Osteoporose
… genauer einteilen
Betrifft die Osteoporose immer das gesamte Skelett? Gibt es bevorzugte Skelettbereiche oder sogar betont lokale Osteoporosen?
Die Osteoporose ist in der Regel eine Knochenstoffwechselkrankheit, die das gesamte Skelett betrifft. Sie ist also eine generalisierte, „systemische Osteopathie“.
In ihrer Ausprägung befällt sie das Gesamtskelett aber nur selten gleichförmig. Bevorzugt betroffen ist das „Axialskelett“ oder auch „Achsenskelett“ genannt, also die Wirbelsäule und die Hüfte. Die Ursache dafür ist der hohe Anteil an spongiösem Knochen mit der extrem großen und damit besonders angreifbaren Knochenoberfläche. Eine normale Knochendichte im Bereich der Röhrenknochen rechtfertigt daher noch lange nicht automatisch den Ausschluss einer schweren Osteoporose im Achsenskelett.
KNOCHENDICHTEMESSUNG
Eine Messung der Knochendichte zur Diagnosestellung einer Osteoporose muss immer an Wirbelsäule und Hüfte erfolgen!
Neben der häufigen systemischen Osteoporose gibt es aber in der Tat auch lokalisierte, regionale Osteoporosen. Die wichtigste Form ist die Inaktivitätsosteoporose von Extremitäten. Sie tritt nach der Ruhigstellung einer Extremität in Verbindung mit einem Knochenbruch oder einer Muskellähmung auf. Unter mobilisierenden Maßnahmen kann sich der Knochen v. a. bei Kindern und Jugendlichen wieder weitgehend normalisieren und stabilisieren.
Eine entscheidende Frage für das Management von Knochenkrankheiten: Betrifft die Erkrankung das gesamte Skelett oder ist sie lokal begrenzt?
Was bedeutet die Einteilung der Osteoporose in „primär“ und „sekundär“? Hat diese Unterscheidung einen praktischen Wert?
Die primäre Osteoporose, die bei Frauen wie bei Männern auftreten kann, ist das Resultat des normalen Alterungsprozesses – ohne Vorliegen einer auslösenden Erkrankung. Diese Form tritt vor allem bei Frauen nach der Menopause auf, verursacht durch den dramatischen Abfall des Östrogenspiegels mit der Folge eines gesteigerten Knochenabbaus. Auch die Männer erleiden mit zunehmendem Alter einen Abfall der Sexualhormone. Dieser Prozess verläuft aber schleichender als bei der Frau. Somit „hinken“ die Männer bezüglich der Entwicklung einer Osteoporose den Frauen etwa 10 Jahre hinterher. Auch die langsame Entwicklung einer Osteoporose im hohen Alter beider Geschlechter, auch als „senile“ Osteoporose bezeichnet, wird zur primären Form gezählt.
Die sekundäre Osteoporose umfasst nur 5 % aller Fälle von Osteoporose, verursacht aber 20 % der osteoporosebedingten Frakturen. „Sekundär“ bedeutet, dass die Osteoporose durch bestimmte Krankheiten oder Medikamente verursacht wird und nicht eine Folge des Alterns ist. Dabei kommen Erkrankungen aus allen Bereichen der Medizin infrage. Es gibt praktisch keine Disziplin der Medizin, die nicht mit Osteoporose in Verbindung zu bringen wäre. Infrage kommen folgende große Krankheitsgruppen, die der Arzt bei unklarer Osteoporose abzuklären hat:
Hormon- und Stoffwechselkrankheiten
Ernährungskrankheiten
Knochenmarkkrankheiten
Krebserkrankungen
Leber- und Magen/Darmerkrankungen
Nierenkrankheiten
rheumatische Erkrankungen
Herz- und Lungenkrankheiten
Erbkrankheiten des Knochens
Bei jeder atypisch verlaufenden Osteoporose muss mittels einer klinischen Untersuchung und von Laborwerten eine zugrunde liegende Krankheit ausgeschlossen werden. Nur dann kann eine effektive und gezielte Behandlung eingeleitet werden.
Ist es sinnvoll, die Osteoporose nach Alter und Geschlecht zu unterteilen?
Alter und Geschlecht gehören zu den wichtigsten Risikofaktoren für Osteoporose. Aus praktischen Überlegungen ist eine Einteilung danach durchaus sinnvoll. Nach Alter und Geschlecht lässt sich die Osteoporose wie folgt einteilen:
Idiopathische juvenile Osteoporose: Die juvenile Osteoporose ist eine seltene, später selbst ausheilende Erkrankung präpubertärer Kinder. Sie tritt zwischen dem 8. und 14. Lebensjahr in Form von Wirbelkörperfrakturen und schweren Rückenschmerzen auf.
Idiopathische Osteoporose junger Erwachsener: Die Erkrankung tritt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf und befällt v. a. Männer. Das Achsenskelett ist mit Wirbelfrakturen besonders betroffen. Labor und Knochenbiopsie zeigen einen deutlich gesteigerten Knochenabbau. Häufig handelt es sich um starke Raucher.
Prämenopausale Osteoporose: Tritt bei der Frau bereits vor der Menopause eine Osteoporose auf, so muss vor allem eine sekundäre Form mit einer zugrunde liegenden Erkrankung ausgeschlossen werden. Bei der Wahl eines Medikamentes muss die Möglichkeit einer bestehenden Schwangerschaft und ein späterer Kinderwunsch berücksichtigt werden. Bisher sind nur wenige Medikamente bei Frauen vor der Menopause getestet worden, sodass vor allem die Bisphosphonate „off-label“-Präparate (= ohne Zulassung) sind.
VORWIEGEND BETROFFEN
vom Knochenschwund sind Frauen nach der Menopause und Männer ab dem 60. Lebensjahr
Osteoporose des Mannes: Männer erkranken durchschnittlich 10 Jahre später als Frauen und auch bei Ihnen muss geklärt werden, ob es eine auslösende Erkrankung gibt. Die häufigsten Ursachen sind Vererbung, Rauchen, ein Mangel an Testosteron und zu wenig Bewegung.
Postmenopausale (Typ I) Osteoporose: Dies ist die weitaus häufigste Form und sie tritt zwischen dem 51. und 75. Lebensjahr als Folge des Ausfalls der Funktion der Eierstöcke auf. Der Knochenschwund setzt bereits Jahre vor der Menopause (perimenopausal) verstärkt ein. Etwa jede zweite Frau erkrankt nach der Menopause an Osteoporose. Obwohl die postmenopausale Form definitionsgemäß bei Frauen auftritt, kann auch bei Männern infolge eines Mangels an Testosteron ein vergleichbarer hormonbedingter Knochenschwund auftreten.
Senile (Typ II) Osteoporose: Die postmenopausale Osteoporose geht stufenlos in die senile Form über. Sie repräsentiert v. a. den Alterungsprozess (Involution) und ist mit einer Abnahme der Osteoblastenzahl verbunden. Diese Osteoporose tritt nach dem 70. Lebensjahr auf und ist bei Frauen nur noch 2-mal häufiger als bei Männern. Auch der kompakte Knochen wird jetzt vermehrt abgebaut, mit Betonung der Schenkelhals-, Unterarm- und Beckenfrakturen.
Gibt es bei der Osteoporose auch Unterschiede in der Schnelligkeit des Knochenverlusts?
Aus prognostischen und therapeutischen Gründen ist es sinnvoll, mit zu berücksichtigen, wie rasch der Knochenschwund abläuft, und dies in die Diagnose mit einzubeziehen. Nach dem Ausmaß und der Geschwindigkeit des Knochenumbaus werden unterschieden:
Osteoporosen mit niedrigem Knochenumsatz (low turnover)
Osteoporosen mit hohem Knochenumsatz (high turnover)
Osteoporosen mit besonders raschem Knochenverlust (very high turnover, fast loosers)
Zur Unterscheidung dienen die biochemischen „Knochenmarker“ und nur in besonderen Fällen die Knochenbiopsie. Die klinische Bedeutung dieser Einteilung hat abgenommen, da alle drei Formen heute mit Bisphosphonaten gut zu therapieren sind – solange sie im Frühstadium erkannt werden.
Wie wird der Knochenschwund nach Schweregrad und Therapiebedürftigkeit eingeteilt?
Im klinischen Alltag ist eine Beurteilung des Schweregrades der Krankheit notwendig, um die Dringlichkeit und Strategie der Behandlung festzulegen. Während bei der Osteopenie die Knochenstruktur noch gewahrt ist, kommt es bei der Osteoporose zu einer Zerstörung der zusammenhängenden Knochenbälkchen und damit zu einem hohen Risiko eines Knochenbruchs.
Für die Praxis genügt die Einteilung nach der Knochendichte („T-score“, DXA-Messung, LWS und/oder Hüfte) und danach, ob es schon zu einem Knochenbruch gekommen ist.
Normaler Knochen: Die Knochendichte weicht um weniger als 1 Standardabweichung (SD) vom Mittelwert der maximalen Knochendichte ab.
Osteopenie: Die Knochendichte weicht negativ um mehr als 1 und weniger als 2,5 SD vom Mittelwert der maximalen Knochendichte ab. Gefragt ist in diesem Stadium Vorsorge mit kalziumreicher Kost,...