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Nikolaus Poppe (1897-1991 Briefwechsel mit Walther Heissig (1913-2005)

Ein Beitrag zur Geschichte der Mongolistik

AutorHartmut Walravens
VerlagÖsterreichische Akademie der Wissenschaften Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl326 Seiten
ISBN9783700171638
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,00 EUR
Walther Heissig (1913-2005) und Nikolaus Poppe (1897-1991) waren die bedeutendsten Mongolisten ihrer Zeit. Heissig stammte aus Wien; er etablierte in Deutschland die Mongolistik als selbständige universitäre Disziplin und schuf in Bonn mit dem Zentralasiatischen Seminar ein westeuropäisches Zentrum; Poppe entstammte einer deutschrussischen Familie in St. Petersburg, war Professor an der dortigen Universität und Mitglied der Akademie. Während des Zweiten Weltkriegs gelang es ihm, nach Deutschland zu kommen; nach dem Kriege lehrte er Mongolistik an der University of Washington, Seattle. Über dreißig Jahre waren die beiden Gelehrten in engem Briefwechsel, in dem sich die eigene Lehr- und Forschungsarbeit, aber auch die Situation der internationalen Entwicklung der Mongolistik spiegelt, die damals besonders an der durch den Eisernen Vorhang bedingten Einschränkung von wissenschaftlichen Kontakten und Kooperation litt. Die Korrespondenz zeigt, wie sich Heissig und Poppe in ihren Interessen und Arbeiten ergänzten - Heissigs Kompetenz war mehr ethnologisch, bibliographisch und literarisch: Er erfaßte systematisch mongolische Texte und bearbeitete sie; er verfaßte eine umfassende mongolische Literaturgeschichte, widmete sich der mongolischen Epik und Motivforschung und entwickelte eine unermüdliche Publikationstätigkeit.Als hervorragender Organisator gründete er einen Sonderforschungsbereich Zentralasien und rief ein zentralasiatisches Epensymposium ins Leben. Demgegenüber war Poppes Kompetenz eher sprachlich, linguistisch, neben literarischen, historischen und volkskundlichen Interessen. Er publizierte vieles durch Heissigs Vermittlung und war der Hauptmitarbeiter des Epenprojekts, für das er zahlreiche Epen ins Deutsche übertrug. So ist dieser Briefwechsel ein wichtiges Dokument der Wissenschaftsgeschichte, das die beiden Persönlichkeiten als Wissenschaftler aber auch als Menschen porträtiert.

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Leseprobe
University of Washington (S. 42-43)

Seattle, Washington 98105 Department of Far Eastern and Slavic Languages and Literature Seattle, d. 9. Januar 1967

Lieber Herr Heissig!

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre freundlichen Weihnachts- und Neujahrsgrüße, die ich vor ein paar Tagen erhalten habe, nachdem wir alle aus Kanada zurückgekommen waren. Ich danke Ihnen ebenfalls für Ihr schönes Buch, d.h. den Band der Volksreligion. Ich werde ihn unbedingt besprechen. Ich habe auch Haltods Ortsnamenregister78 bekommen, das ich ungemein nützlich finde. Ich werde es ebenfalls besprechen. Ich kann Ihnen zum Erscheinen dieser beiden Bände aufrichtig gratulieren. Wenn ich Zeit finde, werde ich die Texte zur Volksreligion übersetzen, falls Sie selber es nicht tun sollten. Ich halte diese Texte nicht für besonders leicht. Aus diesem Grunde wird nicht ein jeder Leser im stande sein diese Texte ohne weiteres zu lesen.

Anderseits verschwindet der Schamanismus oder der Volksbuddhismus. Es sind nicht viele Menschen übriggeblieben, die irgendetwas davon wissen. Auch die Kenntnis der Schriftsprache verschwindet. Ich denke, daß solche schwierigen Texte unbedingt übersetzt werden sollten. Eigentlich könnten es Sagaster und Haltod zusammen übersetzen: Haltod in ein schlechtes Deutsch (aber bedeutungsmäßig genau) und Sagaster könnte es stylistisch bearbeiten, wobei er als Philologe auch die Genauigkeit behalten kann. Aber, wie gesagt, wenn es keiner von ihnen und auch Sie es nicht tun sollten, würde ich die Übersetzung sehr gern machen. Da ich aber auch viele andere Sachen bearbeiten muß, so reiße ich mich darum gar nicht: ich tue es nur in dem Fall, wenn es kein anderer tut.

Nun hat das neue Semester angefangen. in Kanada ist es sehr angenehm gewesen: Schnee, bereifte Wälder, aber nicht kalt: die ganze Zeit um -5 bis 7° C herum. Von Harrassowitz habe ich neulich nichts gehört und weiß auch nicht, wie weit der Satz meines Arban qoyar jokiyang γui vorgeschritten ist. Ist es sehr schwer für einen Fremden, die Erlaubnis zu bekommen, mongolische Manuskripte und Blockdrucke benutzen zu dürfen, die in westdeutschen Bibliotheken aufbewahrt werden?

Ich wurde hier von einem Kollegen gefragt, konnte aber ihm keinen Bescheid geben. Jemand will nämlich nach Deutschland fahren und dort die mongolischen Sammlungen untersuchen. Ob man so ohne weiteres zugelassen wird? Braucht man Empfehlungen? Ich weiß bloß, daß es in Dänemark nicht leicht ist: Aalto79 reiste hin, um sich mit Handschriften zu beschäftigen, wurde jedoch nicht zugelassen, es wurde ihm nichts gezeigt, und er mußte unverrichteter Sache zurückfahren.

Ob es einem auch in Deutschland so gehen könnte? Das einzige, was ich dem Betreffenden sagen konnte, war, daß er sich eine Empfehlung von Ihnen holen sollte. Ist es recht? Sie erwähnten, daß Sie eine Geschichte der mongolischen Literatur planten. Ich kann Sie nur unterstützen, denn ich halte dies für außergewöhnlich wichtig. Eine zusammenhängende Literaturgeschichte (von der Geheimen Geschichte bis zu den neueren [oder sogar neuesten] Werken in mongolischer Schriftsprache, einschließlich der Werke, die um 1920-25 herum geschrieben sind) wäre sehr willkommen. Dabei sind Sie der einzige, der es tun kann. Nun mache ich jetzt Schluß für heute und wünsche Ihnen und den Ihrigen alles Beste im neuen Jahr, Ihnen persönlich aber auch viel Erfolg in Ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit. Stets Ihr N. Poppe
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen10
Vorwort12
Nikolaus Poppe – Briefwechsel mit Walther Heissig18
Namen- und Titelregister316

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