Laktoseintoleranz – das Wichtigste in Kürze
Genau genommen ist Laktoseintoleranz keine Krankheit. Erwachsene Menschen, die Milchzucker verdauen können, sind weltweit gesehen sogar die Ausnahme.
Neugeborene und Kleinkinder können Laktose normalerweise ohne Probleme verstoffwechseln. Das ist auch wichtig, denn die Muttermilch enthält Laktose, sogar mehr als Kuhmilch. Aber bereits nach den ersten Lebensmonaten nimmt die Menge des Enzyms im Magen-Darm-Trakt allmählich ab.
Dass etwa ein Drittel der Menschheit lebenslang Laktose verdauen kann, ist einer genetischen Mutation zu verdanken. Wissenschaftler nehmen an, dass diese Veränderung der DNA vor etwa 7.500 Jahren in Zentraleuropa entstand. Vermutlich war diese Mutation ein Überlebensvorteil, denn mit Beginn der Viehzucht war Milch in großen Mengen vorhanden und wurde zu einer wichtigen Nahrungsquelle. Menschen ohne Laktoseintoleranz sind Träger dieser Genveränderung.
Laktose (=Milchzucker) ist ein Disaccharid, ein sogenannter Zweifachzucker, der aus einem Molekül Glukose (=Traubenzucker) und einem Molekül Galaktose (=Schleimzucker) zusammengesetzt ist.
Wieso es zu einem Laktasemangel kommt
Beim primären/natürlichen Laktasemangel ist der Grund ein genetisch bedingter Rückgang der Laktaseproduktion mit zunehmendem Alter. So nimmt die gebildete Laktasemenge bei entsprechend veranlagten Menschen zwischen dem zweiten und zwanzigsten Lebensjahr ab, meist treten die ersten Symptome im Jugendalter auf. Im deutschsprachigen Raum sind 20 bis 25 Prozent von diesem erworbenen Laktasemangel betroffen.
Laktase – ein wichtiges Enzym
Bei einem gesunden Menschen erfolgt die Verwertung bzw. der Abbau der Laktose im Dünndarm durch das körpereigene Enzym Laktase. Laktose wird in die Einfachzucker Glucose und Galaktose gespalten und im weiteren Verdauungstrakt dem Stoffwechsel zugeführt. Leidet man an Laktoseintoleranz, so ist das körpereigene Enzym Laktase nicht oder nur noch teilweise vorhanden. Daher gelangt Laktose (Milchzucker) mehr oder weniger unverdaut in den Dickdarm. Dort bauen Milchsäurebakterien die Laktose zu Milchsäure, Essigsäure und Darmgasen (Kohlendioxid, Wasserstoff, Methan) ab.
Anzumerken ist, dass die Enzymproduktion dabei übrigens nicht völlig ausfällt. Betroffene verfügen meist noch über eine kleine Grundmenge des Enzyms. In der Therapie herausfordernd ist, dass große individuelle Schwankungen auftreten und jeder Betroffene individuell seine verträgliche Menge herausfinden sollte.
Im Unterschied dazu tritt der sekundäre Laktasemangel als Begleiterscheinung von Darmerkrankungen und Darmoperationen auf. Die Produktion der Laktase wird hierbei nicht natürlicherweise, sondern durch eine Schädigung der Darmschleimhaut gedrosselt. Auch Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn oder schwere Verläufe einer Magen-Darm-Grippe können Auslöser sein. Ebenso kann eine Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) oder Glutensensitivität Auslöser einer sekundären Laktoseintoleranz sein, weil sich die Darmschleimhaut bei dieser Erkrankung entzündet und dadurch die Produktion des Enzyms Laktase beeinträchtigt wird. Positiv ist, dass diese Art der Laktoseintoleranz nach Behandlung der Krankheit wieder verschwinden kann. Meist geht die sekundäre Laktoseintoleranz wieder zurück, sobald sich die Schleimhautzellen im Darm erholt haben. In seltenen Fällen kann sie aber chronisch werden.
Als angeborener Laktasemangel wird ein Enzymdefekt bezeichnet, der allerdings sehr selten auftritt. Da die Milchzuckerunverträglichkeit allerdings schon im Säuglingsalter auftritt, kommt es zu erheblichen Problemen, die ärztlicher Betreuung bedürfen.
In einigen Fachzeitschriften wird derzeit eine Laktoseintoleranz durch bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms diskutiert. Normalerweise sind Bakterien und andere Mikroorganismen hauptsächlich im Dickdarm zu finden. Das ist völlig normal und sogar sehr wichtig für die Verdauung. Unter Umständen kann es aber zu einer vermehrten Besiedlung des Dünndarms kommen, die problematisch ist.
Durch diese Fehlbesiedlung wird einerseits die Dünndarmschleimhaut – und damit die Laktaseproduktion – beeinträchtigt, andererseits beginnen die Bakterien im Dünndarm die Laktose bereits zu zersetzen, bevor sie von der Laktase gespalten werden kann. Die Forschungsergebnisse sind noch nicht eindeutig, aber Studien zeigen, dass in manchen Fällen eine Laktoseintoleranz verschwindet, sobald die Dünndarmfehlbesiedlung mit Antibiotika behandelt wird.
Wieso kommt es zu Beschwerden?
Bei einer Laktoseintoleranz gelangt die Laktose (=Milchzucker) fast unverdaut bis in den Dickdarm, wo er eigentlich nicht hingehört. Dort sorgen Bakterien für eine anaerobe Vergärung, wobei kurzkettige Fettsäuren sowie Kohlendioxid, Wasserstoff und Methan entstehen. Die Fettsäuren regen die Bewegung des Darms an, wodurch der Stuhldrang verstärkt und die Wahrscheinlichkeit für Durchfall erhöht wird. In der Dickdarmschleife sammeln sich die entstandenen Gase und führen dadurch zu einem aufgeblähten Bauch und/oder Übelkeit. Diese Gase entweichen dann durch Blähungen, oder sie gelangen über die Blutbahn zur Lunge, wo sie abgeatmet werden (Laktoseintoleranz-Atemtest). Bei empfindlichen Menschen kann dies zu Schwindelgefühl führen. Hinzu kommt, dass Milchzucker die Eigenschaft besitzt, Wasser zu binden. Im Inneren des Darms entsteht dadurch ein osmotischer Druck, welcher zum Einströmen von Wasser führt und so das Volumen der Dickdarmflüssigkeit in kurzer Zeit bis auf das Fünffache erhöht. Dieser Prozess übt zusätzlich einen abführenden Effekt aus und es kommt zu einem »osmotischen Durchfall«.
Symptome einer Laktoseintoleranz
Die Symptome einer Laktoseintoleranz können unterschiedlich sein und hängen auch von der Ausprägung (Stärke) der Unverträglichkeit ab. Viele Betroffene zeigen schon nach der Aufnahme von geringen Mengen Laktose (wenige Gramm) Symptome wie Durchfall, Bauchkrämpfe, Völlegefühl etc. Die Symptome und Beschwerden setzen meist wenige Stunden nach Verzehr von laktosehaltigen Lebensmitteln ein.
Laktoseintoleranz-Symptome | Andere Beschwerden |
Bauchkrämpfe | Kopfschmerzen |
Durchfall (breiiger Stuhl) | Schlafstörungen |
Diagnosemethoden
Es gibt verschiedene Testverfahren, um eine Laktoseintoleranz festzustellen. Diagnosen, die nur anhand der Symptome erfolgen, sind oft nicht eindeutig. Außerdem äußern sich andere Nahrungsmittelunverträglichkeiten und etliche weitere Erkrankungen ähnlich. Deshalb wird Betroffenen empfohlen, einen endgültigen Nachweis durch einen Test zu erhalten.
H2-Atemtest (Standardmethode)
Die in den Dickdarm gelangte Laktose wird von der Mikroflora u.a. zu Wasserstoff abgebaut, der ins Blut übergeht, abgeatmet wird und gemessen werden kann. Dieses Verfahren wird in Allergie-Ambulatorien oder Arztpraxen, die darauf spezialisiert sind, angeboten. Sie können sich das ähnlich wie bei einem Alkoholtest bei Polizeikontrollen vorstellen, alle 30 Minuten wird in ein Röhrchen gepustet und die abgeatmete Luft gemessen.
• Die Testperson erhält dazu vorher eine bestimmte Laktosemenge verabreicht, meist 50 g auf 500 ml Wasser. Über zwei bis vier Stunden wird regelmäßig gemessen, und ein entsprechender Anstieg der Atemgase (Wasserstoff) zeigt an, ob eine Resorptionsstörung vorliegt.
• Die Werte dieser Messung werden in ppm angegeben, also parts per million (Teile pro Million oder auch mg/l). Der erste Wert, der vor dem Trinken der Messlösung gemessen wird, ist der Ausgangswert (Basalwert). Die folgenden Werte werden, wie auch die auftretenden Symptome, in einer Tabelle verzeichnet. Steigt einer der Werte (oder zwei aufeinanderfolgende Werte) über 20 ppm über den Basalwert, so ist der Test positiv. Nach zwei bis drei Stunden ist der Test normalerweise vorbei, es kann aber sein, dass der Test auf bis zu vier Stunden verlängert werden muss. Ist Ihr Testergebnis positiv, werden Sie bereits in der Testzeit Symptome im Magen-Darm-Trakt wahrnehmen.
• Alternativ dazu gibt es auch die Möglichkeit einer Dünndarmbiopsie, wo mittels Gewebeprobe die Laktaseaktivität direkt bestimmt wird.
• Seit einiger Zeit kann bei Verdacht auf Laktoseintoleranz auch ein Gentest (auf den LCT-Genotyp) durchgeführt werden. Dazu entnimmt der behandelnde Arzt dem Patienten eine Blutprobe oder einen Wangenschleimhautabstrich.
Ist der Atemtest sicher?
Die Aussagekraft dieser Atemtests ist leider nur begrenzt. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung sind sogenannte Non-H2-Producer. Sie besitzen Bakterien, die den entstandenen Wasserstoff sofort verstoffwechseln. Dadurch gelangt er nicht in die Atemluft und kann somit nicht gemessen werden. Deshalb sollte zusätzlich zum Atemtest auch eine umfangreiche Anamnese erfolgen bzw. kann eine Diagnosestellung auch mithilfe der Symptomatik erfolgen. Treten regelmäßig starke Symptome auf, ist der Test trotz nicht ansteigender Wasserstoffwerte in der Atemluft ebenfalls...