Prolog: Ganz tief atmen
Strahlende Gesundheit und das Glück des Daseins
Japan ist heute das Land mit der höchsten Lebenserwartung der Welt, und der japanische Archipel wurde von einem beispiellosen Gesundheitsboom erfasst. Seit ich 1986 meine ärztliche Praxis geschlossen habe, sind schon über zwanzig Jahre vergangen. Die Tatsache, dass sich heute so viele Menschen mit ihrer Gesundheit beschäftigen, halte ich als Arzt für sehr erfreulich. Zu allen Zeiten war es der Wunsch der Menschen, ihre Tage in bester Gesundheit zu verbringen, denn das größte Glück im menschlichen Leben ist doch die Gesundheit. Aber welche Vorstellungen verbinden Sie mit dem Wort »Gesundheit«, das Sie im alltäglichen Leben benutzen, ohne sich etwas dabei zu denken? In den meisten Fällen richten wir unser Augenmerk dabei auf die körperliche Kraft, auf einen kräftigen Körper, der keine Krankheit kennt … Aber reicht das schon aus, um von echter Gesundheit reden zu können? Meiner Meinung nach stecken in dem Wort Gesundheit drei Komponenten: Zur körperlichen Kraft, der Gesundheit des Körpers, kommen noch die seelische Kraft, die Gesundheit der Seele, und die geistige Kraft, die Gesundheit des Intellekts. Fehlt eine dieser drei Komponenten, kann man einen Menschen nicht als gesund bezeichnen. Diese drei Seiten der Gesundheit bestehen keineswegs isoliert und unabhängig voneinander. Indem sie sich gegenseitig beeinflussen, ausgleichen und in Harmonie koexistieren, bewirken sie die wahre Gesundheit eines Menschen. Ich bin davon überzeugt, dass ganzheitliche Gesundheit, das heißt, ein Zustand, in dem körperliche, seelische und geistige Kraft in vollem Maße verwirklicht sind, für den Menschen etwas ganz Normales sein sollte. In anderen Worten könnte man dies auch als den Zustand bezeichnen, in dem jedes Individuum seine individuelle Bestimmung und die eigenen Gaben am besten entfaltet.
Die Fähigkeit, die körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte zu vervollkommnen und die eigene Bestimmung zu erfüllen, habe ich die »Kraft großer Gesundheit« genannt und zum (japanischen) Titel dieses Buches gemacht. Bei dieser Kraft handelt es sich keineswegs um etwas, das wir mit unseren Augen sehen oder in Zahlen ausdrücken können. Diese Kraft großer Gesundheit ist eine Gabe, die im Normalfall jedem von uns gegeben ist.
Was also ist der normale Zustand des Menschen? Die Untersuchung dieser Frage bildet das Hauptthema dieses Buches.
Sechzig Billionen Zellen regenerieren
Der menschliche Körper ist aus kleinsten Einheiten, den Zellen, zusammengesetzt. Ihre Gesamtzahl beträgt sechzig Billionen, von denen täglich 1,2 Billionen einerseits absterben und andererseits wieder geboren werden. Ich habe mich viel mit Gesundheit als dem ursprünglichen Zustand des Menschen und der ihm angeborenen Kraft großer Gesundheit befasst. Bei meiner Analyse bin ich letztlich bei dem Problem der Zelle angelangt. Gehen wir einmal davon aus, dass es sowohl gesunde Zellen gibt als auch solche, die es nicht sind. Lassen Sie uns einfach den Körper eines Menschen, der sich aus vitalen, kräftigen Zellen zusammensetzt, mit dem Körper eines Menschen vergleichen, der aus ausgemergelten Zellen besteht. Bei diesem Beispiel ist es wohl für jeden Leser offensichtlich, welcher von beiden der gesündere Körper ist. Weiterhin wollen wir vorläufig einmal annehmen, dass die Zellen eines bestimmten Menschen nur eine Lebensdauer von einer Woche hätten, während die eines anderen einen Monat lang lebten. Auch hier könnte selbst ein Erstklässler erkennen, welcher von beiden länger leben würde.
Das Problem der Krankheit als Gegenpol zur körperlichen Gesundheit lässt sich leicht verstehen, wenn man das Augenmerk auf die Zelle richtet. So ist zum Beispiel Krebs, eine der drei Haupttodesursachen, eine spezifische Erkrankung vielzelliger lebender Organismen. Es handelt sich um ein Phänomen, bei dem sich defekte Zellen, das heißt in einem Zellverband entstandene anomale Zellen, vermehren, auf die Organe übergreifen und verschiedene Krankheitssymptome hervorrufen.
Doch letztlich hängen alle Krankheiten, seien es nun die schweren Leiden des modernen Menschen oder die verschiedenen modernen Beschwerden, die auf Stress zurückzuführen sind, oder die Probleme der Senilität, damit zusammen, dass die Zellen nicht normal funktionieren.
Meiner Meinung nach hängt die Gesundheit einer Zelle von zwei Faktoren ab: Funktion und Resistenz. Unter Funktion versteht man zum Beispiel bei Gehirnzellen, dass sie ihre spezifischen Fähigkeiten maximal entfalten. Mit Resistenz ist eine Kraft gemeint, mit der bestimmte Zellen, die irgendeinem äußeren Druck ausgesetzt sind, diesen überwinden, um weiterhin normal arbeiten zu können. Um Gesundheit, den Normalzustand des Menschen, aufrechtzuerhalten, müssen die den Organismus formenden Zellen im Hinblick auf ihre Funktion und ihre Resistenz normal arbeiten. Und ich bin davon überzeugt, dass dabei der Sauerstoff als Quelle des Lebens eine entscheidende Rolle spielt.
Kein Leben ohne Sauerstoff
Der menschliche Körper ist ein kleines Universum. Über dem menschlichen Körper steht die Erde und über der Erde das Universum. Und so wie es im Universum und auf der Erde überhaupt nichts Überflüssiges gibt, gibt es auch in dem kleinen Universum des menschlichen Körpers nichts Überflüssiges.
Auf dieser Erde könnte kein einziges Lebewesen existieren, wenn es keinen Sauerstoff gäbe. Wenn wir den Blick vom kleinen Universum der Erde auf das Universum des Planetensystems richten, erkennen wir, dass die Sonne ohne Sauerstoff nicht weiterbrennen könnte. Auch der Mikrokosmos des menschlichen Körpers könnte ohne Sauerstoff nicht funktionieren, und kein Wissenschaftler würde bestreiten, dass Sauerstoff die Quelle allen Lebens ist. Es erscheint mir jedoch unverständlich, warum ausgerechnet in der Wissenschaft vom menschlichen Organismus, der modernen Medizin, der Sauerstoff weitgehend ignoriert wird. Tatsächlich gibt es kaum einen Arzt oder Wissenschaftler, der sich auf dem Gebiet der medizinischen Therapien ernsthaft mit Sauerstoff beschäftigt. Vielleicht steht dahinter die Auffassung, Sauerstoff sei allzu selbstverständlich, oder es wäre technisch schwierig, sich mit etwas Unsichtbarem wie dem Sauerstoff zu befassen. Anscheinend gibt es keinen einzigen Arzt, der am menschlichen Körper forscht, indem er zum Beispiel die Sauerstoffzufuhr zu den Körperzellen erhöht oder reduziert.
Weil der menschliche Körper zu achtzig Prozent aus Wasser besteht, findet das Thema Wasser besonders große Beachtung. Dagegen wird zum Thema Sauerstoff kaum etwas publiziert. Im Rahmen des allgemeinen Gesundheitsbooms wird, angefangen von Nahrungsmitteln oder Getränken einschließlich Wasser bis hin zu den verschiedenen Arten von Hautpflegemitteln und Kosmetika, über so vieles geredet, dass mir die Ohren schmerzen. Umso weniger kann ich verstehen, warum über den Sauerstoff, die Quelle und Grundlage des Lebens, so wenig gesagt wird.
Heutzutage taucht eine neue Gesundheitsmethode nach der anderen auf wie Bambussprossen nach dem Frühlingsregen – nur um bald wieder zu verschwinden. Doch unter diesen vielen neuen Methoden gibt es kaum eine, bei der Sauerstoff eine Rolle spielt. So kann man behaupten, dass dies ein blinder Fleck in der medizinischen Welt einschließlich der alternativen Therapien und der Volksmedizin ist.
Ohne Nahrung kann der menschliche Körper eine Woche, ohne Wasser drei Tage leben. Wie aber ist es mit Sauerstoff? Wenn die Atmung fünf Minuten aussetzt, stirbt der Mensch, auch wenn sein Körper nicht über hundert Jahre alt ist wie bei mir. Sauerstoff ist die Grundlage, die das kleine Universum des aus sechzig Billionen Zellen zusammengesetzten menschlichen Körpers erhält.
Abb. 2: Der Fluss der Kraft großer Gesundheit
Der von dieser Kraft ausgehende Fluss ist der ursprüngliche Zustand des Menschen. Die Kraft großer Gesundheit ist die jedem Menschen innewohnende Kraft, die dafür sorgt, dass wir gesund und normal leben. Sie wirkt in den drei Bereichen der körperlichen, seelischen und geistigen Kraft. Sie weckt alle notwendigen und wohltätigen Kräfte des Lebens.
Unser Bewusstsein als atmende Wesen
Vor über hundertdrei Jahren bin ich im Jahr 1902 als »runzliger Klumpen aus Haut und Knochen« zur Welt gekommen. So jedenfalls sahen es die Leute. »Dieses Kind wird bestimmt nicht lange leben.« Davon war ein Verwandter meiner Eltern zweifelsfrei überzeugt, denn das waren seine aufmunternden Worte, die er noch vor seinen Glückwünschen an meine Eltern richtete, als sie mich zum ersten Mal präsentierten. Während der Schwangerschaft hatte meine Mutter nur Kakifrüchte gegessen. Ob die allmorgendliche starke Übelkeit, an der meine schwangere Mutter litt, einen Einfluss auf ihr Kind, nämlich mich, ausgeübt hatte? Die Tatsache, dass ich als schwächliches Kind geboren wurde, gehörte wohl zu meinem Schicksal.
Auf jeden Fall sollte der »runzlige Klumpen aus Haut und Knochen« anschließend ein halbes Leben lang ein Symbol für mich und meine physische Verfassung bleiben. In meiner Jugend, in der ich als »Supermarkt der Krankheiten« verspottet wurde, bin ich häufig dem Tod nahe gewesen. Von Lungentuberkulose bis zu eitriger Bauchfellentzündung und Darmlähmung hatte ich immer wieder unter allen möglichen schweren Erkrankungen zu leiden. Einmal war es sogar so schlimm, dass der Arzt seine Diagnose mit den Worten »Heute Nacht geht es mit ihm zu Ende!« verkündete.
Deshalb war bei mir der Wunsch, gesund zu werden, um ein...