– Kenntnis
Der gute Redner sollte im Stoff sein, d. h., er muss wissen, worüber er spricht.
– Hard facts
Er sollte „hard facts” nennen, d. h., die Rede sollte nicht nur ein „Besinnungsaufsatz” sein. Vielmehr hinterlässt eine Rede bleibenderen Eindruck, wenn sie Zahlen und Tatsachen erhält, die stimmen und die das Publikum interessieren.
– Soft skills
Ebenso sollte der gute Redner aber auch „soft skills” verwenden, d. h. neben den reinen Sachinformationen „epiteta ornantia” – schmückende Beiwerke – einfließen lassen, die der Rede die persönliche Note des Redners und den Charme und Witz seiner Aussage geben und mit denen er seine Zuhörer einfängt, zu ihnen eine Brücke schlägt.
– Beginn mit Witz
Amerikaner beginnen eine Rede fast immer mit einem Witz. Das ist ein kluger Trick; denn wenn das Publikum erstmal fröhlich gelacht hat, ist es guter Dinge und hört besser zu, was kommt.
– Mittelteil
Im Mittelteil der Rede, nach einer kurzen Einführung, in welcher gesagt wird, mit welchem Thema man sich auseinandersetzen möchte oder aus welchem Anlass man diese Rede hier hält, im Mittelteil also bringt der Redner sein Hauptthema unter, beleuchtet es von vorne bis hinten, argumentiert seine These und untersucht Gegenargumente, stellt gegenüber, wägt ab und bestärkt schließlich seine eigene Auffassung, von der er ja in der Regel seine Zuhörer überzeugen möchte.
– Rhetorische Stilmittel
Rhetorische Stilmittel sind dabei die Logik, das Prinzip des Konsenses, die Polarisierung und die „Erdverbundenheit”, also natürlicher Charme und bodenständige Ehrlichkeit.
– Schlussappell
Für den Schluss einer Rede sollte sich der Redner einen Appell ausdenken, den (fast) jeder unterschreiben würde als Appell, dessen Inhalt aber häufig nicht beachtet wird, worüber sich der jeweils andere aufzuregen pflegt. Solche Appelle erzielen die höchsten Beifallsstürme, und diese sorgen für einen glänzenden Abtritt des Redners. Wenn also der Bürgermeister mit den Worten schließt, „… denn die Stadtverwaltung ist für die Bürger da, und nicht der Bürger für die Stadtverwaltung!”, kann er sich eines donnernden Applauses sicher sein.
– Reden vor (auch) ausländischen Gästen
Wenn sich ausländische Gäste unter den Zuhörern befinden, sollte der Redner auf die Befindlichkeiten dieser Gäste achten. Außerdem sollte der Redner berücksichtigen, dass der Ausländer nicht den selben Wissensstand haben kann, wenn es um typisch deutsche Belange geht. Es ist vornehm, wenn der Redner die ausländischen Gäste extra begrüßt und wenn er im Laufe seiner Rede auf sie eingeht. Wenn er deren Sprache spricht, sollte er ruhig zwischendurch, nämlich dann, wenn er sich besonders an diese Gruppe wendet, in der Sprache des ausländischen Gäste ein paar Worte sagen. Klug ist es, diese Bemerkungen dann in Deutsch zu wiederholen.
Gut beraten ist ein Redner vor ausländischen Gästen auch, wenn er die eigenen Probleme nicht allzu ernst nimmt, sondern die Dinge im eigenen Land auch mal ein bisschen ironisiert. Sich selber etwas auf den Arm nehmen (was die Amerikaner mit Brillanz tun) ist ein bewährtes Stilmittel in einer Rede. Man ist so nett bescheiden, wenn man sich selber etwas hochnimmt.
Wichtig vor ausländischem Publikum, vor allem vor Menschen aus großen Ländern, wie USA, Brasilien, Russland, China und Australien, ist, dass wir uns nicht dauernd als Nabel der Welt gerieren, sondern dass der Redner das jeweils andere Land und seine Kultur lobt. Das tut gut und kommt an, und darauf kommt es schließlich an.
Viele deutsche Politiker vergessen, wie klein wir sind und wie jung unsere Geschichte und unsere Kultur sind.
– Richtige Anreden
Wenn hochrangige Politiker, Amtspersonen und andere Würdenträger anwesend sind, werden diese gesondert angesprochen. Wenn sich zum Beispiel unter den Zuhörern eine Ministerpräsidentin, der englische Botschafter in Berlin, der österreichische Generalkonsul in Frankfurt, der Rektor der Freien Universität Berlin, ein evangelischer und ein katholischer Bischoff befinden sowie übrige weibliche und männliche Zuhörer, so ist die richtige Anrede:
„Eminenz (evang. Bischoff ), Exzellenzen (Brit. Botschafter und kathol. Bischoff ), Frau Ministerpräsidentin, Herr Generalkonsul, Magnifizenz (oder auch Herr Rektor der Freien Universität), meine (sehr verehrten) Damen und Herren!”
– Vorbereitung
Man sollte sich exzellent vorbereiten. Es genügt wirklich nicht, eine von einem Referenten geschriebene Rede kurz vor dem Vortrag eben einmal durchzulesen. Es genügt selten und nur wirklich sehr routinierten Rednern, sich im Auto kurz vor dem Event ein paar Stichworte zu machen und dann „unvorbereitet” loszulegen.
– Standplatz
Der kluge Redner sollte auch gute Bedingungen für seinen Auftritt geschaffen haben: Der Platz, an welchem er steht (er sollte immer und ohne Ausnahme beim Reden stehen, gerade auch bei einer Tischrede), muss so gewählt und gestaltet sein, dass die überwiegende Mehrheit der Zuhörer ihn sehen und gut hören kann. Es ist eine Rücksichtnahme den Zuhörern gegenüber, wenn er sich auf ein kleines Podest stellt oder auf die zweite oder dritte Stufe einer Treppe oder natürlich auf die Bühne und nicht aus falscher Bescheidenheit davor.
– Beleuchtung und Beschallung
Es sollte für angemessene Beleuchtung und Beschallung gesorgt werden.
– Freie Rede
Der gute Redner redet frei oder jedenfalls weitgehend frei. Gewiss, wissenschaftliche Vorträge werden wie Vorlesungen (daher der Name) mehr oder weniger vom Manuskript abgelesen. Aber politische Reden, Begrüßungs-, Glückwunsch- und Tischreden sowie auch Reden, die aus Anlass von Einweihungen, Richtfesten, Fertigstellungen von Bauprojekten gehalten werden, und Fest- und Grabreden, sollten weitgehend manuskriptfrei gehalten werden. Allenfalls ist ein Stichwortzettel angebracht.
– Kleidung
Der Redner, der überzeugen will, gibt ein gutes Bild ab. Er verwendet deshalb viel Sorgfalt auf seine Kleidung. Schließlich richten sich alle Augen auf ihn.
Alle nehmen es wahr, wenn seine Schuhe nicht geputzt sind oder von einer burschikosen Krepp- oder Gummisohle beherrscht werden. Alle sehen, dass die Hose nicht gebügelt ist. Alle – nein, nicht alle, sondern nur die, die die guten Sitten kennen – sehen, dass er, obwohl stehend, sein Sakko nicht zugeknöpft hat (nur mittleren Knopf!). Und (fast) niemand wird seinen schludrig offen gelassenen Kragenknopf und die auf Halbmast hängende Krawatte als Zeichen besonders charmanter Lässigkeit akzeptieren.
Sicher, der kluge Bürgermeister wird nicht overdressed ans Rednerpult treten, aber ordentlich, ja vorbildlich. Er wird in der Regel einen dunkelgrauen, nicht gemusterten Anzug mit schwarzen Schuhen und einem uni-pastellfarbenen oder weißen oder blau-weiß-gestreiften Hemd mit Doppelmanschetten tragen, die mit dezenten und geschmackvollen Manschettenknöpfen (ich empfehle kleine goldene mit kleinen ovalen Gabouchons = „Halbedelstein”) zusammengehalten werden.
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