Sie sind hier
E-Book

Martin Luther: Wider das Papsttum, vom Teufel gestiftet

Vollständige Neuübersetzung aus dem Ostmitteldeutschen

AutorMartin Luther, Richard Steinheimer (Übersetzer)
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl156 Seiten
ISBN9783749414819
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Martin Luther: Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet | Neue Übertragung aus Luthers ostmitteldeutscher Sprache | Etwa 100 Jahre vor Luther erreichte das Papsttum den Zenit seiner Dekadenz. Die Päpste schwelgten in Pomp und Orgien. Nicht anders als die weltlichen Herrscher jener Zeit vergnügten sie sich nach Kräften und zeugten Kinder mit zahlreichen Konkubinen. - Diese Vorgeschichte muss man kennen, um zu verstehen, wie ein kirchentreuer und gottesfürchtiger Mann wie Martin Luther eine Schrift wie die vorliegende verfassen konnte, mit dem skandalösen Titel: »Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet«. | Kaum einer weiß heute, mit welch großem Kaliber Martin Luther den damaligen Papst und die gesamte Kirchenführung attackiert hat. Da fallen Worte wie »Höllischster Vater, »Papstesel«, »Furzesel«, »Epikurische Sau«, »Endchrist«, »Teufel« und vieles mehr. - Luthers deftige Sprache macht dieses Pamphlet wider das Papsttum zu einem erstaunlichen, überraschenden, und nicht zuletzt amüsanten Leseerlebnis.

Kaum ein anderer einzelner Mensch hat die Geschichte Deutschlands und ganz Europas so sehr verändert wie Martin Luther (1483-1546). - Trotz enormer Widerstände und trotz Luthers Exkommunikation im Jahr 1521 konnte sich die neue Strömung des Christentums in vielen deutschen Fürstentümern und Städten durchsetzten, was in den Augsburger Religionsfrieden von 1555 mündete, in dem sich beide Religionen tolerierten. Dass rund 80 Jahre nach Luthers Tod sich ganz Europa in einen dreißigjährigen Glaubenskrieg stürzte, war weniger religiös motiviert, sondern es war das Ergebnis politischer Machtkämpfe, unter denen die Religion politisch instrumentalisiert wurde.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

DAS ERSTE STÜCK


Der Papst, der Oberste über alle Bischöfe?

SEHR LEICHT ist es zu beweisen, dass der Papst nicht der Oberste und das Haupt der Christenheit sei oder Herr der Welt über Kaiser, Konzile und alles, wie er in seinen Drecksniederungen lügt, lästert, flucht und tobt und wonach ihn der höllische Satan treibt. Denn er selbst weiß wohl, und es ist so klar wie die liebe Sonne – aus allen Dekreten der alten Konzile, aus allen Historien und Schriften der Heiligen Väter, des Hieronymus, des Augustin, des Cyprian und aller Christenheit, die vor dem ersten Papst, genannt Bonifatius III., gewesen ist -, dass der Römische Bischof nicht mehr als ein [gewöhnlicher] Bischof gewesen ist, und noch sein sollte. Und Hieronymus darf frei heraus sagen:

Alle Bischöfe sind gleich, allesamt der Apostel Stuhlerben, und es gibt Beispiele dafür, dass ein Bischof einer kleinen Stadt gleichgestellt ist dem einer großen Stadt, also wie Engubium27 und Rom, Regium28 und Konstantinopel, Theben und Alexandria. Dass aber einer höher oder geringer ist als der andere, kommt daher, dass ein Bistum reicher oder ärmer ist als das andere, ansonsten sind sie alle gleichrangige Nachkommen der Apostel. Soweit Hieronymus. Solches (behaupte ich) weiß der Papst zu Rom sehr wohl, auch dass Hieronymus solches schreibt. Und es ist zum Zeichen der Wahrheit im Dekret nachzulesen: 93. c. legimus. Dennoch erkühnt sich der Papst, dagegen so lästerlich und mutwillig zu lügen und alle Welt zu betrügen.

Gregor der Große, da es ihm von etlichen großen Bischöfen angeboten wurde, weigerte sich hart. Und er schreibt, dass keiner seiner Vorgänger so vermessen gewesen sei, dass er solchen Titel habe annehmen oder führen wollen, wiewohl das sechste Konzil zu Chalcedon29 solches ihnen angeboten hätte. Folgert und spricht kurzum, es solle sich keiner den obersten Bischof oder Bischof der ganzen Christenheit nennen, wie auch etliche weitere Dekrete sagen, dass auch der römische Bischof, obwohl er der Größeren einer sei, dennoch nicht Universalis, der Oberste über die ganze Christenheit zu nennen sei. Solches ist die sichere, öffentliche Wahrheit, unabhängig, wie er selbst und seine Heuchler diese Worte martern und drehen, denn sie sind zu klar und zu gewaltig. So ist die Sache auch allenthalben, denn er hat noch nie über den Bischöfen in Afrika, Griechenland, Asien, Ägypten, Syrien, Persien etc. gestanden, wird’s auch nimmermehr tun oder sein, ja er hat auch des Welschenlands Bischöfe zu der Zeit nicht unter sich gehabt, insbesondere Mailand und Ravenna nicht.

Dieser Gregor d. Große ist der letzte Bischof zu Rom gewesen. Und nach ihm hat die Römische Kirche keinen Bischof mehr gehabt, bis auf diesen Tag, und wird auch keinen mehr kriegen, es sei denn, es würde eine wundersame Änderung geben. Statt dessen haben eitle Päpste, das sind des Teufels Larven (wie du hören wirst), daselbst regiert und alle Kirchen geistlich und leiblich zerstört. Denn das ist gewiss, wie gesagt, dass es zu Zeiten von Gregor dem Großen keinen Papst gab, und er selbst auch samt seinen Vorgängern kein Papst hat sein wollen. Dazu hat er mit vielen Schriften das Papsttum selbst verdammt, wiewohl man ihn in der Papstkrone malte und viel Lügen von ihm erdichtet sind. Aber er ist kein Papst und will auch kein Papst sein, wie denn seine Bücher solches zeigen, zur Schande aller Päpste, die sich selbst nach ihm und wider ihn erhoben haben.

Aber nach seinem Tod wurde Sabinianus Bischof, anderthalb Jahre lang, den rechne ich unter die Päpste, denn er war wohl so ein großer Unflat, wie es ein Papst ist, und wollte Gregors, seines nächsten Vorgängers, Bücher verbrennen, vielleicht weil Gregor das Papsttum in seinen Schriften nicht hat leiden wollen. Nach demselben wurde Bonifatius III. erwählt. Da fing der Zorn Gottes an. Dieser Bonifatius erlangte bei dem Kaisermörder Phokas, dass er Papst oder der Oberste über alle Bischöfe in der ganzen Welt sein sollte. Da wurde die Glocke gegossen, und der Römische Gräuel nahm solches mit Freuden an, dass der nun ein Herr wäre über alle Bischöfe in der Welt. Denn solches hatten etliche Vorfahren lange zuvor gesucht und geseuchelt30, aber nicht erhalten können, weil Gregor und etliche fromme Bischöfe, seine Vorgänger, solches nicht leiden wollten. Da haben wir nun den Ursprung und Anfang des Papsttums, zu welcher Zeit und wer dasselbe gestiftet hat. Nämlich, Kaiser Phokas, der Kaisermörder, der seinen Herrn Kaiser Moritz mit Weib und Kind köpfen ließ. Solches alles wissen sie selbst wohl, dass es die Wahrheit ist.

»So ein großer Unflat, wie es auch ein Papst ist«

Nun war es bis daher die Gewohnheit, dass die Kaiser alle Bischöfe bestätigen mussten, als die Schutzherren, denn auch Gregor, da er zu Rom vom Volk und Priestern erwählt war, bat durch Schrift den Kaiser Mauritius31 , ob er denn solche Wahl nicht bestätigen wollte, denn er war ungern Bischof, als ein demütiger frommer Mann; aber es wurde seine Schrift angenommen, und der Kaiser Moritz32 bestätigte seine Wahl wider seinen Willen. Hernach dachten die Päpste, weil sie vom Kaiser Phokas das Papsttum hätten, möchte vielleicht ein anderer Kaiser es wieder von ihnen nehmen. Denn so muss es sein im weltlichen Regiment, dass, wenn ein Kaiser aus Gnaden gibt, so mag er es wieder nehmen, wo die Bosheit des Besitzers solches verdient. Also haben unsere deutschen Kaiser, Friedrich, Lothar, die Ottonen, den Fürsten oft genommen, was sie zuvor gegeben hatten, und nach der Buße auch wiedergegeben.

Päpste als Nachfolger von Petrus,
dem Fels der Kirche?

Darum überlegten die nachfolgenden Päpste, dass sie das Papsttum weder vom Kaiser noch von Konzilen, sondern von Gott selbst eingesetzt haben wollten; machten Dekrete, eines nach dem anderen, rühmten, schrien und brüllten: Die Römische Kirche und der Papst seien nicht durch Menschen noch durch Konzile, sondern von Christo selbst über die ganze Welt gestiftet. Insbesondere schmücken sie sich mit dem Spruch Matth. 16,18 ff.: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und der Höllen Pforten sollen sie nicht überwältigen, und dir will ich die Schlüssel des Himmelreichs geben, was du bindest auf Erden, soll gebunden sein im Himmel etc.« Führten auch diesen Spruch an: Joh. 21,15. Aber mit dem Spruch in Matth. 16 haben sie am meisten getan, die Welt erschreckt, alle Bistümer unterdrückt, auch die Kaiser und die weltlichen Regierungen mit Füßen getreten.

Alle wussten sie sehr wohl, die schändlichen Lügner und Lästerer göttlichen Worts, und wissen es auch noch sehr wohl, dass dieser Spruch weder ihrer Sache dient noch sich daher reimt, der in allen Buchstaben gegen sie ist, und das Papsttum zu Grunde stürzt, und zunichte macht, wie ich das vor 25 Jahren in den Resolutionen und wider die Sau Eck zu Leipzig gestritten habe33 in öffentlicher Disputation, und immer tun will. Aber es hat den verzweifelten Spitzbuben zu Rom, den Päpsten, im Herzen sanft getan, dass sich die Welt, beide, Bischöfe und Kaiser, mit diesem Spruch haben schrecken und eintreiben lassen, da sie nicht gern wider Gott und sein Wort, wie es rechten Christen gebührt, handeln wollten. Denn dies ist die erste Spitzbüberei des Papsts und Lästerung Gottes in seinen heiligen Worten.

Da sie nun sahen, dass jenen solche Spitzbüberei geraten und gelungen war, trotz des schrecklichen Zorns Gottes über die Welt um der Sünde willen, und sich jedermann vor solchen Worten fürchtete, waren sie wahrlich nicht faul noch schläfrig, druckten getrost nach mit aller Schalkheit und Hilfe des Teufels, und fingen an ihr Papsttum oder Primat, welches sie durch ihre eigenen lügenhaften Dekrete und durch Gottes lästerliche, falsche und spitzbübische Auslegung des Spruchs Matt. 16 gründen wollten, so zu deuten, zu schärfen und zu stärken, dass der Papst der Oberste wäre. Dies aber nicht allein deswegen und der Ehre und des Fortbestehens halber (welches ihm wohl gegönnt wäre), auch nicht allein der Superpräsenz halber, dass er ein Aufseher über die Lehre und Ketzerei in den Kirchen wäre (welches doch einem einzigen Bischof viel zu viel und unmöglich ist, dies in aller Welt zu tun), sondern weil er Gewalt habe, die Bischöfe als ihr Herr, auf gewalttätige und weltliche, ja tyrannische Weise unter sich zu zwingen, sie mit Eiden und Pflichten gefangen zu nehmen, zu Knechten zu machen, die Bistümer sich zuzueignen, dieselben zu setzen und versetzen, ändern, rauben, nehmen, geben, schätzen, verkaufen, dazu mit Pallien, Annaten und unzähligen spitzbübischen Stücken aufs Allermutwilligste beschweren. Und wer das nicht täte oder nicht leiden wollte, musste der Römischen Kirche als Ungehorsamer und Ketzer ewiglich verdammt sein, als der, der wider Matth. 16 gesündigt hätte.

»Der Papst müsse viel Geld haben, damit er...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Christentum - Religion - Glaube

Transitus Mariae

E-Book Transitus Mariae
Beiträge zur koptischen Überlieferung. Mit einer Edition von P.Vindob. K. 7589, Cambridge Add 1876 8 und Paris BN Copte 129 17 ff. 28 und 29 (Neutestamentliche Apokryphen II) - Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten JahrhunderteISSN N.F. 14 Format: PDF

The discussion about the beginnings of Transitus-Mariae literature (apocryphal texts about the life and death of the Mother of Jesus) is marked by two hypotheses. The first is marked by the…

Abram - Abraham

E-Book Abram - Abraham
Kompositionsgeschichtliche Untersuchungen zu Genesis 14, 15 und 17 - Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche WissenschaftISSN 350 Format: PDF

This substantial contribution to Pentateuch research shows paradigmatically how the politico-geographical concepts from Genesis 14 and the concepts of the theology of promise in Gen 15 are…

Sich verzehrender Skeptizismus

E-Book Sich verzehrender Skeptizismus
Läuterungen bei Hegel und Kierkegaard - Kierkegaard Studies. Monograph SeriesISSN 12 Format: PDF

The study focuses on the sceptical forms of thought and expression with which Hegel and Kierkegaard link the claim for absolute truth. With his 'self-completing scepticism' (Phenomenology of…

Sich verzehrender Skeptizismus

E-Book Sich verzehrender Skeptizismus
Läuterungen bei Hegel und Kierkegaard - Kierkegaard Studies. Monograph SeriesISSN 12 Format: PDF

The study focuses on the sceptical forms of thought and expression with which Hegel and Kierkegaard link the claim for absolute truth. With his 'self-completing scepticism' (Phenomenology of…

Weitere Zeitschriften

ARCH+.

ARCH+.

ARCH+ ist eine unabhängige, konzeptuelle Zeitschrift für Architektur und Urbanismus. Der Name ist zugleich Programm: mehr als Architektur. Jedes vierteljährlich erscheinende Heft beleuchtet ...

BONSAI ART

BONSAI ART

Auflagenstärkste deutschsprachige Bonsai-Zeitschrift, basierend auf den renommiertesten Bonsai-Zeitschriften Japans mit vielen Beiträgen europäischer Gestalter. Wertvolle Informationen für ...

Computerwoche

Computerwoche

Die COMPUTERWOCHE berichtet schnell und detailliert über alle Belange der Informations- und Kommunikationstechnik in Unternehmen – über Trends, neue Technologien, Produkte und Märkte. IT-Manager ...

DHS

DHS

Die Flugzeuge der NVA Neben unser F-40 Reihe, soll mit der DHS die Geschichte der "anderen" deutschen Luftwaffe, den Luftstreitkräften der Nationalen Volksarmee (NVA-LSK) der ehemaligen DDR ...

dima

dima

Bau und Einsatz von Werkzeugmaschinen für spangebende und spanlose sowie abtragende und umformende Fertigungsverfahren. dima - die maschine - bietet als Fachzeitschrift die Kommunikationsplattform ...

rfe-Elektrohändler

rfe-Elektrohändler

rfe-Elektrohändler ist die Fachzeitschrift für die CE- und Hausgeräte-Branche. Wichtige Themen sind: Aktuelle Entwicklungen in beiden Branchen, Waren- und Verkaufskunde, Reportagen über ...

Euphorion

Euphorion

EUPHORION wurde 1894 gegründet und widmet sich als „Zeitschrift für Literaturgeschichte“ dem gesamten Fachgebiet der deutschen Philologie. Mindestens ein Heft pro Jahrgang ist für die ...