„Bevor Hannah zu uns kam, hätte ich sicherlich gesagt, Penny war die beste Hündin, die ich je hatte. Bitte nicht falsch verstehen – ich habe auch den verrückten Charlie geliebt. Ich bekenne daher, auch auf die Gefahr hin, jetzt wie eine schlechte Parodie von Julio Iglesias zu klingen: In meinem Herzen habe ich Platz für einen jeden meiner Hunde, aber Hannah ist einfach umwerfend!“ (Aus meinem Tagebuch.)
Hannahs athletische Wendigkeit ist einfach eine Augenweide! Vielleicht liegt es daran, dass ich schon so lange sportinteressiert bin. Sie kann einen Tennisball besser fangen als einige Outfielder, über die ich im Profibaseball berichtet habe. Sie ist extrem wettbewerbsorientiert, nicht aber in einem negativen Sinne, so wie manche Zweifüßler sich oft anstellen. Sie liebt es einfach, ihre ganze Kraft einzusetzen, zugleich ist sie aber auch sanftmütig. Ich kann mich an kein einziges Mal erinnern, dass sie mich gekratzt oder mir irgendwie wehgetan hätte. Sie spielt einfach mit voller Hingabe, so wie Hunde es gerne tun, und das ist ansteckend.
Sie hat sogar selbst herausgefunden, wie sie drei Tennisbälle gleichzeitig in ihre Schnauze stecken und diese dann in unsere Richtung spucken kann – so wie Snoopy von den Peanuts. Das nenne ich wirkliches Talent!
Aber mehr noch als ihre verrückten Fähigkeiten unterscheidet sich Hannah von allen anderen Hunden durch einen entscheidenden Aspekt: Sie ist für mich wie eine Seelenverwandte, denn sie trat genau in dem Moment in unser Leben, als für Joni und mich die schwierigste Zeit unseres Lebens begann – das war ab dem 20. März 2006.
Wir nennen diesen Tag seitdem D-Day, also „Tag der Entscheidung“ oder auch „Tag der Diagnose“. An dem Tag war ich gerade unterwegs (wie so oft), als ich eine Sprachnachricht von Joni erhielt. Sie hatte sich seit einiger Zeit Sorgen wegen eines Knotens in ihrer Brust gemacht. Zwar hatte sie die Mammografien und Untersuchungen stets durchführen lassen, da war immer alles in Ordnung gewesen, doch dieses Mal war Joni etwas beunruhigter als sonst. Sie hatte eine zweite Meinung eingeholt und dieser Arzt hatte dann auch eine Biopsie angeordnet. Wir hatten eine solche Gewebeentnahme schon mehrmals miteinander überstanden; die Ergebnisse waren immer gutartig gewesen. Insofern waren wir beide einfach nicht vorbereitet auf die schlechten Neuigkeiten, die sie an diesem Frühlingstag erhielt.
Jonis Nachricht bestand aus einem einzigen Satz. Die meisten Sätze, die wir im Leben so sagen, sind alltäglicher Natur. Dinge wie „Ich kann meine Schlüssel nicht finden“, „Bring bitte den Abfall raus“ oder „Kannst du bitte den Hund füttern“. Doch manchmal kann ein einziger Satz unser ganzes Leben verändern. Joni sagte einen solchen Satz: „Meine Gewebeprobe ist bösartig.“
Mehr brachte sie nicht heraus. Sobald es mir möglich war, rief ich sie zurück, um mit ihr zu reden und zu beten. Anschließend regelte ich alles, um so schnell wie möglich nach Hause zu eilen. Dort angekommen begleitete ich Joni dann zu ihrem Termin beim Chirurgen, von dem wir eine optimistisch gehaltene Auskunft und Aufklärung erhielten. Doch ein paar Tage später sprach der Pathologiebericht eine andere Sprache. Der Tumor war klein, aber sehr aggressiv. Wir waren erschüttert. Es gab zwar ein neues Medikament, das auf ihre spezifische HER2-positiv-Diagnose abzielte, doch sollte sie das Medikament nicht vertragen, wäre die Prognose sehr düster. Insgesamt war diese relativ positiv, doch der Weg würde sehr schwer werden. Joni würde nach einer Lumpektomie, bei der der Tumor entfernt wird, ein Jahr Chemotherapie vor sich haben, gefolgt von Bestrahlungen. Ich begriff nun, was einst der berühmte Philosoph, Schwergewichtsweltmeister Mike Tyson, meinte, als er sagte: „Jeder hat eine Strategie, bis er eins in die Fresse bekommt.“ Genauso fühlte ich mich, nachdem ich mit meiner Frau gesprochen und geweint hatte.
Joni hatte verständlicherweise Angst vor dieser schwierigen Behandlung. Gleichzeitig setzte sie ihr ganzes Vertrauen auf Gott. Als wir dann für die bevorstehende Operation beteten, ließ meine wunderschöne Frau einen Satz fallen, der alles veränderte:
„Herr, ich stelle dir keine Fragen und ich werde dir keine stellen.“
Sollte ich nicht gemeinsam mit einer solchen Frau kämpfen wollen?
An dem Tag, als sie die Diagnose erfuhr, sagte ich ihr, dass ich am liebsten ihre Stelle einnehmen würde. Sie aber erwiderte, sie sei froh darüber, dass nicht ich da hindurchmusste, sondern sie. Und das Wunder, dass Ehepartner eins werden, zeigte sich darin, dass wir beide tatsächlich meinten, was wir sagten.
Inmitten dieses Lebenssturms erschnüffelte sich Hannah als eine tröstende und fürsorgende Freundin ihren Weg durch unsere Ängste hindurch. Hannah blieb jede Minute, die ich nicht zu Hause war, an Jonis Seite. Wenn Joni nach ihrer Behandlung ins Bett kroch, legte sich Hannah neben Joni auf dem Boden hin. Man könnte meinen, das sei nichts Besonderes, doch normalerweise schlief Hannah immer auf meiner Seite des Betts. Sie änderte ihr eigenes gewohntes Verhalten, um Joni ganz nahe zu sein.
Wenn es Joni wieder besser ging, schmiegte sich Hannah neben ihren Sessel und blieb dort so lange, wie Joni die Ohren unseres „Therapiehundes“ kraulte. Wurde Joni dann müde, schlich Hannah unter die Hebevorrichtung des Sessels, um ihr ganz nah zu sein. Mehr als einmal hätte Joni fast den Mechanismus betätigt, während ihre schlafende Freundin darunterlag. Zum Glück bemerkte sie Hannah jedes Mal rechtzeitig.
Hannah verzichtete sogar darauf, ihre Spielzeuge zu Joni zu bringen. Hannah spürte, dass das Spielen warten konnte. Sie ahnte, was ihre Freundin Joni in diesen Momenten brauchte – weiche Ohren, die sie kraulen konnte. Irgendwie schien Hannah intuitiv zu wissen, was sie tun musste, um uns aufzumuntern, und ihre Augen sagten uns, was sie nicht aussprechen konnte. Unsere zweibeinigen Freunde waren nicht immer so gut darin.
Zum Beispiel versuchte Hannah nie, uns mit Geschichten von anderen Krebspatienten auf etwaige künftige Probleme „vorzubereiten“. Vor allem waren diejenigen, die zu helfen versuchten, indem sie Geschichten von schlimmen Nebenwirkungen erzählten, alles andere als hilfreich. Die Ärzte hatten uns angesichts Jonis Zustand ein umfassendes Bild der Möglichkeiten aufgezeigt. Wir brauchten daher keine willkürlichen Horrorgeschichten, die mit ihrer Situation absolut nichts zu tun hatten.
Hannah gab auch keine Prophezeiungen von sich nach dem Motto: „Alles wird gut.“ Niemand konnte wissen, wie sich die Dinge entwickeln würden. Nur eines stand fest: Gott würde auf jeder Etappe des Weges treu an unserer Seite sein.
Hannah gab auch keine bedauernden, traurigen Laute von sich oder verhielt sich irgendwie seltsam, wenn Joni da war. Viele Leute, die es gut meinen, verhalten sich trotzdem sonderbar, wenn sie mit Krankheit konfrontiert werden. Hannah hingegen war einfach sie selbst, und das war für Joni und mich sehr tröstlich.
Hannahs goldige Fürsorge war einfach perfekt. Viele Christen meinen, sie müssten angesichts von Schwierigkeiten etwas Tiefgreifendes oder theologisch Brillantes von sich geben. Doch einfache Zusagen wie „Ich bete für euch“ oder „Ich bin da, wenn ihr mich braucht“ kommen bei Betroffenen viel besser an als eine theologische Abhandlung über das Leid. Manche wissen nicht, was sie sagen sollen, und gehen daher dazu über, etwas in aller Ausführlichkeit zu sagen. Joni und ich waren nicht imstande, das alles mitten in der Situation, mitten in unserem Kampf zu ergründen. Wir mussten einfach einen Schritt nach dem anderen gehen – mit Gott. Wir wussten, er hatte einen Plan für uns. Und wir waren nicht der Ansicht, dass er diesen Plan anderen anvertraut hatte!
Joni und ich hörten von vielen Leuten, sie hätten nicht so gut mit dieser Prüfung fertigwerden können wie Joni. Doch das stimmt nicht. Jesus nachzufolgen bedeutet auch zu wissen, dass er in Zeiten der Prüfung in besonderer Weise an unserer Seite ist. Er schenkt auf übernatürliche Weise Kraft und Trost. Gott versorgt uns mit all diesen Dingen, wenn wir sie brauchen. Schließlich kann man weder Kraft noch Trost für künftige Schwierigkeiten aufheben und sie in eine Butterbrotdose packen. Gott gibt uns diese Dinge nach Bedarf. Insofern war Gottes Kraft für unsere Prüfung vergleichbar mit dem Manna, das die Israeliten in der Wüste bekamen (vgl. 2. Mose). Sie durften damals nur die für einen Tag benötigte Menge sammeln und keine Reste übrig lassen. Nur für den Sabbat durften die Israeliten am sechsten Tag der Woche die doppelte Menge sammeln.
Nachdem Joni ihre Behandlungen hinter sich hatte, beschloss sie ihren Sieg zu feiern, indem sie am Susan G. Komen 3-Day, einem Laufevent gegen Brustkrebs, teilnahm. Seit Beginn im Jahr 2003 haben bereits Millionen von Menschen in ganz Amerika daran teilgenommen, um ein Zeichen zu setzen. Die Teilnehmer legen in drei Tagen eine Strecke von sechzig Meilen (96,56 Kilometer) zu Fuß zurück. Und nur ein Jahr nach der Diagnose begann meine Frau, für das Event in Dallas zu trainieren.
Obwohl ich wusste, ich könnte während der drei Tage nicht jeden Schritt mit ihr gehen, fing ich doch an, gemeinsam mit ihr zu trainieren. Wir machten täglich Spaziergänge, an den Wochenenden sogar ausgedehnte – und Hannah war eine gute Trainingspartnerin.
Am ersten Tag des Events kam Jonis Schwester Gayla aus Florida angereist, um sich ihr anzuschließen. Auf der Strecke hatten sich Freunde...