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Erfahrungen und Betrachtungen

Ausgewählte Artikel zu Waffentechnik, Munition und Schießpraxis aus der Deutschen Schützen- und Wehrzeitung der Jahre 1872 bis 1881

VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl116 Seiten
ISBN9783752865288
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,49 EUR
Mit diesem Buch wird die Edition historischer Texte zur Schießpraxis in deutschen Schützenvereinen der Zeit vor 1900 fortgesetzt. Die ausgewählten Artikel zeigen, wie weit um 1870 die Entwicklung der Vorderlader war, sie zeigen aber auch das Aufkommen der ersten Hinterlader. So finden sich hier, neben einem Artikel zum Thema Naßbrandpulver auch Tipps zum Schießen auf große Entfernungen (Creedmoor), zur damals üblichen Praxis beim Wiederladen von Patronen, Erfahrungen im Umgang mit den ersten Hinterladern, eine für die regionalen Wettkämpfe der damaligen Zeit typische Einladung zum fünften mecklenburgischen Landesschützenfest in Wismar sowie die Schießordnung und die Hinweise für die Schützen, die am siebenten deutsche Bundesschießen, 1881 in München, teilnehmen wollten. Mit ausgewählt wurden auch einige Anzeigen, die zwischen 1872 und 1881 in der Deutschen Schützen- und Wehrzeitung erschienen sind und die ein Bild davon vermitteln, wie in diesen Jahren für Schützenbedarf, Hülsen und Waffen geworben wurde. Auch wenn die Sprache der Artikel altertümlich, die Rechtschreibung und viele Begriffe inzwischen veraltet sind, viele der hier vermittelten Erfahrungen sind auch heute noch aktuell und hilfreich.

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Leseprobe

Erfahrungen und Betrachtungen eines alten
Schützen


Artikelserie, Autor: W.L. Bechstein - „Deutsche Schützen- und Wehrzeitung“, Jahrgang 1872, Nr. 9, 12, 14 und 15.

Es ist in diesen Blättern hin und wieder bemerkt worden, daß die Liebe und Lust zum Schießen in den einzelnen Vereinen, gegenüber der Mitgliederzahl, durchschnittlich eine Schwache ist, die Ursache hiervon mag wohl hauptsächlich daran liegen, daß den angehenden Schützen nicht genug mit Rath und That an die Hand gegangen wird, in Folge dessen dieselben bald die Lust verlieren und das Schießen ganz oder theilweise einstellen. Jeder Schütze will möglichst gut schießen, das aber ist nicht bloß durch Uebung zu erlernen, sondern es gehört dazu vor Allem eine gute Büchse, ohne welche der beste Schütze nichts machen kann.

Würden in den einzelnen Vereinen befähigte Männer sich der Mühe unterziehen, angehende Schützen in allem Möglichen zu unterrichten, was beim Schießen zu beachten ist, namentlich beim Ankauf einer Büchse deren Schußsicherheit genau erproben helfen, so würde dies sicher die Lust zum Schießen heben, die Zahl der activen Theilnehmer bedeutend vermehren, und so dem großen Ganzen nützen. Ich spreche aus Erfahrung, denn ich habe 30 Jahre lang einer Schützengesellschaft mit vorgestanden, habe seit 60 Jahren vom Blasrohrschießen an bis auf den heutigen Tag mit Liebe und Lust geschossen, so manche Erfahrung dabei gemacht, und verlange allerdings von einem tüchtigen Schützen mehr, als blos mit einer guten Büchse zu schießen, denn dazu gehört weiter nichts, als ein gutes Auge, ruhiges Halten, und beim Abdrücken nicht wanken. Ein tüchtiger Schütze aber muß sich in allen vorkommenden Fällen zu helfen wissen, die Fehler seiner Büchse selbst auffinden und, wenn nöthig, dieselben dem Büchsenmacher zu deren Abhülfe angeben können.

Zweck dieser Zeilen kann es natürlich nicht sein, angehende Schützen sicher schießen zu lehren, dies erreicht man durch Uebung bei möglichst größter Ruhe, sondern bloß aufmerksam zu machen auf vorkommende Fälle beim Schießen, auf etwa vorhandene Mängel der Büchse, Winke zu geben, wie dieselben aufzufinden und zu beseitigen. Ich übergebe daher meine Erfahrungen und Ansichten im Nachstehenden der Oeffentlichkeit.

Innere Beschaffenheit des Rohres


Auf die Zahl der Züge kommt es nicht an, doch sollen dieselben nicht breiter als die Felder sein, etwas schmäler schadet nichts. Tiefe und eckige Züge sind nicht zu empfehlen, weil Kugel und Pflaster weder die Züge und noch weniger die Ecken ausfüllen können, in Folge dessen Pulvergase entweichen und die Triebkraft vermindert wird. Solche Büchsen schießen in der Regel zu Anfang kurz, dann etwas höher und erst dann auf einen Fleck, wenn der leere Raum mit Pulverschmutz ausgefüllt ist; ich ziehe deshalb seichte, einen flachen Bogen bildende Züge vor.

Züge und Felder müssen ganz rein sein, ohne irgend welche Vertiefung, oder bei Eisenrohren sichtbare Schweißnaht.

Rohre, welche irgend eine noch so kurze, enge oder weite Stelle haben, halten nicht genau Schuß. Um dies zu ermitteln, nehme man die Schwanzschraube heraus, stauche eine Bleikugel etwas zusammen, schlage diese mit einem Hammer in die Mündung des Rohres, so daß dieselbe die Züge vollständig ausfüllt, schiebe den Bleibolzen durch das Rohr, bestreiche ihn mit Oel, setze ihn dann wieder auf das Rohr und schiebe denselben einige Mal hin und her, ohne daß er jedoch das Rohr verlässt. Dabei fühlt man ganz deutlich, ob es Stellen giebt, wo man mehr Kraft anwenden muß, oder wo der Bolzen leichter geht. Bei den letzten 3 Zoll vor dem Schwanzschraubengewinde darf er etwas leichter gehen, jedoch nicht freiwillig herausfallen; an der Mündung aber muß der Bolzen stehen bleiben, d. h. nicht im Geringsten freiwillig zurückfallen. Eine Vorweite entsteht leicht dadurch, daß beim Schmirgeln des Rohres der Schmirgel an der Mündung, statt unten aufgetragen wird, oder auch durch längeren Gebrauch, namentlich durch das Reinigen der Büchse mit Holzstöcken.

Finden sich bei solchem Versuch enge oder weite Stellen, so müssen dieselben durch vorsichtiges, egales Schmirgeln durch das ganze Rohr durch entfernt werden.

Wenn nun aber die innere Beschaffenheit des Rohres ganz tadellos ist, so ist noch lange nicht die Folge, daß die Büchse schießen muß, es kömmt dabei zuvörderst noch in Frage:

Die Lage des Rohres im Schaft


Liegt das Rohr mit der unteren Fläche längs des Schaftes nicht überall auf, vielleicht nur da, wo die Schieberhaften sind, so hält eine solche Büchse nicht genau Schuß, denn bei der Entzündung des Pulvers wird, durch den Widerstand der Kugel, das Rohr gewaltig erschüttert und findet in diesem Fall ein Fibriren des Rohres statt, wodurch eine Abweichung der Kugel vom richtigen Ziele entsteht.

Im Allgemeinen kann ein Schütze sich sofort, wenn seine Büchse mit Haken und Scheibe versehen ist, überzeugen, ob das Rohr fest liegt; man braucht nur das Korn mittelst des Diopters voll gestrichen in die Kimme zu stellen, nehme die Büchse oberhalb des Bügels in die Hand, poche mit dem Ballen [der Hand, Anm. des Herausgebers] auf das Ende des Kolben und sehe, ob das Korn noch genau so steht, wie vorher. Dann drehe man das Rohr nach unten und poche ebenfalls auf das hintere Ende des Kolben; liegt das Rohr fest, so darf in beiden Fällen nicht mehr und weniger Korn in der Kimme stehen, als durch den Diopter zurvor eingestellt war; ist dies nicht der Fall, so liegt das Rohr im Schaft nicht fest.

Man ermittelt die Stellen nun dadurch, daß man die untere, mittlere Fläche des Rohrs mit dem Finger mit etwas Ruß und Oel bestreicht, vorsichtig in den Schaft legt, mit den Schiebern anzieht und wieder vorsichtig heraus nimmt; man sieht sowohl am Rohr als auch am Schaft, wo das Rohr nicht mit dem Schaft in Berührung gekommen ist.

Diesem Fehler hilft man dadurch ab, daß man die Scheibe vom Schaft entfernt, vorsichtig Holz wegnimmt, wo das Rohr angezeigt hat, dann die Schieberhaften etwas eintreibt, weil das Rohr um etwas tiefer zu liegen gekommen ist und so fort fährt bis dasselbe egal aufliegt, wobei die Schieber das Rohr straff anziehen müssen.

Da nun der Haken am Rohr etwas tiefer zu liegen gekommen ist, so muß man auch die Scheibe etwas tiefer einlassen, doch muß, wenn alles fertig, der angedeutete Versuch mit Oel und Ruß wiederholt werden. Ziehen die Schieber das Rohr fest an, paßt der Haken straff in die Scheibe, so habe ich die Ueberzeugung, daß der geringste Uebelstand vollständig beseitigt ist.

Bei Büchsen mit Kreuzschraube, d. h. ohne Haken und Scheibe, kommt es auch vor, daß nicht überall das Rohr im Schafte fest aufliegt. Hier kann man aber mit dem Diopter den Fehler nicht bemerken, weil so zu sagen das Gelenk, Haken und Scheibe, fehlt; man nimmt hier seine Zuflucht gleich zu Ruß und Oel, bestreicht damit das Rohr bis an das Ende der Schwanzschraube und verfährt auf gleiche Weise wie oben.

Sollte eine Büchse, so hergerichtet, dennoch nicht präcis Schuß halten, so kann die Ursache auch an der Form oder Stärke der Kugel, an dem Pflaster oder auch an dem Mißverhältniß zwischen Geschoß und Pulver liegen.

Die Form der Kugel


ist verschieden je nach dem Zweck der Büchse. Bei großem Caliber, womit man nicht auf 300m schießen kann, ist gewöhnlich die Kugel kurz, spitz, mit einer, höchsten 2 Ruden (Vertiefungen) versehen, um sowohl Blei zu ersparen, als auch eine möglichst flache Flugbahn zu bekommen und wird mit solchen Büchsen gewöhnlich nur aufgelegt geschossen.

Geschosse kleineren Calibers, worunter ich solche von 8½ bis 10½ mm Durchmesser rechne, sind oben kolbig, haben in der Regel 3 Ruden und genügt zum ganz sicheren Schuß derselben eine Länge, gleich dem zwei und ein halbfachen Durchmesser; bei Kugeln mit zwei Ruden ist die passendste Länge noch einmal so lang als der Durchmesser.

Es ist nicht gut, wenn

Die Kugel


ohne Pflaster straff in das Rohr passt; ich ziehe vor, wenn solche leicht in das Rohr geht; jedoch nicht durchfällt, denn bei solchem kleinen Caliber trägt auch ein schwaches Pflaster hinreichend bei, der Kugel einen sicheren Gang zu geben, außerdem kann man sich auch helfen mit etwas stärkeren Pflastern.

Die Kugeln müssen ganz glatt, ohne Faden, die Ringe vollständig ausgegossen sein; erstere bilden sich, wenn die Kugelform noch zu kalt, oder das Blei nicht heiß genug ist; letzteres ist oft nur dann vollständig zu beseitigen, wenn in jeder, den Ring der Kugel bildenden, oberen Ecke der Form eine Zwirnsfaden starke Vertiefung, etwas aufwärtsgehend, in beiden Backen eingefeilt wird, jedoch an dem einen Backen vorn, an dem anderen hinten, damit beide Vertiefungen nicht zusammen kommen, um dadurch auf beiden Seiten der in den Ecken etwa...

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