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E-Book

Bekenntnisse-Confessiones

Die erste Autobiographie der Geschichte

AutorAurelius Augustinus
Verlagmarixverlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl416 Seiten
ISBN9783843800365
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Durch die grundsätzlichen Erwägungen über das Wesen des Menschen sind die Bekenntnisse des heiligen Augustinus mehr als nur eine Biographie - sie gelten vielmehr als die erste Autobiographie der Literatur. Die Bekenntnisse beschreiben introspektiv die Phasen der geistigen Entwicklung Augustins. Er analysiert sein frühes Leben, seine ständige Suche nach Wahrheit und seine Bekehrung. Wie Augustinus später bemerkt, hat der Titel zwei Bedeutungen: Confession im Sinne von 'Schuldbekenntnis' und Confessio im Sinne von 'Glaubensbekenntnis'. Neben den unmittelbar theologischen Einsichten geben die Confessiones Einblick in das menschliche Seelenleben überhaupt und offenbaren dabei eine bis heute unerreichte Tiefe und Subtilität.

Aurelius Augustinus (354 - 430) stammt aus der nordafrikanischen Kleinstadt Thagaste, dem heutigen Souk-Ahras, und ist einer der bedeutendsten christlichen Kirchenlehrer und ein wichtiger Philosoph an der Zeitenwende zwischen Antike und Mittelalter. Er war zunächst Rhetor in Thagaste, Karthago, Rom und Mailand. Von 395 bis zu seinem Tod war er Bischof von Hippo Regius.

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Leseprobe

Erstes Buch


Erstes Kapitel


Groß bist du, o Herr, und deines Lobes ist kein Ende; groß ist die Fülle deiner Kraft, und deine Weisheit ist unermesslich. Und loben will dich der Mensch, ein so geringer Teil deiner Schöpfung; der Mensch, der sich unter der Last der Sterblichkeit beugt, dem Zeugnis seiner Sünde, einem Zeugnis, dass du den Hoffärtigen widerstehest; und doch will dich loben der Mensch, ein so geringer Teil deiner Schöpfung. Du schaffest, dass er mit Freuden dich preise, denn zu deinem Eigentum erschufst du uns, und ruhelos ist unser Herz, bis es ruhet in dir. Kläre mich auf, o Herr, und lass mich erkennen, ob wir dich zuerst anrufen oder dich preisen; ob wir dich eher erfassen als anrufen sollen. Doch wer ruft dich an, solange du ihm unbekannt bist? Könnte dich, der dich nicht erkennt, statt des einen ein anderes Wesen anrufen? Oder wirst du zuvor angerufen, auf dass du erkannt werdest? Wie sollen sie aber anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber glauben an den, der ihnen nicht geprediget worden? Loben werden den Herrn, die ihn suchen. So ihn aber suchen, werden ihn finden, und die ihn finden, werden ihn loben. Ich will dich suchen, o Herr, im Gebet, und ich werde dich anrufen im Glauben: Denn du bist uns verkündiget worden. Mein Glaube, den du mir gegeben, o Herr, ruft dich an, mein Glaube, den du mir einhauchtest durch die Menschwerdung deines Sohnes, durch die Vermittlung deines Predigers.

Zweites Kapitel


Wie aber soll ich anrufen ihn, meinen Gott und Herrn? Denn zu mir hinein rufe ich ihn ja, wenn ich ihn anrufe. Wie heißt die Stätte, dahin mein Gott komme zu mir, wohin der Gott komme zu mir, der Himmel und Erde gemacht hat? So ist also, Herr, mein Gott, etwas in mir, das dich zu fassen vermag? Fassen dich denn Himmel und Erde, die du gemacht hast und in deren Bereich du mich geschaffen? Oder fasst dich deshalb alles, weil ohne dich nicht wäre, was ist? Da nun auch ich bin, was bitte ich dich denn, in mich zu kommen, der ich nicht wäre, wenn du nicht wärst in mir? Denn noch bin ich nicht im Reiche des Todes, und doch bist du dort. Denn bettete ich mich auch in die Hölle, siehe, so bist du auch da. Ein Nichts wäre ich, mein Gott, wäre überhaupt nicht vorhanden, wenn du nicht wärest in mir. Oder ich wäre vielmehr nicht, wenn ich nicht wäre in dir, von dem alles, durch den alles, in dem alles ist. Ja, so ist es, so ist es, o Herr. Wenn ich dich anrufe, wohin rufe ich dich, da ich ja bin in dir? Von woher sollst du kommen zu mir? Wohin sollte ich wohl gehen über Erde und Himmel hinaus, dass von da käme zu mir mein Gott, der da gesprochen: »Bin ich es nicht, der Himmel und Erde füllet?«

Drittes Kapitel


Fassen dich also Himmel und Erde, weil du sie erfüllst? Oder erfüllst du sie doch nur teilweise, da sie dich nicht völlig fassen? Und wohin ergießest du den Überfluss, wenn Himmel und Erde von dir erfüllt sind? Oder bedarfst du keines Gefäßes, das dich als Ganzes enthält, der du alles fassest? Denn alle Gefäße, die du erfüllst, erfüllst du, indem du sie zusammenhältst. Denn nicht die Gefäße, die dich beschließen, geben dir feste Selbstständigkeit; denn wenn sie auch zerbrochen würden, wirst du doch nicht ausgeschüttet. Und wenn du (im Heiligen Geiste) über uns ausgegossen wirst, so liegst du nicht darnieder, sondern richtest uns auf; du wirst nicht zerstreut, sondern sammelst uns. Aber der du alles erfüllst, erfüllst du alles in deiner Gesamtheit? Oder, weil nicht jegliches dich in deiner Gesamtheit zu fassen vermag, umfasst es nur einen Teil deines Wesens und umfasst alles zugleich denselben Teil deines Seins? Oder umfassen die einzelnen Kreaturen einzelne Teile, die größeren größere und die kleineren kleinere? Ist demnach ein Teil von dir größer oder kleiner als der andere oder bist du überall eine Ganzheit und fasst dich nichts in deiner Gesamtheit?

Viertes Kapitel


Mein Gott, was bist du also? Was frag’ ich erst? Was anders denn als der Herr mein Gott? Denn wer ist Herr neben dem wahrhaftigen Herrn und wer Gott außer dir, unserem Gott? Höchster, Bester, Mächtigster Allmächtigster, Barmherzigster und doch Gerechtester, Verborgenster und doch Allgegenwärtiger, Schönster und Stärkster, feststehend, und doch nicht zu fassen, unwandelbar, und doch alles wandelnd, nie neu, nie alt, der du alles erneuerst, die Stolzen aber gibst du anheim der Vergänglichkeit, ohne dass sie es fassen; immer wirkend, immer ruhig, sammelnd und doch nie bedürfend, tragend, erfüllend und schützend, schaffend, ernährend und vollendend, suchend, da doch nichts dir ermangelt. Du liebst, doch ohne Leidenschaft, du eiferst, doch mit ruhiger Milde, deine Rede ist schmerzlos, du zürnst und bist doch ruhig, wandelbar sind deine Werke, unwandelbar dein Ratschluss, du nimmst auf, was du findest, und hast es doch niemals verloren, nie arm, freust du dich des Gewinns, nie habsüchtig, forderst du Zinsen. Es wird dir geliehen, auf dass du zum Schuldner werdest, und doch, wer hat etwas, das nicht wäre dein Eigentum? Schulden zahlst du, die du nie schuldig bist; du erlässest uns unsere Schuld und verlierst trotzdem nichts. Was aber habe ich mit all dem vorgebracht, mein Gott, mein Leben, meine heilige Wonne? Oder wie redet einer, wenn er redet von dir? Wehe denen, die von dir schweigen, denn auch die Stummen werden dich bekennen.

Fünftes Kapitel


Wer wird mir verleihen, zu ruhen in dir? Wer mir beistehen, dass du kommst in mein Herz und es ganz erfüllst, dass ich vergesse all mein Elend und dich nur, mein einziges Gut, umfasse? Was bist du mir? Habe Erbarmen mit mir, dass ich mich unterfange, von dir zu reden. Was bin ich dir, dass du Liebe von mir forderst und dein Zorn mir droht und unermessliches Elend, wenn ich es nicht täte? Ist es denn ein geringes Elend, wenn ich dich nicht liebe? Wehe mir! Sage mir, o mein Herr und mein Gott, um deiner erbarmenden Liebe willen, was du mir bist. Sprich zu meiner Seele: »Ich bin deine Hilfe.« So sprich, auf dass ich dich hören kann. Siehe meines Herzens Ohr lauschend vor dir; erschließe es, o Herr, und sprich zu meiner Seele: »Ich bin deine Hilfe.« Betend will ich folgen dieser Stimme und dich ergreifen. Verbirg dein Angesicht nicht vor mir, ich will sterben, damit ich (ewig) lebe und dich schaue von Angesicht zu Angesicht. Eng ist das Haus meiner Seele, erweitere es, dass es werde deine Wohnung. Hinfällig ist es, darum erneuere es. Flecken sind darin enthalten, welche dein Auge beleidigen, gern bekenne ich es, aber wer wird es reinigen? Oder wem anders als dir kann ich zurufen: »Mache mich rein von verborgenen Fehlern und bewahre deinen Knecht vor fremder Missetat.« Ich glaube, darum rede ich, Herr, du weißt es ja. Habe ich dir nicht, mein Gott, mein Vergehen bekannt, und hast du mir nicht vergeben meines Herzens Ruchlosigkeit? Nicht rechten will ich mit dir, der du bist die lautere Wahrheit, und ich will mich nicht selbst täuschen, dass nicht meine Sünde sich selbst belüge. Nicht rechten will ich mit dir, denn so du willst Sünde zurechnen, o Herr, Herr, wer will bestehen?

Sechstes Kapitel


Aber lass mich dennoch reden zu dir, dem barmherzigen Gott, mich, der ich Staub und Asche bin. Lass mich dennoch reden, denn siehe, deine Barmherzigkeit ist es, zu der ich rede, nicht ein Mensch, der meiner spottet. Auch du spottest vielleicht meiner, aber du wirst dich mir zuwenden und dich meiner erbarmen. Was ist es denn aber, das ich reden will, mein Herr und mein Gott, als dass ich nicht weiß, von woher ich hierher gekommen? Soll ich sagen in dieses sterbliche Leben oder in dieses lebendige Sterben? Es empfingen mich die Tröstungen deiner Barmherzigkeit, wie ich es erfahren habe von meinem irdischen Vater, aus welchem du mich, und von meiner irdischen Mutter, in welche du mich in der Zeit gebildet hast, denn ich kann mich ja dessen nicht selbst erinnern. Dann empfingen mich die Tröstungen der Muttermilch. Doch nicht meine Mutter oder meine Ammen füllten sich aus eigener Kraft die Brüste, sondern du spendetest mir durch ihre Vermittlung die Nahrung meiner frühesten Kindheit, gemäß deiner Einrichtung und deinem Reichtum im tiefen Sein der Dinge angelegt. Du verliehst mir auch die Eigenschaft, nicht mehr zu verlangen, als was du mir gabst, und denen, die mich nährten, den Willen, mir zu geben, was du ihnen gabst. Denn gemäß dem von dir angeordneten Liebestriebe gaben sie mir gern von dem Überflusse, den du ihnen verliehen. Denn das Gute, das sie mir erwiesen, tat ihnen selbst wohl; aber nicht aus ihnen stammte es, sondern nur durch sie kam es mir zu. Denn von dir allein kommt ja, mein Gott, alles Gute, und alles Heil strömt mir zu von meinem Gott. Später freilich erkannte ich dies erst, als du mich mahnend riefst zu dir, durch alles das, was du innerlich und äußerlich mitteilst, denn damals verstand ich nur die Muttermilch zu saugen und in behaglichem Genusse der Ruhe zu pflegen und bei leiblichem Schmerze zu weinen; weiter aber nichts. Dann begann ich zu lächeln, zuerst im Schlafe, dann aber auch im Wachen. So ist es mir wenigstens erzählt worden, und ich habe es geglaubt, weil wir dasselbe auch bei anderen Kindern wahrnehmen, denn meine Erinnerung reicht nicht daran. Doch siehe, allmählich empfand ich, wo ich war, und wollte meine Wünsche denen kundtun, die sie erfüllen sollten; doch nicht vermochte ich es, weil jene in meinem Innern wohnten, diese aber außer mir, und mit keinem ihrer Sinne vermochten sie es, in die Tiefe meiner Seele zu dringen. Daher strampelte und schrie ich in einer meinen Wünschen, deren nur wenige waren und nur solche, die meiner Fähigkeit entsprachen, nicht ganz gleichenden Weise. Denn ganz entsprechend waren sie nicht. Und entsprach man nicht meinem Willen, weil man entweder meine Wünsche nicht verstehen konnte oder...

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