EIN TRAINING, DAS WIRKT
WIE DU MIT EINFACHSTEN MITTELN AN DEINEM KÖRPER ARBEITEN KANNST, UM DICH FITTER, GESÜNDER UND STÄRKER ZU FÜHLEN
WETTEN, DASS … – EIN TRAINING, DAS WIRKT
Beginnen wir mit einer Wette. Du benötigst dafür einen Tennis- oder Faszienball. Bitte leg das Buch gleich kurz zur Seite und stell dich hin. Streck dann die Beine durch und mach eine klassische Rumpfbeuge, ohne dich vorher zu dehnen. Die funktioniert so: Stell dich gerade hin, drück die Knie durch und beuge dich nun mit Armen und Rumpf nach vorne, so weit du kannst. Versuche, mit den Fingerspitzen deinen Zehenspitzen so nah wie möglich zu kommen. Merk dir den Punkt, bis zu dem du gelangt bist. Und hier kommt mein Wettangebot:
WETTEN, DASS ICH MIT EINER KLEINEN ÜBUNG AN DEINEM FUSS DEINE BEWEGLICHKEIT IM RÜCKEN, IM GESÄSS UND IM BEINBEREICH VERBESSERN KANN?
Zieh nun bitte sofort deine Schuhe aus, leg den Tennisball unter dein Fußgewölbe und massiere es eine Minute lang. Du musst richtig kräftig auf den Ball treten und ihn dabei unter dem Fuß vor- und zurückrollen. Das darf und muss sogar ziemlich schmerzhaft sein. Versuche auf einer Schmerzskala von eins bis zehn den Wert sieben zu erreichen. Das musst du leider einen Augenblick aushalten. Wenn du mit dem einen Fuß fertig bist, massiere bitte auch das Gewölbe des anderen. Fertig? Dann mach jetzt noch einmal eine Rumpfbeuge. Und?
Das Ergebnis dürfte dich überraschen. Was hat eine Massage des Fußgewölbes mit der Beweglichkeit des Rückens zu tun? Eben eine ganze Menge. Verantwortlich dafür ist die sogenannte Plantarfaszie, deren Stimulation im Fuß bis in den Rücken hinein wirkt. Ich habe diese kleine Wette an den Anfang des Buchs gestellt, weil sie illustriert, welche Trainingsphilosophie dich auf den folgenden Seiten erwartet. Ich will dir zeigen, wie du mit einfachsten Mitteln an deinem Körper arbeiten kannst. Einfach, indem du dir bestimmte physiologische Zusammenhänge zunutze machst. Und keine Sorge: So schmerzhaft wie die Massage deines Fußgewölbes ist keine andere Übung in diesem Buch. Das Schlimmste hast du also bereits hinter dir.
Es gibt unheimlich viele Fitnessbücher, die ihren Lesern das Blaue vom Himmel versprechen: 20 Kilo Gewichtsverlust in vier Wochen oder einen Waschbrettbauch in 14 Tagen. Solche Versprechen kann ich dir leider nicht geben. Sie sind schlicht nicht haltbar. Was ich dir dagegen bieten kann, ist ein ehrliches Training, das auf einer ganzheitlichen und funktionellen Ausrichtung beruht. Ich kann dir ein Training bieten, das du selbst skalieren kannst und das sich automatisch an dein individuelles Leistungsvermögen anpasst, ohne dich zu unterfordern oder zu überlasten. Ich kann dir ein Training bieten, das wirkt und mit dem du dich – nach dem einen oder anderen Muskelkater – fitter, gesünder und stärker fühlst. Doch was zeichnet ein gutes Training aus?
DAS BESTMÖGLICHE TRAINING – WERDE DEIN EIGENER COACH
Zu einem guten Training gehört vor allem ein guter Trainer. Und genau den will ich aus dir machen. Ein guter Trainer sollte „seinen“ Athleten genau kennen. Sowohl anatomisch als auch physiologisch. Und er sollte seinen Athleten psychisch kennen und wissen, wie er ihn motivieren kann.
Wenn sich mir jemand anvertraut und seine Hoffnung in mich setzt, dass wir zusammen seine Leistung optimieren, den Fitnesszustand verbessern und den Körper strukturell verändern, muss ich mir auf verschiedenen Ebenen darüber Gedanken machen. Als guter Trainer habe ich daher erst einmal keine Ratschläge und vorgefertigten Pläne parat, sondern stelle viele Fragen an meinen Athleten:
- Welches Fitnesslevel bringt er mit? Ist er ein Sportanfänger oder bereits fortgeschritten?
- Welche Ziele möchte er erreichen? Gewicht verlieren? Muskeln aufbauen? Ein breites Kreuz bekommen? Oder will er einfach nur seine Rückenschmerzen loswerden?
- Wie viel Zeit kann er in das Training investieren? Wie viel Training lassen Beruf und Familie zu? Auch wenn es immer heißt, dass man sich die Zeit für sich selbst einfach nehmen muss, ist das im Alltag leider nicht so leicht umsetzbar.
BIST DU EIN ATHLET?
Ich kann mir vorstellen, dass sich der eine oder andere Sporteinsteiger von dem Begriff „Athlet“ nicht angesprochen oder sogar ausgegrenzt fühlt. Nach dem Motto: Ein Athlet? Ich doch nicht! In meinen Augen ist jeder, der regelmäßig zu trainieren beginnt, ein Athlet, ein Sportler. Selbst, wenn er am Anfang nur fünf Kniebeugen schafft. Mit dem richtigen Training und einer vernünftigen Ernährung wird es aber garantiert nicht bei den fünf Kniebeugen bleiben.
Ich möchte außerdem wissen, wie mein Athlet lebt. Wie schläft er? Wie ernährt er sich? Und was ist er bereit, zusätzlich zum Training zu investieren, um sein Ziel zu erreichen? Es gibt neben einem guten Training ja zahlreiche andere Stellschrauben, mit denen wir unsere Gesundheit und Fitness verbessern können. Auch die gilt es anzupacken. Wir werden dieses Thema im Kapitel mit meinen Gesundheits- und Fitness-Hacks (ab Seite 94) ausführlich besprechen.
Die Antworten auf all diese Fragen bilden das Fundament, auf dem ein guter Trainer das individuelle Training für seinen Athleten aufbaut. Und zwar so, dass er ihm sinnvolle Trainingsreize anbietet, die weder über- noch unterschwellig sind. Das ist die sogenannte Skalierung. Außerdem sollte das Training einen maximalen Motivationsfaktor mit sich bringen, damit der Athlet mit Freude trainiert und bereit ist, Grenzen zu überschreiten, um das nächste Level zu erreichen. Motivation entspringt aus der richtigen Programmierung des Trainings. Mehr und Genaueres hierzu folgt später.
Die wichtigste Aufgabe eines Trainers besteht also darin, die richtige Skalierung und Programmierung für den Athleten zu finden. Mit diesem Buch will ich dir helfen, genau das in Zukunft für dich selbst zu tun. Mit meinen Ausführungen und Erläuterungen will ich dich zum einen dahin bringen, dich selbst zu mehr Bewegung zu animieren und dich gesünder und fitter zu machen. Zum anderen möchte ich dir eine Trainingsmethodik mit auf den Weg geben, mit der du dank einer vernünftigen Skalierung und Programmierung automatisch das richtige Training für dich findest.
Aufgrund unterschiedlicher körperlicher Voraussetzungen, sei es bei der Fitness oder auf gesundheitlicher Ebene, kann es kein einheitliches Training geben, das für alle gleich gut funktioniert. Womöglich liegen einige Bewegungsdefizite oder muskuläre Dysbalancen vor. An diesen Dingen müssen wir erst arbeiten, bevor wir die Intensität oder den Schwierigkeitsgrad einer Übung steigern. Ich kann von einem Sportanfänger beispielsweise keine Hockstrecksprünge fordern, weil ihm die Voraussetzung dazu fehlt. Das geht erst, wenn wir die Kraft dafür in den Beinen mit einfachen Übungen aufbauen, zum Beispiel mit der Knie-beuge. Wenn die einfache Übung dann sitzt, steigern wir das Niveau im Training und steigern mit anderen Übungen Kraft und Beweglichkeit noch weiter. Bis es eines Tages auch für die Hockstrecksprünge reicht.
FUNKTIONELLES TRAINING
In den vergangenen Jahren hat es zahllose Fitnesstrends gegeben, darunter zum Beispiel das Kettlebell-Training, Breaklethics oder das Animal Training. Der einzige Trend, den ich für wirklich sinnvoll halte, ist und bleibt das funktionelle Training, auch als Functional Training bekannt. Mittlerweile haben zahlreiche Studien die positiven Effekte des funktionellen Trainings mit Körpergewichtsübungen belegt:
Kraftzuwachs
schnellerer Fettabbau
mehr Beweglichkeit
Verbesserung des Herz-Kreislauf-systems
geringeres Verletzungsrisiko
Profisportler können von einem funktionellen Training ebenfalls profitieren. Und selbst bei älteren Menschen führt ein moderates funktionelles Training innerhalb von vier Wochen zu einer signifikante Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit.
Ein Training, das den Leistungsstand eines Sportlers nicht berücksichtigt, ist nicht nur ungesund, sondern auch gefährlich. Ich habe oft genug erlebt, wie sich Sportler, die mit populären Bodyweight-Trainings-Apps trainierten, überfordert oder gar verletzt haben. Sie wurden von der App nämlich nicht Stück für Stück aufgebaut, sondern einfach ins kalte Wasser geworfen. Die App gab ihnen keine Struktur und kein Maß vor, die Anforderungen waren zu hoch und die Bewegungsmuster zu schwierig. Ich kann solchen Hauruckmethoden nichts abgewinnen. Wer sich im Training überanstrengt, erreicht seine Ziele nicht etwa schneller, sondern riskiert Verletzungen und Herz-Kreislauf-Probleme. Ein Training macht nur mit einer vernünftigen Skalierung Sinn. Das heißt nicht, dass ich meine Kunden schone. Ich bin im Training immer laut, motiviert und fordernd. Ich weiß aber auch, wie ich meine Athleten einzuschätzen habe. Noch mal: Es kann nicht das eine Training für alle geben. Es gibt jedoch eine Trainingsphilosophie, die für jeden Sportler Gültigkeit hat:
BEWEGE DICH SO GANZHEITLICH, NATÜRLICH UND FUNKTIONELL WIE MÖGLICH. NUTZE DEIN VON DER NATUR GEGEBENES BEWEGUNGSPOTENZIAL.
Auf diesen Grundsätzen baut mein Training auf. Ist dein Körper gesund, braucht er kein Training an einer Maschine, in der deine Muskeln mit der immer gleichen Bewegung monoton belastet werden. Falls du eine muskuläre Funktionsstörung hast, zum Beispiel durch einen Unfall oder eine Verletzung, macht ein derartiges Aufbautraining an einer Maschine Sinn. Ich will mit dir jedoch...