Spirituosenkonzerne, ihre Strategie und was man sich davon abschauen kann
Wer nicht wirbt, der stirbt, so heißt ein bekannter Slogan. Dieser Satz ist unbedingt richtig, vorausgesetzt man deutet das Wörtchen „werben“ oder „Werbung“ korrekt und kann dies für sich persönlich oder sein Unternehmen erfolgbringend umsetzen.
Aber wie geht das eigentlich, dass große Spirituosen-Marken im Fernsehen, in Zeitschriften, in Städten auf großen Plakaten und vielen weiteren Flächen so prominent zu sehen sind? Wer bezahlt das eigentlich?
Nehmen wir an, von einem bestimmten amerikanischen Whiskey werden pro Jahr über 9 Millionen Flaschen nur in Deutschland verkauft und pro Flasche wird nur 1 Euro als Werbe-Budget zugrunde gelegt. Somit ergibt dies ein Werbebudget von etwa 9 Millionen Euro, welche in einem Jahr investiert und nicht einfach ausgegeben werden können. Genügend also, nicht nur um in den Bekanntheitsgrad zu investieren, sondern auch, um parallel eine intensive Marktforschung zu betreiben. Die am besten zum Produkt passende Zielgruppe kann nun mit konstruktiv entwickelten und ansprechenden Werbemaßnahmen bespielt werden. Der Absatz soll schließlich im Folgejahr nicht nur gehalten, sondern auch gesteigert werden. Ein fantastisches Szenario, gewissermaßen eine Art Jackpot: Millionen von verkauften Flaschen, eine zahlungswillige und treue Zielgruppe, die fleißig für Absatz sorgt und volle Kassen beschert.
Frage lieber den erfahrenen Mann um Rat, als einen Gelehrten.
Glauben Sie jetzt aber bitte nicht, dies sei ein einfaches Unterfangen. Und glauben Sie auch nicht, dass dies alles so exakt geplant werden kann!
Marketing – ein Überblick
Marketing-Strategien legen fest, mit welchen Mitteln die Marketing-Ziele erreicht werden sollen. Es ist wichtig zu verstehen, was eine Strategie ist und inwiefern sie sich von einer Taktik unterscheidet. Als Strategie bezeichnet man die übergreifende Methode, die man auswählt, um innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens spezielle Ziele umzusetzen. Die Strategie befasst sich nicht mit den Details der anschließenden Umsetzung, denn dies ist dann eher der Taktik zuzuordnen. Bei all diesen Überlegungen steht folgende Frage im Mittelpunkt: Warum soll der Kunde mein Produkt kaufen?
Wer aufhört zu werben, um Geld zu sparen, kann ebenso seine Uhr anhalten, um Zeit zu sparen.
Ein Produkt, welches in den verschiedensten Verkaufskanälen verfügbar ist, verlangt natürlich auch unterschiedlichste Maßnahmen der Konsumenten-Ansprache. Zum einen in der Werbung, zum anderen auch in der Logistik und Verfügbarkeit für den Konsumenten. Jede Art von Verkaufsstelle hat ihre eigenen, manchmal sehr unterschiedlichen Ansprüche. Der Lebensmittel-Einzelhandel, der Facheinzelhandel, der Fachgroßhandel, die Abholmärkte und vor allem die breit gefächerte Palette der gastronomischen Einrichtungen, in denen die Marken erlebbar gemacht werden.
Stellen Sie sich vor, Sie sind Produktmanager einer bestimmten Marke und haben den Auftrag, das Budget so einzusetzen, dass die Ihnen anvertraute Marke den Absatz nicht nur hält, sondern auch noch um 50 000 Flaschen im kommenden Jahr steigert. Sie haben nahezu alle Möglichkeiten, aber welche ist nun die richtige, um eine Absatzsteigerung sicher zu erreichen? Setzen Sie auf TV-Werbung, so müssen sie zunächst einen Werbespot produzieren. Was aber ist die Story, was soll die Aussage sein, welche Zielgruppe wollen Sie ansprechen, welcher Sender und welche Sendezeit ist die richtige? Oder wählen Sie Zeitschriften und Plakatwerbung? Vielleicht schicken Sie Promotion-Teams durch die Gastronomie und den Lebensmittel-Einzelhandel? Auch Geschenkpackungen für den Handel versprechen vielleicht Erfolg: eine Flasche mit zwei Gläsern? Oder versuchen Sie Ihr Glück mit der Vergabe von Listungsgeldern in fünfstelliger Höhe bei den großen Handelsketten, um auf einen Schlag in 2500 Verbrauchermärkten in Deutschland verfügbar zu sein? Oder Sie nehmen von allem etwas?
Alleine all diese Entscheidungen zu treffen, bringt Sie sehr schnell an Ihre Grenzen, denn die Ideen und Möglichkeiten, die aus den verschiedenen Verkaufs- und Konsumorten kommen, sind nahezu unerschöpflich. Nicht nur unerschöpflich, sondern auch so unterschiedlich, dass man sich unbedingt der Hilfe von Werbe- bzw. Promotion-Agenturen bedienen muss.
In den Werbeagenturen sitzen durchaus kreative Köpfe, die sich den ganzen Tag Gedanken darüber machen, wie man ein bestimmtes Produkt, welches vielleicht aus Marktforschungen als Idee entstanden ist, am besten weiterentwickelt und vermarktet. In diesen Kreativbüros arbeiten Leute mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Erfahrungen: Verkäufer, Psychologen, Grafiker, Designer, Entwickler und viele weitere schlaue Personen. In ausgefeilten Workshops und Meetings werden Ideen geboren, die man als einzelner vermutlich nie zu erdenken vermag.
Die beste Einzellösung ist meist immer noch schlechter, als die schlechteste Teamlösung.
Allerdings kann die Kreativität und der Einfallsreichtum der Agenturen nicht umsonst bezogen werden – man lässt sich dies entsprechend bezahlen. Aber wie gesagt, bei einem vorgenannten Budget in Millionenhöhe ist vieles möglich.
Kreativität hat nichts mit Geld zu tun
Was macht man aber, wenn man sich keine Marktforschungsstudien und keine exklusive Werbeagentur mit sprühenden Ideen leisten kann? Welche Möglichkeiten hat man als Kleinbrenner, um effektiv und kostengünstig Strategien zu entwickeln, die ebenfalls zu einem respektablen Ziel führen?
Die einzige revolutionäre Kraft ist die Kraft der menschlichen Kreativität.
Am Anfang steht die Idee zu einem bestimmten Produkt. Sie möchten zum Beispiel einen Bitter-Likör auf den Markt bringen. Eine erste Abfüllung ist produziert, Ihnen schmeckt die Neuentwicklung sehr gut und Sie wollen am besten gleich morgen mehrere hundert Flaschen abfüllen und irgendwie an den Mann bringen. Stopp! Bevor Sie in großen Mengen produzieren, testen Sie Ihr Produkt, testen Sie Ihre Meinung und die von Ihnen erdachte Strategie der Vermarktung bzw. lassen Sie testen. Dazu benötigen Sie als Kleinbrenner keine geldvernichtende Produktentwicklungsagentur, denn Sie haben mit Sicherheit Freunde und Bekannte, die Sie in einem Qualitätszirkel zusammenführen können. Das heißt, Sie benennen eine Gruppe von Leuten, die Ihre Produkte kritisch, aber auch konstruktiv testen.
Am Beispiel eines Bitter-Likörs wäre nun folgende Maßnahme denkbar: Sie besorgen sich fünf ähnliche Mitbewerber-Produkte, die vergleichbar mit ihrer Neuentwicklung sind – also ähnlich im Geschmack, Preis und Alkoholgehalt. Ihre Qualitätszirkel-Mitglieder werden nun diese fünf Produkte plus ihrer Neuentwicklung verkosten. Ob dies in einer Gruppe gemeinsam oder einzeln geschieht, ist unerheblich. Ebenfalls soll der Verkoster nicht wissen, dass sich ein Produkt von Ihnen in der Reihe befindet. Es geht nur darum festzustellen, welches Produkt geschmacklich gut ankommt und welches nicht.
Der Erfolg liegt in der Vorbereitung.
Bei der Verkostung der sechs Produkte sind einige sehr wichtige Regeln einzuhalten: Sie präsentieren die sechs zu verkostenden Produkte ohne Nennung des Produktnamens. Der Verkoster darf die Flaschen auch nicht sehen. Sie nummerieren die Gläser, schenken an einem nicht einsehbaren Ort ein und die Verkoster probieren, ohne zu wissen, welche konkreten Produkte sich in den Gläsern befinden. Eine typische Blindverkostung. So kommen Sie zu einem neutralen und unbefangenen Ergebnis, um zu erfahren, welches Produkt den Verkostern am besten schmeckt und welches am wenigsten.
So könnte eine Blindverkostung aussehen.
Vielleicht reicht ihnen eine kleine Anzahl an Tests und Personen nicht aus, um ein eindeutiges Ergebnis zu erzielen. Sollte dem so sein, so verkosten und befragen sie weitere Personen in gleicher Art und Weise.
Zur Degustation: Sie haben zuvor einen Verkostungsbogen erarbeitet, auf dem verschiedene sensorische bzw. gustatorische, aber auch demografische Parameter der Teilnehmer abgefragt werden. Und nun das Wichtigste: Der Verkoster muss eine Schulnote vergeben. Aber Sie kennen das mit Sicherheit: Ihr Qualitätszirkel, bestehend aus Freunden, Bekannten und vielleicht Verwandten, vermutet natürlich, dass sich ein neues Produkt aus Ihrem Hause unter den sechs Produkten versteckt und bewertet alles mit der Schulnote 2 und 3, also gut bis befriedigend. Somit stellt der Verkoster sicher, dass er bei der Bewertung nicht in Ungnade fällt, da er oder sie ja sicher ein Produkt aus Ihrer Produktion vermutet. Mehrfach 2er- und 3er-Noten sind für Sie absolut keine Hilfe. Deshalb müssen Sie die Verkoster zwingen, hart und eindeutig zu urteilen. Das funktioniert am einfachsten mit der Maßgabe, dass jede Note nur einmal vergeben werden darf. Das heißt, der Verkoster hat einen eindeutigen Gewinner mit der Note 1 und einen klaren Verlierer mit der Note 6.
Das Feedback der Verkoster ist manchmal schmerzhaft, aber es hilft.
Wenn Ihr eigenes Produkt überwiegend mit den Noten 1 und 2 abschneidet, haben Sie zumindest in dieser kleinen Zielgruppe alles richtig gemacht. Liegen die Wertungen bei Noten 3 und schlechter, steht für Sie eindeutig fest, dass bei Ihrem Produkt nochmals nachgearbeitet werden muss und die Mitbewerberprodukte besser abschneiden. Da nur Sie wissen, welche Produkte sich in der Blindverkostung befinden, können Sie ableiten, wie ein Produkt geartet sein muss, um den bevorzugten...