Kapitel 1
Aller Anfang ist …
… schwer? Nun, das ist relativ. »Leben ohne Plastik? Ist das nicht unheimlich schwer?«, werde ich häufig gefragt. Wie so vieles ist es Ansichtssache und eine Frage der Aufmerksamkeit. Wer jede Woche bei einem Discounter oder im Supermarkt die vermeintlich besten Schnäppchen jagt, sieht den Wald vor lauter Plastik nicht. Wer sich noch nie über die Alternativen Gedanken gemacht hat, für den ist es vermutlich unvorstellbar, dass es auch anders geht. Und dass es gar nicht so kompliziert ist.
Schwierig ist es vor allem dann, wenn man die Umstellung auf ein Leben ohne Plastik auf einmal erledigen möchte. Denn im laufenden Haushaltsbetrieb von heute auf morgen einen Umstieg zu schaffen, ist eine eher große Herausforderung. Ich vergleiche es gerne mit der Situation im Urlaub oder nach einem Umzug. Auch da muss man sich in einer neuen Umgebung erst einmal orientieren: Wo ist der nächste Bäcker? Wo gibt es einen guten Supermarkt? Wo kriege ich frisches Obst und Gemüse?
Wenn man im Urlaub ist, hat man Zeit. Wenn man umgezogen ist, keine Wahl. Doch im Alltag muss jeden Morgen das Pausenbrot geschmiert und Essen für die Mittagspause vorbereitet werden. Dazwischen stehen Arbeit, Kinderbetreuung, Arzttermine und Freizeitaktivitäten auf dem Programm. Da bleibt nur wenig Zeit, neue Gewohnheiten zu entwickeln. Doch: Es ist möglich! Und zwar dann, wenn man sich Zeit dafür lässt. Es muss ja nicht sofort alles anders werden. Wie heißt es so schön? Jeden Tag ein bisschen besser und ein bisschen mehr! So habe auch ich es angefangen. Daher habe ich die 30-Tage-Challenge entwickelt. Damit bleiben Sie am Ball und können jeden Tag ein neues Thema angehen. Das Ergebnis: Ohne große Mühe und Anstrengungen leben Sie nach den 30 Tagen nachhaltiger und gesünder.
Meine Motivation, ohne Plastik zu leben, begann beim Anblick der schieren Mengen an Plastikmüll, die sich in der gelben Tonne wiederfanden. Ein Blick offenbarte: Es waren vor allem die Tetrapaks, die mich veranlassten, mindestens alle zwei Tage den Plastikmüll nach unten zu bringen. Milch- und Safttüten, die in einem fünfköpfigen Haushalt literweise anfallen. Also stiegen wir um auf Pfandflaschen. Als Nächstes kamen die Wurst- und Käseverpackungen auf den Prüfstand. In vielen Supermärkten gibt es eine Frischetheke, und der Metzger ist ja auch gleich um die Ecke. Durch solch gezielte Einkäufe sparte ich schon eine Menge Müll.
Interessanterweise ergaben sich durch die neuen Einkaufsgewohnheiten neue Fragen: Wie weit reist die Milch, bevor sie bei uns auf den Tisch landet? Wie hat das Tier gelebt, das bei uns zu Schnitzel verarbeitet wurde? Welche Schadstoffe stecken überhaupt in so einer Plastikverpackung?
Natürlich wussten wir, dass regional einzukaufen besser ist und dass Massentierhaltung Leid für die Tiere bedeutet. Doch im Alltag am Discounter-Regal sowie beim Blick in den Geldbeutel wurden die Moral und das ökologische Gewissen oft ganz leise. »Warum noch einmal extra zum Metzger fahren, wenn man hier sowieso schon alles kriegt? Und auf der Packung steht ja auch, dass auf das Tierwohl geachtet wird. Na, dieses eine Mal, wird schon nichts ausmachen.« Vielleicht kennen Sie solche Sätze und Gedanken? Aber da Sie zu diesem Buch gegriffen haben, möchten Sie vermutlich diese oder ähnliche Ausreden beiseiteschieben und Ihrem Gewissen Gehör verschaffen. Nehmen Sie sich 30 Tage jeden Tag eine andere nachhaltige Aufgabe vor und legen Sie los. Leben Sie Ihr Ändern!
Weniger Plastik ist schon eine Menge wert
»Und Sie haben wirklich kein Plastik mehr?«, wundern sich Menschen oft, wenn sie mir begegnen. In unserer modernen Welt ist so vieles aus Kunststoff, dass wir den Lebensstandard, den wir heute erreicht haben, ohne Plastik gar nicht halten könnten. Es wäre zu einfach zu sagen, dass der Kunststoff generell schlecht ist. Problematisch ist, was wir damit machen und wie viel wir davon verbrauchen. Würde alles Plastik wieder ordentlich recycelt werden, wären unsere Ozeane nicht voll davon. Würden wir kreislauffähige, also komplett recycelbare Produkte entwickeln, dann müssten wir das Plastik nach seiner Nutzung nicht verbrennen. Und würden wir darauf achten, dass unsere Plastikprodukte keine Schadstoffe abgeben, dann müssten wir uns nicht um unsere Gesundheit sorgen.
Zero Waste Lebensstil
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es weder sinnvoll noch möglich ist, Plastik gänzlich zu vermeiden. Wenn wir jedoch weniger Plastik verwenden und uns nach den Prinzipien von Zero Waste richten, können wir bereits eine Menge erreichen.
Die fünf Prinzipien von Zero Waste:
- Refuse – Ablehnen/Vermeiden:
Lehnen Sie ab, was Sie nicht brauchen. Verzichten Sie auf Einweggeschirr und Gegenstände aus Einwegplastik wie Strohhalme oder einzeln eingepackte Kekse zum Kaffee. Lehnen Sie Gratisgeschenke, Werbepost oder Quittungen ab und kaufen Sie keine unnötig verpackten Produkte.
- Reduce – Reduzieren
Kaufen Sie nur das, was Sie wirklich brauchen. Unnötige Dinge nehmen Platz in Anspruch und rauben uns Energie und Zeit. Behalten Sie lediglich das, was Sie brauchen. Was Sie nicht brauchen, geben Sie weiter oder teilen Sie es mit anderen.
- Reuse – Wiederverwenden
Was bereits produziert ist, sollte so lange wie möglich genutzt werden. Kaufen Sie daher gebrauchte Produkte oder Produkte, die wiederverwendbar, wiederbefüllbar und wiederaufladbar sind. Alle Gegenstände sollen sich leicht reparieren lassen sowie vielseitig nutzbar und lange haltbar sein.
- Recycle – Recyceln/Wiederaufbereiten
Damit aus Altem Neues wird, sollte man dort, wo man Verpackung oder Müll nicht vermeiden kann, darauf achten, die Dinge in den Recyclingkreislauf zu geben: Wertstoffhöfe oder Ankaufsstellen für Altmetall sind dabei gute Anlaufstellen.
- Rot – Kompostieren
Alles, was man der Natur zurückgeben kann, sollte man kompostieren: im Bukashi1, auf dem eigenen Komposthaufen oder über die Biotonne.
GEbrauchen statt VERbrauchen
Zero Waste ist ein Lebensstil der Müll-Vermeidung, den Bea Johnson in ihrem Buch »Zero Waste Home2« vorstellt und der eine weltweite Bewegung ausgelöst hat. Die Prinzipien von Zero Waste ermöglichen uns, ein umweltfreundliches Leben zu führen. Dahinter steckt der Gedanke, dass wir uns auf das Wesentliche in unserem Leben konzentrieren. Dass wir keine Sachen anschaffen, die wir nicht benötigen, nur um sie zu besitzen, und dass wir die Dinge, die wir kaufen, auch tatsächlich GEbrauchen und nicht einfach nur VERbrauchen.
Wenn wir Sachen VERbrauchen, dann lassen wir uns den zwanzigsten Werbekugelschreiber geben, der dann im Müll landet, sobald er nicht mehr schreibt. Wenn wir Sachen dagegen GEbrauchen, dann kaufen wir uns hochwertige Produkte, die uns lange erhalten bleiben. Das beginnt bei einem guten Kugelschreiber, führt über ein hochwertiges Paar Schuhe bis hin zu einer Pfanne, die ein Leben lang hält. Das ist nicht nur nachhaltiger und schont Ressourcen, es ist auch einfach schöner! Haben wir wenige wirklich schöne Dinge um uns herum, können wir uns mehr daran erfreuen: der hochwertige Füller für einen persönlichen Brief, die schöne Olivenholzschale für den Salat oder der Putzeimer aus Emaille.
Plastik ist vergleichsweise günstig, das verleitet uns häufig, mehr Dinge zu kaufen, als wir tatsächlich brauchen. Doch machen uns diese Dinge wirklich glücklich? Vermutlich nicht. Denn wer auf ständigen Konsum und die schnelllebigen Plastikprodukte verzichtet, lebt häufig deutlich entspannter. Dazu kommt: Wer weniger Sachen in seinem Haushalt hat, benötigt weniger Zeit, um diese in Ordnung zu halten und zu pflegen.
Gesünder leben ohne Plastik
Wer ohne Plastikverpackungen lebt, lebt gesünder. Warum? Schauen Sie sich im Supermarkt um. Was genau ist denn in Plastik verpackt? Hauptsächlich Fertigprodukte und Süßigkeiten. Da ist überall viel Zucker drin. Und wir wissen alle, dass die meisten von uns viel zu viel Zucker essen. Dazu kommen Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker, die sich ebenfalls negativ auf unser Wohlbefinden auswirken können. Natürlich ist es einfach, nach einem anstrengenden Arbeitstag die Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben. Andererseits gibt es auch viele Gemüsegerichte, wie asiatisches Wok- oder Ofengemüse, die schnell zubereitet sind. Das Geheimnis liegt in der Einkaufsplanung. Wenn Sie alle Zutaten bereits im Haus haben, sparen Sie sich den vielleicht täglichen Gang zum Supermarkt. Die Zeit, die Sie dadurch gewinnen, können Sie locker für das Zubereiten einer leckeren und gesunden Mahlzeit verwenden. Wenn Sie dann auch noch gemeinsam mit Ihrer Familie kochen können, ist es umso schöner. Dann verbringen Sie mehr Zeit miteinander, und die Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen und etwas fürs Leben: nämlich wie man frisches, leckeres Essen zubereitet.
Planen Sie Ihren Wocheneinkauf und legen Sie Vorräte an. So sichern Sie sich eine entspannte Essensversorgung!
Auch bei uns mögen nicht alle Kinder jedes Gemüse. Es ist mir ein Rätsel, wie aus den Kleinkindern, die liebend gern Gemüse aßen, irgendwann einmal mäkelige Teenager werden, die zwar Tomatensauce lieben, aber frische Tomaten zurückweisen. Deshalb kommt es vor, dass an unserer Tafel ein Kombinationsmenü bereitsteht. Ich akzeptiere die Vorlieben meiner Kinder und weiß aus eigener Erfahrung, dass sich der Geschmack meist im Erwachsenenalter wieder ändert. Manchmal lassen sich die Kinder dazu hinreißen, etwas Neues zu probieren und gehen neue geschmackliche Wege. Ansonsten bekommen sie das Gemüse, das sie auch...