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Hans Kammerlander - Höhen und Tiefen meines Lebens

Autobiografie in Gesprächen

AutorHans Kammerlander, Mario Vigl, Verena Duregger
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783492990264
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Er fuhr als erster Mensch auf Skiern vom Everest und bezwang fast alle Achttausender. Hans Kammerlander erlebte spektakuläre Erfolge an den höchsten Gipfeln der Welt, doch zugleich prägten bittere Tiefschläge sein Leben: Kameraden, die er am Berg verlor, oder ein tödlicher Autounfall, den er selbst verschuldete. Für den Sechzigjährigen ist die Zeit gekommen, gemeinsam mit den Journalisten Verena Duregger und Mario Vigl Rückschau zu halten. Dabei spricht er nicht nur über alpine Rekorde, sondern auch über Themen, die ihn privat beschäftigen. Er reflektiert über Egoismus und Ehrlichkeit, Freude und Schmerz, erzählt, wie ihn die Geburt seiner Tochter verändert hat und was er sich von der Zukunft erhofft - denn sein Weg zu den höchsten Bergen ist längst nicht vorbei. Eine grundehrliche Autobiografie, die den Extrembergsteiger von ganz neuen Seiten zeigt.

Hans Kammerlander, 1956 in Ahornach, Südtirol, geboren, Extrembergsteiger, Bergführer und Skilehrer, unternahm rund fünfzig Erst- und sechzig Alleinbegehungen in den Dolomiten und Alpen und bezwang die höchsten Berge der Welt, darunter zwölf Achttausender. Er ist Autor mehrerer erfolgreicher Bücher (»Bergsüchtig« u.a.) und berichtet in Vorträgen von seinen Expeditionen. Zuletzt erschienen sein Band »Seven Second Summits« über die Besteigung der zweithöchsten Berge der Welt sowie seine Autobiografie »Hans Kammerlander - Höhen und Tiefen meines Lebens«, die er in Gesprächen mit den Journalisten Verena Duregger und Mario Vigl aufgezeichnet hat. Hans Kammerlander lebt in Ahornach, Südtirol.

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Leseprobe

EXPEDITIONEN


Sprechen wir über die wichtigsten Expeditionen deines Lebens. Wenn du drei auswählen müsstest, welche wären das?

Die allererste gehört auf jeden Fall dazu. Sie führte mich zum Cho Oyu, mit 8188 Metern der sechsthöchste Achttausender. Er war damals erst dreimal erfolgreich bestiegen worden.

Der Cho Oyu, auch Qowowuyag, ist ein Achttausender im Himalaja an der Grenze zwischen China und Nepal. Das türkise Leuchten des Gipfels im Nachmittagslicht brachte ihm den Namen »Göttin des Türkis« ein. Der 1954 von einer österreichischen Expedition erstbestiegene Berg gilt als einer der einfacheren Achttausender: Mehr als 3200 Bergsteiger erreichten seither den Gipfel. Nur am Everest standen mehr Personen auf dem höchsten Punkt.
Wie groß war dein Respekt?

Beim ersten Mal brichst du ins völlig Unbekannte auf. Ich hatte von den gewaltigen Bergen im Himalaja bis dahin nur gehört. Für mich waren die Alpen die Grenze; nun war mit einem Mal der höchste Punkt der Alpen die Ausgangshöhe, bei der im Himalaja die Expeditionen erst anfangen. Das allein ist schon als Gedanke beeindruckend.

Diese erste Expedition zum Cho Oyu konntest du an der Seite von Reinhold Messner angehen.

Dass ich 1983 die erste Expedition mit ihm machen durfte, war mein großes Glück. Reinhold hatte mich eingeladen, mit ihm aufzubrechen, er hat mich praktisch an die Hand genommen. Dieses Glück haben andere nicht, die ein solches Abenteuer selbst organisieren müssen. Ich hatte Tausende offene Fragen, schon allein zum Thema Ausrüstung. Es war unheimlich spannend für mich, wie die zusammengestellt wurde. Es kam eine solche Masse an Gegenständen zusammen, Hunderte Kilo Material. Zelte, Schlafsäcke, Matten, mehrere Hundert Meter Seil, Kocher, Proviant.

Was hat dich sonst noch im Vorfeld beschäftigt?

Um die ganze Organisation musste ich mich so gut wie gar nicht kümmern, das hat Reinhold übernommen. Aber eine kleine Sache bereitete mir doch Kopfzerbrechen. Die Teilnehmer müssen vor Ort eine Liste mit bereits absolvierten Touren abgeben, eine Art Nachweis, dass man den hohen Bergen gewachsen ist. Das war aufregend für mich: Als höchster Berg stand bei mir der Mont Blanc. Ich machte mir Sorgen, was die Behörden in Nepal wohl sagen würden, wenn ich nur mit so einem verhältnismäßig kleinen Berg aufwarten konnte. Ich hatte keine Ahnung, dass denen das völlig egal ist. Und dann war ich zu diesem Zeitpunkt ja auch noch nie geflogen.

Der zwischen Frankreich und Italien gelegene Mont Blanc ist mit 4810 Metern der höchste Berg der Alpen. Mit 18 Jahren bestieg Hans Kammerlander die Nordwand mit seinem Freund Werner Beikircher zum ersten Mal.
Wie war der erste Flug des Südtiroler Bauernbuben in die weite Welt?

Als ich im Flieger saß, dachte ich: Jetzt ist es eh, wie es ist, ich lasse das einfach auf mich zukommen.

Wem hast du von der Einladung Messners erzählt?

Meinen engen Freundeskreis habe ich gleich eingeweiht. Werner Beikircher, mit dem ich sehr viele Touren gemacht habe, meinte: Das ist super, das musst du machen! Mit Werner hatte ich die Eiger-Nordwand bestiegen und schon damals gedacht: Jetzt habe ich ein Limit erreicht, wenn ich höher gehen will, muss ich in den Himalaja. Aber das war eine für mich unerreichbare Welt. Ich dachte, es würde ein Traum bleiben.

1800 Meter – die Eiger-Nordwand in den Berner Alpen ist bis heute eine Herausforderung für Kletterer. Im Sommer 1936 versuchten zwei Seilschaften, sie zu durchsteigen – alle Mitglieder kamen ums Leben.
Warst du aufgeregt, als die Abreise näher kam und der Traum greifbar wurde?

Ja. Ich habe mich ständig gefragt, ob mein Kopf mit der dünnen Luft zurechtkommt, ob ich das packe. Nicht jeder ist für die ganz hohen Berge gemacht. Ob es funktioniert, merkt man erst vor Ort. Mit den Jahren ist das alles Routine geworden. Auch wenn ich die Wände nicht kannte: Das Zusammenstellen der Ausrüstung, die Bürokratie, der Anmarsch ins Basislager wurden irgendwann zur Gewohnheit, und die Aufregung bezog sich nur noch auf die Gipfel.

Du hast an deiner Eignung fürs Höhenbergsteigen gezweifelt – Reinhold Messner hat es dir offensichtlich zugetraut: Hat er dich beobachtet?

Das denke ich schon. Anfang der Achtzigerjahre waren Hanspeter Eisendle und ich in der Felskletterei in Südtirol sicher führend. Und nicht nur im Fels, auch was die hochalpinen Touren betrifft, konnte ich viel aufweisen. Reinhold wusste durch die Arbeit in der Alpinschule, wie wir als Bergführer vorgingen. Und er hat gesehen, dass ich auch nach der Arbeit noch meine Sachen gepackt habe, um in Wände zu steigen. Die Motivation war riesig, so etwas bleibt nicht unentdeckt.

Wer war bei der ersten Expedition zum Cho Oyu noch dabei?

Oswald Oelz, ein Arzt aus der Schweiz, der mit Reinhold befreundet war. Sie hatten bereits zuvor zusammen den Everest bestiegen, Reinhold ohne, Oswald mit Sauerstoff. Paul Hanni, der Tausendsassa aus Sulden. Konrad Renzler, ein Jugendfreund von Reinhold, der polnische Kletterer Wojtek Kurtyka, Hanspeter Eisendle und Friedl Mutschlechner. Neben diesen Bergsteigern hatte Reinhold auch noch einen Künstler und einen Schriftsteller eingeladen, Luis Stefan Stecher und Jul Bruno Lahner. Auch sie waren seine Freunde. Sie sollten die Expedition künstlerisch festhalten und begleiten. Die zwei waren eine große Bereicherung im Hintergrund. Besonders Jul sorgte mit seiner Gitarre immer für gute Stimmung.

Der Mount Everest, 8848 Meter, in der Region Khumbu in Nepal an der Grenze zu China ist der höchste Berg der Erde. Die Erstbesteigung am 29. Mai 1953 von Edmund Hillary und dem Sherpa Tenzing Norgay wurde weltweit zur Sensation. Reinhold Messner gelang 1978 mit seinem Partner Peter Habeler die erste Besteigung ohne Zuhilfenahme von Sauerstoff – viele Mediziner hatten einen solchen Erfolg bis dahin für unmöglich gehalten. Der höchste ist mit über 7000 Besteigungen auch der kommerziellste Achttausender.
Also ein rundum positiver Einstieg ins Höhenbergsteigen für dich.

Hanspeter war zu dem Zeitpunkt einer meiner engsten Freunde, wir waren ständig gemeinsam in irgendwelchen Wänden unterwegs. Dasselbe gilt für Friedl Mutschlechner, der allerdings bei dieser Expedition nicht für den Gipfel vorgesehen war. Er hatte sich im Jahr zuvor am Kangchendzönga schwere Erfrierungen an Füßen und Händen zugezogen, wovon er sich noch nicht ganz erholt hatte. Die Tour mit meinen Freunden erleben zu können hatte einen besonderen Wert. Und auch aus alpinistischer Sicht war es enorm reizvoll. Reinhold hat zu dieser Zeit schwierige Routen den leichten vorgezogen, wobei natürlich kein Achttausender wirklich leicht ist. Sein Plan war, den Cho Oyu im Winter zu besteigen. Er meinte, dass die Wand dann schlafe und keine so große Gefahr von Lawinen und Steinschlägen drohe wie im Frühjahr. Diese Wand ist wirklich steil, und da brauchte er als Partner gute Kletterer, nicht nur Konditionsbolzen. Das Ziel war herausfordernd: Es wäre eine Erstbesteigung über eine neue Route gewesen, die erst vierte Besteigung am Berg überhaupt.

Der Achttausender mit dem zungenbrecherischen Namen Kangchendzönga wird in Bergsteigerkreisen kurz »Kantsch« genannt. Er ist der am östlichsten gelegene Achttausender (zwischen Nepal und Indien) und mit 8586 Metern der dritthöchste. Die Erstbesteigung gelang 1955 den Briten Georg Band und Joe Brown. Der Berg zählt mittlerweile über 300 Besteigungen. 1998 stand Kammerlander mit Konrad Auer auf dem Gipfel, ab 7500 Metern wagte er die Abfahrt mit Skiern.
Wie hat Reinhold dir seinen Plan erklärt?

Er meinte, das sei eine steile Wand. Aber sie sei zu schaffen. In steilen Felsen herumzusteigen war damals mein Leben. Das Einzige, was mich bei dieser Expedition nicht verunsichert hat, war die Steilheit dieser Wand.

Von 4810 Metern des Mont Blanc auf 8188 des Cho Oyu: ein beachtlicher Sprung.

Als Reinhold mich 1982 anrief und fragte, ob ich dabei sein möchte, habe ich mich recht schnell dazu entschlossen. Wenn ich mich einmal für etwas entschieden habe, stürze ich mich da auch rein. Ich dachte: Probier es einfach, lass alles auf dich zukommen. Ich wusste, dass es eine riesige Chance für mich ist, und ich habe sie gern ergriffen. Als wir aufgebrochen sind, hatte ich eine unbeschreibliche Risikobereitschaft im Gepäck.

Beschreibe sie trotzdem mal …

Ich war bereit, auf jeden Fall ans Limit zu gehen. Unbedingt. Ich hatte im Vorfeld trainiert wie ein Wahnsinniger. So viel, dass ich dann vor Ort gar nicht mehr genug Kraft hatte. Da musste ich Lehrgeld bezahlen. Das Wissen um die richtige Vorbereitung kam erst mit den Jahren.

Da hat die Erfahrung gefehlt.

Ja, das hat Reinhold viel besser gemacht. Von ihm ging so eine störrische Ruhe aus, er hat die Situationen gekannt. Er war ja schon auf vielen Achttausendern gewesen. Er fuhr in eine ihm bekannte Welt. Für ihn war das einzige Fragezeichen die Wand, ob sie kletterbar ist. Für mich war der ganze Rest ein Fragezeichen.

Warst du ihm klettermäßig überlegen?

Ich denke schon. Er war zu dem Zeitpunkt schon mehr der Expeditionsmensch und Höhenbergsteiger. Nach seiner Expedition zum Nanga Parbat 1970 hatte er ja sieben Zehen verloren. Das erschwerte ihm die Kletterei natürlich ungemein. Ich war zu der Zeit ein Vollkletterer, habe mich auf diese steilen Passagen mehr gefreut, als dass ich sie gefürchtet...

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