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Falafel, Kebab, Shakshuka

Essen wie in Jerusalem. Die Klassiker der orientalisch-arabischen Küche

AutorNidal Kersh
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783745301892
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Im Orient ist Essen von größter Bedeutung. Dies spiegelt sich in der Vielfalt der orientalisch-arabischen Küche mit ihren köstlichen Vorspeisen, raffinierten Gewürzen und himmlisch süßen Desserts. Nidal Kersh zeigt in diesem opulent bebilderten Kochbuch die beliebtesten Gerichte und orientiert sich dabei an der Küche Jerusalems, die wie ein Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen die kulinarischen Köstlichkeiten des Nahen Ostens vereint. Neben Falafeln, herzhaftem Kebab oder Shakshuka - einem Eintopf aus Tomatensoße, Chili, Koriander und Eiern, der zum Frühstück gegessen wird - gibt es auch Rezepte für den beliebten Auberginendip Baba Ghanoush, klassisch orientalische Brote, das süße Gebäck Baklava und viele weitere Klassiker. Die Gerichte sind einfach zuzubereiten und vermitteln orientalisches Lebensgefühl. In den begleitenden Texten erzählt Nidal Kersh von seiner Heimat Palästina und dem ursprünglichen Leben seiner Vorfahren, in dem die Mahlzeiten der soziale Kitt waren, der die Familie zusammenhielt.

Nidal Kersh ist in Stockholm aufgewachsen und hat eine finnische Mutter und einen palästinensischen Vater, der aus der israelischen Stadt Akko stammt. Kersh betreibt eine Falafel-Bar in Stockholm und ist auch maßgeblich in die Stockholmer Street-Food-Szene eingebunden.

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Leseprobe

EINE FAMILIENGESCHICHTE


Als 1948 der Krieg ausbrach, war mein Großvater draußen auf der Jagd. Er hatte sich ein Gewehr ausgeliehen und zielte auf einen Vogel. Den Schuss feuerte er allerdings nie ab, denn General McNeill entdeckte ihn und hielt ihm eine ordentliche Standpauke. »Mahmoud, bist du wahnsinnig? Sie bombardieren Smiriyeh! Kannst du dir vorstellen, was passiert, wenn sie von hier einen Schuss hören?! Geh nach Hause und bleib dort, bis es vorbei ist!« Also ging mein Großvater nach Hause. Er hatte keine Ahnung, dass Krieg ausgebrochen war, doch es stimmte. Und nichts sollte jemals wieder werden, wie es gewesen war. Alle saßen zu Hause und konnten den Krieg in ein paar Kilometern Entfernung hören. Jeder hatte Angst davor, was passieren würde. Und man konnte nichts anderes tun, als zu warten. Das Nachbardorf Smiriyeh wurde noch am selben Tag aus der Luft bombardiert und dem Erdboden gleich gemacht.

Alle Dörfer und Städte um Mazra'a wurden vom Krieg heimgesucht. Mein Großvater wusste nicht genau, wie alt er war, als der Krieg ausbrach, aber vermutlich war er um die 18. Schon früh hatte er begonnen, für General McNeill zu arbeiten, den alle im Dorf il inglizi (der Engländer) nannten. Die Anwesenheit des britischen Generals rettete Mazra‘a. Der General und seine Frau wohnten im ältesten Haus der Stadt. McNeill folgte seinen Landsleuten nicht, als sie 1948 das Land verließen, sondern blieb mit seiner Frau dort.

Palästina gab es nach 1948 nicht mehr. Der neue Staat hieß Israel und Mazra'a wurde zu einem Flüchtlingslager für Palästinenser, die aus den nahegelegenen Dörfern in Galiläa kamen. Als mein Großvater geboren wurde, wohnten in Mazra'a nur ein paar Familien, aber bald kamen viel mehr Leute dazu. Über ein Jahrzehnt lebte mein Vater bestimmt von den Militärgesetzen und musste um Erlaubnis bitten, um das Dorf zu verlassen. Als meine Großmutter, ein Mädchen aus Akko, meinen Großvater heiratete, war das Leben im Dorf wie ein kleiner Schock für sie. Sie musste Wasserklosett und Bedienstete gegen Plumpsklo und Wohngemeinschaft mit der ganzen Verwandtschaft eintauschen.

Eines Tages kam der vater meines Großvaters und wollte mit meinem Großvater reden. Sein Bruder sollte heiraten und hatte keine Wohnung. Mein Großvater, der der älteste Sohn war und eigentlich das Recht hatte, im Haus zu wohnen, interpretierte die Worte seines Vaters als Bitte an ihn, auszuziehen. Gleich nach dem Treffen sprach er mit seinem Freund Fattin, der etwas Grund am Rand des Dorfes besaß und Großvater erlaubte, dort ein Haus zu errichten. Großvater fuhr mit dem Fahrrad dorthin und begann, das Grundstück zu roden, das zu diesem Zeitpunkt eine reine Wildnis war. Er fand ein paar alte Öltonnen, die er aufschnitt und flach hämmerte, und baute daraus eine Baracke. Dann radelte er wieder zurück, holte meine Großmutter und meine beiden Onkel und zog in sein neues Heim ein. Meine Großmutter fragte meinen Großvater, was sie essen sollten, und schlug vor, noch einmal zurückzugehen und wenigstens etwas Mehl und Bulgur zum Abendessen zu holen. Großvater setzte sich aufs Fahrrad, aber sein Stolz ließ es nicht zu, zurückzufahren und Essen zu besorgen. Er fand jedoch einen Orangenbaum, pflückte einen Korb voll Früchte und fuhr wieder zu seinem neuen Heim.

In dieser Baracke wuchs mein Vater auf. Er wurde 1958 geboren und war Nummer vier in einer Schar von acht Kindern. Die Baracke rostete regelmäßig durch und mein Großvater hämmerte immer neue Öltonnen flach. Eines Tages kamen Israelis ins Dorf und erklärten Fattin, dass der Grund, den er besaß, nicht seiner war und jetzt dem Staat gehörte. Das war der Tag, an dem Fattin verrückt wurde. Er verließ dann Selbstgespräche führend das Dorf und kehrte nie mehr zurück. Mein Großvater musste den Grund nun vom Staat mieten. Viele in Mazra'a verloren damals ihre Ländereien und der Großteil des Ackerlands des Dorfes wurde den Kibbuzim zugeteilt, die rundherum aufgebaut wurden.

Im nächstgelegenen Kibbuz arbeitete ein Mann, den die Dorfbewohner Abu Josef nannten. Wie er eigentlich hieß, wusste mein Großvater nicht, aber er gewährte den Arabern nach der Ernte immer Zugang zu den Feldern. Nachdem der Weizen geerntet worden war, war immer noch ein Rest übrig, der dem Mähdrescher entgangen war. Oft war es Weizen, den die Ratten auf dem Feld für den Winter gesammelt hatten. Der Weizen lag in ordentlichen kleinen Haufen da und mein Vater erzählte, wie sie dann dort hingegangen waren und ihn aufgesammelt hatten.

Wenn man ohne Abu Josefs Erlaubnis auf die Felder ging, riskierte man eine Tracht Prügel. Nicht nur von Abu Josef, sondern auch von Großvater, weil man etwas vom Feld gestohlen hatte. Mazra'a war grün und wild und die Kinder spielten immer draußen. Im Winter wurden die alten Aquädukte mit Wasser gefüllt und die Kinder des Dorfes konnten sie als Rutschbahn nutzen. Der Winter war auch die Zeit der Orangen. Gegessen wurden Bulgur, Linsen, Bohnen und Brot, das meine Großmutter in einem Lehmofen backte. Sie hatten ein paar Ziegen, die Milch gaben, und ein paar Hühner für Eier und Fleisch.

Mein Großvater arbeitete anfangs als Tagelöhner in verschiedenen Kibbuzim. Nach ein paar Jahren bekam er dann Arbeit bei der Stadtteilverwaltung in Naharija. Bei den Mahlzeiten gab es immer mehr Brot als Belag und mein Großvater aß stets am wenigsten. Sein Verhältnis zum Essen und seine Art zu essen, behielt er sein ganzes Leben lang bei. Er blieb maßvoll, auch wenn es mehr als genug zu essen gab. Er meinte, der Prophet habe gesagt, man solle den Magen zu einem Drittel mit Essen, einem Drittel mit Wasser und einem Drittel mit Luft füllen.

Im Frühling nahmen meine Großeltern immer die ganze Familie mit in die Berge, um Zatar zu pflücken. Großvater zeigte allen, wie man die Blätter abschneiden musste, ohne die Wurzeln zu beschädigen, sodass man im Herbst wiederkommen und noch einmal pflücken konnte, wenn die Blätter nachgewachsen waren. Im Sommer gingen sie zu den Ruinen all der alten Dörfer, die rundherum lagen, und pflückten Kaktusfeigen. In allen palästinensischen Dörfern waren Kakteen gepflanzt worden, und auch wenn die Häuser verschwunden waren, kamen die Kakteen wieder. Mein Großvater und alle meine Onkel pflückten die Kaktusfeigen und kamen mit vollen Eimern nach Hause.

Rund um Mazra'a wurden schließlich neue Wohnungen für die Israelis gebaut, die aus aller Welt hierherkamen. Man brauchte Arbeitskräfte und die Palästinenser waren bereit, dabei zu helfen, neue Häuser auf dem Grund zu bauen, auf dem nur wenige Jahre zuvor noch palästinensische Dörfer gestanden hatten. Ende der 1970er-Jahre hatte sich die finanzielle Situation der Familie so weit verbessert, dass sie es sich leisten konnte, ein richtiges Haus zu bauen. Mein ältester Onkel Husni war in der Baubranche gelandet und wurde schließlich Bauingenieur, und mithilfe seiner Kenntnisse konnten sie mit dem Bau beginnen.

Das Haus war irgendwann Mitte der 1980er-Jahre fertig. In arabischen Dörfern in Israel gab es keine Städteplanung. Viele bauten ihre Häuser illegal, weil der Grund eigentlich als landwirtschaftliche Fläche eingestuft war, aber das Bedürfnis, für sich etwas zu bauen, war groß, und der Staat half dabei nicht weiter. Wenn man sich beeilte und schnell die Grundmauern errichtete, ließen die Behörden die Sache manchmal auf sich beruhen. Zwar musste man saftige Geldstrafen bezahlen, aber man durfte das Haus wenigstens behalten. Meine Großeltern wohnten ganz unten und dann gab es noch vier Wohnungen für meine Onkel. Mein Vater hätte auch eine bekommen, aber zu dieser Zeit war er nicht mehr so interessiert an einem Leben im Dorf. Er wusste früh, dass er nicht bleiben würde, und so ging er im Gymnasium von der Schule ab und nahm einen Job in einem Hotel in Naharija an. Diese Stadt lag ein paar Kilometer von Mazra'a entfernt und war Ende des 19. Jahrhunderts von deutsch-jüdischen Immigranten gegründet worden. Zwischen Mazra'a und Naharija bestand ein Unterschied wie Tag und Nacht. Anstelle von Baracken gab es hier schicke Villen an der Küste, Cafés, Restaurants und Diskotheken. Für die Bewohner von Mazra'a war Naharija sehr weit weg. Man besuchte die Stadt, um zur Bank zu gehen, seinen Lohn abzuholen oder wenn man ins Krankenhaus musste. Ansonsten war man nicht dort. Es gab eine Art unsichtbare Barriere zwischen Israelis und Arabern. Mein Vater durchbrach unbewusst diese Barriere. Er wollte sein, wo die Israelis waren, aber ohne Kompromisse bezüglich seines Ursprungs einzugehen. Die Gastronomie war sein Weg in die neue Welt.

Bald begannen Reisen nach Europa. Deutschland, die Niederlande, Dänemark und schließlich Schweden. In Schweden lernte er dann meine Mutter kennen, die gerade aus Finnland hergezogen war. Sie arbeitete in einem jüdischen Altersheim...

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