| WAS IST KETO UND WARUM SOLLTEST DU MITMACHEN? |
Die Keto-Diät ist eine fettreiche Diät. Sogar sehr fettreich. Wahrscheinlich mehr, als du glaubst, und dann noch einmal 10 Prozent mehr.
Bevor ich erläutere, wie die Keto-Diät genau funktioniert, folgt erst etwas Basiswissen. Fette, Proteine und Kohlenhydrate sind Hauptnährstoffe und machen den Großteil unserer Nahrung aus. (Der Rest sind die Mikronährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe, die für unsere Gesundheit essenziell sind.) Reich an Kohlenhydraten sind vor allem Getreide und Zucker – Brot, Nudeln, Reis, Mais, Quinoa –, aber auch Obst und Gemüse, gerade stärkehaltiges Gemüse wie (Süß-) Kartoffeln und sehr süßes Obst wie Bananen. Proteine sind besonders in tierischen Produkten wie Eiern, Rindfleisch, Fisch, Huhn und Pute enthalten, jedoch auch – wenn auch weniger – in einigen pflanzlichen Erzeugnissen wie Bohnen, Linsen, Nüssen und Saaten. Fettreich sind etwa Kokosöl, Avocados, Oliven, Nüsse und Saaten, aber auch tierische Produkte wie Rippchen, Steak, Schinken und Milchprodukte.
Früher habe ich mich vegan, fettarm und kohlenhydratreich ernährt. Ich weiß noch genau, wie wenig Fett ich gegessen und wie sehr ich es gemieden habe. Wahrscheinlich sind viele von euch auch genau an dem Punkt. Nur: Wenn das, was du machst, nicht funktioniert, dann ist es Zeit, etwas Neues wie die Keto-Diät auszuprobieren.
Als ich das Wort »Keto« zum ersten Mal gelesen habe, war ich fasziniert. Es klang so exotisch, irgendwie rebellisch. Und da ich gern rebellisch bin, war ich sofort Feuer und Flamme. »Keto« ist die Kurzform von »ketogen« und bezeichnet eine Ernährungsweise mit wenig Kohlenhydraten, viel Fett und einer durchschnittlichen Menge an Eiweiß, die zu einem Stoffwechselzustand führt, der Ketose genannt wird.
Bei vielen Menschen wandelt der Körper – die begrenzte Menge – Glucose in Energie um (es sei denn, man ernährt sich ketogen!). Ist diese Menge aufgebraucht, stellt sich ein Hungergefühl ein und der Körper verlangt nach Essen. Bei mir hieß das, dass ich alle drei Stunden etwas aß und das Wort »Hunger« einen großen Stellenwert in meinem persönlichen Vokabular hatte. Ich nahm immer Snacks mit, überlegte, wann ich wieder etwas zu essen bekommen würde und drängelte mich in Schlangen manchmal sogar (etwas) vor, wenn ich dadurch schneller etwas zu essen bekam. In meiner Welt drehte sich alles nur um Nahrung.
Die Keto-Diät bringt den Körper dazu, statt Glucose Fett zu verbrennen – die angesprochene Veränderung des Stoffwechsels. Verbrennt der Körper Fett, egal, ob Nahrungsfette oder Körperfett, produziert er Moleküle, Ketonkörper genannt, die als Brennstoff dienen. Sind diese Ketonkörper der primäre Brennstoff für den Körper, dann sprechen wir von Ketose. Seit mein Körper im Zustand der Ketose ist, bezieht er seinen täglichen Energiebedarf vollständig aus der Fettverbrennung, das heißt, ich brauche keine Glucose aus Brot, Keksen, Trockenobst und anderen Dingen wie früher.
Zum Überleben braucht mein Körper keine Glucose und deiner ebenso wenig! Jetzt ist mein Blutzuckerspiegel stabil und ich lebe wunderbar ohne ständiges Naschen, starke Gewichtszunahme und unbändige Gelüste. Das kannst du auch erreichen! Es ist noch viel Platz am Keto-Tisch – setz dich einfach dazu!
Bis zu welchem Grad die Kohlenhydratzufuhr reduziert werden muss, um in Ketose zu gelangen, ist von Mensch zu Mensch verschieden und von Dingen wie enzymatischen Prozessen, Stress, Genetik etc. abhängig. (Mit den Makronährstoffen und deren Anteilen und mit der Frage, woher man weiß, dass man in Ketose ist, werden wir uns in den nächsten Kapiteln befassen.) Ungeachtet dessen und auch wenn du die ketogene Ernährung nicht mit voller Kraft angehen willst, möchte ich erläutern, wie sehr man von einer fettreicheren Ernährung profitieren und auch ohne Überwachung von Makros und Kalorien in den Zustand der Ketose kommen kann.
KETOSE IST NICHT GLEICH KETOAZIDOSE
Wenn wir von Fettverbrennung reden, meinen wir ernährungsbedingte Ketose, nicht Ketoazidose (Übersäuerung). Diese ist ein gefährlicher Zustand, der Diabetikern bekannt ist und sich ereignet, wenn Blutzuckerwert und Ketonwert gleichzeitig extrem ansteigen. Mit einer Keto-Diät sind derartige Ketonwerte nicht einmal annähernd zu erreichen. Im Grunde ist Ketoazidose bei Nichtdiabetikern sowieso extrem unwahrscheinlich. Bereits eine kleine Menge Insulin reicht, um den Ketonwert niedrig zu halten.
Die ketogene Ernährung ist sehr vielfältig. Ich bevorzuge die Vollwert-Variante, die reich an gesundheitsfördernden und fettreichen Produkten ist. Sie ähnelt ein wenig der Paleo-Ernährung, ist allerdings erheblich fettreicher und enthält weniger Süßkartoffeln, Schokolade und Ahornsirup. Ketogene Ernährung bedeutet deutlich weniger Kohlenhydrate und deutlich mehr Fette bei durchschnittlicher Eiweißaufnahme – ein Zusammenspiel, das den Körper anregt, Fett statt Glucose zu verbrennen.
IST DIE KETO-DIÄT EINE LOW-CARB-DIÄT?
Die Keto-Diät ist sehr fettreich und durchschnittlich eiweißhaltig, und genau das unterscheidet sie von traditionellen Low-Carb-Diäten. Denn Letztere sind eiweißreich und fettarm und somit ungeeignet, wenn der Körper Fett als primären Brennstoff verwenden soll. Wie Kohlenhydrate kurbelt Eiweiß die Freisetzung des Botenstoffs Insulin an, der dem Körper signalisiert, dass er kein Körperfett verbrennen soll. In einer traditionellen Low-Carb-Diät findet die Fettverbrennung nur in den frühen Morgenstunden statt, wenn der Insulinwert niedrig ist. Die Keto-Diät erlaubt dem Körper, zu jeder Tageszeit Fett zu verbrennen, sodass Gewicht für immer verschwindet. Und weil der Körper gerne mit Fetten versorgt wird, führt die Diät zur Steigerung der Gehirnfunktion, zur besseren Wirksamkeit von Hormonen, zur Energiefreisetzung, zu gutem Schlaf, zu stabilem Blutzuckerspiegel etc.
WAS LÖST KETOGENE ERNÄHRUNG IM KÖRPER AUS?
Um zu erklären, warum die ketogene Ernährung so förderlich für die Gesundheit ist, möchte ich erst einmal darauf eingehen, was im Körper mit Kohlenhydraten passiert – so wie es vermutlich bei dir gerade der Fall ist.
Ob aus Obst, Getreide, Gemüse, Zucker oder Stärke, Kohlenhydrate werden aufgespalten in Glucose, die der Körper in Energie umwandelt. Bekommt der Körper mehr Glucose, als er gerade braucht, speichert er den Überschuss als Glykogen in der Leber und in den Muskeln. Das sind die beiden körpereigenen Energiespeicher, aus denen der Körper die Energie für kurzzeitige Anstrengungen und für die Aufrechterhaltung gewisser Systeme (Gehirn, rote Blutkörper, Nierenzellen) bezieht. Das in der Leber gespeicherte Glykogen steht dem ganzen Körper zur Verfügung, jenes in den Muskeln jedoch nur dem jeweiligen Muskel, in dem es gespeichert ist. Sind die Speicher voll, wandelt der Körper das überschüssige Glykogen in Fett um.
Benötigt der Körper Energie, zapft er erst die Glucosespeicher an. Da er nur ein paar Tausend Glucose- bzw. Glykogen-Kalorien speichern kann, ist diese Energiequelle nicht sehr ergiebig. Oder anders gesagt: Sie muss immer wieder aufgefüllt werden. Das gelingt nur, wenn wir ständig essen, was wiederum dazu führt, dass der Blutzuckerspiegel aus dem Gleichgewicht gerät: Er schnellt in die Höhe, wenn wir etwas essen, und fällt anschließend wieder stark ab. Die Folge: Heißhunger, Fressattacken und Gewichtszunahme. Glykogen wird übrigens nicht nur in Fett umgewandelt, sondern auch in Triglyceride im Blut, wodurch das Risiko für Herzerkrankungen steigt.
Du hast bestimmt schon viel von Insulin, Insulinresistenz und Insulinsensitivität gehört – alles negative Begleiterscheinungen der Glucoseverbrennung. Insulin ist das Hormon, das für einen stabilen Blutzuckerspiegel sorgen soll, indem es die Leber und Muskelzellen anweist, Glucose aufzunehmen. Damit sinkt der Glucosewert im Blut (Blutzucker). Außerdem bremst Insulin die Fettverbrennung im Körper, sodass dieser neue Glucose verbrennen oder speichern kann. Danach verringert sich der Insulinwert und der Körper nimmt die Fettverbrennung wieder auf. Auch warnt Insulin das Gehirn, wenn der Brennstoff ausgeht – dann bekommen wir Hunger. Bei einer normalen Insulinsensitivität funktionieren all diese Prozesse optimal und der Blutzuckerspiegel ist stabil. Probleme entstehen erst, wenn der Blutzuckerwert konstant hoch ist. Dann reagieren die Insulinrezeptoren in den Zellen nicht mehr auf Insulin – wie bei dem Jungen, der so oft »Wolf« geschrien hat, bis die Dorfbewohner seine Warnrufe irgendwann ignoriert haben. So funktioniert Insulinresistenz auch: Die Muskelzellen hören nicht mehr auf die Anweisung des Insulins, Glucose zu speichern. Die Folge: Der Blutzuckerwert steigt extrem an und bleibt viel zu hoch.
Wenn die Dinge so funktionieren, wie sie sollten, die Glucosekonzentration im Blut jedoch zu niedrig wird, setzt der Körper Glukagon frei. Dieses Hormon regt die Leber an, gespeichertes Glykogen in Glucose umzuwandeln und an den Blutkreislauf abzugeben. Außerdem weist es den Körper an, den gespeicherten Brennstoff zu verwenden: Fett. Fettverbrennung zur Energieerzeugung wird Lipolyse genannt. Dabei werden Fettsäuren und Glycerinmoleküle aus den Fettzellen herausgelöst und in Energie umgewandelt.
Während der Fettverbrennung produziert der Körper Ketonkörper. Wenn wir in Ketose sind, werden die Ketonkörper zu...