Willkommen im Club der Losgelösten
Das Leben ist zu schade, um es einfach abzusitzen.
FRANZ A. KOCH
Loslassen bietet viele Vorteile
Loslassen ist der natürlichste Vorgang der Welt: Wir nehmen Nahrung auf, verarbeiten sie und lassen sie los. Die Natur erblüht in schönster Farbenpracht und lässt sie im Winter wieder los.
Die Chinesen wissen schon seit Tausenden von Jahren, dass Loslassen mehr Stärke erfordert als Festhalten. So gilt in der Traditionellen Chinesischen Medizin das „losgelöst fließende Wasser“ als das stärkste und das harte Metall als das schwächste aller Zeichen. Auch in der Biologie zeigen sich Härte und Starre als Zeichen des Todes, denken wir nur an den Altersstarrsinn und die „Verkalkung“. Das Weiche, Losgelöste und Flexible gilt dagegen als das Zeichen des Lebens. Beispielsweise lehrt das Hatha-Yoga, die Jugendlichkeit des Menschen sei proportional zur Flexibilität seiner Wirbelsäule.
Alles, was wir festhalten, hält uns auch fest. Es gibt schöne Beispiele, die dies verdeutlichen:
- In Afrika werden Affen mit folgendem Trick gefangen: Man legt eine Kokosnuss in einen Behälter mit einer relativ engen Öffnung. Der Affe möchte die Nuss herausholen, bekommt aber die geschlossene Hand nicht mehr aus dem Behälter heraus. Die Nuss loszulassen ist er nicht bereit, also ist er gefangen.
- In Pompeji fand man Skelette in der Nähe des Vulkans, die Goldmünzen in der Hand hielten. Sie waren so versessen darauf, ihre Schätze zu sichern, dass sie nicht rechtzeitig fortliefen – lieber starben sie, als ihre Reichtümer loszulassen.
- Muhammad Ali, einer der größten Boxer aller Zeiten, konnte seinen Titel nicht loslassen, bevor es zu spät war. Er absolvierte noch in einem viel zu hohen Alter einen Kampf nach dem anderen, statt abzudanken. Für den Rest seines Lebens leidet er bedauerlicherweise unter den Schlägen, die er in seinen letzten Kämpfen einstecken musste.
Wenn wir festhalten, ...
- fühlen wir uns emotional und seelisch belastet.
- hängen wir an der Vergangenheit.
- leben wir nicht mehr zeitgemäß.
- machen wir die Vergangenheit verantwortlich für unsere Zukunft.
- nehmen wir uns selbst aus dem Leben.
- nehmen wir unserem Leben die Lebendigkeit.
- rechtfertigen wir den „Käse“ von gestern.
- sind wir von gestern.
- vergraulen wir unseren Partner (er kann sich nicht frei bewegen).
- verhalten wir uns wie unreife Kinder.
- verkrampfen wir uns.
- müllen wir uns innerlich und äußerlich zu.
- versuchen wir alten Wein in neue Schläuche zu gießen.
- züchten wir Angst vor Veränderung.
In Bayern sagt man „Tritt fest auf, mach’s Maul auf, hör bald auf“, und meint damit: Erkennen Sie, wann die Zeit für einen Wechsel gekommen ist. Durch Loslassen schaffen wir Raum für Neues. Wann immer wir etwas Neues haben wollen, müssen wir zuerst etwas Altes, das diesen Platz im Außen oder in unserer Psyche besetzt hält, loslassen. Wenn wir loslassen, …
- aktivieren wir unsere Lebendigkeit.
- entlassen wir andere aus unseren Projektionen.
- erlauben wir uns, vom Leben berührbar zu sein.
- fördern wir unsere Kreativität.
- geben wir der Vergangenheit losgelöst die Ehre.
- leben wir im Hier und Jetzt.
- sind wir frei von den Projektionen anderer.
- sind wir offen für das Neue.
- vitalisieren wir uns.
- entdecken wir unsere Unschuld wieder.
Loslassen im Sinne dieses Buches ist in erster Linie ein inneres Loslassen. Aber Sie können damit auch im Außen beginnen. Denn alles, was Sie im Außen festhalten, symbolisiert eine Sache, die Sie im Innen festhalten. Wenn Ihre Wohnung voller Gerümpel ist, kann das darauf hinweisen, dass Sie viel Gedankenmüll mit sich herumschleppen. Wenn Sie sich durch überholte Beziehungen schleppen, zeigt dies, dass Ihre Beziehung zu Ihnen selbst einer Erneuerung bedarf: Entweder Sie recyceln Ihre äußeren Beziehungen durch Liebe, Aufmerksamkeit und aufrichtiges Bemühen (Blumen wirken manchmal Wunder) oder Sie lassen sie los. Da es in diesem Buch vor allem um seelisches Loslassen geht, als Tipp eine nette Lesehilfe zum äußeren Loslassen – mein Buch „Loslassen, was nicht glücklich macht!“.
Unsere Zeit hat eine noch nie da gewesene Schnelllebigkeit entwickelt. Statistiken besagen, dass der Bereich, der gerade am schnellsten wächst, nicht der der Computerisierung, sondern der der menschlichen Psyche ist. Auch wenn sie dabei ewigen Gesetzmäßigkeiten gehorcht, so erleben wir doch an einem einzigen Tag mehr als unsere Vorfahren in einem ganzen Leben. Unzählige Sinneseindrücke stürzen auf uns ein. Unser eigenes Leben ist wesentlich abwechslungsreicher und bunter geworden. Und wenn wir nicht aufpassen, werden wir dabei an allen Ecken und Enden mit Müll vollgestopft, innerlich wie äußerlich. Vielleicht kommt unsere Psyche deshalb mit der Verarbeitung dessen, was wir erfahren haben, oft nicht nach.
Eine neue Sucht wird immer stärker, das Ansammeln all dessen, was man in die Finger bekommt („Messie-Syndrom“). Betroffene, die sogenannten Messies, sind den Statuten der „anonymen Messies zufolge Menschen, die an einem Vermüllungssyndrom leiden, auf Deutsch gesagt: Sie können nichts mehr loslassen. Schlimmer aber noch als das physische Messie-Syndrom ist das seelische, denn dieser Mensch hängt an längst vergangenen Erlebnissen, Traumata etc. und verpasst dadurch das Wunder des Augenblicks. Dieses Buch soll Ihnen helfen, alten Seelenmüll loszulassen, sodass Sie frei werden für das Jetzt! Dafür werden Sie nach und nach mittels zahlreicher Techniken und Hilfsmittel zu neuen Qualitäten geführt, die Ihnen ein von Seelenmüll losgelöstes Leben erlauben: zu Urvertrauen, der Energie der Unschuld und der Gabe, das Leben und seine Weisheit als den größten aller Lehrer anzunehmen und mit ihm zu kooperieren.
Übung 1: Welche Vorteile würde es Ihnen bringen, wenn Sie ... loslassen könnten?
Übung 2: Woran halten Sie noch fest und welche Nachteile nehmen Sie dafür in Kauf?
Übung 3: Notieren Sie, was Sie im Außen loslassen möchten. Versteigern Sie unnötige Wertgegenstände zum Beispiel bei Ebay, bringen Sie Sperrmüll auf den Wertstoffhof und recyceln Sie Ihre Beziehungen usw.
Raum für die Fülle schaffen
Loslassen führt zu ökologischer und ökonomischer
Zielerreichung und hat nichts mit Gleichgültigkeit
und Desinteresse zu tun. Loslassen ist die grundlegende
Haltung des Vertrauens.
PETER BEUTLER, NEW THINK GROUP
Das Buch „Momo“ erzählt eine Geschichte von Zeitdieben, die als graue Herren dafür sorgen, dass die Menschen so sehr beschäftigt sind, dass sie keine Zeit mehr füreinander haben. Doch wer sind diese geheimnisvollen grauen Herren, die uns die Zeit und die Lebensenergie stehlen? Es sind unsere veralteten Gedanken und Gedankenmuster, schließlich gilt Grau seit alters als Farbe der Gedanken („graue Zellen“). Momo lehrt uns nicht, das Denken loszulassen, sondern das unbewusste Festhalten an alten Gedanken, Gedankenmustern, Anhaftungen, die uns nicht mehr gerecht werden, sondern uns einfach nur das Wertvollste stehlen, das wir neben der Gesundheit haben: die Zeit für uns selbst, die Zeit für das Jetzt!
Eigentlich ist ja Zeit das gerechteste Prinzip der Welt: Jeder bekommt jeden Tag 24 Stunden. Viele Menschen verfügen sogar über das, was sie „Freizeit“ nennen, das heißt Zeit, die sie selbst nutzen könnten, wären da nicht jene grauen Herren, die auch mit verantwortlich sind für den ganzen Freizeitstress – denn im Hier und Jetzt gibt es keinen Stress. Kaum einer verfügt über „Gedankenfreizeit“, also Zeit, in der er seine Gedanken und Einstellungen frei wählen kann, in der er seine eigene Ursprünglichkeit im Hier und Jetzt leben und erleben kann.
Wir erkennen dies spätestens dann, wenn es darum geht, jemand anderem aufmerksam zuzuhören. Wir haben zwar die Zeit, stundenlang fernzusehen oder im Internet zu surfen, aber wir haben kaum noch Zeit füreinander. Und wenn wir miteinander reden, dann reden wir meistens aneinander vorbei, da jeder in seinem Gedankenfilm gefangen ist, den er dem anderen vor die Füße wirft. Wirkliche Begegnung kann aber nur im Hier und Jetzt stattfinden, nicht indem man einander mit Meinungen, Rechthabereien, Vorurteilen, Erwartungen, Projektionen und gedanklichen „Trips“ zumüllt, sondern indem man einander Zeit und Raum schenkt. Eigentlich ist das so einfach und bringt so viel Liebe, Nähe, Freundschaft in unsere Beziehungen – wären wir nicht so sehr eingemüllt mit uns selbst, dass wir uns eigentlich vor jeder Begegnung erst einmal entsorgen müssten, um dem anderen ein Geschenk – und keine Zumutung zu sein.
Da Zeit und Raum gemäß Einstein einander entsprechen, können wir auch sagen: Wir haben kaum noch Raum füreinander. Nicht nur der Lebensraum auf diesem Planeten wird immer enger, sondern auch unser seelischer Innenraum wird immer mehr vollgestopft. Es ist deshalb ein richtiger Segen, einmal einem Menschen begegnen zu können, der Raum für uns hat, dem wir beispielsweise sagen können, was wir auf dem Herzen haben,...