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Krisenkommunikation auf Corporate Websites versus Online-Nachrichtenseiten. Welche Wirkung haben personalisierte und nicht-personalisierte Kommunikation?

AutorDavid Möller
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl124 Seiten
ISBN9783960956488
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Wenn ein Unternehmen in eine Krise gerät, macht seine Kommunikationsstrategie den entscheidenden Unterschied. Dazu gehört nicht nur die Person, die an die Öffentlichkeit tritt. Auch die Wahl eigener oder aber journalistischer Kanäle beeinflusst die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Welche Effekte haben unterschiedliche Strategien der Krisenkommunikation? David Möller wägt Corporate Publishing gegen Media Relations ab. Außerdem untersucht er, wie eine personalisierte beziehungsweise nicht-personalisierte Kommunikation auf den Rezipienten wirkt. Denn Rezipienten nehmen die Glaubwürdigkeit des Berichts je nach Ansprache unterschiedlich wahr. Das beeinflusst auch ihre Bewertung des Vorfalls sowie der Reaktion des Unternehmens. Möller untersucht, ob die Kommunikation über einen journalistischen oder einen unternehmenseigenen Kanal Auswirkungen auf die Reputation nach dem Vorfall hat. Aus dem Inhalt: - Krisenmanagement; - Public Relations; - PR; - Personalisierung; - Authentizität

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Leseprobe

3 Die Stimme der Krise: Krisenkommunikation


 

„Die Krisenkommunikation ist das ungeliebte, ungewollte Kind der Öffentlichkeitsarbeit. Sie kostet Nerven und Kraft und bringt selten Anerkennung. Gleichzeitig ist sie unter allen Disziplinen der Unternehmenskommunikation nicht nur die schwierigste, sondern auch die wichtigste.“

 

(Steinke, 2018, S. VIII)

 

Die licence to operate sicherstellen, Vertrauen gegenüber dem Unternehmen und die Glaubwürdigkeit von Kommunikation und Unternehmensrepräsentanten steigern, ein positives Image und eine gute Reputation aufbauen – dies sind die zentralen Funktionen und Aufgaben der Unternehmenskommunikation und in Krisenzeiten alles was auf dem Spielt steht. In Krisensituationen ist die Krisenkommunikation das zentrale Aufgabenfeld der PR, um Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Die Wichtigkeit dieses Bereichs, herausgestellt im einleitenden Zitat, ergibt sich aus den potenziellen Konsequenzen einer schlecht gemanagten Krise, die eine Organisation bis an den Abgrund und sogar darüber hinaus treiben kann.

 

Für eine genauere Betrachtung der Krisenkommunikation geht dieses Kapitel zunächst auf den Begriff Krise ein und behandelt Begriffsherleitung, Merkmale, Definitionen, Abgrenzung zu verwandten Begriffen sowie die Ursachen und Folgen. Anschließend wird die Krisenkommunikation definiert und ihre verschiedenen Phasen mitsamt Kommunikationsstrategien und möglichen Maßnahmen betrachtet.

 

3.1 Die Krise – und was die Krise ausmacht


 

Wenn sich Autoren aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen dem Begriff Krise nähern, diesen für ihr jeweiliges Werk beschreiben und definieren, herrscht nahezu Einigkeit darüber, dass der Begriff in den journalistischen Medien, auf personaler Ebene und zum Teil auch in der Wissenschaft zum Modewort geworden ist (Merten, 2008, S. 83), inflationär genutzt (Bliesener, 1984, S. 50; Cezanne, 1999, S. 7) oder gar falsch verwendet wird (Müller, 1999, S. 112; Trauboth, 2002, S. 13). Somit ist es keine Überraschung, dass die Online-Ausgabe des Duden (2018) unter dem Begriff verschiedenste Krisen im hohen zweistelligen Bereich auflistet: Von der persönlichen Lebenskrise über die staatliche Haushaltskrise bis hin zur globalen Finanzkrise. Norbert Blüm schrieb schon 1985: „Ich finde, Krise ist geradezu zum Lieblingswort der Zeit geworden. Es wird gebraucht wie die Hostie einer Pseudoreligion” (zitiert nach Karbach, 2010, Absatz 2). Und der Rechtswissenschaftler Willian Luneburg bemerkte bereits 1970: „Crisis has become one of the most overworked words in the languages” (zitiert nach Evertz & Krystek, 2014, S. 5). Als Folge des inflationären Gebrauchs verliert der Begriff Krise seinen Warnwert, was infolge dessen zu einem Gewöhnungseffekt gegenüber Krisen in der öffentlichen Wahrnehmung führt. Dadurch würden „tatsächliche[n] Krisen – und damit auch wirkliche[n] Unternehmenskrisen – nicht mehr die Bedeutung zukommen […], die sie benötigen, um rechtzeitig wahrgenommen und entsprechend ihrer Bedeutung behandelt werden zu können“ (ebd.). Dies wird zum Anlass genommen, den Begriff der (Unternehmens-) Krise im Folgenden einer genaueren Analyse zu unterziehen und einzugrenzen.

 

Der Ursprung des Wortes Krise ist umstritten. Krísis aus dem griechischen bedeutet den Bruch einer kontinuierlichen Entwicklung. Auch wenn dieser Bruch in der Übersetzung ambivalente Entwicklungsmöglichkeiten kennzeichnet und der Ausgang nicht zwingend negativ konnotiert ist, wird er in der Literatur zumeist so ausgelegt (Cezanne, 1999, S. 8; Karasch, 2006, S. 13). Der lateinische Begriff crisis hingegen bezeichnet den ambivalenten Höhe- und Wendepunkt einer Krankheit, zielt somit nicht nur auf die Gefahr und das Risiko einer Krise ab, sondern auch auf die aufkommenden Chancen und ist somit positiver zu interpretieren (Töpfer, 2008, S. 357).

 

Das ist drin: Merkmale einer Krise

 

Als Grundlage für die Herleitung, die folgende Eingrenzung und die für diese Arbeit relevante Definition des wissenschaftlichen Begriffs Krise, dienen neben der kommunikationswissenschaftlichen Literatur auch Werke der Betriebswirtschaft. Dies ist darin begründet, dass die Disziplin eine der ersten war, die sich mit dem Begriff im wissenschaftlichen Kontext beschäftigt hat, und dies bereits seit ihren Anfängen. Darüber hinaus ist der wissenschaftliche Begriff Krise stark ökonomisch geprägt und eine weitere Ausdifferenzierung des Begriffs in der Betriebswirtschaft führte zum Begriff Unternehmenskrise (Cezanne, 1999, S. 9; Krystek, 1987, S. 2). Bis zur Intensivierung der Krisenforschung in den 1970er Jahren meinte eine Krise[13] in der Betriebswirtschaft ganz allgemein wirtschaftliche Schwierigkeiten oder eine Situation, die eine Bedrohung des Unternehmens darstellt. Schiefer (1974) etwa beschreibt Krise als „[…] eine Bedrohung für die Unternehmen […] die bis an die Grenze der Existenz gehen kann“ (zitiert nach Krystek, 1987, S. 5). Erst ab den späten 1970er Jahren wurde der Begriff Unternehmenskrise konkretisiert und die verschiedenen Definitionen um weitere Merkmale ergänzt. Müller-Merbach (1977, S. 420) beschreibt die Unternehmenskrise als eine ungewollte sowie ungeplante, ertragsmäßige und/oder liquiditätsmäßige Situation einer Unternehmung beziehungsweise eines Unternehmungsbereiches, die eine unmittelbare oder mittelbare Gefahr für das Überleben der Unternehmung oder des Unternehmungsbereiches darstelle. Ende der 1980er Jahre widmete sich der Wirtschaftswissenschaftler und Krisenexperte Krystek einer Konkretisierung der Begriffsbeschreibung und konstruierte eine Definition, die bis heute eine der umfassendsten ist und im deutschsprachigen Raum die weiteste Verbreitung aufweist:

 

Unternehmenskrisen sind ungeplante und ungewollte Prozesse von begrenzter Dauer und Beeinflussbarkeit sowie mit ambivalentem Ausgang. Sie sind in der Lage, den Fortbestand der gesamten Unternehmung substantiell und nachhaltig zu gefährden oder sogar unmöglich zu machen. Dies geschieht durch die Beeinträchtigung bestimmter Ziele (dominanter Ziele), deren Gefährdung oder gar Nichterreichung gleichbedeutend ist mit einer nachhaltigen Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung der Unternehmung als selbstständig und aktiv am Wirtschaftsprozess teilnehmender Einheit mit ihrer bis dahin gültigen Zweck- und Zielsetzung. (Krystek, 1987, S. 6)

 

Die bisherigen Erkenntnisse liefern einen Überblick der Merkmale, mit denen eine Krise (im betriebswissenschaftlichen Sinne) beschrieben werden kann (Cezanne, 1999, S. 9-11; Krystek, 1987, S. 6; Müller-Merbach, 1977, S. 420; Zöller, 2006, S. 20-21).

 

Es besteht die Gefahr einer nachhaltigen Existenzgefährdung für das Unternehmen.

 

Eine Krise ist ungewollt und ungeplant.

 

Durch eine Krise kommt es zur Gefährdung dominanter Ziele, wodurch diese für das Unternehmen erst mess- und fühlbar wird.

 

Die Ambivalenz des Ausgangs einer Krise macht den Untergang des Unternehmens ebenso denkbar wie die erfolgreiche Krisenbewältigung.

 

Eine Krise besitzt einen Prozesscharakter, ist somit zeitlich begrenzt.

 

Es besteht eine Steuerungsproblematik, die – in Grenzen – eine Beeinflussung des autonomen Prozessablaufes ermöglicht.

 

In der Kommunikationswissenschaft wurde das Verständnis einer Krise um weitere Aspekte erweitert. Thießen (2011a) etwa schreibt, „Krisen sind beobachter­abhängig, können durch Kommunikation überhaupt erst entstehen und lassen sich durch rhetorische Antwortstrategien steuern“ (S. 81; Hervorh. D.M.). Der allgemeinen (betriebswirtschaftlichen) Definition wurden somit die Aspekte Publikum und Kommunikationseinfluss als Merkmale hinzugefügt. Die Bewertung einer Krise ist somit von dem Interesse und der Bewertung der Stakeholder abhängig – je größer das öffentliche Interesse, desto größer das Ausmaß der Krise. Der zweite Aspekt betrifft die Medienberichterstattung: Eine Krise wird erst zu einer Krise, wenn die Öffentlichkeit involviert ist. Dies geschieht durch die Berichterstattung über ein Ereignis, ohne die es Missstände aber keine Krisen geben würden (ebd.). Mast (2008) beurteilt den Einfluss journalistischer Medien folgendermaßen: „Medien sind meist die Auslöser und nicht die Verursacher von Krisen. Sie sorgen aber für eine Dramatisierung der Berichterstattung und Beschleunigung des Krisenverlaufs“ (S. 104). Der letzte Aspekt betrifft die Beeinflussbarkeit von Krisen. Krysteks (1987) Definition enthält bisweilen den Punkt der „eingeschränkten Beeinflussbarkeit“ (S. 6), jedoch wird diese nun in Form von Kommunikationsstrategien konkretisiert. Auch Köhler (2006) stellt dieses Merkmal heraus und betont, dass Krisen „durch kommunikative Leistungen nicht nur vermittel-, sondern auch beeinflussbar“ (S. 22) sind.

 

Neben den Krisenmerkmalen Kommunikation und Publikum werden in der kommunikationswissenschaftlichen Literatur zwei weitere Aspekte immer wieder hervorgehoben, die in der Betriebswirtschaft keine oder nur vereinzelt Beachtung finden: die Faktoren Zeitdruck und Reputation. Der Zeitdruck bezieht sich dabei in erster Linie auf das Krisenmanagement beziehungsweise die Krisenkommunikation (siehe...

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