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Chill mal!

Am Ende der Geduld ist noch viel Pubertät übrig

AutorMatthias Jung, Steffi von Wolff
VerlagEdel Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783841906281
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Wer hat Teenager in der Pubertät? Wer war selbst mal Teenager in der Pubertät? Der kennt hitzige Diskussionen über Schule, Zimmer aufräumen, Helfen im Haushalt, der weiß, WhatsApp ist u?berlebenswichtig - und Hygiene überschätzt. Jedenfalls aus der Sicht der Teenager. Man muss lernen loszulassen! Am liebsten wohl die Kreditkarte. Es hormoniert prächtig, aber chillt mal, Eltern, Matthias Jung kommt erneut zur Hilfe! Der Diplom-Pädagoge ist Deutschlands lustigster Jugendexperte. Mit der Fortsetzung seines Erfolgsprogramms 'Generation Teenietus' geht er in die nächste Runde. Freuen Sie sich auf 'Chill mal! - Am Ende der Geduld ist noch viel Pubertät übrig'. Matthias Jung gibt interessante wissenschaftliche Einblicke in die Verhaltensweisen und Gehirne der Teenies und hat ebenso hilfreiche wie humorvolle Tipps und Tricks im Gepäck. Das ist echte Spaßpädagogik für die GANZE Familie. Eine einzigartige Mischung aus Sachverstand und Humor, faktenreich und äußerst unterhaltsam. Nah an den Eltern! Nah am Alltag! Nah an der Pubertät!

Matthias Jung, geboren 1978 in Bad Kreuznach, ist zweifacher Vater, Science Slammer, Kabarettist und Autor. Nach dem Abitur studierte er Medienpädagogik und jobbte als Gagschreiber für »TV Total« und die »heute-show«. Seit Jahren tourt er mit seinen wechselnden Programmen durch Deutschland, zuletzt mit »Chill mal! - Neues von der Generation Teenietus«. Sein Buch »Chill mal! Am Ende der Geduld ist noch viel Pubertät übrig.« war ein Spiegel-Bestseller.

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Leseprobe

1. KAPITEL


Chill deinen Körper


Wo ist mein Kind? Wo ist das wonnige Bündel Mensch, das so gut nach Baby und Bübchen-Lotion gerochen hat, das mich strahlend anlächelte, seine Ärmchen nach mir ausstreckte und dessen erste Worte waren: „Papa, ich liebe dich.“

Mein Kind.

Ein Wunder der Natur.

Einzigartig.

Perfekt.

Wenn ich mir alte Fotos anschaue, zerfließt mein Herz vor lauter Rührung. Mein Sohn, gerade geboren, liegt im Arm seiner Mutter und schaut staunend in die Kamera. Dann der erste Geburtstag, laufen lernen, und immer dieses strahlende Lächeln, das einen Gletscher zum Schmelzen bringen kann. Der blonde Wuschelkopf, die blauen Augen, ach, ach. Da, das Foto mit dem ersten Fahrrad. Wie konzentriert er ist und wie beflissen! Ich weiß noch, wie er mich mit Fragen gelöchert hat. Woher Kreuzschlitzschraubenzieher kommen. Wieso Wespen stechen. Was Hefe ist. Warum es Boris Becker gibt. Es waren so schöne Jahre.

Erst neulich musste ich wieder daran denken, als ich die alten Benjamin-Blümchen-CDs auf dem Flohmarkt verkauft habe. Vorbei, vorbei. Gestern hat er mit seinen Freunden noch Fußball gespielt, ist fast geplatzt vor Mitteilungsbedürfnis, wenn er nach Hause kam, war kaum zu bremsen beim Erzählen. Plötzlich ist das vorbei. Es ist leider wahr: Benjamin Blümchen ist mittlerweile genauso scheiße wie die Nachbarn, Fußball, die Schule, die Welt, die öffentlichen Verkehrsmittel, Höflichkeit, Pünktlichkeit, der Dalai Lama – und am allerscheißesten sind natürlich die Eltern.

Aus unserem strahlenden Sonnenschein ist ein muffiger, motziger, übellauniger, zorniger, alles kacke findender Pubertist geworden. Kommunikation? Beschränkt sich auf das Nötigste und läuft nach immer dem gleichen Muster ab; hier die Top Five der häufigsten Dialoge zwischen Eltern und Kind:

1.„Räumst du bitte endlich dein Zimmer auf?“

„Ej, Mann, ej.“

2.„Kannst du bitte endlich die Pfandflaschen wegbringen?“

„Ej, chill mal, ja.“

3.„Was ist eigentlich mit Hausaufgaben?“

„Maaaaann!“

4.„Steht da unter deinem Bett etwa noch der Teller mit den Pizzaresten von vor zwei Wochen? Da ist JA SCHIMMEL DRAUF!“

„Dis is mein Zimmer, ej.“

5.„Kommst du bitte zum Abendessen?“

„Kein Bock.“

Mittlerweile hockt er am liebsten stunden- und am Wochenende tagelang in seinem Zimmer und will mit nix was zu tun haben, kommt nur raus, wenn er aufs Klo oder seine Finger unter kaltes Wasser halten muss, weil er vom ewigen Getippe auf dem Smartphone Blasen bekommen hat. Oder er erscheint unvermittelt im Türrahmen, um schnöde Geld zu fordern.

Eine Mutter erzählt: „Wenn meine Tochter mal wieder zum Kotzen ist, weil sie alles zum Kotzen findet, höre ich einen alten Text vom Anrufbeantworter ab, den sie mal gesprochen hat, als sie noch liebenswert und ein menschenähnliches Wesen war.“ Voller Wehmut erinnert sie sich: „Diese Stimme, engelsgleich, süß, so voller Eifer und so fröhlich. Ach! Immer wenn ich nicht weiter weiß, höre ich den Anrufbeantworter ab und denke: Vielleicht steckt ein Stück von diesem wunderbaren Kind doch noch in dem Monster, das meine Tochter momentan ist.“

Ja, unser Kind ist noch so klein und doch schon mittendrin. In der Pubertät. Die Pubertät – der Begriff kommt aus dem lateinischen pubertas und bedeutet Geschlechtsreife – ist eine entscheidende Entwicklungsphase, die im Allgemeinen zwischen dem 10. und 16. Lebensjahr beginnt und einige Jahre dauern kann. Eine Umfrage im Bekanntenkreis hat ergeben, dass 90 Prozent der Befragten lieber in eine Privatinsolvenz gehen würden, als die Pubertät ihres Kindes noch einmal durchzustehen. Zwei Väter haben ernsthaft behauptet, eher eine Niere spenden zu wollen, als diese Phase noch einmal mitmachen zu müssen.

Das Kind ist kein Kind mehr und will es auch nicht sein. Es verändert sich – nicht nur der Körper, auch die Gefühle, das Denken und die Beziehungen. Bei dem einen fängt’s früher an, beim anderen später. Und wenn man jetzt stocken sollte und sich fragt: Moment mal, was hab ich da gerade gelesen? Ab dem 10. Lebensjahr? Das war doch früher später.

Stimmt, früher ging das später los, da hatten die Eltern noch ein paar gute Jahre mehr mit ihren Kleinen. Vor 150 Jahren setzte die Pubertät mit 17, 18 Jahren ein, 1950 bereits ab 13. Und jetzt sind wir bei zehn Jahren! Es ist tragisch, aber wahr, und Gott bewahre, dass sich das nicht noch weiter nach vorne verschiebt! Ein Junge mit Vollbart auf einem Bobby-Car sähe einfach scheiße aus, oder wenn er im Stimmbruch auf einem Dreirad an einem vorbeiführe und wie dereinst Bruce Willis in Die Hard mit tiefer, rauchiger Stimme riefe: „Yippie-ya-yeah, Schweinebacke!“ Das wollte man nicht, genauso wenig, wie man auf dem Einschulungsfoto Pubertätspickel sehen und statt Schokolade eine Flasche Clearasil in die Schultüte geben möchte.

Aber wie gesagt, das ist Statistik, die Pubertät kann so früh beginnen, muss aber nicht. Man darf von Kind zu Kind hoffen. Der Körper entscheidet selbsttätig. Auslöser sind hormonelle Veränderungen, die äußerlich sichtbare Veränderungen, sprich: Pickel und Härchen, aber auch merklich spürbare Veränderungen im Gefühlshaushalt und im Denken bewirken.

Freunde werden in der Pubertät zunehmend wichtiger, viel wichtiger als die Eltern, die sind jetzt meistens doof, weil sie einen „nicht mehr verstehen“. Der beste Freund und die beste Freundin – die verstehen einen. Schließlich sind sie in derselben Situation. Mit der Freundin wird stundenlang geredet. Mit den Eltern gar nicht mehr, denn – eben – die verstehen einen nicht mehr.

Für die Eltern reichen Einwortsätze, mal Subjekt, mal Prädikat, mal Objekt. Oder Adjektiv. Oder wie auch immer. Jede Woche eins, das reicht!Wir kennen die Situation: Das Kind kommt aus der Schule, pfeffert die Tasche in die Ecke, man erkundigt sich: „Na, wie war’s?“ Das Kind dreht sich um, atmet schwer ein und stöhnt: „Gut.“ Mehr kann man nicht verlangen. Irgendwann lernt man auch Laute zu deuten, zum Beispiel „Mmpf“. Das kann stehen für: Zahnschmerzen, eine Eins in Mathe oder eine Grundsatzdiskussion über Trump.

Für Eltern ist das eine schwierige Zeit, denn wer lebt schon gern mit Wesen zusammen, die wie Menschen aussehen, sich aber benehmen wie aggressive Flugsaurier, die auf einen losflattern, sobald man seiner elterlichen Sorge Ausdruck verliehen hat? Aber es hilft nichts, da müssen wir Eltern durch. Wir können uns damit trösten, dass es irgendwann wieder besser wird, auch wenn wir dann möglicherweise mehrere Nervenzusammenbrüche hinter uns haben und sichtbar gealtert sind. Eine Marktlücke übrigens: Warum gibt es noch keine Pflegeserie „für die Haut von gestressten Pubertätseltern“?

Vielleicht sollten wir uns einfach nicht mehr so auf über das undankbare Pack aufregen, also unsere Kinder. Möglicherweise hilft uns dabei zu verstehen, was genau in der Pubertät passiert.

Schau mal, was da wächst


Nehmen wir mal den Durchschnitt: Bei den Jungs setzt die Pubertät im Alter zwischen 12 und 14 Jahren ein. Die Ausschüttung von Testosteron stimuliert im Hodengewebe das Reifen bestimmter Zellen – und schwuppdiwupp kann die Samenbildung beginnen und ein Junge könnte ab nun Kinder zeugen. Bei den Mädchen beginnt die Pubertät schon im Alter von 10 bis 12 Jahren: Der Körper wird fraulicher, das heißt: breitere Hüften, wachsende Brüste, die Regelblutung setzt ein. Ab nun kann das Mädchen Kinder kriegen. Noch vor 150 Jahren fand die sogenannte Menarche erst mit etwa 17 statt. Das lag nicht zuletzt an der schlechteren Ernährung junger Mädchen.

Die körperlichen Veränderungen gehen mit einem deutlichen Wachstumsschub einher, oft schießen die Kinder wie Pilze in die Höhe, so schnell kann man gar nicht gucken. Um die zehn Zentimeter beträgt das durchschnittliche Wachstum in den Pubertätsjahren. Mädchen erreichen ihre ausgewachsene Körpergröße ungefähr mit 17 Jahren, Jungs wachsen manchmal noch bis sie 20 sind.

Unser Nachbarsjunge ist mittlerweile zwei Meter groß, sein Vater reicht ihm bis zur Schulter und muss, wenn sie nebeneinander gehen, fast rennen, um noch mit seinem Sprössling mitzuhalten. Sohnemann hat zudem den großen Vorteil, da oben ganz andere WLAN-Netze als sein Vater und alle anderen Kleinen nutzen zu können. Letztens fragte ich ihn, wie es seinem Vater gehe, woraufhin er entgegnete, er wisse es nicht, er sehe ihn immer nur, wenn er sich die Schuhe zubinde.

Spätestens mit der Geschlechtsreife ist die Phase erreicht, in der sich die Eltern fragen: „Wo ist nur unser kleines Kind geblieben?“ Sorry, das ist weg. Beziehungsweise, vielleicht ist es immer noch ein Kind, aber es glaubt, erwachsen zu sein und alles besser zu wissen. Aus den Goldköpfchen, die wir eben noch mit Brei gefüttert und vom Sand gesäubert haben, sind große, schlaksige, behaarte, picklige, schwitzende, krächzende Giftzwerge geworden.

Der Stimmbruch ist eine Zumutung für alle, mal ist die Stimme hoch und erinnert an ein kieksendes Küken, dann wieder so tief, als hätte John Wayne eine Stimmbandentzündung (weil auch der vordere Teil des Kehlkopfs sich entschließt, größer zu werden). Mädchen mutieren zu zickigen, schrillstimmigen, pickeligen, überschminkten, aggressiven und oft etwas pummeligen Nattern (ja, die Mädels nehmen in der Pubertät zu, die Proportionen ändern sich, ihr Körperfettanteil wächst – wer möglichst früh in die...

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