Bei dem mit dem Kunstwort KEP benannten Markt handelt es sich nach H. Manner-Romberg um ein Segment des Expressmarktes.[23] Der Verfasser folgt dieser Definition. Die Kurier-, Express- und Paketdienste sind zunächst als drei verschiedene Formen von Dienstleistungsangeboten in diesem Marktsegment zu differenzieren.
KEP steht durchweg als Synonym für schnelle, schnellste und Just-in-time Transporte.[24] Die einzelnen Arten werden vorgestellt.
Inspiriert durch Dienstleister in nordamerikanischen Großstädten, entstehen in deutschen Ballungszentren Stadtkurierdienste als neue Transportdienstleistung. Unkompliziert, schnell und unkonventionell befördern Kuriere anfangs überwiegend kleine Sendungen in einem lokal begrenzten Bereich.[25]
Kurierdienste begleiten die Ware persönlich und permanent vom Absender bis zum Empfänger. Damit besteht die Möglichkeit des Kuriers, jederzeit auf die Sendung zuzugreifen, um Dispositionen zu treffen. Eine Umladung der Ware findet nicht statt.[26] Zudem befördern Kuriere einzelne nachgewiesene Sendungen.[27] Als Mindestanforderungen für eine Kuriersendung gelten neben dem jederzeitigen Zugriff die genau zeitdefinierte Abholung von Sendungen. Aufgrund des relativ hohen Preises eignen sich Kurierdienste für den Transport besonders hochwertiger Waren oder besonders eiliger Sendungen.[28] Kurierdienste untergliedern sich in
Stadtkuriere
direkt fahrende Schnell-Lieferdienste
Auslieferdienste
Botendienste[29]
Stadtkuriere transportieren hauptsächlich Dokumente und geringgewichtige Kleinsendungen. Sie beschränken sich nicht, wie der Name es suggeriert auf den innerstädtischen Transport, sondern bieten auch bundesweite[30] Leistungen, durch direkt fahrende Schnell-Lieferdienste, an. Im Kurierbereich stellen Stadtkuriere die am weitesten verbreitete Serviceform dar. Es gibt im Hinblick auf die Unternehmensform und -größe eine enorme Variationsbreite. So existiert der Allein-Unternehmer, der z.B. als Auslieferdienst ausschließlich die Verteilung der Waren für einen Kunden übernimmt. Darüber hinaus existieren Unternehmen mit einigen Angestellten sowie Vermittlungszentralen mit mehreren hundert selbstständigen Fahrern.[31] In Ballungsgebieten hat das Franchising im Stadtkurierbereich Einzug gehalten.[32]
Nach dem traditionellen Kurierprinzip der persönlich begleiteten Sendung nutzen Kuriere unterschiedliche Verkehrsträger[33]. Botenkuriere als Fahrradkuriere und Fußboten erledigen Besorgungen aller Art.[34] Botendienste werden vor allem in hochverdichteten, städtischen Zentren und in Nebenzentren mit einem staken Verkehrsaufkommen eingesetzt.
Zahlreiche Taxizentralen bieten Boten- und Kurierfahrten an. Sie kooperieren mit Vermittlungszentralen der Kuriere. Die Taxikuriere übernehmen dabei vornehmlich die Kurier-Fahrten außerhalb der Geschäftszeiten und am Wochenende. Bereits an diesem Beispiel werden die fließenden Marktgrenzen der Branche deutlich.
Zum Expressbereich zählen alle die Dienste, die, im Unterschied zu den Kurieren, die Sendungen nicht direkt, exklusiv und persönlich begleiten, sondern über Umschlagzentren zum Ziel befördern. Unter ,Express’ wird im Alltagsverständnis die schnelle Beförderung mit einem Verkehrsmittel, das eine hohe Geschwindigkeit erreichen kann, verstanden. Am Beispiel der Expressdienste zeigt sich, dass die hohe Geschwindigkeit weniger durch die Eigenschaften des Verkehrsmittels zustande kommt als vielmehr durch die bevorzugte Behandlung der Güter im gesamten Transportprozess.[35] Es liegen Sammeltransporte vor, bei denen ein fester, häufig garantierter Ausliefertermin vereinbart wird.[36] Im Vordergrund steht die Individualität des Auftrages, der durch eine strikte Kontrolle und straffe Koordination des Transportsystems sichergestellt wird.[37] Informations- und Kommunikationssysteme stellen zudem die hohe Qualität der Transporte sicher.[38] Im Vergleich zu den persönlich begleiteten Transporten liegt der Preis auf einem niedrigeren Niveau.[39]
Expressfrachtsysteme bilden eine Sonderform der Expressdienste. Sie lassen sich in der Regel an der hohen Integration in die betrieblichen Abläufe des Versenders erkennen. Das Transportgut wird häufig bereits in der Fertigung übernommen. Über ein komplexes Netz von Liniendiensten mit festen Fahrplänen wird die Sendung befördert. Ein weiteres Kennzeichen dieser Systeme ist die Ausrichtung auf den Transport größerer Sendungen, wobei die Gewichtsbeschränkung häufig entfällt.[40]
Eine spezifische Serviceform der Expressdienste bilden die Paketdienste, die dennoch als eigenständiges Segment betrachtet werden können. Paketdienste homogenisieren aus der großen verbleibenden Transportmenge alle Güter, die sich in handliche Kartons packen lassen. Die Anbieter konzentrieren sich als Systemdienstleister auf die flächendeckende, regelmäßige, zum Teil fahrplanmäßige Beförderung. Die Packstücke sind weitgehend standardisiert und kleingewichtig.[41] Die Normierung der Sendung drückt sich beispielsweise in standardisierten Verpackungen, beziehungsweise Sendungsarten aus. Auch sind mit den angebotenen Standardserviceleistungen meistens Beschränkungen im Hinblick auf das zulässige Gewicht verbunden.[42] Innerhalb Deutschlands beträgt die Regellaufzeit für die Zustellung 24 Stunden. Paketdienste stellen nicht zu konkreten Uhrzeiten oder in Zeitfenstern zu, sondern meist vormittags oder nachmittags, häufig erst nach 48 Stunden. Im Gegensatz zu Expressdiensten bewegen sie Massensendungen, die möglichst homogen und stapelfähig sind.[43] Gelegentlich sind Paketdienste im Expressgeschäft tätig, wenn die Sendungsform in die Paketstruktur passt oder wenn die Unternehmen neben der Paketinfrastruktur auch über eine gesonderte Expressdienstorganisation verfügen. Der Paketdienst DPD bietet z.B. mit ,Express International’ eine solche Serviceform an.[44]
Zusammenfassend zeigt sich, dass die vorgestellte Segmentierung des KEP- Marktes in drei Teile nicht überschneidungsfrei ist. Allerdings liefert sie eine pragmatische Abgrenzung, die den empirisch ausgerichteten Untersuchungsfragen entspricht.
Um dennoch auf die Vielfalt des KEP-Marktes zu verweisen, werden im kommenden Abschnitt weitere Kriterien der Marktabgrenzung dargestellt.
Grundsätzlich lässt sich das Leistungsspektrum der Unternehmen nach Kern- und Zusatzleistungen differenzieren. Die Kernleistungen betreffen Standardangebote. In der Regel sind das die Servicespektren Transport, Umschlag und logistische Organisation.[45] Über die Kernleistungen gehen die Zusatzleistungen, sogenannte ,Added-Value-Services’, zum Teil deutlich hinaus.[46] Als Beispiele lassen sich hierfür Verpacken, Bündeln, Kommissionieren, Sendungsverfolgung nennen. ,Added-Value-Services’ führen oftmals zu einer Kundenspezialisierung oder Branchenlogistik.[47] Der Integrator DHL entwirft passgenaue Express- und Logistiklösungen für die ,Healthcare-Branche’.[48]
Anhand unterschiedlicher Merkmale lässt sich die Produktpalette systematisierend charakterisieren.
2.1.4.1 Größe und Gewicht
Sowohl innerhalb der KEP-Branche als auch gegenüber dem klassischen Transportmarkt galten Größe und Gewicht lange Zeit als die zentralen Merkmale zur Angebotsabgrenzung.[49] Nach J. Glaser ist eine trennscharfe Abgrenzung „heute alleine anhand dieses Kriteriums nicht mehr möglich. Selbst innerhalb einzelner Anbietergruppen treten unterschiedliche Gewichts- und Größenbeschränkungen auf."[50] Dies zeigen die folgenden Ausführungen.
Kurierdienste befördern zum Großteil Sendungen und Dokumente mit einem Durchschnittsgewicht, das zwischen einem Kg und 1.000 Kg liegen kann. Aus der Praxis der Fahrradkuriere ergibt sich für den Stadtkurierbereich eine Gewichtsobergrenze von etwa 10 Kg. Diese liegt bei Kfz-Kurieren höher und beträgt in der Regel maximal 50 Kg. Bei den Kurieren kommen immer mehr Kombis und Busse zum Einsatz, sodass sich Größenbeschränkungen aus den verfügbaren Fahrzeugtypen ergeben.
Nach J. Glaser befördern Expressdienste überwiegend eilbedürftige Kleinsendungen, deren Durchschnittsgewicht von rund 3-10 Kg im nationalen Bereich und von 15 bis 20 Kg im internationalen Bereich liegt.[51] Der Verfasser findet bei verschiedenen Anbietern unterschiedliche Grenzen hinsichtlich Gewicht und Größe vor. Der Dienstleister DHL richtet die Entwicklung des Logistiksystems an einer Gewichtsgrenze von 50 Kg pro Warenstück und 250 Kg pro Sendung aus.[52] Bei der Angebotsform 9:00 Express des Integrators TNT beträgt die Gewichtsgrenze je Packstück 30 Kg und 210 Kg je...