Der Weg zum Wohlfühlgewicht
Der Mensch hat einen erstaunlich anpassungsfähigen Organismus: Er kann mehrere Wochen ohne Essen auskommen und dann in kürzester Zeit große Mengen an Energie in den Fettdepots speichern.
Faszinierend, was wir uns so alles einverleiben können, sofern es nicht gerade giftig ist: Fleisch, Fisch, Beeren, Blätter, Pilze, Wurzeln… Magen und Darm holen sich daraus die lebenswichtigen Stoffe für die nötige Befeuerung des Körpers, und wenn etwas übrig bleibt, füllen sie die Energie- und Mineralstoffspeicher damit. Bei den meisten von uns bleibt jeden Tag etwas übrig – langsam, aber stetig steigt unser Körpergewicht.
Ernährungsforscher können präzise berechnen, wie viel Energie ein Mensch täglich benötigt. Das ist der so genannte Gesamtumsatz (GU), der aus zwei Komponenten besteht:
- ▶ Der Grundumsatz (GR) ist die Energiemenge, die der Körper pro Tag in Ruhe für alle lebenswichtigen Funktionen (Atmen, Stoffwechsel, Kreislauf, Körpertemperatur) verbraucht. Er richtet sich nach Geschlecht, Alter, Gewicht und Größe. Junge Männer mit Gardemaß eins neunzig und 90 Kilogramm auf der Waage haben natürlich einen größeren Energiebedarf als eine kleine, zarte Seniorin von 70 Jahren.
- ▶ Der Leistungsumsatz (LU) bezeichnet die Energiemenge, die man für besondere Aktivitäten, Arbeit, Freizeit, aber auch in der Schwangerschaft, beim Stillen oder im Krankheitsfall zusätzlich benötigt. Dieser Wert kann zwischen 350 kcal (45-Kilo-Frau, die sich wenig bewegt) und über 2000 kcal (100 Kilo schwerer Bauarbeiter) variieren.
INFO
Was der Körper verbrennt
Jeder Mensch verbrennt unterschiedlich große Mengen Energie – je nach Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht und Aktivitätsniveau. Wer nur wenige Kalorien verbraucht, muss die Ernährung darauf einstellen, sonst droht Übergewicht. Wenig Aktivität bedeutet sitzende Tätigkeit, etwa im Büro; mittlere Aktivität bedeutet abwechselnd sitzende, stehende und gehende Tätigkeiten, etwa als Kindergärtnerin.
Die folgenden Beispiele sind Schätzwerte, in der Praxis ist der Kalorienverbrauch eine sehr individuelle Größe:
Kalorienverbrauch nach Aktivitätsniveau
Lesebeispiel: Eine 40-jährige Frau mit 60 Kilo Gewicht hat einen Grundumsatz (GR) von etwa 1430 kcal. Wenn sie Beruf und Freizeit vorwiegend sitzend mit wenig Sport verbringt, beträgt ihr Leistungsumsatz (LU) etwa 420 kcal und ihr Gesamtumsatz (GU) damit 1850 kcal pro Tag.
In dieser Übersicht wird von einem mittleren Gewicht von 60 bis 70 Kilo bei Frauen und 70 bis 80 Kilo bei Männern ausgegangen. Bei höherem Gewicht, zum Beispiel am Anfang einer Diät, kann der Bedarf auch um einige hundert Kalorien höher sein: Ein 100-Kilo-Mann mit wenig Sport und Alltagsaktivität hat einen täglichen Kalorienbedarf von 2600, 2700 oder noch mehr Kilokalorien.
Immer älter, immer dicker!
Vielleicht haben Sie es schon bei sich bemerkt, als Sie das letzte Mal ein Fotoalbum durchblätterten: Vor zehn Jahren war ich noch nicht so rundlich im Gesicht, die Beine oder Arme schlanker, da hat das Hochzeitskleid noch gepasst!
Im Lauf der Jahre vergisst man meistens, wie schwer man mit 20 oder 30 Jahren war. Die meisten Menschen nehmen nach dem dreißigsten Lebensjahr immer mehr an Gewicht zu. Zu einem gewissen Grad liegt dies an den Essgewohnheiten in der Ehe, der zunehmenden Bequemlichkeit und nachlassenden sportlichen Aktivitäten. Der wichtigste Grund – den die meisten Menschen nicht in Betracht ziehen – ist aber das Altern an sich. Das Alter wirkt sich negativ auf den Kalorienverbrauch aus. Da sich die Muskelmasse ab dem dreißigsten Lebensjahr allmählich reduziert, nimmt auch deren Vermögen ab, Kalorien zu verbrennen. Wer also immer gleich viel isst und Bewegung hat, braucht sich nicht zu wundern, dass er über die Jahre trotzdem allmählich zunimmt: Der Körper kann einfach nicht mehr so viele Kalorien verbrennen wie früher, es bleibt ihm keine andere Wahl, als die überflüssige Energie in den Fettpölsterchen abzuspeichern.
So kommt es zu dem fatalen Phänomen, dass die meisten Menschen ab dem dreißigsten Lebensjahr jedes Jahr deutlich an Gewicht zulegen. Wie der Abspeck-Verein Weight Watchers ermittelte, sind es im Durchschnitt jedes Jahr 700 Gramm bei Frauen und 850 Gramm bei Männern – kein Wunder, dass sich viele Leute beim 30-Jahre-Abiturtreffen mit 15 oder 20 Kilo Übergewicht nicht wiedererkennen!
Um den Kalorienbedarf im fortgeschrittenen Alter besser abzuschätzen, sollte man ab dem sechzigsten Lebensjahr 150 kcal vom errechneten Grundumsatz (GR) abziehen – also einfach weniger Kalorien zuführen oder mehr Sport treiben!
Diese expliziten Kalorienangaben möchte ich aber nicht zu sehr strapazieren. Der renommierte Adipositas-Experte Alfred Wirth meint sogar, die Schwankungsbreite in der Kalorienverwertung sei »so riesig, dass man sich als Ernährungsmediziner stets den einzelnen Patienten ansehen und den Energiebedarf auch ganz individuell bestimmen muss. Es kommt immer auf den Muskel- und Fettanteil an, und auch die Gene spielen eine Rolle dabei, wie viel Energie in Ruhe verbrannt wird«. Als Orientierungspunkt sollte aber jeder seinen ungefähren Kalorienbedarf kennen.
Ein Stückchen Schokolade macht 10 Kilo Übergewicht
Eigentlich ist es doch nicht so schlimm, wenn man einmal 2560 kcal pro Tag anstatt der 2360 aus der Tabelle zu sich nimmt, könnte man nun meinen. Was macht schon ein Bierchen, ein Sahne-Dessert, ein Stück Schokolade extra oder ein zusätzliches Gläschen Wein?
Im Alltag sind es genau diese 100, 200 oder mitunter 500 kcal pro Tag, die sich auf der Hüfte, am Bauch oder an den Schenkeln als Fettpölsterchen absetzen. Schon 200 kcal mehr gegessen als verbrannt, haben dramatische Auswirkungen. Der Münchner Forscher Schusdziarra rechnet hoch: »Über den Zeitraum eines Jahres führt diese tägliche Energiedifferenz zum Anstieg des Körpergewichtes um bis zu zehn Kilo.«
Um abzuspecken, müssen Sie also am besten jeden Tag Kalorienschulden machen, damit das lästige Kalorien-Guthaben schmilzt. Dann holt sich der Körper den Treibstoff aus den Depots an Bauch, Hüften, Oberschenkeln oder Doppelkinn. Um Kalorienschulden zu erzeugen, müssen Sie also den Leistungsumsatz steigern (siehe Infokasten sowie »Volumetrics und Sport« ab S. 86 ff.) – mit mehr Bewegung und regelmäßig Sport – und Ihre täglichen Einzahlungen auf Ihr Kalorienkonto leicht senken.
In den meisten Fällen genügt es dabei, ungesunde Fettbomben und zuckerhaltige Naschereien zu minimieren. Wenn Sie beides beherzigen, dies zeigen Dutzende Studien mit Zehntausenden von Probanden, kann Ihr Körper gar nicht anders, als Gewicht zu verlieren. Das klingt logisch und einfach, und das soll es auch bleiben! Essen, Trinken und Kochen sollen keine komplexe Wissenschaft sein, sondern vielmehr eine überzeugende Religion, der Sie gerne folgen. Im Unterschied zur Religion basieren die Volumetrics-Diätgebote aber auf überprüften Erkenntnissen. Sie müssen also nichts glauben, was Ihrem Verstand widersprechen würde.
Realistische Ziele
Das Ziel von Volumetrics ist es, wieder ein verlässliches Gefühl für die richtige Menge und Qualität des Essens zu vermitteln. Ohne in irgendwelchen Tabellen nachzublättern, sollen Sie durch etwas sinnliche Schulung automatisch den richtigen Energiemix finden. Denn die von der DGE empfohlene Tagesration (268 Gramm Kohlenhydrate, 73 Gramm Eiweiß und 65 Gramm Fett), die als Ernährungsempfehlung gelten, können schon in einem Hamburger-Menü und einigen Snacks enthalten sein, was Sie sicher nicht einen ganzen Tag lang satt macht. Viele hochwertige Kohlenhydrate, Eiweiß und gute Fette sind aber auch in drei vitamin- und nährstoffreichen Volumetrics-Mahlzeiten plus Nachspeisen enthalten, die selbst den größten Hunger stillen.
INFO
So pushen Sie Ihren Leistungsumsatz
Eine durchschnittlich große und schwere Person verbraucht pro Stunde – je nach Bewegungsintensität – folgende Energiemenge:
Auto waschen | 100 – 200 kcal |
Bergsteigen | 700 – 800 kcal |
Brustschwimmen | 500 – 800 kcal |
Einkaufen gehen | 200 – 300 kcal |
Gartenarbeit | 400 – 500 kcal |
Golf spielen | 200 – 300 kcal |
Inline-Skating | 400 – 500 kcal |
Joggen (9 km/h) | 500 – 600 kcal |
Joggen (12 km/h) | 800 – 900 kcal |
Nordic Walking | 600 – 800 kcal |
Radfahren (15 km/h) | 300 – 400 kcal |
Radfahren (25 km/h) | 600 – 700 kcal |
Skilanglauf | 400 – 1000 kcal |
Spazieren gehen | 100 – 200 kcal |