3 Vorbereitung auf das Assessment Center
Vor allem Berufsanfänger machen häufig den Fehler, sich nicht genügend auf ein Assessment Center vorzubereiten. Sie fragen Studienkollegen, Freunde oder Bekannte nach deren Eindrücken und Erfahrungen und sind sich sicher, diese Art der Vorbereitung würde genügen, »um da schon irgendwie durchzukommen«. Doch weit gefehlt: So wird ein Kandidat die zu besetzende Stelle nicht bekommen. Sehen Sie das Assessment Center als eine Art Prüfung, auf die man sich intensiv vorbereiten muss, um sie erfolgreich absolvieren zu können. Hinzu kommt, dass man bei den meisten Assessment Centern nicht nur gegen sich selbst ankämpfen muss, sondern gegen zahlreiche Mitkonkurrenten, die alle die fachlichen Grundvoraussetzungen für die Stelle mitbringen und sich zudem vorbereitet haben.
Da das Assessment Center als Auswahlverfahren mittlerweile weit verbreitet ist, gehen Personalverantwortliche davon aus, dass die Kandidaten wissen, was auf sie zukommt, und sich entsprechend vorbereiten. Unvorbereitete Teilnehmer schneiden in der Regel bei den einzelnen Aufgaben und Prüfungen nicht nur schlecht ab, sie vermitteln den Beobachtern auch den Eindruck, ihnen fehle nicht nur die notwendige Motivation, sondern auch berufliche Weitsicht, Reife und Ernsthaftigkeit. Kaum ein Arbeitgeber möchte Mitarbeiter in seinen Reihen haben, die es nicht für notwendig halten, sich auf Situationen und Aufgaben vorzubereiten. Wer sich so verhält, schürt die Befürchtung, dass er im späteren Berufsalltag wohl ebenfalls unvorbereitet von einem Meeting ins andere läuft. Vielversprechend wirken diese Bewerber im Assessment Center nicht.
3.1 Praktisches und theoretisches Training
Um einen realen Eindruck davon zu bekommen,
- wie ein Assessment Center abläuft,
- wie die Stimmung und Anspannung ist,
- wie hoch der Druck auf die Kandidaten ist,
- wie die einzelnen Übungen und Aufgaben ablaufen,
- wie eng die Zeitvorgaben sind,
- wie gut oder schlecht die Konkurrenz ist,
empfiehlt es sich, ein Assessment Center zu Übungszwecken zu durchlaufen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten.
3.1.1 Simulierte Assessment Center
Einige Agenturen und Organisationen bieten sogenannte Test-Assessment-Center bzw. Trainingsseminare an. Allerdings werden die Bedingungen bei simulierten Assessment Centern nie analog zu denen bei einem realen sein. Der psychische Druck auf die Kandidaten lässt sich nur schwer künstlich erzeugen. Zudem sind die Vorbereitungskurse und Seminare meist mit erheblichen Kosten verbunden.
3.1.2 Üben bei realen Assessment Centern
Wirkungsvoller ist die Alternative, ein Assessment Center bei einem Unternehmen zu durchlaufen, bei dem Sie nicht unbedingt anfangen möchten. Doch erzählen Sie dies nicht herum, denn Unternehmen und Personalentscheider sehen diese Art der Vorbereitung verständlicherweise nicht gerne. Allerdings sollten Sie sich auch auf Ihre sogenannten Probe-Assessment-Center intensiv vorbereiten, ansonsten ist die Teilnahme wirkungslos.
3.2 Aufgaben und Prüfungen im Assessment Center
Die Palette der Aufgaben und Prüfungen, auf die Sie in Assessment Centern treffen können, ist reichhaltig. Da jeder Arbeitgeber einen anderen Schwerpunkt bei der Auswahl seiner Mitarbeiter setzt, hängt die Zusammenstellung der Übungen von den jeweiligen Bedürfnissen des Unternehmens ab. Folgende Aufgaben können Ihnen im Assessment Center begegnen. Sie alle und ihre Bewältigung werden wir in den folgenden Kapiteln ausführlich beschreiben.
Gruppendiskussion
- Führerlos oder mit Moderator
- Mit oder ohne vorgegebene Rolle
- Mit oder ohne vorgegebenes Thema
Rollenspiele
- Mitarbeitergespräch
- Kunden- bzw. Verhandlungsgespräch
- Diskussionsrunden
Präsentationen und Vorträge
- Mündliche Präsentation eines vorgegebenen oder selbst ausgewählten Themas, eine anschließende Diskussion mit den Beobachtern ist möglich
- Schriftliche Ausarbeitung eines vorgegebenen Themas, eine anschließende Diskussion mit den Beobachtern ist zwar möglich, aber eher selten
Selbstpräsentation
- Mündliche Präsentation
- Schriftliche Kurzbeschreibung, Fließtext oder Ausfüllen eines Fragebogens
Postkorbübung
- Schriftliche Lösungspräsentation mit oder ohne anschließende Befragung
- Mündliche Lösungspräsentation mit oder ohne anschließende Befragung
Planspiele, Schätzaufgaben und Fallstudien
- Einzelübung mit schriftlicher oder mündlicher Präsentation
- Gruppenübung mit schriftlicher oder mündlicher Präsentation
Interviews
Persönliches Gespräch, meist mit Personalentscheidern
Tests
Intelligenztests
- Konzentrations- und Leistungstests
- Persönlichkeitstests
- Fach- und Wissenstests
Selbst- und Fremdeinschätzungen
- Mündliche Befragung
- Computerunterstützte Testaufgaben
Konstruktionsübungen
- Meist praktische kreative Übung
- Fach- und Wissenstests in diesem Bereich sind nur in Ausnahmefällen Gegenstand eines Assessment Centers
Wenn Sie sich bei einem international ausgerichteten Unternehmen beworben und nun eine Einladung zu einem Assessment Center erhalten haben, sollten Sie damit rechnen, dass auch Fremdsprachentests (hauptsächlich Englisch) durchgeführt werden. Diese sind meist mündlich und können bereits vorab stattfinden, etwa im Rahmen eines Telefoninterviews. Finden sie erst im Assessment Center statt, sollten Sie sich ebenfalls auf einen mündlichen Test einstellen, etwa eine kurze Präsentation.
Bei den meisten der hier aufgeführten Aufgaben und Prüfungen gibt es kein Richtig oder Falsch, von den Tests und einigen Fallstudien einmal abgesehen. Entscheidend ist vielmehr die Art und Weise, wie Sie an die Lösung herangehen, wie Sie mit Menschen umgehen, wie zielstrebig oder ausdauernd Sie sind und welchen persönlichen Eindruck Sie bei den Beobachtern hinterlassen. Eine rein objektive Bewertung ist demnach nicht möglich, auch wenn die Beobachter versuchen, die Leistungen der Kandidaten nach objektiven Richtlinien und Maßstäben zu bewerten.
3.3 Ablauf eines Assessment Centers
Eine Vorgabe, wie ein Assessment Center ablaufen oder die Zusammenstellung der Prüfungsaufgaben aussehen sollte, gibt es nicht. Das liegt in erster Linie daran, dass die Unternehmen den Aufbau und die Aufgaben an die Anforderungen ihres Unternehmens bzw. an die zu besetzende Stelle anpassen. Auch die Dauer des Auswahlverfahrens ist nicht einheitlich.
In der Regel setzen die Unternehmen ein bis zwei Auswahltage an, der Trend geht jedoch eindeutig zu eintägigen Auswahlverfahren. In Ausnahmefällen, etwa bei der Auswahl von absoluten Spitzenkräften, kann ein Assessment Center auch über zwei Tage hinausgehen. Wenn allerdings nur wenige Stunden angesetzt sind, kann nur noch schwerlich von einem Assessment Center die Rede sein.
Laut Umfragen unter deutschen Unternehmen, die das Assessment Center als Auswahlverfahren nutzen, gehören Gruppendiskussionen sowie Präsentationen im Allgemeinen zu den beliebtesten und am häufigsten eingesetzten Übungsaufgaben. Befragt wurden dabei zahlreiche groß- und mittelständische Unternehmen. Die Rangliste im Einzelnen
- Gruppendiskussion
- Selbstpräsentation oder Präsentation des eigenen Lebenslaufs
- Rollenspiel
- Fallstudie
- Postkorbübung
Intelligenz- und Persönlichkeitstests landeten auf den letzten Plätzen. Das Gleiche gilt für sogenannte Fachwissenstests.
Um Ihnen einen Eindruck zu geben, wie ein Assessment Center im Allgemeinen aufgebaut ist und wie Ihr Auswahltag aussehen kann, folgt an dieser Stelle die Agenda eines eintägigen Assessment Centers.
Beispiel
Vormittag
8:00 Uhr: Begrüßung und Vorstellung der Assessoren
Präsentation des Unternehmens
Überblick über den Ablauf des Assessment Centers
8:30 Uhr: Vorstellungsrunde der Kandidaten
9:30 Uhr: Gruppendiskussion
Die Bewerber werden in Gruppen aufgeteilt und erhalten jeweils ein Thema, das sie diskutieren sollen; Vorbereitung zehn Minuten, Diskussionsdauer 15 Minuten
10:00 Uhr: Präsentation der Ergebnisse
10:45 Uhr: Kaffeepause
11:00 Uhr: Postkorbübung, Bearbeitungszeit...