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E-Book

Böhse Onkelz

Gehasst, geliebt, vergöttert. Die Fans

AutorKlaus Farin
VerlagHirnkost
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl136 Seiten
ISBN9783945398647
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Mit dieser Band hast du nicht viele Freunde texteten die Böhsen Onkelz einmal. Heute - drei Jahrzehnte später - sind sie die erfolgreichste deutsche Rockband mit mehr als zwei Millionen Fans. Wer sind diese Fans? Haben sie die Wandlungen der Böhsen Onkelz mitgemacht? Welche Bedeutung hat die Band in ihrem Leben? Klaus Farin hat mehr als 2.000 Fans der Böhsen Onkelz für diese Studie befragt. Hier sind ihre Antworten.

Klaus Farin, geboren 1958 in Gelsenkirchen, lebt seit 1980 - Punk sei Dank - in Berlin. Nach Tätigkeiten als Schülerzeitungsredakteur und Fanzine-Macher, Konzertveranstalter und -Security, Buchhändler und Journalist ist er heute freier Autor und Vortragsreisender in Schulen und Hochschulen, Jugendklubs und Justizvollzugsanstalten, Akademien und Unternehmen. Diverse Veröffentlichungen über Skinheads, Fußballfans, Gothics, Karl May und andere (zuletzt: Frei.Wild. Hirnkost 2016). Von 1998 bis 2011 war Klaus Farin Leiter des auch von ihm gegründeten Archiv der Jugendkulturen. Heute ist er Vorsitzender der Stiftung Respekt - Die Stiftung zur Förderung von jugendkultureller Vielfalt und Toleranz, Forschung und Bildung (www.respekt-stiftung.de) und im Vorstand von Aktion Courage e. V., dem Träger des Projektes 'Schule ohne Rassismus' (www.schule-ohne-rassismus.org).

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Leseprobe

Die Fanz


Für viele Onkelz-Fans stehen die Band, aber auch das Fandom, im Mittelpunkt ihres Lebens. Wie Mitglieder in „normalen“ Schützen- und Taubenzüchtervereinen oder christlichen Jugendverbänden widmen sie einen Großteil ihrer Freizeit und Leidenschaft der Band und deren Fans. Sie organisieren Partys und andere Fantreffen, schreiben Reviews für Fanzines, Blogs oder Amazon und kommunizieren täglich via Facebook mit anderen Fans. So existieren derzeit 470 Böhse-Onkelz-Facebook-Gruppen mit mindestens 10 Mitgliedern. Manche haben ganz praktische Funktionen – zum Beispiel die Organisation von Mitfahrgelegenheiten zu Konzerten und Festivals –, die meisten aber sind soziale Netzwerke im ursprünglichen Sinn. Sie dienen der Kommunikation, dem Austausch über aktuelle Ereignisse, dem Kennenlernen von gleich gestimmten Menschen (erst virtuell, später im realen Leben beim Konzert, Fan-Stammtisch etc.). Manche Gruppen starten in den Tag, indem Dutzende ihrer Mitglieder mehr oder weniger originelle Fotos und Videos ihrer Lieblingsband als Morgengruß an alle posten. Manche Gruppen, wie etwa die besonders quirlige vom Onkelz Freundeskreis Ratingen Düsseldorf Deutschland und der Rest der Welt, kommen so schon vor acht Uhr morgens auf zwei Dutzend oder mehr Postings. Die größten (Stand: April 2017) sind die Gruppen Böhse Onkelz mit 27.772 Mitgliedern, Böhse Onkelz – 1.000.000 Mitglieder bis ende 2011 (17.925 Mitglieder), Böhse Onkelz ....Gehasst.....Verdammt....Vergöttert (16.469 Mitglieder), E.I.N.S. 2014 – böhse onkelz (15.311 Mitglieder), Böhse Onkelz Ticketbörse (12.455 Mitglieder), Böhse Onkelz - Wir sind wieder da (10.070 Mitglieder), Onkelz Freundeskreis Ratingen Düsseldorf Deutschland und der Rest der Welt (8.158 Mitglieder), Böhse Onkelz – Karten von Fanz für Fanz! (6.647 Mitglieder), Böhse Onkelz Fanz 1.0 (5.294 Mitglieder) und Die Böhse Onkelz Familie (4.985 Mitglieder). Außerdem gibt es 286 weitere Onkelz-Fanseiten; die mit der größten Reichweite sind Ich wette,dass ich immer noch 500 000 BÖHSE Onkelz-Fans finde mit 204.788 Likes, Böhse Onkelz Fanpage mit 76.280 Likes, G.O.N.D. - Den Onkelz sei ein Fest mit 70.797 Likes, Böhse Onkelz Zitate mit 54.839 Likes, Böhse Onkelz 2017 Hockenheim mit 38.558 Likes, böse menschen, böse lieder, böhse onkelz - immer wieder.. mit 36.184 Likes. Nicht alle sind gegenwärtig noch sehr aktiv, aber fast jede Woche gehen neue Gruppen und Seiten an den Start. Die offizielle Onkelz-Präsenz auf Facebook Böhse Onkelz (Offiziell) hat 875.724 Likes. Wenn man die derzeit marktüblichen Hochrechnungen zugrunde legt, nach denen gut jede_r dritte über Vierzehnjährige in Deutschland Face­book nutzt, kommt man auf gut 2.000.000 Böhse-Onkelz-Fans.

Etwa 300 von diesen gehören zum ‚harten Kern‘ der Onkelz-Community. Sie sind nicht einfach nur Fans, sondern Supporter, investieren täglich mehrere Stunden in ihre Leidenschaft, betreuen als Admins mindestens eine Facebook-Gruppe, sind Mitglied in einem Dutzend weiterer; sie nehmen durchschnittlich einmal pro Monat an einem Onkelz-Fantreffen teil und organisieren diese oft auch mit. Wenn Konzerte oder Festivals in anderen Regionen anstehen, organisieren sie Fahrgemeinschaften oder – bei größeren regionalen Fangruppen – den Druck eigener T-Shirts für die eigene Truppe.

Fast alle diese Fan-Aktivitäten finden unabhängig von der Band statt und offenbar zumeist auch jenseits ihrer Wahrnehmung. Die Musiker bezahlen zwar Mitarbeiter, die die Online-Aktivitäten zur Band regelmäßig checken, sind aber selbst bezüglich der Sozialen Netzwerke eher abstinent und sehr kritisch eingestellt. So wirken auch ihre persönlichen Facebook-Seiten nicht so, als würden sie diese selbst öfter besuchen. Gonzo hat seine Facebook-Seite im Mai 2017 sogar ganz aufgegeben. Nur wenn irgendwo im Netz Urheber­rechtsverletzungen auftauchen, sind ihre Anwälte schnell zur Stelle und verschicken Abmahnungen, die die Empfänger mitunter mehrere tausend Euro kosten können.

Obwohl der Heilige Bund zwischen der Band und ihren Fans ein bedeutender, in zahlreichen Liedern besungener Identitätsfaktor der Onkelz-Familie ist, schotten sich die Musiker auch gegenüber ihren eifrigsten Fans energisch ab. Meet & Greets, wie sie andere Deutschrockbands regelmäßig veranstalten, finden bei den Onkelz nur selten statt; wird doch einmal die Teilnahme eines Onkelz an einer Party oder einem Fan-Fußballturnier angekündigt, löst das gleich so sensationelle Begeisterung aus, dass sofort tausende Fans noch schnell Karten zu bekommen versuchen. So bleibt der direkte Kontakt zwischen den Fans und ihren Göttern auf das kurze Abklatschen im Bühnengraben nach den Konzerten oder kurze Signiermomente beschränkt. Selbst manche der bekanntesten Aktivist_innen aus dem Kern der Fanszene hatten noch nie die Chance, einmal mit den Onkelz mehrere Minuten persönlich zu reden.

Beispielhaft für das zahlreiche Engagement der Fans und ihre Erfahrungen mit der Band habe ich die drei Macher der Facebook-Seite Böhse Onkelz Original Merchandising und Info Seite sowie der Homepage www.bo-merch.de gebeten, einen kurzen Text über ihre Arbeit zu verfassen.

Die Entstehung der www.bo-merch.de


Wir schreiben das Jahr 2014, die Onkelz hatten gerade ihr Comeback gefeiert, was bis zu diesem Zeitpunkt keiner, der nur einen Hauch einer Ahnung hatte, für möglich gehalten hat. Natürlich wurde auch bei Facebook von heute auf morgen die Welt auf den Kopf gestellt. Die Onkelz-Szene lebte wieder, als ob sie nie weg war! Es sprossen aus allen Ecken der Republik Onkelz-Gruppen hervor. So auch eine Gruppe, die sich mit den Tonträgern der Onkelz beschäftigte. Dort ging es hauptsächlich um die bei den Fans beliebten Bootlegs! Schnell fand man Gleichgesinnte, und so lernten wir uns kennen. Sven (Svenner), Kai (Onkel Kai) und Kai (Eisi). Am Anfang war der Kontakt wirklich spärlich, vor allem Onkel Kai und Eisi konnten sich nicht gleich riechen, was aber nicht so bleiben sollte. Nach monatelangem Beschnuppern und Austauschen merkte man schnell, dass man auf einer Wellenlänge schwamm. Eines Abends, wieder mal in einem der unzähligen Chats, kam das Thema Ebay auf und die Erkenntnis, dass wohl jeder seit dem Comeback mit den Onkelz Geld verdienen möchte, was uns sehr erschreckt hat. Jemand, der sich nicht auskennt, wurde da gnadenlos abgezockt, da manche CDs weit mehr als 100 € erzielten, die in Wirklichkeit Schrott waren und nur was für Sammler sind. Natürlich kennt man als Sammler Orte und Leute, wo man solche Sachen beziehen konnte, und so kam ich (Eisi) auf die Idee, selber die Dinger bei Ebay anzubieten. Natürlich zu einem Preis, den ich selbst bezahlt habe, sprich 15 € für eine Einzel-CD und 20 € für eine Doppel-CD! Es wurde immer der Hinweis in der Beschreibung gegeben, dass es sich nicht um eine Original-CD handelt und wer nicht weiß, was ein Bootleg ist, die Finger davon lassen sollte. Zwischenzeitlich war Svenner noch Betreiber eines Onkelz-Flohmarktes im Facebook, der auch Bootlegs zugelassen hatte. Es kam, was kommen musste: Svenner bekam Post aus Hamburg, dem Sitz der Anwälte der Onkelz, und er wurde aufgefordert, die Gruppe sofort zu schließen und eine Strafe wegen Urheberrechtsverletzung zu bezahlen, die weit in die Tausende ging. Obwohl Onkel Kai und Eisi es ahnten, dass auch sie irgendwann dran sein würden, machten sie weiter, da sie geblendet waren durch den Hass auf die Leute, welche die Fans ihrer Helden so gnadenlos abzockten. Im April 2015 erhielten auch Onkel Kai und Eisi Post und durften wie Svenner eine hohe Geldstrafe zahlen! Onkel Kai und Eisi jeweils knapp 2.000 Euro, beim Sven noch mehr … – obwohl wir nur die doppelten CDs zum Selbstkostenpreis für ’nen schmalen Taler weitergegeben hatten. Unwissenheit schützt eben vor Strafe nicht! Man wollte sogar auf Biegen und Brechen Namen von uns, die wir aber nicht geben KONNTEN und wollten, da das doppelte Material aus Paketen, Flohmarktkäufen und Musikbörsen stammte und man sich dort nicht über Namen unterhält. Auch mussten wir die Vernichtung des Restmaterials anhand von Fotos...

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