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Herzzerrissen

Was das stirbt, das sterbe (Sacharja 11,9)

AutorWolfgan Gerhold
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783744876711
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Der Autor Wolfgang Gerhold lässt uns in dieser Autobiografie, die als Fortsetzung seiner Werke "Schweißgebadet" und "Gottgesegnet" zu verstehen ist, weiter an seinem Leben teilhaben: Arbeitsumfeld, gesellschaftliche Stellung, politische Position, sportliche Aktivitäten und Ziele, Ehe und Familie, Staat und Land, Veränderungen allenthalben und dann kommt auch noch die Dimension des Himmels dazu. Wer soll all dies für sich selbst so gestalten, dass eine Erfüllung, ja eine persönliche Genugtuung erreicht wird und ohne dabei selbst Schaden zu nehmen? Wer kann die Niederschläge, die Verwerfungen, ja die Lebenserosionen und den damit verbundenen Schmerz für sich so kanalisieren und verarbeiten, dass die Gesundheit als das höchste Gut doch noch erhalten bleibt? Das Herz ist zerrissen - Herzzerrissen. Der Autor lässt uns teilhaben an all diesen Lebensinhalten und zeigt in spannend formulierter Erzählweise auf, was ihn bewegt, was ihn aufregt, was ihn erfüllt und was ihn in die Depression trieb. Nicht sorgen wollte er sich, denn Sorge verlängert das Leben nicht auch nur um einen Tag, aber teilnahmslos nur zuzusehen ging auch nicht, bei all den so gravierenden Geschehnissen, die die Balance der einzelnen Lebensbereiche in bedrohlichem Ausmaß durcheinanderzuwirbeln drohte. Wenn seine Erfahrungen mit den ihn jetzt umgebenden Umständen kollidieren. Wenn die Ansprüche an Menschen zu hoch sind, dann gibt es nur noch die, wenn auch imaginäre, so doch schützende Hand Gottes, in die zu fallen man Gewissheit hat und diese wunderbare Gewissheit, die einen das alles ertragen lässt. Wenn die Mundwinkel herabhängen und die gelebte Lebensfreude das natürliche Lächeln nicht mehr zaubern kann. Dann ist es entweder Zeit, Abschied zu nehmen oder von Neuem zu beginnen. Die Lebensgeschichten, die vom Autor in gleichsam nachzuempfindender, oft lustiger, meist aber ernster, immer aber inhaltsvoller und wahrheitsgetreuer Weise erzählt werden, halten den Spannungsbogen des Lesers hoch und lassen die nächsten Seiten schon in großer Erwartung vor dessen geistigem Auge erscheinen.

Wolfgang Gerhold stammt aus der Gemeinde Schwenda, einem kleinen Dorf am südlichen Rand des Harzes, einer idyllischen Gegend. Nach Schule, Ausbildung und Studium erreicht er ein für ihn selbst nie zu erwartendes Ziel - er wird Auslandskader der DDR. Ein unglaubliches Privileg, einen Reisepass zu besitzen. Mehrere Jahre arbeitet er als Montageleiter in der Syrischen Arabischen Republik, um dort eines der größten Zementwerke des Nahen Ostens aufzubauen, später im Irak, um am Be- und Entwässerungsprogramm des Tigris-Unterlaufes mitzuwirken. Er lernt Länder und Leute kennen und kann diese Kenntnisse und Erfahrungen für die Schilderungen der Geschichten in seinen Büchern authentisch nutzen. Nach der legalen Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland 1988, kommt der erfahrene Ingenieur mit den neuen und ihn nun umgebenden Umständen einer Rechtsordnung Demokratie nicht immer klar. Zu deutlich stehen seine Erfahrungen und Werte im Konflikt mit der hier geltenden Ordnung, wo der Fatal-Kapitalismus alle seine Werte einer sozialen, auf das Wohl der Menschen gerichteten Gesellschaftsordnung zerstört. Der Kauf und Verkauf von Menschen, welches er niemals für möglich gehalten hätte, ist hier Gang und Gäbe, wie auch das Prinzip: hire and fire, welches wohl aus den USA stammt, von dort, wo, wie die meisten Leute sagen, nur Müll und Dreck herkommt. Als im Herbst 2015 die Grenzen des Heimatlandes von unkultivierten muslimischen Dschihadisten geflutet werden, erfüllt sich die tragische Voraussage, die er schon Anfang der 1980er Jahre in diesen Ländern wahrzunehmen gezwungen war: Europa wird durch Unterwanderung, durch Infiltration, nicht mehr durch Sturmangriff islamisiert. Niemals konnte er sich vorstellen, dass sein deutsches Heimatland diesen Ereignissen durch Handlungsnotstand der Bundesregierung geopfert würde. Die aus seiner Sicht daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen waren es ihm wert, hier aufgeschrieben zu werden, aber auch andere lustige und ernste Geschichten.

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Leseprobe

September 1980: Meine allererste Auslandsreise (Rückblende):


Ich kann mich an den Tag meiner Bestätigung als Auslandskader deshalb so gut erinnern, weil es genau einen Tag vor dem „Tag der Republik“, am 07.10.1979 geschah, also am 06.10.1979.

An einem Freitag, dem 07.10.1949 wurde nach dem so verheerenden 2. Weltkrieg und nach dem vergeblichen Bemühen der Politiker, einen gemeinsamen deutschen Staat zu gründen, die DDR gegründet; es konstituierte sich an diesem Tag auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone die Deutsche Demokratische Republik.

Mein Abteilungsleiter kam am 06.10.1979 zu mir ins Büro, holte sich einen bereitstehenden Stuhl vom Nachbarschreibtisch und setzte sich, indem er sich nicht wie üblich, sondern verkehrt herum auf der Sitzfläche platzierte, wie ein guter Freund und Kollege zu mir an meinen kleinen Schreibtisch. Die Arme legte er auf die sich nun vor ihm befindliche Lehne und schaute mich voller strahlender Augen an.

Er mochte mich, wie ich ihn, denn er ging von Anfang an sehr freundschaftlich mit mir um. Im Allgemeinen ist es kein gutes Zeichen, wenn der Abteilungsleiter so nah an einen heranrückt, denn im selben Moment, in dem diese Absicht erkennbar wird, rattert im Kopf ein automatisches Prüfprogramm, was denn vorgefallen sein könnte, dass es jetzt zu dieser demonstrativen Annäherung kommt. Man prüft nochmal alle möglichen Vorfälle der letzten Zeit, sowohl im Bereich der Arbeit, aber auch im privaten, sportlichen oder dem gesellschaftlichen und politischen Bereich, ob da irgend etwas sein könnte, was Ungemach oder gar Ärgeres erahnen lässt. Ich stand ja als Ansuchender für eine Reisekaderschaft unter ständiger Beobachtung der STASI.

Nein, da war nichts und so konnte ich der anstehenden Aussprache gelassen entgegensehen. Wir waren es gewöhnt, dass sich ein Gruppenleiter oder der Abteilungsleiter, ja sogar unser Direktor mal neben einen setzte, um im direkt geführten Dialog ein Problem zu besprechen. Entsprechend der geltenden Hierarchie war der Respekt der Vorgesetzten zu den Mitarbeitern wie auch umgekehrt immer gegeben, aber wir waren uns auch alle kollegial verbunden. Die Form der Konversation war immer freundschaftlich, schon dadurch bedingt, dass wir uns alle duzten. Nur Freunde duzen sich.

Wir waren eben nicht nur neutrale oder gar sterile Kollegen, wie ich sie später im Westen erleben musste, sondern eher wie Freunde und gingen ebenso freundschaftlich, ja teilweise warmherzig miteinander um. Das erleichterte unsere Zusammenarbeit ungemein, denn der Umgang zwischen Kollegen ist das A und O und nur wenn diese Zusammenarbeit funktioniert, kann das Kollegenteam unter der Leitung strenger, aber auch weiser Vorgesetzter erfolgreich sein.

Sehr viele Vorgesetzte sind nicht gerade weise.

Das „Kollegenzicken“ habe ich erst im Westen erfahren und erleben müssen.

Ich mochte meinen Chef auch schon deshalb, weil er sich vom Anlagenmonteur zum Abteilungsleiter emporgearbeitet hatte.

Hier kam ihm sicher die Mitgliedschaft in der SED, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands zu Gute, denn ein Aufstieg in diese Position war nur unter eben dieser Mitgliedschaft möglich. Wer das „Bonbon“ trug, so wurde die kleine ovale Anstecknadel der SED mit den symbolisch ineinandergreifenden Händen genannt, hatte gute Chancen, eine höhere Position als etwa die eines Gruppenleiters zu erreichen.

Manche trugen die Nadel nicht, denn anders als in der Sowjetunion, wo das Tragen des Abzeichens der KPdSU (KΠCC) zwingend vorgeschrieben war, gab es für SED Mitglieder offensichtlich keinen Tragezwang.

Vielleicht schämten sich manche der Mitgliedschaft und konnten den Schritt des Parteiaustritts doch nicht gehen. Parteiaustritt war tödlich. Andere trugen diese kleine Anstecknadel, die ja in ähnlicher Art viele Vorfahren und Nachkommen hat, mit großem Stolz und glaubten doch tatsächlich, die besseren Menschen zu sein. Waren sie aber nicht, waren nicht die Vorgänger und sind nicht die Nachfolger. Dazu heißt es im Internet:

„Das Parteisymbol mit den zwei (abfällig als „abgehackt“ bezeichneten) Händen sollte den Händedruck von Wilhelm Pieck (KPD) und Otto Grotewohl (SPD) auf dem Vereinigungsparteitag 1946 symbolisieren, mit denen die Vereinigung von KPD und SPD in der SBZ (sowjetisch besetzte Zone) zur SED vollzogen wurde“. Gruppenleiter war ich ja selbst schon, aber dann war ohne Parteizugehörigkeit auch schon Schluss mit der weiteren Karriereleiter.

Er aber hatte die sicher nicht leicht zu erklimmende Aufstiegsleiter des „Empordienens“ genommen und ich zollte dieser Aufstiegsleistung allerhöchsten Respekt. Ohne vorbildliche Arbeitsleistungen hatte auch in der DDR kein Einziger eine Chance, in eine hohe oder gar höchste Managerebene aufzusteigen.

Parteiabzeichen zum Vergleich und ohne jegliche politische Wertung:

Sozialistische
Einheitspartei
Deutschlands
SED
DDR

Kommunistische
Partei der
UdSSR
KPSS
Sowjetunion

Liberal-Demokratische
Partei
Deutschlands
LDPD
DDR

National-Demokratische
Partei
Deutschlands
NDPD
DDR

Demokratische
Bauernpartei
Deutschlands
DBD
DDR

National-Sozialistische
Deutsche
Arbeiter-Partei
NSDAP
Deutsches Reich

Christlich
Demokratische
Union
CDU
DDR

Christlich-Demokratische
Union
CDU
Deutschland

Sozialdemokratische Partei
Deutschlands
SPD
Deutschland

Da ging es, anders als heute, nur um die gezeigten Arbeitsleistungen, da halfen nicht Name, Herkunft, Beziehungen, Geld oder die noch so existierenden Dinge, die einen Aufstieg oder gar eine Berufung erst möglich machten oder beschleunigen konnten, außer der Parteimitgliedschaft. Natürlich ist es gut, wenn jemand mit Karriereambitionen einen Fürsprecher hat oder eine, die eigene Karriere an einem bestimmten Punkt positiv beeinflussende Person im Rücken weiß.

Eine Person, die vielleicht mit einer positiven Lautäußerung (Leumund) oder einem positiven Arbeitszeugnis den notwendigen Schub nach oben leisten konnte.

Aufstieg kostet viel eigenen Schweiß, eine gehörige Portion Protegé und das richtige Parteiabzeichen. Wird jemand vom beurteilenden Vorgesetzten nicht gemocht, kann er schuften und rackern, kann das größte Exemplar des richtigen Parteiabzeichens tragen und einen Reisepass besitzen, er gehört der Katz und das in jedem existierenden Wirtschafts-und Gesellschaftssystem.

Ich selbst habe niemals mit einer Parteimitgliedschaft geliebäugelt. Weder einer Mitgliedschaft in einer der 5 Blockparteien, geschweige der in der SED, obwohl ich mehrfach von angesetzten Genossen beworben, ja bedrängt wurde.

Um nichts in der Welt hätte ich mich von den Rattenfängern umgarnen lassen, denn ich hatte schon damals ein ausgesprochen gut ausgeprägtes Freiheitsverständnis. Darüberhinaus verfügte ich über Augen im Kopf und Ohren an diesem.

Trabant 601

Wartburg 311

Skoda Octavia

Wartburg 353

Saporoshez 965 – „Buckelschwein“

Saporoshez 968 A

Motor Saporoshez 965

Motor Saporoshez 968 A

Typische PKW auf den Straßen der ehemaligen DDR. Wer solche „Aggregate“ (die zwei unteren Fotos) unter der Motorhaube hatte, brauchte sich über Verspätungen und andere unliebsame Überraschungen nicht zu wundern. „Russisch Roulette“ sage ich nur.

Moskwitsch 408

Nur der Karriere wegen wollte ich Schuld nicht auf mich laden. Das war mir schon als Student völlig klar. Später, wenn sich der politische Blick für die allgemeinen Umstände in einem Land schärft, wenn der ewig währende Mangel an fast allen Lebensgrundlagen, geschweige der schönen Dinge, die von den Bonzen „Luxusgüter“ genannt wurden, erkannt wird, dann spätestens nimmt man Abstand von den dieses Dilemma zu verantwortenden Personen und Institutionen, aber dann ist es zu spät. Die Reue einer Parteizugehörigkeit konnte fatale Folgen im Leben des Reuenden haben und das wollte ich mir in weiser Voraussicht nicht antun.

Die meisten meiner Kollegen fuhren schon ihr eigenes Auto, während ich täglich mit der Straßenbahn zur Arbeit fuhr. Einige kamen mit dem „Trabbi“, andere mit einem „Wartburg“ und wieder andere mit einem „Skoda“ oder mit einem „Lada“, der gerade aus der Sowjetunion eingeführt worden war.

Zwei kamen sogar mit einem Saporoshez, der in der DDR „Chruschtschows letzte Rache“ genannt wurde, wobei der kleinere der beiden auch...

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