I.
Das alte Denken über Geld
1. Wenn Geld dein Problem ist, ist Geld nicht dein Problem
Geld ist der äußere Spiegel deines inneren Reichtums.
An einem strahlend sonnigen Juni-Vormittag im Jahr 1999 betrete ich motiviert und guten Mutes ein Bürogebäude in Hamburg Norderstedt. Ich bin auf der Suche nach neuen Büroräumlichkeiten und hoffe, sie in diesem Gebäudekomplex gefunden zu haben. Der erste Eindruck ist mehr als erfreulich, alle Räume blitzen mir frisch renoviert und strahlend entgegen. Die Aufteilung der Räumlichkeiten passt genau zu den Bedürfnissen meines Unternehmens. Ich war damals Finanzmakler und wünschte mir eine neue Büroumgebung, um meine Kunden zu empfangen, sie zu beraten und auch meine Seminare für die Finanz-Kundschaft wie auch Existenzgründer durchzuführen. Alles ist wundervoll hell und freundlich. Der Boden besteht aus elegantem Holzparkett, und die Sonne begrüßt mich strahlend in jedem Raum. Als der Vermieter mir die Toiletten des Büros zeigt, frage ich mich allerdings, warum dort wohl eine Dusche eingebaut ist. »Wozu das denn? Die werde ich wohl nie brauchen«, überlege ich innerlich grinsend, denke dann aber nicht weiter darüber nach. Wichtig ist, dass ich mich in dieser Umgebung sofort wohl fühle und mir sehr gut vorstellen kann, dort mit viel Freude und Energie zu arbeiten. »Hier gehöre ich hin. Hier werden große Dinge passieren. Hier wird alles besser«, spüre ich instinktiv. Ohne noch lange zu überlegen, unterschreibe ich entschlossen den Mietvertrag und ziehe mit meinem Unternehmen um.
Mein Instinkt hat schon immer hervorragend funktioniert. Er tut es auch dieses Mal. Diese neue Umgebung löst Großes aus. Aber nicht den überschäumenden, neuen Erfolg, den ich mir vorgestellt habe. Nicht den Aufbruch in eine neue Ära meines beruflichen Tuns, mit vielen Gelegenheiten, lukratives Business zu machen. Und vor allem nicht den so von Herzen gewünschten Effekt »Nun wird alles besser«. Dieses Büro hat es anderweitig in sich. Drei Monate, nachdem ich eingezogen bin, verfahre ich mich auf dem Heimweg von einem Seminar nach Hause ganze drei Mal. Und der Weg ist nicht einmal schwer zu finden. Dieses »Verfahren« ist vielmehr ein äußeres Zeichen meiner inneren Unruhe, gedanklichen Verfranztheit und eines völligen Mangels an Konzentration auf das Hier und Jetzt. Die Gedanken jagen durch meinen Kopf wie aufgescheuchte Papageien im Baum. Ich frage mich ständig, wie ich weitermachen soll. Beruflich wie privat. Denn schon seit langer Zeit ist mein Leben voll und ganz verfahren. Dieses echte Verfahren auf dem Heimweg ist nur die äußere Manifestation dieses inneren Zustandes, der mich schon so lange als ständiger, immer dunkler werdender Schatten begleitet. Als ich das zweite Mal falsch abbiege, wird mir klar, dass es so nicht weitergehen kann. Ich habe mir und anderen zu lange etwas vorgemacht. Auch noch, als ich die neuen Räumlichkeiten anmietete, die ich mir im Grunde da schon nicht mehr leisten konnte. Als ich das dritte Mal falsch abbiege, bin ich endlich so weit, mir einzugestehen, dass ich lodernde und bereits hell brennende Probleme habe. Zum Beispiel die 140.000 DM an Schulden, die ich trotz einer an sich blendenden Auftragslage und exzellenten Umsätzen locker flockig angehäuft habe. Und die wie ein Damoklesschwert über meiner Familie hängen. Zum Beispiel meine Ehe, die keine mehr ist und uns beide, meine Frau und mich, in einer grauen Wolke der Hoffnungslosigkeit fest umklammert hält. Zum Beispiel meine Freunde, die es nicht mehr gibt, weil ich ihnen vor lauter Arbeit keine Aufmerksamkeit widme, wie auch meiner Familie und meinen Kindern ja schon lange Zeit nicht mehr. Zum Beispiel meine angeknackste Gesundheit, meine ständige Müdigkeit, meine nicht vorhandene Fitness. An diesem Abend halte ich den Wagen auf einer dunklen Straße zum erneuten Wenden an. Und fahre lange nicht weiter. Nichts geht mehr. In keiner Hinsicht. Keiner der wichtigsten Lebensbereiche ist auch nur annähernd in Balance. Keiner. So kann es nicht weitergehen. So kann ich nicht und so können wir als Familie nicht weiterleben. Nur eine drastische und rasche Entscheidung zu einer radikalen Veränderung kann uns jetzt vorwärts bringen. Denn wir stehen alle mit dem Rücken zur Wand. An diesem Abend, mitten im Nichts, auf einer Straße, die ich nicht kenne, in einer Gegend, die mir nichts sagt, beschließe ich, mich von meiner Frau zu trennen. Das, was wir uns schon so oft in Wut und Ärger gegenseitig an den Kopf geworfen haben, nämlich unser Band endgültig zu zerreißen, ich werde es noch an diesem Abend tun. Zum Besten für uns alle muss ich diesen gordischen Knoten aus tiefem Unglück, der unser Heim geworden ist, zerstören, damit für uns alle etwas Besseres entstehen kann.
Ich habe es damals noch an jenem Abend getan. Ich zog zu Hause aus. Ich ging mit nur zwei Koffern direkt in mein Büro. Die Existenz der Dusche hatte somit auch ihren makabren Sinn gefunden. An Zufälle habe ich ohnehin noch nie geglaubt, sondern nur daran, dass die Dinge immer genau so passieren, wie sie eben ablaufen müssen. Ich sollte sieben Jahre lang in diesem Büro auch meinen Wohnsitz haben. Erst viel später erfuhr ich, dass ich in der Branche und bei Kunden als der bekannt war, »der im Büro wohnt«. »Der Irre, der im Büro wohnt«, wohl eher. Aber so direkt sagte mir das keiner.
Dieser Super-GAU-Abend der ersten Ordnung war mein persönlicher Aufbruch zu einem neuen Denken. Nicht sofort natürlich. Sukzessive und mit immer neuen Erkenntnissen, die über mich kamen, je weiter ich mich aus meinem selbst gegrabenen Loch wieder hervorarbeitete. Ich beobachtete, und ich lernte. Vor allem auch, dass ich mit diesen Verhaltensmustern, die mich dahin gebracht hatten, wo ich jetzt war , bei weitem nicht allein war. So viele Menschen leben in jeder Hinsicht über ihre Verhältnisse. Ich war immer der festen Überzeugung gewesen, dass, wenn nur die finanzielle Situation stimmt, sich schon alles finden würde. Hauptsache, die Kasse stimmt, und ich kann meiner Familie alles bieten, was sie sich wünscht. Dafür hatte ich unermüdlich gearbeitet, war ständig auf Achse gewesen, um mehr zu erreichen, mehr zu erschaffen. Wenn das Geld stimmt, stimmt alles. Was für ein Irrtum. Das Geld stimmte schon lange nicht mehr. Und wenn es dann sonst nichts mehr gibt, was noch stimmt, dann wird es zappenduster im Leben. Ich entwickelte einen revolutionären Gedanken. Und was wäre wenn? Wenn Geld gar nicht das Problem wäre? Wenn eine miserable Geldsituation nur eine äußere Ausprägung, ein Spiegel einer inneren Unstimmigkeit ist? Langsam dämmerte es mir: Wenn Geld dein Problem ist, dann ist Geld vielleicht gar nicht dein Problem. Es lohnt sich, diesen Ansatz zu vertiefen, nahm ich mir vor.
Durch diese für mich damals tief traumatischen Ereignisse habe ich völlig neue Einblicke in meine Art und Weise des Denkens bekommen. Ich habe mich selbst plötzlich viel besser verstanden. Und mir fiel vor allem eines wie Schuppen von den Augen: Geld ist wirklich niemals das Problem. Nein, absolut niemals. Auch wenn Sie sich in höchsten Geldnöten befinden sollten, ich bleibe dabei. Geld ist NICHT Ihr Problem! Ihr Denken und Ihre Grundgedanken zu Geld sind das wahre Problem. Denn es geht um sehr viel mehr als Geld. Ich weiß, das ist nicht einfach zu glauben. Mir selbst war das viele Jahre lang auch nicht wirklich klar, ich musste oder durfte es erst durch diese herausfordernde Situation und als teilweise bittere Lektion lernen. Erst, als ich aufgrund dieser Erfahrungen zuerst einmal nur für mich eine neue Gedankenwelt zum Thema Geld entwickelte, änderte sich mein Leben in wirklich allen Bereichen zum Positiven. Mein neues Denken zu Geld war – damals erst im Ansatz – geboren.
Es geht um mehr als Geld
Die Aussage, dass es um mehr als Geld im Leben geht, gewinnt erst dann an neuer Bedeutung, wenn wir uns bewusst machen, wie Menschen heute in unserer so transparenten und vermeintlich aufgeklärten Welt »ticken«, also wie wir uns in der jetzigen, digitalen Welt zurechtfinden und was das mit uns und unserem Denken anstellt – vor allem in Bezug auf unser Denken über Geld. Wie so viele Menschen waren meine Frau und ich damals in die gängige Falle getappt, vom Brutto zu leben, aber logischerweise nur das Netto tatsächlich zu verdienen. Das geht eine Weile gut, aber nicht lange. Und genau dieses Verhalten hatte dann ja auch zu unserem persönlichen Desaster geführt.
Bemerkenswert ist, dass die Mehrzahl der Menschen im Grunde dasselbe Geldverhalten an den Tag legt – und zwar unabhängig von der Art ihrer Beschäftigung, von ihrem Kontostand oder ihrem Beruf. Ob Groß- oder Normalverdiener, ob Angestellte, Selbstständige oder Unternehmer, ob Singles oder Paare, ob Lehrer, Verkäufer, Ladenbesitzer, Schauspieler, Therapeuten, Bäcker, Diplomaten, Musiker, Beamte, Kabarettisten, Multiunternehmer, oder ja, selbst Banker: Sie alle haben ihre Sorgen, von denen sie denken, nur ein Finanzexperte könne sie lösen. Doch wenn am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig ist, hat es nur einen Grund: Es wird Geld ausgegeben, das noch gar nicht da...