Allgemeine Tipps für Ihre Yogapraxis
Wenn Sie die folgenden Hinweise beherzigen, verhelfen Sie sich selbst zu einer Yogapraxis, die Ihnen guttut und deswegen Spaß macht. Das ist die beste Grundlage für lebenslanges Yoga.
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Schaffen Sie sich eine Yogaecke, wo Sie niemand stört.
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Sorgen Sie für Ruhe: Informieren Sie Ihre Lebensgemeinschaft darüber, dass Sie diese halbe Stunde für sich haben möchten, damit Sie danach wieder voller Kraft und Energie für sie da sind.
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Besorgen Sie sich Hilfsmittel wie eine Unterlage – eine rutschfeste Yogamatte ist nützlich –, eine warme Decke, die Sie in den Entspannungsphasen zum Zudecken oder während der Übungen gerollt als Sitz- oder Stützkissen verwenden können. Manchmal ist es auch hilfreich, wenn Sie einen Stuhl, Yogablock oder Gurt in der Nähe haben, und häufig reicht auch eine freie Wand als Stütze. Bewahren Sie die Yogamatte sichtbar auf – sie kann Sie daran erinnern, Ihre Praxis nicht zu »vergessen«.
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Finden Sie eine kleine Figur oder ein besonders schönes Naturbild, das Sie in Ihrer Yogaecke platzieren. Es erinnert Sie daran, dass Sie sich regelmäßig Zeit für sich selber nehmen wollen.
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Ihr Yogatermin: Vereinbaren Sie mit sich einen festen Zeitpunkt, den Sie für Ihr Yoga reservieren, und versprechen Sie sich, dass Sie drei Monate dabei bleiben. Erneuern Sie Ihr Versprechen täglich.
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Nicht mit vollem Bauch: Versuchen Sie, möglichst nicht mit vollem Magen zu üben, und lassen Sie nach einer leichten Mahlzeit etwa 90 Minuten verstreichen. Wenn Ihnen das nicht möglich ist, essen Sie eher wenig und üben Sie lieber mit halb vollem Magen als überhaupt nicht. Lassen Sie in diesem Fall aktivierende Bauchmuskelübungen beiseite.
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Schreiben Sie doch einmal kurz auf, warum Sie mit Yoga begonnen haben oder damit beginnen möchten. Falls Sie schon länger üben: Was hat Ihnen Yoga gebracht, warum tut es Ihnen gut? Lesen Sie diese Notiz ab und zu durch und erneuern oder ergänzen Sie sie bei Bedarf. Dadurch stärken Sie Ihre innere Bereitschaft zu üben.
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Zittern: Es gibt Übungen, die anfangs (und manchmal auch später noch) unbequem sind. Oft beginnt dann der Körper zu zittern. Das ist ein positives Zeichen: Wir sind dabei, stärker und kräftiger zu werden, und unser Körper gewöhnt sich daran, eine größere Menge an Energie »durchzulassen«. Versuchen Sie, Ihre »mittlere Reizschwelle« zu finden – sich weder zu unter- noch zu überfordern.
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Bleiben Sie spielerisch! Kultivieren Sie eine Herangehensweise, die kindliche Neugier mit dem Geist eines forschenden Wissenschaftlers verbindet, der seine inneren Welten immer wieder aufs Neue entdeckt. Betrachten Sie Yoga weniger als ein »Rezept gegen,«, sondern mehr als ein Spiel, durch das Sie neue Facetten Ihres fühlenden Körperbewusstseins entdecken können.
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Dauer des Übens: Eigentlich gibt es keine echte Antwort auf die Frage: »Wie lange sollte ich in der Haltung bleiben?«. Lange genug auf jeden Fall, bis eine gesunde Veränderung geschehen kann. Nicht so lange, dass Ihr Körper ungesunde Anspannung verspürt oder sich verkrampft, weil er zu lange in einer statischen Position ausharrt. Vermeiden Sie eine zu mechanische Herangehensweise und mechanische Wiederholungen – bleiben Sie wach und beobachten Sie den Fluss Ihrer Atmung und die Antwort Ihres Körpers auf eine bestimmte Position oder Übungsfolge. Wenn der Atem unregelmäßig wird oder wenn ein ungesunder Schmerz auftaucht, verlassen Sie die Haltung oder wandeln Sie die angegebenen Vorschläge nach eigenem Gutdünken ab. Wenn Sie schläfrig werden, kann es jedoch eine gute Alternative sein, die Atemzüge zu zählen, das hilft der linken (logischen) Gehirnhälfte, aktiv zu werden.
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Respektieren Sie Schmerz. Bei bestimmten vorgegebenen Indikationen – etwa Arthritis oder Entzündungen – müssen wir lernen, zwischen gutem und schlechtem Schmerz zu unterscheiden. Ein gewisses Unbehagen ist normal, wenn steife Gelenke wieder zurückfinden in mehr Beweglichkeit, ebenso der »Wohlschmerz« in einer Dehnung, wenn wir zum Beispiel die rückwärtige Beinmuskulatur in die Länge ziehen. Plötzlicher stechender Schmerz kann jedoch ein Warnsignal dafür sein, dass wir einem Gelenk mit einer bestimmten Haltung oder Bewegung zu viel zumuten. Wandeln Sie in diesem Fall die Haltung ab oder setzen Sie Hilfsmittel ein. Bewegen Sie sich langsamer, damit Ihnen die Prozesse im Körper bewusster werden, und praktizieren Sie regelmäßiger. Bleiben Sie behutsam und gleichzeitig konsequent bei der Sache: Kultivieren Sie die liebende Fürsorge einer Mutter mit dem klaren und manchmal auch strengen Blick eines liebenden Vaters.
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Haben Sie keine Scheu vor Hilfsmitteln. Blättern Sie ins Kapitel »Hilfsmittel«, wenn das Thema für Sie bedeutsam ist. Erinnern Sie sich: Je mehr Probleme der Körper bereitet, umso nützlicher sind Hilfsmittel, denn sie ermöglichen es Ihnen, länger in der Haltung zu bleiben und die heilende Auswirkung auf den Körper zu erleben. In einigen Haltungen unterstützt der Einsatz von Hilfsmitteln den Blutkreislauf und die Atmung, sie erleichtern die Dehnung und die exakte Ausrichtung des Körpers.
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Atmen Sie richtig. Gehen Sie ins Kapitel über die Atmung. Wenn Sie nicht Ihre volle Lungenkapazität ausnutzen, werden die Muskeln, die Sie dehnen und kräftigen, nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Wenn Sie Ihren Atem anhalten, während Sie sich strecken und dehnen, vermindert oder verhindert das die Wirkung der Entspannung. Eine sanfte, rhythmische Nasenatmung reduziert Schmerz und Spannung und steigert das Wohlgefühl tiefer Entspannung am Ende einer Yogaeinheit.
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Manche Yogaübungen fallen schwer – anfangs und oft auch später noch. Manchmal brauchen wir ganz einfach Zeit, bis sich unser Körper an die Übungen gewöhnt hat. Durch längeres und regelmäßiges Üben verändern sich der Körper und oft auch der Blickwinkel auf die Dinge, die uns im Leben begegnen.
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Manchmal können Emotionen auftauchen – Ärger, Trauer oder Freude. Es wird nie etwas auftauchen, was wir nicht schon in uns haben. Indem wir weiterüben, können wir lernen, dass die Emotionen ein Teil von uns sind: Gäste, die wir gut und sanft behandeln dürfen und die wir auch verabschieden dürfen, wenn sie nicht mehr hilfreich sind.
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Die Anzahl der Atemzüge im Text ist eine Richtlinie, die sich in meiner Praxis bewährt hat, jedoch von Tag zu Tag anders ausfallen kann. Fühlen Sie sich also stets frei, die Dauer, die Sie in einer Haltung bleiben möchten, so zu wählen, dass Sie sich wohlfühlen. Achten Sie bei asymmetrischen Übungen darauf, dass Sie auf jeder Seite gleich lange bleiben.
ÄUSSERE HILFSMITTEL IM YOGA
Als ich vor über 30 Jahren mit Yoga begann, wurden von meinen damaligen Yogalehrern so gut wie keine Hilfsmittel im Unterricht verwendet und in manchen Yogatraditionen ist das bis heute so. Im Lauf der Jahre habe ich aber festgestellt, dass mir das eine oder andere Werkzeug wirklich gute Dienste erweisen kann. Dazu gehören eine Wand oder eine Tür in meiner Nähe, ein Fensterbrett, ein Baum, ein Stuhl oder ganz klassisch der Yogablock, ein paar gerollte Decken, ein langes Tuch oder ein Gurt, und natürlich die unvermeidliche Yogamatte. In diesem Kapitel werde ich auf den Gebrauch einiger dieser Hilfsmittel eingehen und später bei einigen Yogaabläufen und -positionen gezielt auf sie hinweisen.
Unter Hilfsmittel verstehe ich im Grunde alles, was dem Körper dabei hilft, sich zu dehnen, zu kräftigen oder zu entspannen oder in die richtige Ausrichtung zu finden. Als Werkzeuge, die durch Höhe, Gewicht oder auf andere Weise unterstützen, helfen sie uns dabei, dass wir uns über unsere gewohnten Bewegungsmuster und -einschränkungen hinaus öffnen und dehnen. So können sie uns lehren, dass wir weit mehr können, als wir denken! Ich möchte Ihnen in diesem Kapitel einige Beispiele für den kreativen Umgang mit Hilfsmitteln zeigen.
Wenn Sie in einer Vorbeuge die Hände zum Beispiel nicht auf den Boden bekommen, kann es helfen, sich an einem Tisch oder Stuhl festzuhalten, um den Rücken in die Länge zu ziehen. Wenn Sie flexibler werden, können Sie Ihre Hände auf zwei Yogablöcken oder einem gestapelten Deckenturm ablegen. Ihrer Fantasie sind (fast) keine Grenzen gesetzt!
Unterstützung durch eine Wand
Eines der besten Hilfsmittel ist die Wand. Dadurch haben Sie einen unsichtbaren Lehrer in Ihrer Nähe, der Ihre Haltung korrigiert. Stellen Sie sicher, dass Sie etwa einen Meter freie Wand zur Verfügung haben, wenn Sie Ihre Yogapraxis im eigenen Zuhause starten. Stellen Sie sich täglich für einige Minuten mit dem Rücken gegen die Wand, um Ihre aufrechte Haltung zu fühlen und/oder um sie zu verbessern. Das Schöne ist, dass Sie das ganz unbemerkt und nebenbei in Ihrem Alltag praktizieren können – etwa wenn Sie sich an einem Baum im Park anlehnen oder an einer Säule im U-Bahnhof, während Sie auf den Zug warten!
Probieren Sie den folgenden »Wandzyklus« aus:
ÖFFNUNG DER SCHULTERN
Stellen Sie sich mit dem Bauch ganz nah zur Wand und legen Sie den rechten Arm an die Wand. Drehen Sie dann den Körper nach links...