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Acht Bücher über die Weltregierung Gottes

AutorSalvianus von Massilia
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783752826944
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Der spätantike Kirchenvater Salvianus von Massilia beschreibt im vorliegenden, um das Jahr 450 entstandenen, Werk die Dekadenz und den allerorts vorzufindenden Sittenverfall in der Endphase des Römischen Weltreiches. In seinen Augen verdient das römische Volk wegen dessen unverbesserlicher Lasterhaftigkeit, von Gott bestraft zu werden. Der Nieder- (und für Salvianus) unausweichliche Untergang des Römischen Reiches erfolgt für ihn nicht durch das Fehlen irdischer Macht und Kraft, als vielmehr durch eine vollständige geistige Zerrüttung des Staates - ein nach außen prächtig und golden erscheinendes Gebäude, das innen jedoch ausgebrannt und zur leblosen Ruine verkommen ist - welche Punkte er in diesem Werk einzeln abhandelt.

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Leseprobe

Vorwort.


1.
Von dem Leben
und der Wirksamkeit des Salvianus.


SALVIANUS gehört dem 5. Jahrhundert so ganz, sieht man auf die Zahl seiner Jahre, an, daß er dasselbe größtenteils durchlebt zu haben scheint. – Wie Gennadius, dessen Zeitgenosse, in dem „Verzeichnis berühmter, der Kirche angehöriger Männer“ schreibt, soll er schon im Jahre 440 seinen „Timotheus“, verfaßt haben, eine Schrift, worin er jenes derzeit in alle Stände eingerissene Sittenverderbnis zeichnet und geißelt. Diese Schrift „gegen die Habsucht“1 erschien anonym; allein in dem Brief an Salonius2 gibt er sich deutlich genug als ihren Verfasser zu erkennen, und sagt gerade heraus, er habe das Werk teils aus Bescheidenheit, teils, damit die darin vertretene Sache nicht durch den Namen leide, unter diesem Namen erscheinen lassen, und den Namen „Timotheus“ gewählt, weil er zur Ehre Gottes geschrieben habe. – Die Veranlassung aber, sich hierüber näher auszusprechen, hatten ihm treue Freunde, namentlich einer seiner früheren Schüler, der Bischof Salonius gegeben3 Wenn er denn bereits um dieses Jahr eine so einflußvolle Wirksamkeit auszuüben vermochte, so müssen wir ihn schon damals in reiferem Alter tätig denken. – Das uns hier vorliegende Werk über die göttliche Vorsehung, von den auf uns gekommenen Schriften die vorzüglichste, erschien später, vielleicht kurz nach den Ereignissen in Trier und Köln in den Jahren 450-451. – Denn wie ein Augenzeuge schildert er jene in diese Jahre fallenden Zustände und Ereignisse.4 – Nun aber wissen wir, daß Attila im Jahre 450 mit 700.000 Mann auszieht, 451 über den Rhein geht; wir wissen, daß Mainz, Trier und viele andere Städte in Flammen auflodern, Kalamitäten, welche Salvianus veranlassen oder auffordern konnten, seine Schrift über die Wege Gottes zu verfassen.

Endlich reicht, jenem Gennadius zufolge, Salvianus’ Leben an die Zeiten des Papstes Gelasius, welcher von 492-496 regierte.

Salvianus ist von Geburt ein Gallier. – Dieses entnehmen wir aus Buch VI. Kap. 13, worin er jene Greuel der Verwüstung, welche die Barbaren auf heimatlichem Boden und in den Städten Galliens, namentlich in Trier und Köln, angerichtet hätten, in der Eigenschaft eines Augenzeugen zu dem Ende schildert, um zu zeigen, daß nicht einmal diese unsäglichen Kalamitäten es vermocht hätten, Männer ersten Ranges besonnener und gesitteter zu machen. – Daß nun gerade die Stadt Köln diesem heimatlichen Boden zuzähle, wird zwar hiermit nicht ausdrücklich gesagt, allein daß wir hier eher an Köln oder an dessen Umgegend denken dürfen, als an eine andere Örtlichkeit, dazu berechtigt uns einer der Briefe5, in welchem er einem seiner Freunde, der noch wohlhabend gewesen zu sein scheint, einen jungen aus seiner Heimat Köln geflüchteten Menschen empfiehlt. – Die hierher gehörige Stelle heben wir auch noch aus dem Grund aus, weil diese die Wirrnisse jener Zeit durchschimmern läßt. – „Der junge Mensch“, schreibt er, „welchen ich Euch zusende, wurde zugleich mit anderen seiner Mitbürger (in Köln) gefangengenommen. – Zu seiner Zeit sagte unter seinen Mitbürgern schon sein Name etwas, stammend aus einer nicht unberühmten Familie und einem Haus, das im Ansehen stand. Ja, ich würde noch etwas mehr von ihm sagen, wäre er mir nicht anverwandt. Er ließ seine Mutter in Köln zurück, eine rechtschaffene, sittsame Frau, ja, ich darf es kühn ihr sagen, eine Witwe im wahren Sinne des Wortes. – Denn außer den übrigen Tugenden der Keuschheit und Weisheit zählt sie auch, was ihren Glauben anbelangt, zu den Vornehmen…“ d. h. sie verbindet den Geburtsadel mit einer geadelten Gesinnung. – „Wie ich nun höre, lebt sie in Köln in so hohem Grade arm und dürftig, daß sie nicht einmal so viel besitzt, um daselbst bleiben noch um von da weggehen zu können; denn sie hat weder genug, um sich zu ernähren, auch nicht, um ausreißen zu können. Das einzige, daß sie durch Handarbeit sich ihren Unterhalt sucht und den Frauen der Barbaren Handdienste leistet.“ – Diese bedrängten Verhältnisse, wie ganz erinnern sie an die Tage, in welchen unter Attila die Barbaren in Köln hausten!6

So also macht die Kombination aller dieser Zustände und Umstände es mehr als wahrscheinlich, unserem Salvianus Köln oder doch dessen Umkreis als Heimat zuzuweisen.

Anderes ist mehr gewiß. – Es ist gewiß, daß er schon Christ war, als er mit Palladia, der Tochter des Hypatius und der Quieta, die Ehe einging.7 Kaum aber diese Verbindung eingegangen, bricht er mit seinen Schwiegereltern, welche damals noch Heiden waren.

Mochte auch der Umstand, daß ihre Tochter den christlichen Glauben angenommen hatte, weniger zu diesem Bruch beitragen, so mehr und vor allem, daß er, nach der Geburt der Ausspiciola, es von Palladia erlangt hatte, mit ihr in Enthaltsamkeit wie mit einer Schwester zu leben, und so in ein Verhältnis trat, welches in den Augen eines Heiden allen Anstoß erweckte, ja ein Greuel in der alten, außerkirchlichen Ordnung gesetzlich untersagt und verpönt war. – Diese Entfremdung hörte erst nach sieben Jahren, nachdem auch die Schwiegereltern Christen geworden waren, auf. – Jetzt erst wagte es Salvianus offen an sie zu schreiben, nachdem er schon durch andere Annäherung – ohne Erfolg – gesucht hatte.8 Das, uns noch aufbewahrte Schreiben9 ist beredt, ein- und zudringlich abgefaßt; hierin weiß der Schwiegersohn, vom christlichen Standpunkt aus, der natürlichen Verwandtschaft die höhere Weihe und Festigkeit zu geben, Palladia, nunmehr seine Schwes-ter im geistigen Wortverstand, gegen Vorurteile in Schutz zu nehmen und in ihrem Namen Abbitte bei ihren Eltern einzuleiten. – So etwas liest man gern, weil in solchen Zügen sich der Mann von Gemüt und Herzlichkeit zu erkennen gibt. – Ähnliches nicht weniger anziehend begegnet uns in dem Brief an seine, Gott geweihte Schwester Cattura. – Hierin wünscht er derselben Glück wegen der Genesung von einer Krankheit; geschickt genug zeigend, daß es zum Heil diene, wenn mitunter das, dem Geist widerstrebende Fleisch durch Erkrankung abgeschwächt und gedemütigt werde.

Von dem damaligen Aufenthalt des Hypatius wissen wir nichts Sicheres zu sagen. – Da auch nicht viel daran liegt, das zu erfahren, so verzichten wir auf Vermutungen, zu welchen uns jenes gedachte Versöhnungsschreiben10 berechtigen könnte. Darin heißt es: „Nachdem ihr bis zur Stunde durch Briefe, welche einzelne der Unsrigen an euch sandten, nicht zu bewegen wart, uns als eure Kinder wieder an- und aufzunehmen, so…“ Welche einzelne? Wohl Männer von Einfluß? Nicht Gallische Bischöfe? – Wir überlassen dem Leser die ferneren Vermutungen.

Salvianus erhielt in der Kirche zu Marseille die Priesterweihe; – wann und von wem, wissen wir nicht zu sagen. – Unfern von Marseille, einsam und auf einer reizenden Insel, lag das Kloster Lerinum.11 – Der heilige Honoratus, nachher Bischof von Arles, errichtete dieses Kloster12, welches bald eine Niederlassung von Mönchen aus allen Nationen, das Muster aller gallischen Klöster und eine Schule wurde, aus welcher viele Heilige, Gelehrte und Bischöfe hervorgingen. Der erste Abt des Klosters war ihr Gründer; diesem13, folgte der heilige Maximinus, der nach siebenjähriger Vorstandschaft den bischöflichen Stuhl von Riez bestieg. – Maximinus’ Nachfolger zuerst in der Leitung des Klosters und dann der Diözese Riez war Faustus, Bischof von Riez; auf Faustus folgten im 5. Jahrhundert noch die Äbte Nazarius und Procarius, denen anfangs des 6. Jahrhunderts Abbo im Amt nachfolgte. – Unter diesen Äbten, die selbst ausgezeichnete Männer waren, entfaltete sich in diesem Kloster, dessen Bewohner teils gemeinschaftlich, teils abgesondert als Anachoreten lebten, ein reiches Leben; denn aus diesem Kloster gingen die Zierden der gallischen Kirche hervor, wie Hilarius von Arles, Lupus von Troyes, Vincentius, Eucherius von Lyon mit seinen zwei Söhnen Salonius und Veranius, Valerianus, Bischof von Cimelia, Cæsarius von Arles. Noch im 6. Jahrhundert gab Lerinum der Kirche mehrere vorzügliche Männer, wie Virgilius von Arles; von da an aber verfiel diese so blühende Anstalt, obgleich sie noch im 8. Jahrhundert, beim Einfall der Sarazenen in Gallien14 500 Mönche zählte.

Das auch war das Kloster, worin unser Salvianus nach empfangener Priesterweihe seine vielen Tage zubrachte; allein nicht müßig, sondern mit Unterricht und Erziehung der Jugend beschäftigt. – So z. B. bildet und erzieht er die Söhne des heiligen Eucherius, Salonius und Veranius, den heiligen Hilarius u. a. Daher sehen wir ihn auch vielfachen und freundschaftlichen Verkehr mit den Bischöfen Galliens unterhalten.15...

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