Im Umgang mit Barrieren im Fluss der Liebe kann uns eine ganze Reihe schamanischer Werkzeuge unterstützen. Mit der »Schamanische Reise« und der »Beobachtung der Umgebung« erhalten wir zusätzliche Inputs zu unseren Themen oder neue Blickwinkel auf unseren Weg, wenn dieser ins Stocken gerät.
Auf diesem Weg bewegen sich Schamanen auf verschiedenen Wahrnehmungsebenen, die alle ihre eigenen Qualitäten aufweisen, einen spezifischen Umgang erfordern und die wir deshalb im Detail kennenlernen werden. Bei der inneren Arbeit auf unserem eigenen Weg werden wir ferner auf alte Wunden stoßen und deshalb werden wir lernen, wie wir diese erkennen und heilen. Schließlich ist unser Herz dafür verantwortlich, Entscheidungen auf unserem Weg zu fällen. Wir werden folglich den Herzentscheid genauer ansehen und üben.
Einige der schamanischen Methoden, die in diesem Kapitel zusammengefasst sind, habe ich in anderen Büchern detaillierter beschrieben. Insbesondere möchte ich hierzu auf die Titel Schamanisches Praxisbuch, Schamanisches Heilbuch sowie auf Das schamanische Buch der Seele verweisen.
Ein seit längerer Zeit verheiratetes Paar mit zwei Kindern, einem Sohn und einer Tochter, beide im Teenageralter, wird uns als Beispiel durch dieses Kapitel begleiten. Die Themen des Paares sind aus realen Beispielen zusammengefügt, die mir in den letzten Jahren begegnet sind. Alle Familienmitglieder spüren, dass der Fluss der Liebe unterbrochen ist. Der Mann leidet unter der Abweisung der Frau, die Frau darunter, dass der Mann zu viel Nähe sucht und sie mehr Raum möchte. Als Mutter sorgt sie sich darüber, dass der Sohn kaum zugänglich ist. Auch die Tochter antwortet den Eltern nur knapp, wenn überhaupt, und zieht sich immer häufiger zurück, worunter aber der Vater mehr leidet als die Mutter. Sowohl der Mann als auch die Frau haben die unten aufgeführten schamanischen Werkzeuge angewendet, nicht jedoch die beiden Jugendlichen.
Neue Blickwinkel erhalten
DIE SCHAMANISCHE REISE: Die Schamanische Reise dient dazu, die Wahrnehmung so zu ändern, dass wir statt der materiellen die spirituelle Welt erfassen. Aus dieser Perspektive erhalten wir zusätzliche Inputs, Ideen, oder erkennen Zusammenhänge, die uns sonst verborgen bleiben und deshalb eine wertvolle Unterstützung auf unserem Weg bieten können. Folgende Schritte haben sich bewährt:
1. VORBEREITUNG: In dieser Phase formulieren Sie Ihr Anliegen und vergewissern sich, dass Sie sich an einem sicheren, ungestörten Ort aufhalten.
2. ENTSPANNUNG: Im zweiten Schritt entspannen Sie sich. Welche Methode Sie hierfür anwenden, spielt keine Rolle.
3. REISE: Die Grenze zwischen materieller und spiritueller Welt wird überschritten, indem Sie sich mit Ihrer Vorstellungskraft ein Tor oder einen Durchgang ausdenken. Dieses Tor stellt den Übergang zwischen beiden Wahrnehmungen dar. Nachdem Sie das Tor durchschritten haben, treffen Sie einen spirituellen Helfer, der Sie auf eine traumähnliche Reise führt. Auf der ersten Reise gehen Sie mit der Erwartung durch das Tor, dass Sie auf der anderen Seite Ihren spirituellen Helfer treffen. Diese Gestalt ist oft ein Mensch oder ein Tier, seltener auch etwas anderes, wie etwa eine Lichtkugel oder eine Wolke. Auf weiteren Reisen treffen Sie jeweils diesen Helfer wieder und stellen ihm Ihre Fragen.
4. RÜCKKEHR: Wenn der spirituelle Helfer Sie entlässt oder wenn eine vorbestimmte Zeit abgelaufen ist (typischerweise zwanzig Minuten), gehen Sie, nachdem Sie sich bei Ihrem Helfer bedankt haben, durch das gleiche Tor zurück, durch das Sie eingetreten sind.
5. INTERPRETATION: Oft sind viele Elemente der Reise nicht sofort klar und müssen interpretiert werden. Am besten verlässt man sich auf seine eigene Interpretation. Sollte dies nicht klappen, empfehle ich, etwas zu warten, eine zweite Reise zu unternehmen, die Symbolik mit anderen zu diskutieren oder Hinweise in einem Symbol- oder Traumdeutungsbuch zu suchen.
6. UMSETZUNG: Die Schamanische Reise ist nur ein Hilfsmittel und nie Selbstzweck. Deshalb müssen die Erkenntnisse im Alltag umgesetzt werden. Dies ist oft der schwierigste Schritt von allen, aber vergessen Sie ihn nie, denn sonst sind alle Bemühungen vergebens!
Übung: Die Schamanische Reise
Versuchen Sie eine Schamanische Reise. Bitte bedenken Sie, dass es bei der ersten Reise darum geht, einen spirituellen Helfer kennenzulernen. Ihre konkreten Fragen können Sie für spätere Reisen aufbewahren. Beachten Sie ferner, dass eine solche Reise nicht sofort gelingen muss. Wie alles andere, muss auch dies geübt werden.
Die Fragen, die gestellt werden, sollen immer mit dem eigenen Weg zu tun haben. Oft lohnt sich eine Doppelfrage: Woher kommt mein Thema, und wie gehe ich mit ihm um?
Der Mann in unserem Beispiel unternahm eine Schamanische Reise und fragte, woher sein Gefühl von Abweisung stamme, und wie er damit umgehen könnte. Zum Thema Abweisung zeigte ihm sein spiritueller Helfer, ein Bär, wie seine Frau von einem gelb-schwarzen Wirbel umgeben war. Immer, wenn er seine Hand nach ihr ausstreckte, wurde diese vom Wirbel abgeschnitten. Auf die Frage, wie er damit umgehen solle, sah er sich in leichter Entfernung auf einem Stein sitzend und wie er dabei mit einem offenen Herzen den Wirbel seiner Frau beobachtete. Der Wirbel drehte sich dann schneller und schneller, bis er in sich zusammenfiel und seine Frau daraus hervorstieg und auf ihn zukam. Er stellte schließlich die Anschlussfrage: »Wieso suche ich immer wieder Nähe?« Er sah, wie er als Säugling nach Aufmerksamkeit schrie und niemand kam. Der Mann interpretierte, dass die Bedürftigkeit aus der Säuglingszeit seine heutige Sehnsucht nach Nähe begründete. Dies führte dazu, dass er immer wieder Annäherungsversuche unternahm, auch wenn diese – wohl wegen Themen der Frau – zurzeit ungeeignet waren. Seine Aufgabe war stattdessen, seine Geschichte zu heilen und sein Herz zu öffnen. Dadurch könnte seine Frau wieder von sich aus auf ihn zukommen.
DIE BEOBACHTUNG DER UMGEBUNG: Da alles, was wir im Außen antreffen, irgendetwas mit unserem Inneren zu tun hat, können wir alles, was mit uns geschieht, und alles, was wir beobachten, als symbolische Wegweiser betrachten. In diesem Sinne gibt es keine Zufälle: Alles, wirklich alles hat eine Bedeutung. Unsere Umgebung, die Situationen, in die wir geraten, alle Begebenheiten bewerten wir also nicht nur als das, was sie auf den ersten Blick darstellen; stattdessen suchen wir einen symbolischen Zusammenhang mit unserem Leben. Als gutes Beispiel hierzu erinnere ich an die Ereignisse, die ich im letzten Kapitel von der Extremadura und Galicien beschrieben habe.
Die Beobachtung der Umgebung kann zusätzlich auch ganz aktiv angegangen werden, indem Sie konkrete Fragen an die Umgebung stellen und anschließend genau beobachten, was Sie als Nächstes wahrnehmen. In diesem Sinne ist es sogar möglich, einen Dialog mit der Umgebung zu führen. Bei solchen direkten Fragen an die Umgebung empfehle ich, jeweils die nächsten drei Dinge zu interpretieren, die Ihnen auffallen. Eine Alternative dazu ist, den Ablauf eines ganzen Tages zu deuten oder sogar nach einem roten Faden in einem längeren Zeitabschnitt zu suchen.
Übung: Beobachtung der Umgebung
Schließen Sie die Augen und formulieren Sie Ihre Frage oder Ihr Anliegen. Öffnen Sie danach die Augen und beobachten Sie die drei Geschehnisse oder Gegenstände, die Ihnen während der nächsten Sekunden auffallen. Oft kann der erste Gegenstand als Beschreibung des Themas betrachtet werden, der zweite als Hinweis, wohin man gelangen müsste, und der dritte als Lösungsansatz. Achten Sie bei der Interpretation der Symbolik zuerst auf Ihre eigenen Ideen. Sollte dies nicht klappen, empfehle ich, etwas zu warten und an einem anderen Tag die Frage zu wiederholen. Auch können Sie die Symbolik – wie bei der Schamanischen Reise – mit anderen diskutieren oder Hinweise in einem Symbol oder Traumdeutungsbuch suchen.
Die Frau aus unserem Beispiel verwendete diese Technik, um herauszufinden, wieso sie die Nähe ihres Mannes störte und wie sie damit umgehen könnte. Sie stellte diese Frage im Zug. Als Erstes bemerkte sie die Doppelsteckdose an der Abteilwand, in der gerade zwei Apparate, ihr Computer und ihr Handy, gleichzeitig eingesteckt waren. Dann sah sie die reflektierte Sonne auf parkenden Autos, welche die Hitze des Tages noch zu vergrößern schien. Schließlich bemerkte sie drei Haufen Kies einer Kiessortieranlage, sortiert nach unterschiedlichen Korngrößen. Sie interpretierte: Die Steckdosen in der Wand des Zuges waren die Beschreibung des Themas. Sie erhielt einen Teil ihrer Energie von der Wand, beziehungsweise von der Abweisung der Annäherungsversuche ihres Mannes. Sie müsste die Energie aber nicht von der Wand, sondern von der Sonne als Symbol für die Liebe erhalten und diese Energie zusätzlich reflektieren – die Liebe also weitergeben. Um dies zu erreichen, müsste sie lernen, ihre Prioritäten besser zu setzen und dabei zu sortieren, wann es gilt, Nein zu sagen, und wann sie offenbleiben könnte. Sie müsste also besser verstehen, auf welchen Ebenen Abgrenzung sinnvoll ist und auf welchen sie die Liebe fließen lassen müsste.
Die Entscheidung mit dem Herzen
Unser Herz ist die Verbindung zur Liebe. Wenn wir also alle Entscheidungen mit dem Herzen fällen, gehen wir unseren eigenen Weg zur Liebe. Der Herzentscheid ist deshalb von zentraler Bedeutung für den Schamanen. Er ist kein Kopfentscheid, bei dem wir zum Beispiel eine Abwägung von Vor- und Nachteilen vornehmen. Der Herzentscheid ist aber auch kein Bauch- beziehungsweise Gefühlsentscheid, etwa, wenn wir etwas nicht tun, weil es Angst...