2 PONTO KOMUNIKO –
DIE REISE BEGINNT
2.1 Was ist Kommunikation?
Vielleicht ist es Ihnen auch schon so ergangen, dass Sie sich erst während der Anreise im Auto, in der Bahn, im Bus oder Flugzeug bewusst wurden, dass Sie jetzt wirklich unterwegs sind, und Sie sich erst dann richtig einstellen konnten auf die bevorstehende Reise und alles, was Sie dabei erwarten würde.
Sie kommunizieren ständig mit sich und mit anderen. Kurzum, man kann Sie als erfahrenen Kommunikator bezeichnen (gemäß Duden jemand, der mit anderen [erfolgreich] kommuniziert). Und doch stellen Sie sich vielleicht gerade jetzt mit diesem Reiseführer in den Händen die Frage: Was ist Kommunikation eigentlich?
Schauen wir im Duden4 nach, was Kommunikation bedeutet, so erfahren wir: „Verständigung untereinander, zwischenmenschlicher Verkehr besonders mithilfe von Sprache, Zeichen.“
Der Begriff Kommunikation bedeutet meines Erachtens jedoch weit mehr. Er beschreibt einen facettenreichen Informationsaustausch von Menschen, der von einer ungezwungenen Plauderei über Liebesgeflüster, Lernen und Lehren bis hin zu zähen Verhandlungen zwischen verhärteten Fronten reichen kann. Hinzu kommt, dass Kommunikation häufig nicht eindeutig ist, sondern von unserer Wahrnehmung und unserer Interpretation bestimmt wird. Unser Handeln richtet sich also nicht nur nach dem, was wir im Außen wahrnehmen, sondern ganz stark auch danach, wie wir das Wahrgenommene interpretieren und reflektieren. Dies bedeutet, dass Kommunikation sowohl mit einem äußeren und einem inneren Bereich zu tun hat. Wenn wir mit einem anderen Menschen kommunizieren, nehmen wir seine Reaktion wahr und reagieren wiederum mit unseren eigenen Gedanken und Gefühlen. So entsteht eine Wechselwirkung von äußerem und innerem Verhalten.
Wir kommunizieren also mit viel mehr als nur mit unseren Worten. Zu unserer Kommunikation gehören ebenso die Qualität unserer Stimme (Lautstärke, Klang, Tonfall etc.) und unser gesamter Körper, der sich durch Haltung, Gestik und Mimik ausdrückt. Selbst wenn Sie ganz ruhig sind und nichts sagen, vermitteln Sie Ihrer Umwelt eine Botschaft. Diese nichtsprachliche Kommunikation nennt man in der Fachsprache „nonverbale Kommunikation“.
Und gleich zu Beginn unserer Reise kommen wir zum ersten Highlight und wissenschaftlichen Hinweis: Paul Watzlawick (1921–2007), ein bedeutender Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut, Psychoanalytiker, Soziologe, Philosoph und Autor, formulierte u. a. fünf Grundannahmen (auch kommunikationspsychologische Axiome genannt) über die menschliche Kommunikation und ihre Paradoxie5. Das erste Axiom lautet: „Man kann nicht nicht kommunizieren, denn jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) ist Verhalten, und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren.“6
Diese Grundannahme lässt sich beispielsweise so veranschaulichen: Ein Mann hat einen Kontrolltermin bei seinem Zahnarzt und sitzt pünktlich im gut besuchten Wartezimmer der Praxis. Während die anderen Patienten entweder lesen oder sich über verschiedene Themen unterhalten, sitzt der Mann schweigend auf seinem Stuhl und starrt auf den Boden. Man könnte also meinen, er kommuniziere nicht. Aus seiner gesamten nonverbalen Haltung schließen jedoch die anderen Patienten, dass er keinen Kontakt mit ihnen sucht und in Ruhe gelassen werden möchte. Manche im Raum denken wohl, dass ihm die Angst vor dem Zahnarzt „ins Gesicht geschrieben steht“.
Wir sind also sowohl durch unsere Worte wie auch durch unser Verhalten ständig in Kommunikation, unabhängig davon, ob uns dies bewusst ist oder nicht. Und diese Erkenntnis führt uns zum folgenden Abschnitt und zur nächsten Frage.
Raum für Ihre Gedanken und Reisenotizen:
2.2 Wo beginnt Kommunikation?
So einfach, wie diese Frage klingt, so umfassend und weitreichend kann die Antwort darauf sein. Basierend auf Paul Watzlawicks erster Grundregel beginnt Kommunikation weit vor dem ersten Wort zwischen zwei Menschen, nämlich durch das entsprechende Verhalten, die Mimik, die Gestik, den Auftritt, auch durch Kleidung und Attribute. All dies umfasst die nonverbale Kommunikation. Wir alle kennen Uniformen und berufsspezifische Kleidung, mit denen wir ganz automatisch Autorität, Fachwissen, Kompetenz und auch persönliche Geschichten und Erfahrungen verbinden. So gesehen kann das Senden und Empfangen einer Botschaft mit oder auch ohne Worte geschehen.
Beschränken wir uns für einen kurzen Moment auf uns selbst und unseren Körper, stimmen Sie vermutlich mit mir überein, dass wir innerlich mit uns selbst durch unsere Gedanken kommunizieren. Daran lässt sich erkennen, dass es beim Denken einer gewissen Form von Sprache bedarf. Erst die Sprache macht komplexes, strukturelles Denken möglich. Wir führen gedanklich Selbstgespräche, in denen wir beispielsweise über erlebte Situationen reflektieren, unseren nächsten Arbeitstag gedanklich gestalten oder uns bei der Planung des Abendessens gedanklich durch den Kühlschrank bewegen. Hier findet also innere Kommunikation statt. Umgekehrt zeigt das Verhalten eines Babys, das noch keine Sprache beherrscht, eine nach außen gerichtete Kommunikation. Es drückt beispielsweise durch Lachen, Brabbeln oder Schreien seine Bedürfnisse und Emotionen aus. Ebenso taten es unsere frühesten Vorfahren in den Zeitepochen vor der Sprachentstehung – sie verständigten sich vermutlich durch Laute, Töne und Klänge. Wie allgegenwärtig Kommunikation tatsächlich ist, können wir nicht nur in der Zeitgeschichte und in unserer heutigen Umwelt erfahren. Tagtäglich sind wir alle, wenn auch meist völlig unbewusst, Teil einer ständigen, nonverbalen und sich millionenfach entfaltenden Kommunikation innerhalb des eigenen Körpers. Zellen interagieren, damit unsere Organe, unser Blutkreislauf, unsere Sauerstoffversorgung und viele weitere Systeme unseren Körper am Leben und möglichst gesund erhalten. Eine lebendige Welt ohne Kommunikation ist kaum vorstellbar. Umso erstaunlicher ist es, dass große Bereiche unsers Denkens und unser Körpers mit Blick auf die Kommunikation erst in aktueller Zeit tiefer erforscht werden.
So schreibt beispielsweise der Biologe und Physiker Ulrich Warnke in seinem Buch Quantenphilosophie und Spiritualität7: „Gedanken sind die vom zentralen Nervensystem, Emotionen die vom vegetativen Nervensystem verarbeiteten Informationen. Denken allein führt zu keiner Veränderung der Materie, aber Gedanken in Kombination mit Emotionen beeinflussen die Körpermaterie immer, was sich beispielsweise an der Mimik ablesen lässt.“
Die Kombination von Gedanken und Emotionen ist besonders wertvoll, wenn es um Lernen geht. Zahlreiche Hirnforscher und Pädagogen sind sich darin einig, dass nur emotionales, erfahrungsreiches Lernen zielführend und nachhaltig ist (siehe auch Abschnitt 2.5.2). Demgegenüber ist emotionsloses Lernen oder eine rein kognitiv herbeigeführte, wo möglich erzwungene Verhaltensänderung ohne Emotionen kontraproduktiv. Das neu Erlernte wird keine langfristigen Spuren hinterlassen und ist somit wenig erfolgversprechend.
Wie häufig denken Sie emotionslos und wie häufig sind automatisch Emotionen mit Ihren Gedanken verbunden? Wenn die Kombination von Gedanken und Emotionen unseren Körper, unsere Haltung und Mimik beeinflusst, dann bahnt sich die innere Kommunikation offenbar einen Weg nach außen. Sichtbar sind dann vielleicht strahlend-verliebte Augen beim Gedanken an den Liebsten oder aber Stirnrunzeln und hängende Schultern beim Gedanken an die fällige Steuerrechnung.
Vielleicht kennen Sie die nachfolgende Weisheit bereits, die meines Erachtens die Wirkung von Gedanken auf die Materie in der von Ulrich Warnke beschriebenen Weise aufzeigt. Man findet den Text sowohl im Buddhismus, im jüdischen Talmud wie auch in christlichen Schriften:
Achte auf deine Gedanken, denn sie werden deine Worte.
Achte auf deine Worte, denn sie werden deine Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden deine Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.
Auf welche Art auch immer wir mit uns oder auch mit anderen kommunizieren, unsere Ohren sind nicht die einzigen involvierten Sinnesorgane. Offenbar sind bei der Verarbeitung der wahrgenommenen Informationen all unsere Sinne von großer Bedeutung. Mehr dazu erfahren Sie auf den nächsten Seiten, die einerseits die Ankunft auf der Ponto Komuniko beschreiben und andererseits weitere Einblicke in das Thema „Wahrnehmung“ gewähren.
Raum für Ihre Gedanken und Reisenotizen:
2.3 Wahrnehmung – ihre Bedeutung
in der Kommunikation
Selbstverständlich haben wir alle den Begriff „Wahrnehmung“ schon häufig gehört und auch verwendet.
Aus der Online-Enzyklopädie Wikipedia...