen anzulegen, die als wirtschaftliche und politische Mittelpunkte die Umgegend dominierten. Solche Siedlungen existierten auf der Ehrenbürg bei Forchheim, dem Hesselberg in Mittelfranken oder dem Marienberg über Würzburg.

Eine besondere Form der bewehrten Höhenburg stellte die Heunischenburg bei Kronach (Oberfranken) dar. Ausgrabungen brachten auffallend viele Waffenfunde und eine ungewöhnlich starke Befestigung zutage. Die Heunischenburg war als Wehranlage und militärischer Brückenkopf angelegt worden. Sie diente dem Schutz einer Fernhandelsstraße oder/und als Grenzgarnison eines urnenfelderzeitlichen Stammesterritoriums. Die Burganlage gehörte als vorgeschobener Militärposten wahrscheinlich zu der etwa 70 km entfernten Siedlung auf dem Großen Gleichberg in Thüringen. Von hier aus wurden die Bewohner der Burg versorgt, bis sie nach zwei kriegerischen Auseinandersetzungen zu Beginn des 8. Jahrhunderts v. Chr. vertrieben wurden.

Über den Kult der bronzezeitlichen Menschen war zunächst wenig bekannt. Licht ins vorgeschichtliche Dunkel brachten die Funde ungewöhnlicher Goldobjekte, deren Bedeutung vor Kurzem entschlüsselt werden konnte.

Der Goldkegel von Ezelsdorf-Buch

 

Im Frühjahr 1953 stieß ein Arbeiter beim Baumstumpfroden am Südhang des Brentenberges bei Ezelsdorf (Lkr. Nürnberger Land) in einem halben Meter Tiefe auf einen goldglänzenden zuckerhutförmigen Metallkörper. Da er ihn behinderte, zerhackte der Mann den Gegenstand und warf die Bruchstücke in der Annahme, er habe nur Konservenblech vor sich, achtlos zur Seite. Stutzig wurde erst die Ehefrau des Finders. Sie legte ein kleines Stück einem Zahnarzt zur Bestimmung vor, der es als gediegenes Gold identifizierte. Glücklichen Umständen ist es zu verdanken, dass der Fund nicht zu Zahngold verarbeitet wurde, sondern auf Umwegen ins Germanische Nationalmuseum nach Nürnberg gelangte, wo die Reste zusammengesetzt sofort als Gegenstück des berühmten „Goldenen Hutes von Schifferstadt“ erkannt wurden. Der fast 90 cm lange und nur 310 g schwere Hohlkörper von Ezelsdorf wurde in einem Stück aus Gold getrieben und mit einer Vielzahl von Motiven versehen, deren Qualität ihn deutlich vom Schifferstädter Kegel abhebt. Material, Form und Verzierung weisen eindeutig auf eine sakrale Verwendung hin.

Bis vor einigen Jahren ging man davon aus, dass die Goldkegel bei rituellen Feiern über Kultpfähle gestülpt wurden. Inzwischen steht unzweifelhaft fest, dass es sich um Hüte handelt, die von bronzezeitlichen Priesterkönigen eines Sonnenkultes getragen wurden. Die Ornamente sind nicht Schmuck oder Verzierung, sie geben die Sonnenreise wieder. Die Goldhüte hatten kalendarisch-astronomische Bedeutung, denn sie erlaubten eine präzise Darstellung der Sonnen- und Mondzyklen und dienten der Berechnung beweglicher und unbeweglicher Feste.

Abb. 1: Der Goldkegel von Ezelsdorf-Buch wurde von bronzezeitlichen Priesterkönigen als zeremonielle Kopfbedeckung getragen. – Artefakt aus Goldblech, 10.–8. Jahrhundert v. Chr.

Eisen bringt Wohlstand


Im 8. Jahrhundert ging die Urnenfelderkultur und damit die über 1000-jährige Bronzezeit zu Ende. Sie...

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