Kapitel 1
Nahrungsergänzungen auf Proteinbasis
Proteinshakes kannte man bis vor einigen Jahren hauptsächlich in Sportlerkreisen. Insbesondere im Bodybuilding und im Fitness-Sport werden diese Nahrungsergänzungen bereits seit Jahren verstärkt eingesetzt. So ist es auch kein Wunder, dass vor allem muskelbepackte Athleten im Fitnessstudio an der Erfrischungstheke ihren Proteinshake einnahmen, wohingegen sich der normale Freizeitsportler eher mit Mineraldrinks begnügte. Schließlich wollte man nicht dem Klischee vom muskelbepackten Bodybuilder entsprechen. Vor allem Frauen fürchteten sich davor, große Muskelberge aufzubauen. Zeitweise wurden Proteinshakes sogar gemieden, da sie angeblich schnell »fett« machten.
Proteine für jeden
Heute werden Proteine anders bewertet. Mittlerweile ist auch im Mainstream angekommen, was Bodybuilder schon lange behaupten: Proteine sind nicht nur für Sportler wichtig, sondern für jeden, der sich gesund ernähren möchte und einen sportlich-aktiven Lifestyle leben will. Denn es sind nicht die Proteinshakes allein, die bei Bodybuildern für rasantes Muskelwachstum sorgen. Dazu gehört mehr. Die Angst, bei einem herkömmlichen Fitnesstraining mit einigen wenigen Trainingseinheiten pro Woche große Muskelberge aufzubauen, ist vollkommen unbegründet. Denn der typische Bodybuilder mit seinem furchterregenden Körper trainiert mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr viel öfter, sehr viel mehr und sehr viel intensiver als ein durchschnittlicher Freizeitsportler. Diese beiden miteinander gleichzusetzen ist, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen.
Da diese Tatsache mittlerweile allgemein bekannt ist, greifen inzwischen praktisch alle Zielgruppen im Fitness-Studio zu ihrem Proteinshake – neben dem leistungsorientierten Bodybuilder und Kraftsportler eben auch der Freizeitsportler mit mehr oder minder großen Ambitionen. Und sie alle können tatsächlich von einer zusätzlichen Proteinzufuhr profitieren.
Um jedoch zu verstehen, welche positiven Effekte Proteine generell haben und wie Proteinshakes einen zusätzlichen Nutzen bringen können, sollte man sich zunächst ein wenig mit dem Aufbau von Proteinen beschäftigen.
Aminosäuren als Bausteine der Proteine
Proteine sind aus einzelnen Aminosäuren aufgebaut, diese sind sozusagen die Bausteine der Proteine. Es existieren insgesamt 21 proteinogene Aminosäuren – das sind Aminosäuren, aus denen Proteine synthetisiert werden können. Darüber hinaus finden sich in unserer Ernährung noch unzählige weitere Aminosäuren, die jedoch nicht zum Proteinaufbau genutzt werden können.
Um das Ganze bildlich darzustellen: Proteine kann man sich, vereinfacht ausgedrückt, als sehr lange Perlenketten vorstellen. Jede einzelne Perle stellt eine der 21 proteinogenen Aminosäuren dar. Diese 21 Aminosäuren verknüpfen sich anschließend miteinander. Wird eine Kettenlänge von mindestens 100 Aminosäuren erreicht, spricht man von einem Protein. Kettenlängen von unter 100 Perlen nennt man Polypeptide. Besitzt eine Kette nur drei bis zehn Perlen, spricht man von einem Oligopeptid. Drei Perlen bilden ein Tripeptid, zwei aneinandergereihte Perlen ein Dipeptid. Eine einzelne Perle ist eine freie Aminosäure. Das ist deshalb wichtig zu wissen, weil unser Darm nur einzelne, freie Aminosäuren aufnehmen kann oder in Einzelfällen sehr kurze Peptidformen, nämlich Di- und Tripeptide. Die Proteinverdauung ist also nichts anderes als die Aufspaltung langer Aminosäurenketten von der Proteinform in einzelne freie Aminosäuren.
Essenzielle und nicht-essenzielle Aminosäuren
Acht der 21 proteinogenen Aminosäuren sind essenziell. Das bedeutet, dass diese Aminosäuren von unserem Organismus nicht selbst hergestellt werden können. Wir sind daher auf ihre Zufuhr über die Nahrung angewiesen. Die restlichen 13 nicht-essenziellen Aminosäuren können vom Körper selbst hergestellt werden. Dies geschieht durch einen »Umbau« essenzieller Aminosäuren. Das funktioniert natürlich nur dann, wenn ausreichende Mengen essenzieller Aminosäuren zur Verfügung stehen.
Jedes Protein hat eine andere Zusammensetzung. Die Perlen der langen Ketten sind also nicht bei jeder Kette gleich. So gibt es Proteine mit einem höheren Anteil an essenziellen Aminosäuren und Proteine mit einem höheren Anteil an nicht-essenziellen Aminosäuren. Da jedoch vor allem die essenziellen Aminosäuren entscheidend sind, wird bereits hier deutlich, dass die Qualität eines Proteins mit dessen Aminosäurenzusammensetzung einhergeht.
Doch auch hier muss noch weiter differenziert werden: Auch bei demselben Gesamtanteil an essenziellen Aminosäuren an einem Protein kann es durchaus sein, dass einzelne essenzielle Aminosäuren in höherer, andere in niedrigerer Konzentration vorkommen als vom Körper benötigt. Anders formuliert kann eine essenzielle Aminosäure, gemessen an ihrem Gesamtbedarf für den Organismus, in einem Protein nur in geringen Mengen vorkommen, andere Aminosäuren hingegen im Überfluss und über den Bedarf hinaus. Man spricht in einem solchen Fall von einer limitierenden Aminosäure. Bei der Vorstellung der einzelnen Proteinarten wird dieses Thema noch ausführlicher erklärt. Wichtig ist an diesem Punkt vor allem, dass unterschiedliche Proteinquellen auch unterschiedliche positive und negative Eigenschaften mit sich bringen und es daher nicht ausreicht, einfach irgendein Protein zu konsumieren oder irgendeinen Proteinshake zu kaufen. Hier muss man genau auf die Zusammensetzung und die Qualität achten, um seine individuellen Bedürfnisse konkret zu befriedigen.
Warum Protein?
Wie bereits beschrieben, sind Proteine essenziell für den Körper. Bekommt unser Organismus diese unentbehrlichen Nährstoffe nicht in ausreichender Menge, kommt es irgendwann zu chronischen Mangelerscheinungen und als Langzeitfolge zum Tod. Das liegt daran, dass Aminosäuren logischerweise auch die Grundbausteine körpereigener Proteine sind. Nahrungsproteine mit einer bestimmten Sequenz der einzelnen Aminosäuren innerhalb der langen Kette werden im Zuge der Verdauung in ihre einzelnen Glieder aufgeteilt, über den Dünndarm aufgenommen und zur Leber transportiert. Dort wird entschieden, was mit den einzelnen Aminosäuren passiert. In der Leber und in der Peripherie des Körpers werden aus den einzelnen Aminosäuren wieder vollständige Proteinstrukturen aufgebaut, mit einer Aminosäurensequenz, die unser Organismus benötigt.
Aminosäuren sind also die Grundlage für den Aufbau struktureller Proteine wie Muskelmasse, Knorpel, Sehnen und Bänder, aber auch für Hormone, Enzyme, die Haut, Haare, Nägel und vieles mehr. Daher ist eine ausreichende Proteinversorgung von maßgeblicher Bedeutung für einen gesunden Organismus.
Sind Proteinergänzungen notwendig?
Proteine findet man in großen Mengen in natürlichen Nahrungsmitteln wie etwa Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukten, Hülsenfrüchten, Samen und diversen Gemüsesorten. Zur Deckung des Grundbedarfs der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Proteinmenge von 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht ist eine Ergänzung mittels Proteinshakes sicherlich nicht notwendig.1 Der von der DGE empfohlene Wert bezieht sich jedoch auf das Minimum der täglich notwendigen Proteinmengen, mit dem ein Mangelzustand vermieden werden soll. Diese Mindestversorgung kann jedoch nicht zwangsläufig mit einer Optimalversorgung gleichgesetzt werden beziehungsweise kann eine Zufuhr über den Minimalbedarf hinaus weitere positive Effekte bewirken. Sportler und aktive Personen haben einen deutlich erhöhten Proteinbedarf, der über das Doppelte der von der DGE empfohlenen Zufuhrmenge von 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht betragen kann – je nach betriebener Sportart, Trainingsintensität, Zielsetzung und Trainingsumfang.2
Nebenwirkungen von Proteinen
Häufig ist in den Medien zu lesen, dass sich eine überhöhte Proteinzufuhr negativ auf die Gesundheit auswirke. Vor allem Nieren und Leber sollen darunter leiden. Seriöse wissenschaftliche Untersuchungen legen jedoch nahe, dass selbst bei einer Proteinzufuhr von bis zu knapp 3 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht für Menschen mit gesundem Stoffwechsel – ohne diagnostizierte Nierenerkrankungen – keine negativen gesundheitlichen Folgen zu erwarten sind.3 Selbst bei einer Zufuhrmenge von 4,4 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht – also einer Steigerung des DGE-Wertes um 550 Prozent – konnten bei den Probanden keinerlei negative Folgen in Bezug auf Blutmarker oder Organgesundheit nachgewiesen werden.4 Einzelne Probanden der Studie erreichten sogar Spitzenzufuhrwerte von 6,6 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht, ohne dass sich negative gesundheitliche Folgen einstellten. Sofern demnach also keine diagnostizierten Stoffwechsel- oder Organerkrankungen vorliegen, kann man davon ausgehen, dass eine zu geringe Proteinzufuhr...