Nach der Definition von Pepels ist Marketing IV[4], das Management von Austauschprozessen und -beziehungen (vgl.: Pepels 2009, S. 21). Dieser Entwicklungsschritt hielt auch im Internet Einzug. Ging es im Web 1.0 lediglich um die individuelle, betrachtende Kommunikation, haben die Nutzer des heutigen Web 2.0 vielfache Möglichkeiten, sich an der Gestaltung von Inhalten zu beteiligen. Toffler prägte bereits im Jahr 1980 den Begriff des Prosumenten, welcher die Internettechnologie für die Verschmelzung von Konsumenten und Produzenten hielt (vgl.: Toffler, 1980, S. 273). Genau dieses Ziel verfolgte auch der Brite Tim Berners- Lee, der als Erfinder des World Wide Web (WWW) gilt. Bühl schrieb im Jahr 2000, dass die (zwischenmenschliche) Online-Kommunikation „in nächster Zeit alle technischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Bereiche der Gesellschaft beeinflussen wird“ (vgl.: Bühl, 2000, S. 6). Dieser, unter dem Begriff Web 2.0. bekannte Strukturwandel vollzieht sich aktuell. Möglich war dies durch die Entstehung einer Reihe neuer Webtechnologien (XML, RSS) und Standards, forciert wurde die Entwicklung durch eine Steigerung der Datenübertragungsraten und Senkung der Internetkosten. Zudem änderte sich das Nutzerverhalten. Hettler macht dies an zwei wesentlichen Veränderungen fest.
Die Nutzerbereitschaft, Inhalte selbst für das WWW zu schaffen, bzw. User Generated Content zu produzieren, und
Die Preisgabe einer Online-Identität, in der Nutzer persönlicher und damit weniger anonym im WWW auftreten (vgl.: Hettler 2010, S. 2 f.).
Aus den diversen Möglichkeiten leitete sich der Begriff Social Media ab. Hettler definiert den Begriff umfassend mit persönlich erstellten, auf Interaktionen abzielende Beiträgen, die in Form von Texten, Bildern, Videos, Widgets oder Audio über Onlinemedien für einen ausgewählten Adressatenkreis einer virtuellen Gemeinschaft oder für die Allgemeinheit veröffentlicht werden, sowie zugrunde liegende und unterstützende Dienste und Werkzeuge des Web 2.0 (vgl.: Hettler 2010, S. 14 ff.). Die Ausgestaltungsmöglichkeiten sind, wie das von Solis entwickelte Social MediaSpektrum zeigt, sehr groß (s. Abbildung 2) und werden auch weiterhin stark wachsen (vgl.: Kapitel 7).
Abbildung 2: Social Media-Spektrum;
Quelle: http://www.ethority.de/weblog/
Soziale Netzwerke sind ein Teil dieses Social Media-Spektrums (s. Markierung in Abbildung 2). Im Kontext von Social Media versteht sind Soziale Netzwerke Plattformen und Onlinepräsenzen, die darauf abzielen, den Aufbau und die Pflege von Beziehungen und den damit zusammenhängenden Informationsaustausch und die Kommunikation mit den Beteiligten im Internet zu erleichtern. Die inhaltlichen Ausrichtungen unterscheiden sich zwischen den diversen Möglichkeiten aber zum Teil recht deutlich (vgl.: Hettler 2010, S. 54 f.).
Der Ursprung Sozialer Netzwerke ist in den 1980er-Jahren zu finden. Das Bulletin- Boars-System, in welchem Anwender Software, Daten und Nachrichten austauschen konnten, scheiterte, aufgrund der langsamen Datenübertragung und hohen Telefonkosten. 1995 entstanden in den USA die Schülerseite Classmates.com sowie die Dating-Seite match.com. Die moderne, heute bekannte Form des Sozialen Netzwerks entstand im Jahr 2002. Jonathan Abrahams rief den Dienst Friendster, nach dem Vorbild von match.com ins Leben. Es folgten MySpace im Jahr 2003, Facebook wurde im Jahr 2006 für Nicht-Studenten geöffnet. Das deutsche Pendant studiVZ wurde im Herbst 2005 gelauncht (vgl.: Zarrella 2010, S. 61 ff.).
Der Begriff „Soziales Netzwerk“ bezeichnet eine Struktur, die aus miteinander durch Kommunikation und Interaktion verbundenen Knoten und Kanten besteht. Die Knoten sind im Allgemeinen die Personen oder Organisationen (vgl.: Hettler 2010, S. 54). Die Interaktionsstärke der einzelnen Knoten ist höchst individuell und reicht vom gelegentlichen bis hin zum regelmäßigen Kontakt.
Bisher gibt es in der Literatur keine ausreichende und auf das Thema dieser Arbeit zugeschnittene Kategorisierung für Soziale Netzwerke im WWW. Aus diesem Grunde hat der Autor eine eigene Kategorisierung vorgenommen[5].
Nach der Einordnung im Rahmen des Kommunikationsinstrumentariums (s. Abbildung 3) befinden sich die Sozialen Netzwerke, die im Fokus der Betrachtung dieser Arbeit stehen, im Bereich der Internetkommunikation, welche mittlerweile zu den klassischen Kommunikationsinstrumenten zählt (vgl.: Pütz 2005, S. 21). Die Sozialen Netzwerke werden zur Differenzierung in zwei Typen von Sozialen Netzwerken unterschieden. Zum einen in Publikationsnetzwerke, welche in der Literatur auch häufig als „Soziale Netzwerke im weiteren Sinne“ bezeichnet werden. Diese dienen nach Hettler dem Zweck der Publikation, Verteilung und Diskussion von Inhalten jeglicher Art. Die Inhalte sind in der Regel öffentlich, wobei Privateinstellungen optional möglich sind. Die Vernetzung erfolgt asymmetrisch, was bedeutet, dass Teilnehmern gefolgt und deren verbreitete Informationen gelesen werden können, ohne dass diese dem eigenen Account folgen müssen (vgl.: Hettler 2010, S. 55). Die bekanntesten Beispiele sind Twitter und YouTube.
Abbildung 3: Einordnung Sozialer Netzwerke in den Kontext des Marketinginstrumentariums;
Quelle: Eigene Darstellung
Neben den Publikationsnetzwerken gibt es die Beziehungs- und Kommunikationsnetzwerke, welche in Business-Netzwerke (s. Abschnitt 2.1.1) und Private Soziale Netzwerke (s. Abschnitt 2.1.2) unterteilt sind. Diese werden in der Regel auch als „Soziale Netzwerke im engeren Sinne“ tituliert. Charakteristisch für diese Netzwerke ist, dass Menschen kommunizieren und sich austauschen, die sich bereits kennen. Die Inhalte sind in der Regel nur für „verbundene“ Personen[6] sichtbar. Die bekanntesten Beispiele sind Facebook, Xing, MySpace sowie die VZ-Netzwerke.
Virtuelles Netzwerken ist in der heutigen Zeit aus dem Geschäftsleben kaum noch wegzudenken. „Zur Kommunikation wird eine Web-Plattform genutzt, um Erfahrungen, Wissen und Meinungen auszutauschen“ (Hilker 2010, S. 118). Bei den bekanntesten Vertretern Xing, das im deutschsprachigen Raum sehr beliebt ist, und dem internationalen Pendant LinkedIn, hat der Nutzer die Möglichkeit, ein eigenes Profil anzulegen. Beispielsweise bei Xing[7] haben Unternehmen die Möglichkeit, zwischen drei Profilen zu wählen. Die erste Variante wird von Xing angelegt. Aufgrund der Unternehmensangaben in den Mitgliederprofilen werden automatisiert Unternehmensprofile angelegt. Diese als „BASIS-Unternehmensprofil“ bezeichnete Variante bietet den Xing-Nutzern einen Überblick über wichtige Firmendaten und Mitarbeiter. Darüber hinaus gibt es das „STANDARD-Unternehmensprofil“. Mit dessen Hilfe kann die Grundversion um wichtige Informationen wie Produkte, Dienstleistungen oder die Firmenkultur erweitert werden. Darüber hinaus können Ansprechpartner definiert werden. Komplettiert wird die Aufzählung durch das „PLUSUnternehmensprofil“. Dies gewährleistet eine höhere Sichtbarkeit in den Suchergebnissen, die Möglichkeit einer unbegrenzten Anzahl von Veröffentlichungen von Firmen-News sowie individuelle Gestaltungsmöglichkeiten des Unternehmensprofils (vgl.: https://www.xing.com/companies/). Aus Social-Media- Marketing-Sicht ist die Funktion „In eine Gruppe einladen“ interessant. So kann mit unterschiedlichen Stakeholdern in der Gruppe interagiert werden (vgl.: Stuber 2010, S. 259). Darüber hinaus werden Verbindungen zwischen Menschen und Unternehmensvertretern sichtbar. Eine Möglichkeit, sich schon vor der weiteren Kontaktaufnahme zu informieren.
Abbildung 4: Die ZEMM-MIT-Methode;
Quelle: Stuber 2010, S. 103
Von den Business-Netzwerken unterscheiden sich Private Soziale Netzwerke per Definition insofern, dass sie nicht für die berufliche Pflege von Kontakten gedacht sind. Innerhalb eines solchen Netzwerkes präsentieren sich die Mitglieder des Netzwerkes anhand eines selbst erstellten digitalen Profils. Hierdurch erhalten sie die Möglichkeit, sich mit anderen Nutzern dieser Plattform zu verlinken [8]. Die Profile der Nutzer enthalten für Unternehmen wertvolle, von den Netzwerkmitgliedern angegebene private Informationen wie Geburtsdatum, Hobbys und Interessen sowie Angaben zum schulischen und beruflichen Werdegang (vgl.: Häusler 2007, S. 33). Diese Daten werden in der Regel nicht durch die Netzwerkbetreiber verifiziert. Experten halten die Datenqualität in Sozialen Netzwerken dennoch für gut. Bis zu 80 Prozent der Angaben sind demnach verlässlich (vgl.: Schlösser 2011, S. 47). Häusler bestätigt dies und folgert, dass der Nutzer auf dieser Grundlage die Möglichkeit hat, umfangreiches Sozialkapital zu bilden und zu nutzen (vgl.: Häusler 2007, S. 34). Dies gilt auch für Unternehmen. Diese können aufgrund der Mitgliederdaten zielgruppengenau in den Sozialen Netzwerken kommunizieren.
Zur besseren Fokussierung müssen auch Private...